Cotopaxi Vulkan Ecuador
Author D.Selzer-McKenzie
Video: https://youtu.be/EPPa7C4YL_Q
Viva Quito! Rund um die höchstgelegene Hauptstadt der Welt
ist Ecuador am schönsten. Wer von hier aus die Anden erkundet, erlebt einen
wolkenverhangenen Nebelwald und den mächtigen Vulkan Cotopaxi.
4 Wird sie sich
zeigen, die schneeweiße Spitze? Früher sind die Indios zu den Gletschern des
Vulkans hinaufmarschiert, um Eis vom Götter¬berg zu brechen und es mit
Lasttieren zum Markt im Tal zu bringen. Dort, in einem schmalen An¬denbecken,
gründete 1534 der Konquistador Se-bastiän de Belalcäzar die Stadt San Francisco
de Quito. Im Herzen Neuspaniens galt es der Legen¬de nach als gutes Omen, wenn
man nicht nur von seiner Exzellenz, dem Gouverneur, sondern auch vom Cotopaxi
begrüßt wurde.
Ihr Hausberg, das sagen viele Quiteibs zu seinen Füßen noch
heute im Brustton der Überzeugung, sei ein Vulkan, der sich seiner monumentalen
Größe von 5.897 Metern, vor allem aber seiner wilden Schönheit gar nicht
bewusst sei. Aus die-sem Grund verstecke sich der aktive Feuerberg meist
schüchtern hinter einem Wolkenvorhang.
Weiß strahlt das
Franziskanerkonvent
auf der Plaza San
Francisco in Quito, der
Hauptstadt von
Ecuador.
Doch zeige er sich Besuchern unverhüllt, dann seien einem
die Götter gewogen.
Das Panorama des ersten Morgens in Ecuador, das man mit
einem Rest Schlaf in den Augen von einer Dachterrasse eines schicken
Stadtpalais ge¬nießt, als gerade die Sonne aufgeht: Grell gewei¬ßelt strahlt
das Franziskanerkonvent auf der Pla-za San Francisco, dem zu dieser frühen
Stunde noch fast menschenleeren Herz der Altstadt. Bunt bemalte Häuschen kleben
wie Schwalbennester an den steilen Hängen hinter dem monumenta¬len
Mönchspalast. Unterhalb dieses steinernen Glaubensbekenntnisses liegt im streng
quadra¬tisch organisierten Alt-Quito ein einzigartiges Kolonialensemble aus
stolzen Herrenhäusern. Übertroffen wird es nur von den Glockentürmen der
barocken Klöster und Kirchen. Diesen Schatz hat die Unesco schon vor bald 40
Jahren zum Weltkulturerbe ernannt.
Aus altem Blech wird neues Spielzeug
Entlang der Boulevards der Altstadt erschlägt einen fast die
Opulenz der Architektur. Quirliger sind die Gassen des einstigen
Boli-me-Viertels La Ronda: Hier kann man Hutmachern bei der Arbeit zusehen und
fin¬det immer noch als Hand¬werker getarnte Künstler, die aus altem Blech neues
Spielzeug herstellen oder an der Drehbank die allerschönsten Kreisel formen. Am
Aussichts¬punkt El Ventanal liegt einem schließlich fast ganz Quito, die auf
2.850 Meter Höhe in einem Andenbecken liegende Hauptstadt Ecuadors, zu Füßen.
Auf einem Hügel über der Metropole wacht die 45 Meter hohe Madonnenstatue
„Vir-gen del Panecillo". Doch der viel ältere Glücks¬bringer leuchtet in
50 Kilometer Entfernung am Horizont - und seine vereiste Spitze wird von keinem
Wölkchen verdeckt.
Früher gefährlich, heute schick
Der Cotopaxi zeigt sich also zur Begrüßung: ein gutes Omen.
Auch Quito hat sich hübsch ge¬macht. „Noch vor ein paar Jahrzehnten war die
Altstadt kein guter Platz zum Leben", sagt der Deutsch-Ecuadorianer Gab
Maldonado Fuchs. Wer es sich leisten konnte, zog lieber in ein ande¬res
Quartier um - das Zentrum verarmte und wurde zum Treffpunkt von Drogenhändlern
und Prostituierten. „Inzwischen ist das Herz von Quito aber wieder sicherer
geworden. Plötzlich ist es schick, in den historischen Gebäuden zu wohnen und
zu arbeiten."
Fliegende Händler verstopfen nicht mehr alle Gehwege,
sondern sind zum Teil in Geschäfte umgezogen. Die Polizei zeigt mehr Präsenz.
So können Einheimische und Besucher, und das ist für südamerikanische
Großstädte leider alles an¬dere als selbstverständlich, entspannt in den
Gas¬sen flanieren. Auch die Umgebung hat viel zu bieten: Im Vergleich zu seinen
Nachbarn Peru und Kolumbien ist Ecuador ein kleiner Fleck auf der Landkarte und
nur etwas größer als die alte Bundesrepublik. Amazonas, Anden und Pazifik¬küste
sind innerhalb weniger Stunden per Auto oder Bus zu erreichen.
In der direkten Umgebung von Quito liegt das
zweifelhaft-kitschige Monument für den „Mit-telpunkt der Welt". Denn
Ecuadors Hauptstadt liegt nur wenige Kilometer vom Äquator ent¬fernt. Ganz nah
ist auch das Städtchen Otavalo. Jeden Samstag füllen sich hier beim
traditionel¬len Indiomarkt die Straßen mit Hüten, Stoffen, Taschen, Ponchos und
Wandbehängen. Im Tal von Cayambe steht die Hacienda La Compania, einst von
Jesuiten als Mission gegründet und heute eine charmante Rosenfarm. Und gen
Os¬ten, jenseits einer spektakulären Passstraße über die Andenkordillere,
sprudeln die heißen Quel¬len von Papallacta - ins Amazonasbecken ist es von
hier aus nur ein Katzensprung.
Immer Regen im Unterholz
Mächtige Bäume gibt es aber auch im kaum be-kannten
Chocö-Nebelwald an der Westkordillere. „Die Wolken bleiben im Gebirge hängen
und reg¬nen sich ab. Pro Jahr messen wir 6.000 Millimeter Niederschlag - das
ist eine ganze Menge. Wenn ich ehrlich sein soll: Es regnet eigentlich
immer", sagt Carlos Morochz, ein junger Biologe im Na-turreservat von
Mashpi. Wer mit ihm durchs grü¬ne Unterholz zu Wasserfällen stapft, um Kolibris
zu beobachten, macht das in Gummistiefeln - und muss aufpassen, nicht aus
Versehen die Spuren von Jaguar, Ozelot und Puma zu zertreten. „Die
Tiere leben wie Phantome - sie sind hier, aber wir sehen sie
nicht", sagt der Biologe, der den scheuen Säugetieren mit Kamerafallen auf
die Spur kom-men will. Die Welt der Insekten, Reptilien und Vögel ist für ihn
allerdings fast interessanter: „Vermutlich leben hier deutlich mehr Arten als
im Amazonas, weil das Terrain so viele unterschied¬liche Lebensräume bietet.
Doch der Nebelwald ist noch immer kaum erforscht." Inzwischen führt der
26-Jährige seine Gäste auch durch einen Teil des Waldes, den man eigentlich nie
zu Gesicht be-kommt: Plattformen, eine Gondel und an Stahl-kabeln hängende
Luftfahrräder bringen Naturin-teressierte in die Baumkronen.
Auf Humboldts Spuren an mächtigen Bergen vorbei
Eine Himmelfahrt kann man auch auf der Stra§e erleben: Die
legendäre Panamericana, die quer durch Nord- und Südamerika führt, trägt auf
einem Abschnitt den Namen „Avenida de los Volcanos". Der Entdecker
Alexander von Hum¬boldt erforschte die Region, und die heute je nach Route
zwischen 150 und 250 Kilometer lange Strecke zwischen Cuenca im Süden und
Otavalo im Norden war für ihn die schönste
Straße der Welt. Wie im Film ziehen die mächti¬gen Berge
vorbei - Tungurahua, Chimborazo, Iliniza, Antisana, Pichincha, Cayambe. Und
mittendrin: der Cotopaxi.
Hoch zum „Thron des Mondes"
Teerstraßen führen nicht ins Hochland der An¬den, schon gar
nicht hinauf zum 5.897 Meter hohen Cotopaxi, nur von Schlaglöchern
ge¬sprenkelte Schotterpisten. Wer Quitos Wahrzei¬chen besuchen will, bucht also
eine Tour im Ge¬ländewagen. Bis auf 4.500 Meter geht es dann hinauf, in
haarigen Serpentinen und vorbei an Lagunen mit wilden Pferden. Der Cotopaxi hat
sich derweil wieder schüchtern verhüllt. Doch für ein paar Minuten zeigt sich
in Schneeweiß seine vereiste Spitze, für die Inka einst der „Thron des
Mondes".
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