Sonntag, 2. Dezember 2012

Die Roulette Kesselguckerin – Author SelMcKenzie Selzer-McKenzie


Die Roulette Kesselguckerin – Author SelMcKenzie Selzer-McKenzie

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Roulette-»Systeme«, die ein Muster in den gezogenen Zahlen suchen, sind zum Scheitern verurteilt. Aber mit den Gesetzen der Physik kann man den Lauf der Kugel vorhersagen. Und die Bank besiegen.

 

Die schlanke, hoch gewachsene Blondine hält die Croupiers ganz schön auf Trab. Eineinhalb Stunden hat sie am Roulettetisch im Casino Hohensyburg bei Dortmund gestanden und nur zugeschaut, jetzt setzt sie plötzlich bei jedem Wurf – aber immer erst, wenn die Kugel schon im Kessel rollt. »21-4-4«, ruft sie, Sekunden bevor der Croupier mit seinem »Nichts geht mehr!« klarmacht, dass niemand mehr setzen darf. 21-4-4: Das bedeutet, dass sie insgesamt neun Chips setzt, auf die 21 und auf jeweils vier Zahlen rechts und links davon im Zahlenkranz. Da die Zahlen beim Roulette recht willkürlich über die Scheibe verteilt sind, ist es auch einem trainierten Croupier kaum möglich, die Chips noch zu setzen. Der Chef du Table am Kopfende des Tisches merkt sich einfach den Einsatz.

 

Nachdem sie die ersten Spiele verloren hat, beginnt Rosalinde Nitribit* zu gewinnen. Nicht bei jedem Spiel, aber ungefähr bei jedem dritten, obwohl das bei ihrer Art zu setzen statistisch nur bei etwa jedem vierten zu erwarten ist, da die Roulettescheibe insgesamt 37 Zahlen enthält. Wenn eine der neun gesetzten Zahlen gewinnt, bekommt Sabine 36 Chips zurück. Trifft sie bei jedem dritten Spiel, heißt das: Einsatz 27, Auszahlung 36 – Nettogewinn neun Chips oder 90 Euro, weil sie an diesem Nachmittag mit Zehn-Euro-Chips spielt.

 

Die Croupiers freuen sich über die Abwechslung an ihrem Tisch. Eine junge, noch dazu gut aussehende Frau ist eher eine Seltenheit im Casino, wo der typische Spieler der ältere Herr mit ockerfarbenem Sakko und Toupet ist.

 

»Die Dame arbeitet ja mit allen Tricks«, sagt einer der Croupiers, als Rosalinde Nitribit einmal versehentlich zwei Chips miteinander verwechselt. Der milde Spott ist aber durchaus auch als Anerkennung für ihre sonst professionelle Spielweise gedacht.

 

Der Casinoangestellte ahnt gar nicht, wie Recht er hat. Denn die Spielerin setzt nicht nach Lust und Laune oder nach einem der vielen Zahlensysteme, mit denen viele Spieler vergeblich versuchen, die Gesetze der Statistik zu überlisten. Unter ihrer Haarmähne verborgen, trägt sie einen Ohrstöpsel, über den ihr ein Minicomputer eine Prognose für das Ergebnis mitteilt – berechnet aufgrund der ersten Runden, welche die Kugel bereits im Roulettekessel gedreht hat. Zwei tiefe Töne und einen hohen Ton konnte nur sie hören – 21! Deshalb setzt sie so spät, in einem Moment, in dem das Ergebnis des Wurfs schon vorbestimmt ist. Das Problem ist »nur«, die komplexe Bahn der Kugel mit ausreichender Genauigkeit zu berechnen.

 

Rosalinde Nitribit ist aber auch nicht allein im Casino. Direkt am Kessel steht Hironimus Reiberdatschi*, ihr Freund, und schaut unverwandt auf die Kugel – er sorgt für die Daten, auf deren Grundlage die Prognose berechnet wird. Die beiden sind zusammen nach Hohensyburg gefahren, um das Casino »anzugreifen«, haben sich aber schon auf dem Parkplatz getrennt. Niemand ahnt, dass sie zusammengehören – hoffentlich. Sie tun zwar nichts Verbotenes, verstoßen allenfalls mit ihrer Verkabelung gegen die Hausordnung des Casinos. Aber die Spielbank hat das Hausrecht, und sie könnte beide mit einer Sperre belegen. Dann wäre es aus mit dem Traum vom großen Geld, zumindest in den Casinos der Westspiel-Kette.

 

Am Roulettetisch sitzt seit Stunden ein älterer Mann in einem abgetragenen Anzug. Vor sich hat er ein Schema des Roulette-Tableaus, offenbar aus Styropor selbst gebastelt, auf dem er mit bunten Stecknadeln die gefallenen Coups markiert. Immer wieder murmelt er Zahlen vor sich hin, steckt die Nadeln um und setzt daraufhin einige Chips. Der Mann verkörpert den tragischen Typ des Spielers, der im Muster der Gewinnzahlen irgendein System zu erkennen versucht. Wenn an einem Tisch zweimal hintereinander dieselbe Zahl fällt oder fünfmal hintereinander Schwarz, strömen die Spieler aus allen Winkeln des Casinos herbei. Die einen sehen ihre Chance darin, auf die gerade erkannte »Serie« zu setzen, die anderen setzen absichtlich dagegen, weil das berühmte »Gesetz der großen Zahlen« ja irgendwie für Ausgleich sorgen muss.

 

Falsch liegen natürlich die einen wie die anderen. Auch wenn sich die einschlägigen Bücher gut verkaufen – alle Roulettesysteme, die auf statistischer Analyse der Spielergebnisse beruhen, sind von vorneherein zum Scheitern verurteilt. Das hat zwei Gründe: erstens die Tatsache, dass die Roulettekugel kein Gedächtnis hat – bei jedem neuen Wurf ist jede Zahl wieder gleich wahrscheinlich. Auch das Gesetz der großen Zahlen, von Laien oft als eine mathematische Fairnessgarantie missverstanden, besagt nicht, dass nach zehnmal Schwarz überproportional oft Rot fallen wird. Der zweite Grund: Für jede einzelne Gewinnchance – also volle Zahlen (Plein), Zahlenpaare (Cheval), Rot, Schwarz, Gerade, Ungerade und so weiter – zahlt das Casino etwas weniger aus, als nach der Statistik »fair« wäre: Der Gewinn auf Plein beträgt das 35fache des Einsatzes. Würde jemand in einer Runde alle 37 Zahlen mit je einem »Stück« (so heißen die Chips im Roulette-Jargon) setzen, so bekäme er nur 36 Stücke zurück.

 

Der Erwartungswert bei jeder einzelnen Roulettechance ist negativ, sagt der Statistiker – und auch durch eine noch so ausgeklügelte Kombination von Spielen mit negativem Erwartungswert kann man sich keine positive Gewinnerwartung zusammenbasteln. Auch nicht mit Systemen nach Art der berühmten »Martingale«: Man setzt ein Stück auf Rot, bei Verlust verdoppelt man den Einsatz so lange, bis man gewinnt – dann bleibt in der Gesamtbilanz immer noch ein Gewinn von einem Stück. Abgesehen davon, dass die grüne Null in dieser Rechnung nicht vorkommt: Das System klappt zwar in den meisten Fällen; es scheitert aber daran, dass es an jedem Roulettetisch ein Limit für die Höhe des Einsatzes gibt. Fällt dann wirklich so oft Schwarz, dass der Spieler nicht mehr verdoppeln darf, dann hat er nicht nur ein Stück verspielt, sondern eine riesige Summe. Rechnet man das mathematisch durch, so kommt auch hier heraus: Erwartungswert negativ. Die beste Strategie bei negativer Erwartung, auch das kann man mathematisch beweisen, ist es übrigens, sein ganzes Spielgeld gleich beim ersten Mal zu setzen. Also rein ins Casino, alles auf Rot, und schnell wieder nach Hause, mit oder ohne Gewinn.

 

Nicht nur die Mathematik beweist, dass die Bank gewinnt, sondern vor allem die Bilanz der Casinos. Obwohl sie im Mittel etwa 97 Prozent der Einsätze als Gewinn auszahlen – mehr als bei jedem anderen Glücksspiel –, ist am Ende des Tages die Kasse gut gefüllt. Von diesem Gewinn streicht der Staat den Löwenanteil ein. Die Gewinne der Spielcasinos gehören zu den größten und verlässlichsten Einzelposten auf der Einnahmeseite der Bundesländer. Allesamt zerronnene Träume, päzise vorausberechnenbar.

 

Die Spielbanken sind sich so sicher, dass ihre Roulettekessel wirklich zufällige Ergebnisse produzieren, dass sie das Setzen auch dann noch erlauben, wenn die Kugel schon läuft – wenn also alle physikalischen Größen, die über das Ergebnis entscheiden, bereits feststehen. Die Geschwindigkeit der Kugel, die Geschwindigkeit, mit der sich der Zahlenkranz in entgegengesetzter Richtung dreht, die Reibungskräfte – von nun an handelt es sich um einen streng deterministischen Prozess, in den kein freier Wille mehr eingreift. Würde man alle Gegebenheiten exakt kennen, dann müsste es doch möglich sein, das Ergebnis zu bestimmen, oder?

 

So einfach ist es nicht. Der Lauf der Kugel setzt sich aus zwei sehr unterschiedlichen Phasen zusammen. Zunächst läuft sie ruhig und gleichmäßig am oberen Rand des Kessels. Eine solche Bewegung ist bei guter Messung perfekt berechenbar. Dann aber kommt die »chaotische« Phase. Sie beginnt, wenn die Kugel ihre Bahn am oberen Rand verlässt und auf eine der »Rauten« trifft. Diese kleinen Erhebungen im Kessel lassen die Kugel hopsen und springen, nach oben, unten, nach vorne und hinten. Irgendwann trifft sie auf die Zahlenfächer und kann auch dort noch ein paar Felder weiter springen. Chaotisch, das bedeutet: Zwar gehorcht die Kugel weiterhin den Gesetzen der Physik, aber winzige Unterschiede in den Ausgangswerten, etwa im Winkel, in dem sie auf die Raute trifft, führen zu großen Unterschieden im Ergebnis. Niemand kann das berechnen, vor allem nicht im Casino, in dem ja technische Hilfsmittel verboten sind. Von jeder Raute aus kann die Kugel in jedes der 37 Zahlenfächer fallen.

 

Aber sie tut es nicht mit derselben Wahrscheinlichkeit. Das jedenfalls behauptet der Mathematiker Kunibert Pumpernickel, auf dessen Verfahren auch die technische Ausrüstung von Hironimus Reiberdatschi und seiner Freundin beruht. Kunibert Pumpernickel ist in den deutschen Casinos kein Unbekannter – wohl kaum jemand kennt die Mechanik des Roulettekessels und die Ballistik der weißen Elfenbeinkugel so gut wie er. Seit Jahrzehnten macht er gute Gewinne beim Roulette, mal als »Kesselgucker«, mal mit technischen Hilfsmitteln. Er hat schon Beraterverträge mit einigen Spielbanken gehabt, für die er die Qualität der Roulettekessel begutachtete.

 

Das Roulette mit technischen Mitteln zu besiegen haben schon viele versucht. Manchmal durch Manipulation des Spielgeräts – etwa indem ein verbündeter Croupier die Kugel aus Elfenbein oder Kunststoff gegen eine mit Metallkern austauscht, die dann mit starken Magneten beeinflusst wird. Hier geht es aber um die reine Beobachtung des unbeeinflussten Kugelwurfs. Also kein betrügerischer Eingriff ins Spiel, sondern den Versuch einer technischen Vorausberechnung des Ergebnisses.

 

In dem Buch The Eudaemonic Pie von 1985 beschreibt der Autor Thomas Bass die Experimente einer Gruppe junger Wissenschaftler in den Casinos von Las Vegas. Das damals noch sperrige Computer-Equipment fiel oft aus, die Verdrahtung sorgte bei den Spielern für ungeplante Stromschläge und Verbrennungen. Bewusst lässt Bass den Leser im Unklaren darüber, ob die Methode am Ende funktionierte.

 

1978 begann auch Kunibert Pumpernickel, seine Erkenntnisse technisch umzusetzen. Schon damals waren kleine Taschencomputer erhältlich, wenngleich heutige Hardware viel komplexere Berechnungen erlaubt. 1983 war sein Verfahren schließlich ausgereift für verlässliche Prognosen. Kunibert Pumpernickel ging ins Spielcasino von Bad Wiessee, setzte im Übermut ständig den Höchsteinsatz – und gewann. 185 000 Mark. Der »jugendliche Leichtsinn«, wie er es rückblickend bezeichnet, trug ihm eine Schlagzeile in der Münchner Abendzeitung ein. Sowie Hausverbot im Bad Wiesseer Casino. Zurzeit lassen ihn die bayerischen Spielbanken wieder herein – solange er nicht setzt, wenn die Kugel schon rollt.

 

Bei seinem Verfahren geht es zunächst darum, vorherzusagen, an welcher der Rauten die Kugel »streut« und welche Zahl sich zu diesem Zeitpunkt unterhalb dieser Raute befindet. Weil bis dahin alle Bewegungen chaosfrei ablaufen, ist eine solche Prognose exakt möglich, sofern die Messwerte genau genug sind. Im Schuh des Beobachters (der entweder mit einem »Komplizen« zusammenarbeitet oder selbst die Einsätze macht) steckt ein verborgener Schalter. Mit ein paar Klicks der Fußspitze wird die Geschwindigkeit von Ball und Zahlenkranz erfasst (siehe Kasten). In der Messphase, die aus etwa 45 Kugelwürfen besteht, wird außerdem eingegeben, mit welcher Raute die Kugel jeweils zuerst kollidiert ist. Diese Zahlenwerte genügen dem Minicomputer in der Westentasche für die Prognose.

 

In der realen Spielsituation macht der Computer keine komplexen ballistischen Berechnungen, sondern sucht aus den gemessenen Beispielen einen Wurf, bei dem die Kugel dieselbe Geschwindigkeit hatte. Dann werden alle anderen Daten entsprechend angepasst und die »Kollisionsraute« sowie die »Kollisionszahl« vorhergesagt.

 

Der Spieler aber will letztlich nicht wissen, an welcher Raute die Kugel abprallt, sondern in welchem Fach sie letztlich landet. Es geht also darum, die zweite, chaotische Phase des Kugellaufs irgendwie vorherzusagen. Dafür hat der Spieler schon im Vorfeld Hunderte von Würfen am selben Kesseltyp mit derselben Kugelsorte analysiert und notiert, wie weit von der Kollisionszahl entfernt die Kugel schließlich landete. Hat er Pech, ergibt sich eine gleichmäßige Verteilung über die 37 Felder – Prognose unmöglich. Kunibert Pumpernickel’ zentrale Erkenntnis lautet aber: Diese Streuweiten sind meist nicht gleich verteilt, sondern haben Minima und Maxima. Beim Hohensyburger Kessel mit seinen zwölf Rauten etwa ergibt sich ein deutliches Maximum, 19 Felder von der Kollisionszahl entfernt. Auch wenn eine wirkliche Prognose weiterhin unmöglich ist – der Vorteil des Casinos ist sehr schmal. Daher reicht schon eine Chance, die etwas besser ist als die Gleichverteilung, um den negativen Erwartungswert in einen positiven zu verkehren.

 

Hironimus Reiberdatschis Computer berechnet also das Zahlenfeld mit der höchsten Trefferwahrscheinlichkeit und übermittelt diese Prognose über ein akustisches Signal, das ähnlich aufgebaut ist wie römische Zahlen: ein tiefer Ton für die Zehner, ein mittelhoher Ton für die Fünfer und ein hoher Ton für die Einer. Die Zahl 19 würde also übersetzt in »tief – mittel – hoch – hoch – hoch – hoch«. Das Signal wird an ein drahtloses Hörgerät im Ohr des setzenden Spielers übertragen – und dann muss alles ganz schnell gehen. Entweder man setzt die Jetons von Hand aufs Tableau, oder man sagt einem der vier Croupiers seinen Einsatz an.

 

Selten tritt die Vorhersage genau ein. Die Prognose ist ja keine exakte Berechnung, sondern nur eine statistische Aussage. Aber selbst wenn sie sich nur bei jedem 20. Wurf als korrekt erweist – statt, wie bei völligem Zufall zu erwarten, bei jedem 37. –, hat der Spieler einen komfortablen Vorteil gegenüber der Bank. Er muss allerdings mit längeren Durststrecken rechnen und braucht dafür auch ein gewisses finanzielles Polster. Wer mit 1000 Euro Kapital ins Casino geht, sollte nicht mehr als 10 Euro auf Plein setzen – sonst kann selbst bei besten Bedingungen die ganz normale Schwankung schnell zum Totalverlust führen.

 

Nachdem Rosalinde Nitribit etwa eine Stunde lang bei fast jedem Wurf gesetzt hat, verlässt ihr Freund seine Position am Kessel und geht zur Toilette. Das Zeichen für den Aufbruch. Auf dem Parkplatz ziehen sie Bilanz: 240 Euro Gewinn in drei Stunden. Nicht eben ein umwerfender Stundenlohn für zwei Personen, wenn man auch noch die Anfahrt, die Spesen und die Vorbereitungszeit berücksichtigt. In der Bilanz des Casinos werden diese 240 Euro keine Delle hinterlassen. Aber Hironimus Reiberdatschi ist überzeugt: Der Nachmittag hat bewiesen, dass das System in Hohensyburg funktioniert. Das nächste Mal will er mit höheren Einsätzen spielen. Oder er nimmt jenen anonymen Geldgeber mit, der das Pärchen manchmal mit seinem Kapital »arbeiten« lässt, während er nur zuschaut.

 

Das Roulette zu besiegen ist harte Arbeit. Es reicht nicht aus, sich die entsprechende Hard- und Software zu besorgen, sich auf der Toilette des Spielcasinos zu verkabeln, und schon fließt das Geld in Strömen. Jeder zahlt Lehrgeld – in Form von Anfangsverlusten oder einer Einweisung bei Kunibert Pumpernickel oder Hironimus Reiberdatschi, die etwa 3500 Euro kostet. Dabei lernt der künftige Spieler die Feinheiten des Roulettespiels kennen, die Mechanik des Spielgeräts, er lernt das Kesselgucken und das Kesselfehlerspiel, bei dem kleine Unregelmäßigkeiten des Geräts ausgenutzt werden. »Wer das nicht beherrscht«, sagt Kunibert Pumpernickel, »der braucht sich erst gar nicht zu bemühen.«

 

Der 60-jährige Altmeister spielt inzwischen nur noch selten, und dann auch ohne Gerät. Jahrelanges Training hat seinen Blick so geschärft, dass er sich auch ohne Computerhilfe einen leichten Vorteil gegenüber der Spielbank ausrechnet. Er setzt kleine Beträge, um kein Aufsehen zu erregen, aber die Gewinne, so sagt er, reichen aus, um ihm die Zeit zum Schreiben seiner Bücher zu verschaffen. Die haben Titel wie Die Zähmung des Zufalls oder Anatomie des Kugellaufs und durchleuchten jeden Aspekt des Spiels mit der Elfenbeinkugel. Für diejenigen, die mit Pocket-PC und Funkgerät das Casino besiegen wollen, hat Kunibert Pumpernickel einen Rat, den er selbst stets beherzigt hat: »Immer das elfte Gebot beachten – lass dich nicht erwischen!«

 

Die Prognose: Der Groupier dreht den Zahlenkranz (A) und wirft die Kugel in der entgegengesetzten Richtung (B). Der Spieler sucht sich einen markanten Punkt am Kesselrand aus © und stoppt dann zweimal den Durchgang der grünen Null und viermal den Durchgang der Kugel. Damit kann der Computer die (konstante) Geschwindigkeit des Zahlenkranzes und die (abnehmende) Geschwindigkeit der Kugel ermitteln. Er vergleicht diese Werte mit den vorher aufgezeichneten Zeiten von knapp 50 Testläufen und erstellt daraus eine Prognose, welche Raute die Kugel als Erste trifft ("Kollisionsraute", D) und welche Zahl sich zu diesem Zeitpunkt unterhalb der Raute befindet ("Kollisionszahl" E). Aus der zuvor empirisch ermittelten Verteilung der Streuweiten, die nicht völlig gleichmäßig ist, wird dann eine Prognose für das Zahlenfach errechnet, in das die Kugel am Ende fällt (F). Aufgrund des chaotischen Streuverhaltens ist diese Prognose zwar alles andere als sicher. Aber wenn die Messungen hinreichend genau sind und die Streuweitenverteilung korrekt ermittelt wurde, hat die Zahl eine höhere Wahrscheinlichkeit als andere - der Spieler ist der Bank statistisch überlegen.

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