Samstag, 29. Dezember 2012

Zinnfiguren Zinnsoladen Author SelMcKenzie Selzer-McKenzie


Zinnfiguren Zinnsoladen Author SelMcKenzie Selzer-McKenzie



 

 

Author D.Selzer-McKenzie

Früher waren sie ein beliebtes Spielzeug, heute sind Zinn¬soldaten vor allem für Sammler von Bedeutung. Seltene Exemplare können oftmals einige Tausend Eures wert sein.

Was für die Jugendlichen von heute die großen Namen aus der Showbran¬che sind, waren im alten Rom die Gladiatoren: Stars, die es zu verehren gilt. Die blutigen Spiele, in denen es um Leben und Tod ging, sorgten für große Begeisterung bei der Bevölkerung und vor allem auch bei den Kindern. Der Nachwuchs aus ärmeren Bevölkerungsschichten stellte legendär gewordene Kampfszenen damals mit Holzstöcken nach. An eigens erworbenes Spiel¬zeug war nicht zu denken. Im Gegensatz dazu hatten die Söhne der Ober¬schicht schon damals kunstvoll gearbeitete Gladiatorenfiguren aus Zinn zum Spielen. Besonders Feldherren, Fußsoldaten oder berittene Krieger aus Zinn waren unter römischen Kindern ein beliebtes Spielzeug.

Mit dem Untergang des Römischen Reiches verschwanden jedoch zunächst auch die Zinnfiguren. Erst viele Hundert Jahre später tauchten sie wieder auf. Die älteste jemals in Deutschland gefundene Zinnfigur stammt aus dem frühen 13. Jahrhundert, sie wurde in der Nähe von Magdeburg gefunden. Besonders beim europäischen Hochadel, aber auch in bürgerli-chen Familien waren Zinnsoldaten ein beliebtes Kin¬derspielzeug. Mit dem Kriegsspielzeug wollten die Monarchen ihren männlichen Nachwuchs spielerisch auf die wichtigen Aufgaben vorbereiten, die ihnen zugedacht waren. So wurden politische Streitigkeiten zu jener Zeit oftmals bevorzugt auf dem Schlachtfeld ausgetragen, weniger auf dem diplomatischen Par¬kett. Da schadete es nichts, wenn man bereits in den Kinderstuben mit den Manövern anfing.

Als sich im 18. Jahrhundert im Militär mehr und mehr einheitliche Uniformen mit festen Farben für Waffengattungen und Landeszugehörigkeit durch¬setzten, fand das auch seinen Niederschlag in der Zinnsoldatenherstellung. Durch individuelle Bema-lung ließen sich nun mit einer Gussform Soldaten ver¬schiedener Truppenzugehörigkeit fertigen. Dies wirkte sich positiv auf die Produktionsmengen aus und führte außerdem zu einer effektiven Arbeitsteilung in den aufkommenden Manufakturen. Beliebte Zinnfiguren lie¬ßen sich nun in immer größerer Stück¬zahl herstellen. Die Miniaturmodelle wurden dadurch für fast jedermann erschwinglich, was zu einem wahren Zinnfigurenboom im 19. Jahrhun-dert sorgte. Mit mehr als 60 Herstel¬lern waren Nürnberg und Fürth die Zentren der hiesigen Zinnfiguren-herstellung. Die Figuren wurden nicht nur in viele andere deut¬sche Regionen und Städte, sondern auch ins europä¬ische und internationale Ausland verkauft. Dabei boten die Hersteller in ihrem umfangreichen Repertoire teure und auf¬wendig gestaltete Figu-

 

ren ebenso an wie preiswerte Massenartikel. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts belief sich die Anzahl der in Nürnberg und Fürth hergestellten Figuren auf 40 Millionen Stück. Die Hochphase von Zinnfigurenpro-duktion und -absatz hielt bis zum Ersten Weltkrieg an. Von der Kriegseuphorie und vom Patriotismus getra¬gen, verkauften sich Zinnsoldaten in der ersten Phase des Krieges noch sehr gut. Doch mit den zunehmen¬den Schreckensmeldungen von der Front sank das Interesse an dem einstigen Lieblingsspielzeug. Bis heute konnte die Branche nicht an jene Hochzeit anknüpfen.

Heute sind es Erwachsene, die Zinnfiguren sam¬meln und zum Teil sogar teilweise selbst gießen. Das Spannende ist dabei sicherlich, dass der Fantasie bei der Motivauswahl keine Grenze gesetzt ist.

Wichtig beim Gießen ist besonders die Auswahl des Arbeitsmaterials: Es muss sich dabei um hitzebe¬ständiges Material handeln, das auch größerem Druck standhalten kann. So ist als Arbeitsgrundlage zum Beispiel ein altes Holzbrett gut geeignet. Zu den wei¬teren notwendigen Utensilien zur Zinnfigurenherstel-lung gehören eine Gießkelle, eine Gießform, Gießme¬tall (Zinn), ein Topf mit Holzgriff und Lederhandschuhe. Des Weiteren sind ein Seitenschneider, Talkum, meh¬rere Gummibänder und eine Feile sowie feine Pinsel und verschiedene Acrylfarben zur Home-made-Her-stellung notwendig.

Zinnfiguren lassen sich allgemein in drei Arten unterteilen: die flachen Zinnfiguren, die sogenannten halbplastischen Figuren und die vollplastischen. Wer¬den die Sammler von Flachfiguren aktuell kontinuier¬lich immer weniger, verzeichnen im Gegensatz dazu vollplastische Zinnfiguren oft eine hohe Wertsteige¬rung. Ein Grund dafür ist, dass viele bekannte Firmen die Zinnfiguren hergestellt haben, heute nicht mehr existieren. Somit erhalten die gefertigten Exemplare natürlich einen höheren Sammlerwert. So können Raritäten mehrere Tausend Euro wert sein. Vor allem Figuren aus der Zeit vor 1920 haben inzwischen einen hohen Sammlerwert. Die Problematik ist, dass viele Figuren im Krieg verschüttet wurden. Deshalb weiß heute niemand mehr so genau, wie viele Exemplare von den einzelnen Modellen überhaupt noch weltweit existieren.

Die fast automatische Beschäftigung mit der His-torie ist für Sammler von Zinnfiguren ein faszinierender und spannender Effekt. Jedoch muss sich natürlich jeder selber überlegen, wie er zu dem Thema steht. „Das breite Spektrum des Sammelgebietes", macht für Detlev Landmesser, Börsenjournalist und jahrelan¬ger Sammler, den besonderen Reiz der bunt bemalten Figuren aus. Er sammelt schon in dritter Generation Zinnfiguren und zählt als Fachmann auf dem Gebiet.

Ausschlaggebend für den Preis einer Zinnfigur ist nicht nur die Herkunft, sondern vor allem die Bemalung. Auch der Zustand der Figuren ist, was den Sammlerwert betrifft, natürlich nicht ganz unwich¬tig. Viele der älteren Figuren waren in Kinderhand und sind dadurch schlecht erhal¬ten. Viel teurer sind dann natürlich gut erhaltene Exemplare. Dann ist außerdem noch das Alter von großer Bedeutung. Museale Figuren, die vor 1920 her-gestellt wurden, sind deutlich wertvoller als moder¬nere Figuren. Sammelfiguren sind zwischen 20 und 200 Euro wert — je nachdem, ob es sich um einfache Fußsoldaten handelt, um Reiter oder etwa um Streit¬wagen. Für Raritäten würden Sammler allerdings auch schon mal mehr auf den Tisch fegen: Für seltene Serien werden dann Preise um die 3.000 bis 4.000 Euro aufgerufen. Die wirklich wertvollen Figuren von

 

ersten Mal mit Zinnfiguren in Berührung kommt, etwa weil er die Sammlung des Vaters oder Großvaters geerbt hat, steht oft vor einem Rätsel. Antiquitäten¬händler sind kompetente Ansprechpartner, außer¬dem Spezialhändler und Auktionshäuser, in denen man seine Sammlung schätzen lassen und dann auch veräußern kann.

Die meisten Zinnfiguren werden auf der internatio-nalen Zinnfigurenbörse in Kulmbach gehandelt. Diese Messe findet alle zwei Jahre statt und ist für Zinnfigu-rensammler ein fester Termin im Kalender, denn dort treffen sich Aussteller und Händler aus aller Welt. Während der Fachausstellung hat man die Möglich¬keit, Dioramenbauer kennenzulernen, namhafte Zinn-figurenverleger zu treffen, Zinnfiguren anzubieten, zu kaufen oder zu tauschen. Die Preise sind auf der Messe nicht festgelegt, denn ein hoher Sammelwert auf dem Papier ist zwar schön und gut, doch die Relation des Preises verlangt erst einmal, jeman¬den zu finden, der diese Summe auch bezahlt. Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis der Zinnfigur — die Gesetze der Marktwirtschaft gelten eben auch auf dem internatio-nalen Sammlermarkt.

Ein weiteres Highlight ist das weltweit größte Zinnfigurenmuseum, das sich ebenfalls in Kulmbach befindet. Dieses Museum wurde 1929 gegründet und zählt mittlerweile 300.000 Einzelfiguren. Die Besucher erleben Szenen aus dem Alltag und der Steinzeit, neh-men teil an antiken Jagden, treffen Römer und Ger-manen, Ritter und Landsknechte. So wird ein Besuch_ des Deutschen Zinnfigurenmuseums zu einer Reise

 

der breiten Masse zu unterscheiden ist allerdings für Laien oft nur sehr schwer möglich.

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