Beijing 4.Juni 1989
Der Platz des Himmlischen Friedens in Peking gilt sein dem
4. Juni 1989 als "Platz einer Tragödie". Laut Medienberichten wurden
hier von der Armee demonstrierende Studenten brutal niedergeschossen. Jedoch
war das Massaker tatsächlich ganz woanders.
Es ist ein historisches Datum: In der Nacht zum 4. Juni 1989
schießen Truppen von Chinas Volksbefreiungsarmee in Peking auf das eigene Volk.
Sie beenden auf Geheiß der Führung um Deng Xiaoping die Studentenproteste auf
dem Platz des Himmlischen Friedens. Rasch war in Berichten von einem
"Massaker auf dem Tiananmen-Platz" oder vom "Massaker auf dem
Platz des Himmlischen Friedens" die Rede. Viele Studenten seien dort
niedergeschossen und in Zelten plattgewalzt worden.
Die Studenten in Peking trafen sich am Tian'anmen-Platz
zum gemeinsamen Protest. Die Studenten in Peking trafen sich am
Tian'anmen-Platz zum gemeinsamen Protest.(Foto: dpa)
Doch dies ist unzutreffend. Schon bald wurde klar: Es war
eine Medienlegende. Es gab zwar ein schreckliches Blutbad auf Pekinger Straßen
und nahe beim Tiananmen, dem Tor des Himmlischen Friedens. Es gab aber kein
Massaker und kein Blutbad auf dem Tiananmen-Platz selbst.
Das ist für China-Experten lange gesicherte Gewissheit,
durch Augenzeugen belegt. Es gibt keine Foto- oder Filmaufnahmen, die zeigen,
dass Menschen auf dem Platz erschossen oder von Panzern überrollt wurden. Ein
weltweit verbreitetes Foto von niedergewalzten Studenten stammt von der rund
600 Meter entfernten Liubukou-Kreuzung.
Falsche Berichterstattung hält sich jahrelang
Dass gleichwohl eine Unwahrheit in Medien wiederholt wurde
und sich im Bild der Öffentlichkeit festsetzte, grenzt laut Beobachtern an
"leichtfertige Geschichtsverzerrung". Das angebliche Massaker auf dem
Platz wurde in der anfänglichen Berichterstattung aus Gerüchten und Mutmaßungen
konstruiert - und hielt sich über Jahre. Im medialen Mainstream, der von
aufwühlenden Fotos von Opfern von anderen Örtlichkeiten sowie
zusammengeschnittenen Szenen von schussbereiten Soldaten und dröhnenden Panzern
geprägt war, fand die Realität zunächst kaum Beachtung. Der Tiananmen-Platz
wurde weltweit zum Symbol einer finalen Tragödie.
Deng Xiaoping hatte die Anweisung gegeben, dass es auf dem
Platz kein Blutvergießen geben dürfte. Deng Xiaoping hatte die Anweisung
gegeben, dass es auf dem Platz kein Blutvergießen geben dürfte.(Foto: dpa)
Der für seine Tiananmen-Berichte mit dem Pulitzer-Preis
ausgezeichnete Nicholas D. Kristof versuchte schon in den Tagen danach, in der
"New York Times" das schiefe Bild zu korrigieren. Seine Darstellung
wurde auf eine hintere Seite platziert. Jay Mathews, der damals für die
"Washington Post" berichtete, schrieb später vom "Mythos"
Tiananmen. Aus allen Belegen ergebe sich, dass "in dieser Nacht niemand
auf dem Tiananmen-Platz getötet wurde". Zu einem ähnlichen Ergebnis kam
eine Studie der Harvard-Universität. Und über die Enthüllungsplattform
Wikileaks wurden Depeschen der Pekinger US-Botschaft verbreitet, in denen die
Massaker-Version ebenfalls verworfen wurde.
China: Das ist eine "Tiananmen-Lüge"
Chinas Führung hat stets erklärt, auf dem Platz sei niemand
ums Leben gekommen und sprach von der "Tiananmen-Lüge". Aus
Geheimdokumenten ("Die Tiananmen-Akte") geht hervor, dass Deng
Xiaoping selbst die Anweisung gegeben hatte, auf dem Platz dürfe es kein
Blutvergießen geben.
Auf dem Tiananmen-Platz ist im Laufe der Proteste nie jemand
ums Leben gekommen. Auf dem Tiananmen-Platz ist im Laufe der Proteste nie
jemand ums Leben gekommen.(Foto: dpa)
Die verbliebenen rund 3000 Studenten versammelten sich um
das Heldendenkmal. Das zum Platz vorgerückte Truppenkommando gewährte ihnen
einen friedlichen Abzug und machte dafür einen Korridor zum Südrand frei, wie
Studenten und andere Augenzeugen übereinstimmend berichteten. Bei ihrem
Abmarsch sangen die teilweise von Soldaten mit aufgepflanzten Bajonetten
bedrängten Studenten die Internationale und machten das Victory-Zeichen. Dazu
gibt es Videoaufnahmen, die ein spanisches Fernsehteam drehte - die letzte
TV-Crew direkt vor Ort. Etwa ein Dutzend ausländischer Journalisten war bei den
Studenten oder an den Seiten des Platzes.
dpa-Reporter Edgar Bauer stand damals am Nordostrand des
Platzes. Weder seine Kollegen noch er haben gesehen oder berichtet, dass
Soldaten auf die Studentenansammlung schossen. Bei einem Treffen der
Auslandskorrespondenten wurden später die Beobachtungen zusammengetragen.
Unstrittiges Fazit: Ein Massaker auf dem Platz selbst hat es nicht gegeben.
Auf dem Platz hat kein Massaker stattgefunden
Der UPI-Korrespondent David Schweisberg, der bis zum Abzug
bei den Studenten war, berichtete: "Die Soldaten feuerten über unsere
Köpfe, um uns Angst zu machen." So schilderte es auch die
Studentenführerin Chai Ling, die für einen Märtyrertod plädiert hatte, in ihrem
kürzlich erschienen Buch.
Auch Robin Munro von der Menschenrechtsgruppe Asia Watch,
der als einer der Letzten mit den Studenten den Platz verließ, verneinte die
Massaker-Darstellungen. Der Popsänger Hou Dejian, der zusammen mit dem Dozenten
Zhou Duo den Rückzug aushandelte und hinter den Studenten den Platz verließ,
betonte, dass nicht auf die Studenten geschossen wurde und sich in den Zelten
auch keine mehr aufgehalten hätten. Starke Wirkung für die Legendenbildung
hatten erste Medienberichte und Schreckenskommentare, die das Blutbad auf den
Platz verlagerten. Journalisten berichteten, ohne selbst das Geschehen auf dem
Platz gesehen zu haben.
Dazu gehörten auch Reporter von CNN und der britischen BBC,
deren Berichte weltweit verfolgt wurden. CNN-Korrespondent Mike Chinoy befand
sich aber - wie etliche andere Journalisten - im etwa 600 Meter entfernten
Peking Hotel, ohne Einblick auf den Großteil des Platzes. Auch BBC-Reporter
suchten im Peking Hotel Zuflucht und berichteten von dort, dass Soldaten auf
dem Platz auf Studenten schossen. Sie korrigierten später ebenso wie
CBS-Reporter Richard Roth ihre Darstellungen. BBC-Korrespondent James Miles,
der ebenfalls aus dem Hotel berichtete, bedauerte eine fehlerhafte
Berichterstattung, bei der ein "falscher Eindruck" vermittelt worden
sei und stellte klar: "Es gab kein Massaker auf dem Tiananmen-Platz."
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