Zinnfiguren Zinnsoladen Author SelMcKenzie Selzer-McKenzie
Video: http://youtu.be/8H7nfmK7rVo
Author D.Selzer-McKenzie
Früher waren sie ein beliebtes Spielzeug, heute sind
Zinn¬soldaten vor allem für Sammler von Bedeutung. Seltene Exemplare können
oftmals einige Tausend Eures wert sein.
Was für die Jugendlichen von heute die großen Namen aus der
Showbran¬che sind, waren im alten Rom die Gladiatoren: Stars, die es zu
verehren gilt. Die blutigen Spiele, in denen es um Leben und Tod ging, sorgten
für große Begeisterung bei der Bevölkerung und vor allem auch bei den Kindern.
Der Nachwuchs aus ärmeren Bevölkerungsschichten stellte legendär gewordene
Kampfszenen damals mit Holzstöcken nach. An eigens erworbenes Spiel¬zeug war
nicht zu denken. Im Gegensatz dazu hatten die Söhne der Ober¬schicht schon
damals kunstvoll gearbeitete Gladiatorenfiguren aus Zinn zum Spielen. Besonders
Feldherren, Fußsoldaten oder berittene Krieger aus Zinn waren unter römischen
Kindern ein beliebtes Spielzeug.
Mit dem Untergang des Römischen Reiches verschwanden jedoch zunächst
auch die Zinnfiguren. Erst viele Hundert Jahre später tauchten sie wieder auf.
Die älteste jemals in Deutschland gefundene Zinnfigur stammt aus dem frühen 13.
Jahrhundert, sie wurde in der Nähe von Magdeburg gefunden. Besonders beim
europäischen Hochadel, aber auch in bürgerli-chen Familien waren Zinnsoldaten
ein beliebtes Kin¬derspielzeug. Mit dem Kriegsspielzeug wollten die Monarchen
ihren männlichen Nachwuchs spielerisch auf die wichtigen Aufgaben vorbereiten,
die ihnen zugedacht waren. So wurden politische Streitigkeiten zu jener Zeit
oftmals bevorzugt auf dem Schlachtfeld ausgetragen, weniger auf dem
diplomatischen Par¬kett. Da schadete es nichts, wenn man bereits in den
Kinderstuben mit den Manövern anfing.
Als sich im 18. Jahrhundert im Militär mehr und mehr
einheitliche Uniformen mit festen Farben für Waffengattungen und
Landeszugehörigkeit durch¬setzten, fand das auch seinen Niederschlag in der
Zinnsoldatenherstellung. Durch individuelle Bema-lung ließen sich nun mit einer
Gussform Soldaten ver¬schiedener Truppenzugehörigkeit fertigen. Dies wirkte
sich positiv auf die Produktionsmengen aus und führte außerdem zu einer
effektiven Arbeitsteilung in den aufkommenden Manufakturen. Beliebte
Zinnfiguren lie¬ßen sich nun in immer größerer Stück¬zahl herstellen. Die
Miniaturmodelle wurden dadurch für fast jedermann erschwinglich, was zu einem
wahren Zinnfigurenboom im 19. Jahrhun-dert sorgte. Mit mehr als 60 Herstel¬lern
waren Nürnberg und Fürth die Zentren der hiesigen Zinnfiguren-herstellung. Die
Figuren wurden nicht nur in viele andere deut¬sche Regionen und Städte, sondern
auch ins europä¬ische und internationale Ausland verkauft. Dabei boten die
Hersteller in ihrem umfangreichen Repertoire teure und auf¬wendig gestaltete
Figu-
ren ebenso an wie preiswerte Massenartikel. Gegen Ende des
19. Jahrhunderts belief sich die Anzahl der in Nürnberg und Fürth hergestellten
Figuren auf 40 Millionen Stück. Die Hochphase von Zinnfigurenpro-duktion und
-absatz hielt bis zum Ersten Weltkrieg an. Von der Kriegseuphorie und vom
Patriotismus getra¬gen, verkauften sich Zinnsoldaten in der ersten Phase des
Krieges noch sehr gut. Doch mit den zunehmen¬den Schreckensmeldungen von der
Front sank das Interesse an dem einstigen Lieblingsspielzeug. Bis heute konnte
die Branche nicht an jene Hochzeit anknüpfen.
Heute sind es Erwachsene, die Zinnfiguren sam¬meln und zum
Teil sogar teilweise selbst gießen. Das Spannende ist dabei sicherlich, dass
der Fantasie bei der Motivauswahl keine Grenze gesetzt ist.
Wichtig beim Gießen ist besonders die Auswahl des
Arbeitsmaterials: Es muss sich dabei um hitzebe¬ständiges Material handeln, das
auch größerem Druck standhalten kann. So ist als Arbeitsgrundlage zum Beispiel
ein altes Holzbrett gut geeignet. Zu den wei¬teren notwendigen Utensilien zur
Zinnfigurenherstel-lung gehören eine Gießkelle, eine Gießform, Gießme¬tall
(Zinn), ein Topf mit Holzgriff und Lederhandschuhe. Des Weiteren sind ein
Seitenschneider, Talkum, meh¬rere Gummibänder und eine Feile sowie feine Pinsel
und verschiedene Acrylfarben zur Home-made-Her-stellung notwendig.
Zinnfiguren lassen sich allgemein in drei Arten unterteilen:
die flachen Zinnfiguren, die sogenannten halbplastischen Figuren und die
vollplastischen. Wer¬den die Sammler von Flachfiguren aktuell kontinuier¬lich
immer weniger, verzeichnen im Gegensatz dazu vollplastische Zinnfiguren oft
eine hohe Wertsteige¬rung. Ein Grund dafür ist, dass viele bekannte Firmen die
Zinnfiguren hergestellt haben, heute nicht mehr existieren. Somit erhalten die
gefertigten Exemplare natürlich einen höheren Sammlerwert. So können Raritäten
mehrere Tausend Euro wert sein. Vor allem Figuren aus der Zeit vor 1920 haben
inzwischen einen hohen Sammlerwert. Die Problematik ist, dass viele Figuren im
Krieg verschüttet wurden. Deshalb weiß heute niemand mehr so genau, wie viele
Exemplare von den einzelnen Modellen überhaupt noch weltweit existieren.
Die fast automatische Beschäftigung mit der His-torie ist
für Sammler von Zinnfiguren ein faszinierender und spannender Effekt. Jedoch
muss sich natürlich jeder selber überlegen, wie er zu dem Thema steht. „Das
breite Spektrum des Sammelgebietes", macht für Detlev Landmesser,
Börsenjournalist und jahrelan¬ger Sammler, den besonderen Reiz der bunt
bemalten Figuren aus. Er sammelt schon in dritter Generation Zinnfiguren und
zählt als Fachmann auf dem Gebiet.
Ausschlaggebend für den Preis einer Zinnfigur ist nicht nur
die Herkunft, sondern vor allem die Bemalung. Auch der Zustand der Figuren ist,
was den Sammlerwert betrifft, natürlich nicht ganz unwich¬tig. Viele der
älteren Figuren waren in Kinderhand und sind dadurch schlecht erhal¬ten. Viel
teurer sind dann natürlich gut erhaltene Exemplare. Dann ist außerdem noch das
Alter von großer Bedeutung. Museale Figuren, die vor 1920 her-gestellt wurden,
sind deutlich wertvoller als moder¬nere Figuren. Sammelfiguren sind zwischen 20
und 200 Euro wert — je nachdem, ob es sich um einfache Fußsoldaten handelt, um
Reiter oder etwa um Streit¬wagen. Für Raritäten würden Sammler allerdings auch
schon mal mehr auf den Tisch fegen: Für seltene Serien werden dann Preise um die
3.000 bis 4.000 Euro aufgerufen. Die wirklich wertvollen Figuren von
ersten Mal mit Zinnfiguren in Berührung kommt, etwa weil er
die Sammlung des Vaters oder Großvaters geerbt hat, steht oft vor einem Rätsel.
Antiquitäten¬händler sind kompetente Ansprechpartner, außer¬dem Spezialhändler
und Auktionshäuser, in denen man seine Sammlung schätzen lassen und dann auch
veräußern kann.
Die meisten Zinnfiguren werden auf der internatio-nalen
Zinnfigurenbörse in Kulmbach gehandelt. Diese Messe findet alle zwei Jahre
statt und ist für Zinnfigu-rensammler ein fester Termin im Kalender, denn dort
treffen sich Aussteller und Händler aus aller Welt. Während der Fachausstellung
hat man die Möglich¬keit, Dioramenbauer kennenzulernen, namhafte
Zinn-figurenverleger zu treffen, Zinnfiguren anzubieten, zu kaufen oder zu
tauschen. Die Preise sind auf der Messe nicht festgelegt, denn ein hoher
Sammelwert auf dem Papier ist zwar schön und gut, doch die Relation des Preises
verlangt erst einmal, jeman¬den zu finden, der diese Summe auch bezahlt.
Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis der Zinnfigur — die Gesetze der
Marktwirtschaft gelten eben auch auf dem internatio-nalen Sammlermarkt.
Ein weiteres Highlight ist das weltweit größte
Zinnfigurenmuseum, das sich ebenfalls in Kulmbach befindet. Dieses Museum wurde
1929 gegründet und zählt mittlerweile 300.000 Einzelfiguren. Die Besucher
erleben Szenen aus dem Alltag und der Steinzeit, neh-men teil an antiken
Jagden, treffen Römer und Ger-manen, Ritter und Landsknechte. So wird ein Besuch_
des Deutschen Zinnfigurenmuseums zu einer Reise
der breiten Masse zu unterscheiden ist allerdings für Laien
oft nur sehr schwer möglich.
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