Mazda 3 MPS Autotest
Author D.Selzer-McKenzie
Video:
http://www.youtube.com/watch?v=pAXtcsypLWU
Dem Author Selzer-McKenzie wurde der neue Mazda 3 MPS zur Verfügung gestellt und hier seine Eindrücke:
Technik, Charakter und Fahrverhal- ten des derzeit stärksten Mazda (selbst der RX-8 kommt da nicht
mit!) erinnern an den vielleicht schärfsten Kompakt-Viertürer: Der Lancia Delta Inte-grale hatte zu seinen besten Zeiten (ohne Katalysator) das Zeug dazu, fast alles in Grund und Boden zu fahren. Und das gilt nicht nur für die GTI-GSI-RS-XLR-Gilde. Der Integrale kannte keine Furcht, Res¬pekt vor Papas BMW- und Mercedes-Li¬mousinen-Obrigkeit war ihm fremd.
Ganz ähnlich, wie ein modernerer und etwas höflicherer Zwillingsbruder agiert dieser Mazda. Weil er ebenfalls aus einer eher bürgerlich orientierten Baureihe stammt und mit exorbitanten Leistungen protzt, haftet dem MPS jene proletarische Verführungskraft an, die zum Beispiel die noch immer unvergleichliche Romy Schneider im TV zu einer Hommage an den ewig unrasierten Burkard Driest ani¬mierte. Dieser Mazda mit kräftigen Ba¬cken und einem Schlundeingang auf der Motorhaube (Ladeluftkühler) verlangt nach Schmalzbroten und Korn, er ver¬schmäht Champagner und kaut mit vol¬len Backen, und wenn keiner so genau hinhört, dann stößt er auch mal mit ei¬nem milden Bäuerchen auf.
Anders als der Lancia kommt der MPS ohne Allradantrieb aus, seine 191 kW (260 PS) aus dem auf vier Zylinder verteil¬ten Hubraum von 2,3 Liter fallen nur über die zu bedauernden Vorderräder her. Da können Antriebseinflüsse in der direkten und nicht zu leichtgängig arbeitenden Ser¬volenkung, die ihre Unterstützung abhän¬gig von der Geschwindigkeit zugeteilt ge¬kommt, natürlich nicht ausbleiben. Um Traktionsverbesserung ist ein mecha¬nisch wirkendes Sperrdifferential be¬müht, dessen Tätigkeit gern zur Kenntnis genommen wird. So sorgt selbst bei for¬cierter Fahrt der Frontantrieb ohne Zö¬gern am Kurvenausgang für das Befolgen
oder dritten Gang unter ein bis zwei Drit¬tel Gas aus einer Biegung heraus zu be¬schleunigen, dann auf der Geraden das Pe¬dal nicht zu schnell, aber doch recht nach¬haltig in Richtung Bodenblech zu versen¬ken und schnell höher zu schalten, das ge¬hört zu den schöneren Übungen des frei¬en Fahrens. Die Neigung des bärenstar¬ken Frontrieblers, bei hohem Tempo in der Kurve über die Vorderräder zu schie¬ben, kann man durch Gaswegnehmen ' oder sehr kurzes, aber gefühlvolles An¬bremsen vermindern. Auf abgesperrter Strecke lässt sich sogar rasch ein die Agili¬tät erhöhendes Übersteuern provozieren.
Der für die Zahl seiner Töpfe großzü¬gig mit Hubraum bedachte Vierventil- Vierzylinder arbeitet mit Direkteinsprit¬zung, Turbolader und Ausgleichswellen. Er bietet unerwartete Mengen an Laufkul¬tur und erwartete Portionen an zum Teil brachialer Kraft: Beim Beschleunigen ist die Winzigkeit einer Verzögerung zu regis¬trieren, so als prüfe der Motor die Wahr¬scheinlichkeit, ob dieser Idiot von Fahrer
ausgerechnet jetzt tatsächlich die volle Leistung abrufen will. Nach Überwin-dung dieser kaum zu spürenden Unsicher¬heit geht die Maschine ohne weiteres Zö¬gern zur Sache. Diese Spontaneität wird schön von dem knackig auf kurzen We¬gen aus dem Handgelenk heraus zu schal¬tenden Sechsganggetriebe unterstützt.
Bei Mazda hat man pfiffig ausgerech¬net, dass es mehr Leistung für weniger Geld nirgendwo gibt. Das erscheint beim Blick auf die direkten Konkurrenten durchaus wahrscheinlich: der Ford Focus ST Rallye (166 kW/225 PS) mit geringerer Leistung kommt auf 30 805 Euro, der Fo¬cus RS hat zwar noch mehr Dampf (224 kW/305 PS), entweicht aber beim Preis mit 34 900 Euro in höhere Regionen. Bei Renault gibt es das zweitürige TCe 250 Coupe Renault Sport mit 184 kW (250 PS) für vergleichsweise günstige 26 650 Euro, der Renault Megane Sport eben¬falls mit zwei Türen und 169 kW (230 PS) ist mit 27 500 Euro geführt. Das teuerste Gerät in dieser Liga ist, der VW Golf R, der mit vier Türen und 199 kW (270 PS) auf heftige 37 165 Euro kommt.
Die Ausführlichkeit dieses Überblicks erscheint gerechtfertigt, wenn man den Blick auf die von uns ermittelten Fahrleis¬tungen des Mazda 3 MPS richtet: Auf grif¬figem Grund bewegte sich der knapp 1,4 Tonnen wiegende Fronttriebler aus dem Stand zunächst in 6,5 Sekunden von 0 auf 100. Der Hersteller verspricht aber 6,2. Nach einigen Trainingseinheiten mit Kup¬peln und Schalten und Gasgeben kamen wir auf Werte von 5, 8 oder 5,9 Sekunden. Das mag bei vielen Menschen überhaupt kein Interesse wecken, aber es sei uns im Jahr vielleicht für ein halbes Dutzend Ge¬legenheiten erlaubt und eine Erwähnung wert. Das gilt auch für die Höchstge¬schwindigkeit: 250 km/h sind für beherzte Fahrer auf freier Autobahn möglich, sie sollten dann kürzere Etappen zwischen zwei Tankaufenthalten einplanen. Die Turbomaschine wird beim schnellen Fah¬ren sehr durstig, und wir errechneten ei¬nen Durchschnittsverbrauch von 12,5 Li¬ter Super Plus, der Minimalkonsum be-. trug 11 Liter, und beim Heizen ergaben sich mehr als 13. Die Tugenden der Ver¬gangenheit gelten schon in der Gegen-wart als schändlich. Aber kleine Sünden dürfen wir uns gönnen.
Mazda 3 MPS Autotest SelMcKenzie Selzer-McKenzie
Dienstag, 19. Januar 2010
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