Bonds Trading SelMcKenzie Selzer-McKenzie
Author D.Selzer-McKenzie
Video: http://youtu.be/kuVcmnORSIg
Seit Jahren verharrt die Rendite von Staatsanleihen der USA
und anderer Industrie-nationen auf historischen Tiefständen. Gründe gibt es
viele: das schwache Wirt-schaftswachstum, die Niedrigzinspolitik der
Notenbanken oder die Suche der Anleger nach „sicheren Häfen". KnowHow geht
der Frage nach, ob es eine Blase am Anleihenmarkt gibt, ob sie platzen könnte
und welche Konsequenzen Anleger ziehen könnten.
Die Leitzinsen der wichtigsten Länder be-finden sich seit
langem auf einem sehr niedrigen Niveau. Die Europäische Zentral-bank hat vor
nicht allzu langer Zeit den Leitzins von 0,75 auf 0,5 Prozent gesenkt. In den
USA ist der Zins schon seit 2009 bei 0,25 Prozent, in Japan bei 0,10 Pro¬zent
und in der Schweiz bei null. Analog befinden sich die Renditen von
Staats¬papieren auf einem sehr geringen Niveau. Zudem verlaufen die
Zinsstrukturkurven vieler Industriestaaten recht flach. Für An¬leger bedeutet
das, dass sie für langlaufende Anleihen keinen deutlichen Zinsaufschlag
bekommen.
Aktuell taucht daher die Frage auf, ob es demnächst zu einem
massiven Kurssturz an den Anleihemärkten kommen könnte, wenn die Zinsen steigen
sollten und damit einhergehend die Kurse vor allem langlau-fender Anleihen
einbrechen könnten. Kon¬kret gefragt: Gibt es eine Blase am Bond-markt?
Wie so oft, sind die Meinungen geteilt. Einige Experten
fürchten, dass es tatsäch-
lich eine Blase am Anleihenmarkt gibt, die in den kommenden
Monaten oder Jahren platzen muss. Andere sind der ge-gensätzlichen Meinung und
sehen auf absehbare Zeit nicht die Gefahr eines Kurseinbruchs. Ebenso
gegensätzlich wird die Politik der Notenbanken einge¬schätzt. Während die einen
finden, dass allen voran die Federal Reserve (Fed) schuld an der Blase ist,
meinen andere, dass die Fed alles richtig gemacht hat. KnowHow zeigt
verschiedene Argumen¬te für und gegen einen bevorstehenden Kursrutsch am
Beispiel der 10-Jahres-Staatsanleihen der USA und stellt die Frage, in welchem
Zeitraum die Zinsen in den USA wieder angehoben werden könnten.
NIEDRIGE ANLEIHERENDITEN
Die unterschiedlichen, zum Teil gegensätz-lichen Ansichten
haben ihren Ausgangs¬punkt in der Frage, warum die Anleihe¬renditen überhaupt
so niedrig sind. Francesco Garzarelli, stellvertretender Chef des Goldman Sachs
Macro-&-Markets-Research-Teams, sieht drei Gründe:
n Erstens, die
Erwartungen bezüglich des Wirtschafts¬wachstums: Im Sommer 2011 sah es zunächst
so aus, als ob die (Finanz-) Krise überwunden wäre. Doch dann wur¬den nahezu
zeitgleich die Schuldenprobleme Griechenlands bekannt und Ratingagenturen
stuften die Bonität der USA herab. Die Er¬wartungen verschlechterten sich und
führten wieder tiefer in die Krise.
n Zweitens, die
Suche nach einem „siche¬ren Hafen": Innerhalb der Euroländer stieg mit
einem Mal die Nachfrage nach deutschen Anleihen (Bunds) enorm, da Anleger aus
griechischen, spanischen, italienischen und auch französischen Anleihen
flüchteten. Die Kurse der Bunds stiegen und die Rendite fiel, nicht zuletzt
deshalb, weil Deutschland nur eine festgelegte Anzahl Anleihen emit¬tiert.
Ebenso flüchteten Anleger aus dem Euro in den Dollar, also in US-An¬leihen, was
deren Kurs ebenfalls erhöh¬te und ihre Rendite senkte.
n Drittens, das
„Quantitative Easing" ge-nannte Programm der Notenbanken in den USA,
Großbritannien und zuletzt Japan: Nachdem die Zinsen bereits ei¬nen
Rekordtiefstand erreicht hatten, versuchten die Zentralbanken über den Ankauf
von Anleihen die Wirtschaft an¬zukurbeln. Die langfristigen Zinsen blieben
weiter unter Druck, was es at¬traktiver machen sollte, kreditfinanziert zu
investieren.
STANDPUNKT 1:
ES GIBT EINE BLASE AM ANLEIHENMARKT Eine Blase existiert
laut Harvard-Ökono¬mie-Professor Martin Feldstein, wenn Anlagenpreise unhaltbar
(hoch) sind, weil sie nicht mit den Fundamentaldaten über-einstimmen. Oder
anders ausgedrückt: Die unvermeidbare Kursanpassung des
Investments wird nicht von der zusätz¬lichen Rendite
kompensiert, die der Anle¬ger für das Halten der Anlage bekommt. So rentieren
10-jährige US-Anleihen zur Zeit mit 1,7 Prozent pro Jahr. Sollten die Zinsen
aber steigen, bei einer Inflation von derzeit 2 Prozent wären 5 Prozent, so
Feldstein, ein tendenziell adäquater Wert, würden die Anleihen rund 30 Prozent
an Kurs verlieren. Das ist weit mehr als das, wofür der Zins Investoren über
die Rest¬laufzeit entschädigen könnte.
Zwar scheint der Verlust bei einem Kurs-rutsch auf der
ersten Blick nicht so dra-matisch, immerhin bekommt der Anleger den
Nominalbetrag am Ende der Laufzeit zurückgezahlt, sofern er bis zum Ende
investiert bleibt. Auf einen zweiten Blick kommen aber Opportunitätskosten ins
Spiel. Im Falle von Anleihen jener Zins, der Anlegern entgeht, wenn sie ihren
nied¬rig verzinsten Bond halten (müssen), statt in ein höher verzinstes Papier
zu investie¬ren.
Einen Verantwortlichen für die Bondblase hat Feldstein auch:
die Fed. Ihr langfristiges Ankaufprogramm, das Quantitative Easing, habe den
langfristigen Zins gedrückt und die Blase heraufbeschworen. Zugleich habe das auch
die Preise von anderen Anlage-klassen wie Unternehmens- oder Junk-bonds oder
Aktien und Land bedingt zu einer Blase aufgebläht. Wann die Blase platzt und
was Anleger tun können, ist allerdings auch für Feldstein nicht leicht zu
beantworten. Er kann nicht empfehlen, auf fallende Kurse von Anleihen zu
setzen, auch wenn er davon ausgeht, dass die Kurse letztlich fallen werden.
Zwar gebe es diese Möglichkeit. Dies sei aber sehr riskant, weil der Anleger
letztlich gegen die Fed (oder andere Notenbanken) wettet. Und niemand könne
vorhersehen, ob Anleger mit ihrer Einschätzung in drei Monaten oder erst in
drei Jahren recht bekämen.
Wir dagegen wies in der Studie darauf hin, dass die Fed
wenig Sorge wegen einer möglichen Blase zeigte. Die kurzfris-tigen Zinsen
liegen seit vier Jahren bei null. Um die langfristigen Zinsen zu drücken und
ebenfalls niedrig zu halten, habe die Fed bewusst mehrfach
Quantitative-Easing-Programme aufgelegt. Das erklärte Ziel ist es, die
langfristigen Zinsen unter jenen Wert zu bringen, der als „fair"
bezeichnet würde und den Fundamentaldaten ent¬spricht. Durch die günstigen
Kreditbedin¬gungen sollen zinssensitive Sektoren der Wirtschaft stimuliert
werden, allen voran Immobilien und langfristige Konsumgüter.
Notenbankchef Ben Bernanke selbst hat in einer Rede von zwei
gegebenenfalls beun-ruhigenden Szenarien gesprochen, die zu vermeiden wären:
n Erstens, die
Renditen blieben zu lange zu niedrig und führten zu Ungleichgewich¬ten woanders
an den Finanzmärkten.
n Zweitens, die
langfristigen Zinsen stie¬gen sehr schnell und unkontrolliert, was zu einem
massiven Kursverfall bei An¬leihen führen könnte. So geschah es 1994, als die
Fed innerhalb eines Jahres die Zinsen unerwartet und schnell um 2 Prozentpunkte
erhöhte.
Dass sich die Geschichte wiederholt, ist je-doch
unwahrscheinlich. Die Fed umgeht
einen unkontrollierten Anstieg der lang-fristigen Zinsen,
indem sie, anders als 1994, ihre Strategie im Voraus kommuniziert und die
Erwartungen lenkt.
Auch im Falle einer aufkeimenden Inflati¬on kann die Fed
lenken. Zum einen, in¬dem sie ihre mittel- bis langfristige Strate¬gie den
Marktteilnehmen kommuniziert. Zum anderen kann sie über den Leitzins auf die
kurzfristigen Renditen einwirken. So scheint es, dass die Fed derzeit wenig
besorgt über Gefahren ist, die von einer Anleihenblase ausgehen könnten.
Francesco Garzarelli von Goldman Sachs rechnet damit, dass
die Anleihenkäufe und die Ankündigung der Fed, die Zinsen nied¬rig zu halten,
bei der Rendite der 10-jäh¬rigen US-Staatsanleihen vielleicht einen
Prozentpunkt ausmachen. Die Frage sei, wo die Rendite ohne die Einmischung der
Fed liegen würde. Zwar habe die Notenbank mit ihren Ankäufen die Rendite
gedrückt, aber gleichzeitig damit auch ein besseres Umfeld für Investitionen
und die Wirtschaft geschaffen, was die Renditen erhöht. Es könnte sich daher in
Bezug auf die Renditen auch um ein Nullsummenspiel handeln. Garzarelli sieht
auch keine Blase im her-kömmlichen Sinn. Denn die Definition für eine Blase
wäre, dass die Anleger kaufen, weil sie glauben, dass die Kurse weiter
steigen. Das sei aber bei Anleihen nicht der Fall. Vielmehr
gebe es viele fundamen¬tale Gründe, Anleihen zu kaufen.
Wozu es allerdings kommen könne, sei eine Blase aufgrund falscher
Erwartungen. Ein zukünftiger Anstieg der Zinsen werde von vielen Anlegern nicht
wirklich erwar¬tet, da die US-Notenbank sehr über¬zeugend dargelegt hat, dass
sie die Zinsen für längere Zeit niedrig halten will. Außer¬dem sei der Markt
pessimistisch hinsicht¬lich der Wachstumsaussichten. Garzarelli findet das
unbedacht, da davon auszugehen sei, dass die Fed ihr Ankaufsprogramm mit sich
bessernder Konjunktur beenden und die Zinsen etwa 2016 wieder anheben wird.
Wenn sich Investoren zu lange auf eine Niedrigzinspolitik der Fed verließen,
bestehe die Gefahr, dass sie von einer anziehenden Inflation und wieder
steigen¬den Zinsen „im Halbschlaf" überrascht würden.
STANDPUNKT 2: ES GIBT KEINE BLASE
Kein Kursrisiko hingegen sieht Paul McCulley, ehemaliger PIMCO-Partner
und Vorsitzender der Society of Fellows of the Global Independence Center. Er
findet den Markt richtig bewertet. Langfristige Zinsen sind erwartete
kurzfristige Zinsen zuzüglich eines Risikoaufschlags, den In¬vestoren dafür
bekommen, dass sie sich
für einen längeren Zeitraum festlegen. Das Augenmerk liegt
daher auf den kurzfristi¬gen Zinsen, die von der Fed kontrolliert werden. Die
US-Notenbank hatte verspro¬chen, die kurzfristigen Zinsen für einen langen
Zeitraum niedrig zu halten. Im De¬zember 2012 wurde gesagt, dass die
kurz¬fristigen Zinsen, die bei null liegen, erst
wieder angehoben werden, wenn zwei und in der Folge auch die
langfristigen
Bedingungen erfüllt sind: erstens, dass die Renditen von Anleihen.
Arbeitslosenquote unter 6,5 Prozent fällt, und zweitens,
dass die die Inflation auf mehr als 2,5 Prozent steigt. Beides hält McCulley
auf absehbar lange Zeit für nicht erreichbar. Die kurzfristigen Zinsen bleiben
seiner Meinung nach daher niedrig
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