Bugatti Galibier Autotest
Author D.Selzer-McKenzie
Video:
http://www.youtube.com/watch?v=NJHVh9wFuiE
Das Elsass ist keine Gegend für Sen- sationen. Im Herbst der Wanderer und Radler schon überhaupt
nicht. Es sei denn, man wird an diesem Tag, der ein Montag vor Beginn der IAA in Frankfurt war, mit Heimlichtuerei nach Molsheim eingeladen. Und man be¬tritt diesen krisenfreien Raum, der aufer¬standen ist aus Ruinen, wo es ganz dezent nach altem Geld duftet und in dem ein au¬tomobiler Geist sein Wesen treibt, den es längst nicht mehr geben dürfte: Bugatti lebt und atmet, die Motoren der im Gras kauernden Veyron schreien ungeduldig, und unter einer Decke aus Seide lauert eine Luxuslimousine, mit der die Marke in das zweite Jahrzehnt ihres neuen Le¬bens fahren könnte.
Man hatte sich bei Bugatti ein wenig ge¬niert mit Einzelheiten zu diesem Projekt, aus dem ein Produkt werden sollte. Denn zum Beginn des zweiten Jahrhunderts für diese mit jeder Menge Mythen, aber nur
__mit einem einzigen Modell von VW reani-mierte Marke ist Aufbruch gefragt. Natür¬lich nicht gegen jene Richtung, die der seit Herbst 2005 produzierte Hypersport¬wagen Bugatti Veyron und der jüngst von ihm abgeleitete Roadster vorgegeben ha¬ben. Vom Veyron wollte man 300 Exem¬plare bauen, rund die Hälfte sind schon weg (zum Stückpreis von etwa 1,2 Millio¬nen Euro), da musste sich das Team um Bugatti-Präsident Franz-Josef Paefgen schon Gedanken machen, wie es in Zu¬kunft weitergehen sollte: „Das Konzept Galibier ist eine von mehreren Studien, mit denen sich Bugatti auf die Zukunft vorbereitet", sagt Paefgen gern und blickt dem Fragenden dabei bis auf den Grund seiner Brieftasche.
Für diesen Galibier müsste man wohl mehrere Portefeuilles haben. Paefgen möchte zu dieser Zeit, in der die Bugatti¬Limousine noch ganz am Anfang einer Karriere als Pretiose steht, keinen Preis
nennen. Aber wer sich in der Branche im Kreis der in Frage kommenden Investiti-onswilligen ein wenig auskennt, sieht den Galibier-Tarif eher bei zwei als bei einer Million Euro. Dafür bekommt man eine automobile Skulptur jenseits jedes übli-chen Bewertungsschemas. Das hat man bei Bugatti schon erkannt und schwelgt in Superlativen, noch bevor es überhaupt ei-nen Beschluss zur Produktion gibt. Aber vielleicht macht man sich in Molsheim Mut und potentiellen Kunden damit Ap-petit: „Der 16 C Galibier ist die exklusivs¬te, eleganteste und stärkste Limousine der Welt." Wer da nicht schwach wird, der soll doch seinen Rolls-Royce Phan¬tom (vergleichsweise mickrige 338
kW/460 PS), seinen untermotorisierten Maybach (im 57 S gibt es 450 kW/612 PS) oder seinen viertürigen Sport-Porsche (schnöde 368 kW/500 PS im Panamera Turbo) fahren. Oder sich für den Bentley Speed entscheiden, der hat zwar auch nur
kleinliche 449 kW (610 PS), aber dann bleibt das Geld wenigstens in der Familie Gehört Bentley doch wie Bugatti zum Reich von Paefgen und damit zum VW- Konzern.
Um 12.53 Uhr am 14. September rollt der Galibier auf den knirschenden Kies von Bugatti in Molsheim. Der Anlasser wimmert wie ein junger Hund im Platzre-gen, aber dann übernimmt der mächtige Motor die Regie: Der Sechzehnzylinder mit acht Liter Hubraum ist aus dem Vey-ron übernommen worden. Alles andere wäre Unsinn gewesen, da es auch für die-se Marke eine Hemmschwelle vor der völ¬ligen wirtschaftlichen Unvernunft gibt. So wird man mit 736 kW (1001 PS) und ei¬nem Drehmoment von 1250 Nm bei 2200/min rechnen dürfen, die Höchstge-schwindigkeit liegt wohl bei 370 km/h, was für eine Familie mit zwei Kindern (der Galibier ist wie der Porsche Panamera auf vier Sitze ausgelegt) als aus-reichend anzusehen ist. 5,36 Meter misst der Bugatti in der Länge, er kommt mit seiner langen Motorhaube und dem schrä¬gen Rücken (schon wieder wie der Panamera) auf beeindruckende Proportio¬nen. Als Reminiszenz an einstiges Bugat¬ti-Design zieht sich eine dünne Finne von der Haube über das Dach und das Heck-fenster bis in die rückwärtige Wölbung hinein. Eine Bügelfalte der Akkuratesse.
Der Innenraum ist ein Studio für puris-tisches Wohnen und fortschrittlichste Ar-maturentechnik. Alles leuchtet, und feins-tes Leder und dichtestes Holz verschmel-zen zu kühlfürstlicher Pracht, die von ei-nem mächtigen Mitteltunnel, der sich von hinten bis in den Armaturenträger hinein wie ein Höhenzug erstreckt, getrennt wird. Karbon, Aluminium und raffinierte Materialmischungen sollen hier den Fort-schritt definieren. Im Fahrwerk stecken Keramikbremsen, der Motor ist auf flexi-ble Verdauung ausgelegt. Er fährt deshalb nicht nur mit Super Plus, sondern auch mit Ethanol. Vielleicht ließe er sich auch mit Zuckerrohrschnaps oder mit Wodka betreiben. Ob sich dafür womöglich auch Champagner eignete, das wäre eine prü-fende Ausfahrt wert.
Der Bugatti Galibier wird 2010 auf dem Genfer Salon der Öffentlichkeit ge-zeigt und kann im Jahr 2013 auf den Markt kommen. Dann ist er immer noch eine Sensation aus dem Elsass
Bugatti Galibier Autotest SelMcKenzie Selzer-McKenzie
Dienstag, 19. Januar 2010
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