Chinesische Börse
Author D.Selzer-McKenzie
Video: https://youtu.be/TQvajqvsPzY
Das Riesenland biete noch immer gute Wachstumschancen in
vielen Branchen; die noch sehr jungen Kapitalmärkte seien auf dem Weg,
erwachsen zu werden, und auch die chinesischen Aufseher machten Fortschritte.
Gefragt sei aber Geduld, um in China erfolgreich zu sein. „Es braucht
Zeit", sagt sie.
Durchhaltevermögen scheint in China in der Tat bitter
notwendig, denn zuletzt stürzten die Börsenkurse ab — wieder ein¬mal. In der
ersten vollen Januarwoche dieses Jahres setzten die chinesischen Behörden ein
sehr scharfes Instrument, die Unterbrechung des Börsenhandels in Shenzhen und
Schanghai, gleich an zwei Tagen ein, nachdem die Kurse zu¬vor jeweils tief
gefallen waren. Weil eben dieser „Circuit Breaker" als ein Grund für den
Kursrutsch galt — Anleger versuchten offenbar, einer möglichen Handelsunter-brechung
zuvorkommen —, wurde der Mechanismus zum Ende der ersten Wo-che wieder
abgeschafft. Auch lief eine Verkaufssperre aus, die für besonders große
Investoren galt. Auch das könnte Spekulationen angeheizt haben.
Dollar überraschend abwerteten. Nach-dem es an den Börsen
bis zur Jahresmitte steil bergauf gegangen war, rauschten die Kurse wieder
bergab. Für China droht damit ein Imageproblem: In den zurück¬liegenden Jahren
hatte sich das Bild ei¬nes effizient geführten Staates mehr und mehr gefestigt
— obwohl politische Will¬kür und mögliche Unruhen in dem auto¬ritär regierten
Land auch für Investoren nach wie vor erhebliche Risiken bergen. In der
Fondsbranche war die Euphorie für China-Produkte groß. 839 Fonds mit
Schwerpunkt China legte die Branche weltweit im zurückliegenden Jahr auf, mehr
als doppelt so viele als im Jahr zu¬vor. Viele der Produkte haben ihr Domizil
in China selbst. Die junge Fondsbranche in dem Land boomt.
Märkte reagieren sensibel
An der Börse gelang es dem Staat jedoch nicht, durch vorausschauende
Kom¬munikation und transparenten Regeln Vertrauen zu stiften. Die chinesischen
Märkte reagieren mitunter sehr sensibel, auch weil hier vor allem private
Sparer den Ton angeben. Mehr als professionel¬le Investoren neigen sie manchmal
dazu, bei Unsicherheit das Weite zu suche. Und weil China als zweitgrößte
Volks¬wirtschaft der Welt Gewicht hat, ziehen Kursverluste in Hongkong,
Schanghai und Shenzhen die globalen Aktienmärk¬te sehr leicht in den Keller.
Schon im Sommer zeigten sich die Wirt-schaftslenker
ungeschickt, als sie die Landeswährung Yuan gegenüber dem
auf Änderungen zu reagieren", sagt sie, und fügt mit
Blick auf wechselnde Bör-senregeln hinzu: „Es ist schwer, in einer so veränderten
Situation die Marktreak-tion abzuschätzen." Kurzfristig gebe es nicht
viel, was die Regierung im Falle einer Marktpanik tun könne. Auf längere Sicht
aber könne sie Marktteilnehmer er¬ziehen und Spekulation vorbeugen. Die
Regierung sei auf dem richtigen Weg, wenn sie die Märkte mehr und mehr öff¬ne
und neben den vielen privaten Spa¬rern in China auch vermehrt professio¬nelle
Investoren Zugang erhielten. Das sei aber ein „langfristiger Prozess".
Kluges Management gefragt
Solange aber die Märkte zu so hohen Übertreibungen neigen,
sei ein kluges Fondsmanagement wichtig. Viel stärker als in bereits gewachsenen
Märkten kön-ne ein Fonds in China unterbewertete Ak¬tiengesellschaften
aufspüren. Zwar sor¬gen neben den unruhigen Börsen in China auch nachlassende
Wachstumsraten für Verunsicherung. Die chinesische Indust¬rie habe zum Teil
Überkapazitäten aufge¬baut, etwa Stahlkocher, Papierwerke und Schiffswerften.
Doch auch einer mögli-chen Schrumpfung von Industriekonzer-nen kann Chung eine
positive Deutung abgewinnen. „Auf Dauer wird die Konso¬lidierung den
Unternehmen guttun."
Dem chinesischen Markt hält Chung be-reits sehr lange die
Treue. Die zweifache Mutter, die in Hongkong geboren wur¬de und in Kanada
studierte, kam 1998 vom Investmentmanagement der Royal Bank of Canada zum
Allianz-Konzern. Als Hauptverantwortliche für chinesi-sche Aktien steuert sie
auch den „Alli¬anz China Equity", der im Oktober 2008 aufgelegt wurde. Mit
einem verwalteten Vermögen von zuletzt mehr als 350 Mill. Euro hat der Fonds
für ein Schwellen-landprodukt ein beachtliches Volumen. Die Pauschalvergütung
ist mit 2,25 % in einer gängigen Anteilsklasse aber etwas höher als bei Fonds
für bereits etablierte Märkte wie den Euroraum oder die USA. Ähnlich wie auch
die chinesischen Bör-sen legte der Fonds in der ersten Hälfte des vergangenen
Jahres deutlich zu, ehe er später wieder stark an Wert verlor.
Der Zugang zum breiten chinesischen Markt läuft aber auch
für den Fonds langsam. Die teils begehrten A-Aktien, die jenseits der
Sonderverwaltungszone Hongkong in China gehandelt werden, sind für ausländische
Investoren nur eingeschränkt zugänglich und im Fonds kaum vorhanden.
Stattdessen entfällt ein großer Teil der Werte auf in Hong-kong gelistete
Papiere. Nicht alle chine-sischen Aktiengesellschaften haben aber sogenannte
H-Aktien ausgegeben. Gera-de die Finanzbranche hat an der Börse in Hongkong ein
besonders hohes Gewicht. Auch der „Allianz China Equity" ist sehr stark in
Finanztitel investiert, und zwar zu rund 40 %.
Die Überlegung, dass der Fonds damit zu stark von dem
Wohlergehen einer Bran-che abhängt, mag Chung jedoch nicht teilen. In
Kreditinstitute wie die China Construction Bank und die Bank of Chi-na sei der
Fonds insgesamt nicht so stark investiert. Stattdessen setze sie auch auf
Versicherer und Immobilienunterneh-men, die ebenfalls zum Finanzsektor gezählt
werden. Im Portfolio finden sich jüngsten Angaben zufolge etwa die Versi¬cherer
Ping An und China Life Insurance. „Wir haben das Vermögen im Finanz¬sektor sehr
breit gestreut", sagt Chung. Zweitgrößte Branche in dem Fonds sind
IT-Unternehmen; stärkstes Gewicht per Jahresende hat der Internetkonzern
Ten-cent.
Langsame Öffnung
Aber auch in A-Aktien will die Fondsma-nagerin künftig
verstärkt investieren. China öffnet diesen Teil des Marktes nur langsam, etwa
über Quoten für aus-ländische Fondsgesellschaften oder über einen speziellen
Zugang über die Börse in Hongkong. Derzeit seien lediglich un-gefähr 5 % des
Fondsvermögens bereits in diese Papiere investiert, sagt Chung. Im laufenden
Jahr dürfte sich die Quote aber erhöhen. Eine feste Zielgröße gebe es zwar
nicht, doch sei ein Anteil von 10% zu Jahresende denkbar. Während sich also die
Märkte in China westlichen Gepflogenheiten annähern, wird der China-Fonds der
Allianz immer chinesi-
scher.
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