DAW Musikproduktion
Author D.Selzer-McKenzie
https://youtu.be/EZCx857l2X0
Digital Audio Workstation (DAW)
Das Zentrum einer digitalen Musikproduktion bildet in der
Regel eine DAW. Sie besteht aus mindestens drei Komponenten:
1. Einem
Computer (PC oder Mac), der mit mindestens einem Monitor, Tastatur und Maus
ausgestattet ist.
2. Einem
Audio-Interface (Soundkarte) als Schnittstelle zwischen Rechner und Außenwelt.
3. Einer
DAW-Software.
Diese drei Komponenten sind in der Lage ein nahezu
komplettes Tonstudio zu ersetzen. Was zu einem vollständigen Studio fehlt, sind
die sogenannten Schallwandler, also Mikrofone und Lautsprecherboxen und nicht
zu vergessen: eine angepasste Raumakustik.
3.1 Die Power
Der aktuelle Leistungsstand eines handelsüblichen Computers
ist auf einem Niveau, das ihn befähigt, nahezu alle Anforderungen einer
digitalen Musik-produktion zu stemmen. Große Investitionen sind nicht mehr
notwendig. Vier oder mehr Prozessorkerne teilen sich die Rechenarbeit auf. Rechenintensive
Prozesse wie beispielsweise das Generieren eines Nachhall-Effekts belasten den
Rechner daher kaum noch.
Eine große Anzahl von Audiospuren und virtuellen
Instrumenten kann gleich-zeitig abgerufen und mit zusätzlichen Effekten
versehen werden. Auch die erhebliche Steigerung der RAM-Kapazität (Random
Access Memory, also der direkte Datenzugriff) ist einer der entscheidenden
Faktoren.
Die Firma Universal Audio bietet aktuell verschiedene
Prozessorkarten an, welche die Rechenleistung für ihre Plug-ins übernehmen. Für
diese Karten wird entweder die interne Schnittstelle PCI Express des Rechners
genutzt oder man kann sie mit ihrem externen Gehäuse per FireWire anschließen.
Die zum Teil anspruchsvolle Software kann so verwendet werden, ohne die
DSP-Power des Rechners zu belasten. Diese Karten besitzen keine analogen Ein-
und Ausgänge.
Durch die Adressierung mit 64 Bit können Arbeitsspeicher
(RAM) von mehr als 4 GB Größe genutzt werden. Durch die niedrigen Preise sind
moderne Systeme oft mit 8 oder 16 GB RAM ausgestattet. Hier gilt das Motto:
„Viel hilft viel."
Festplatten von mehreren Terabyte Größe erlauben einen
verschwenderischen Umgang mit Speicherkapazitäten und ermöglichen das
Archivieren einer gro-ßen Sammlung von Samples, Sounds und Sessions. Betriebssystem
vorbehalten sein, eine weitere dient nur als Speicher für die Programme und die
Sound-Datenbanken. SSD-Festplatten (Solid State Drive) besitzen noch keine so
große Speicherkapazität. Sie sind aber gut als System-
Die Frage, ob der PC oder ein Mac die richtige Wahl ist,
kann nicht pauschal beant¬wortet werden. Beide Systeme haben einen
Leistungsstand, mit dem schon in der mittleren Preisklasse annähernd jede
Audioanwendung bewältigt werden kann.
Nach wie vor sind Macs bei vergleichbarer Leistung teurer.
Dafür sind sie bedingt durch das Betriebssystem unempfindlicher gegen Viren und
haben dadurch eine etwas höhere Betriebssicherheit. Bevorzugt man eine
bestimmte DAW-Software, so ergibt sich damit oftmals automatisch die Wahl des
Rech-ners. Logic Pro läuft beispielsweise nur auf Mac, FL Studio wiederum nur
auf einem PC beziehungsweise einem Windows Betriebssystem. Seitdem Macs mit
Intel-Prozessoren arbeiten, ist es auch möglich, ein Windows- oder
Linux-Betriebssystem auf einem Mac zu installieren.
Die Soundkarte (Audio-Interface) eines Rechners ist die
Schnittstelle zur Außenwelt. Sie wird mindestens einen analogen Stereo-Ausgang
besitzen, um den Anschluss eines Monitorsystems zu ermöglichen.
Ist die Audiokarte integraler Bestandteil des Rechners, dann
wird sie über den PCI oder PCI Express Bus angesteuert. Externe Audiokarten
werden über eine USB-, USB 3 oder eine FireWire-Schnittstelle mit dem Rechner
verbun¬den. Über ein Express-Card-Interface können Soundkarten an ein Notebook
oder ein Apple Powerbook angeschlossen werden. Thunderbold ist eine relativ
junge Schnittstelle, die auf mehreren parallelen Kanälen große Datenmengen
schnell transferieren kann.
Aufwendige Soundkarten besitzen vier oder acht symmetrische
Eingänge, regelbare Mikrofon-Vorverstärker, mehrere symmetrische Ausgänge und
digi-tale Stereo-Ein- und -Ausgänge im S/PDIF- oder AES/EBU-Format. Diese
Soundkarten ermöglichen eine Aufnahme mehrerer Mikrofone gleichzeitig. Hegt man
den Wunsch, eine ganze Band mit vielen Instrumenten gleichzeitig aufzunehmen,
so wird es notwendig sein zwei oder drei solcher Soundkarten zu kaskadieren.
Dazu werden sie meist über die sogenannte ADAT-Schnitt-stelle miteinander
verbunden. In der großen Lösung verwendet man ein digi¬tales Mischpult mit 24
oder mehr Mikrofon-Eingängen und mehreren ADAT-Schnittstellen. Das Tascam DM
4800 ist ein bekannter Vertreter dieser Gattung.
Die Firmen Avid und Universal Audio (UAD) sind Hersteller,
die Audiokarten mit zusätzlich externer DSP-Power anbieten. Das
Pro-Tools-HDX-System wird den höchsten professionellen Ansprüchen gerecht (mehr
dazu im Kapitel Avid Pro Tools). Das Apollo 16 von Universal Audio bietet 16
analoge Ein-und Aus-gänge, eigene DSP-Power und zusätzlich ein Sortiment an
Software Plug-ins.
Wichtige Hersteller für Soundkarten sind unter anderem:
• Avid
• Focusrite
• M-Audio
• Motu
• Numark
• RME
• SSL
• Steinberg
• Universal
Audio
Software
Die Software ist die kreative Zentrale einer DAW. Sie ist
Aufnahmegerät, Spei-chermedium
Editierplattform, Klangerzeuger und Mischpult in einem. Eine
DAW wird häufig auch als Host (übersetzt: Wirt) bezeichnet, da sie neben all
den genannten Funktionen dazu dient, eine Reihe von Unterprogrammen zu
„bewirten". Diese Unterprogramme (Plug-ins) können den Leistungsumfang
einer DAW erheblich erweitern und individualisieren.
Die Aufteilung der einzelnen Arbeitsschritte einer
Musikproduktion in Kompo-sition, Aufnahme, Bearbeitung, Arrangement, Mixdown
und Mastering sind in der Arbeit mit einer DAW nicht mehr klar voneinander
abgegrenzt, sondern sie gehen nahtlos ineinander über. Schon in der
Kompositionsphase wird der endgültige Sound eines Synthesizers bestimmt. Er
wird mit den dazu gehöri-gen Effekten versehen und mithilfe der Mischpult-Automation
den „amtlichen" Lautstärke-Verlauf bekommen. Die Gestaltung des Klangs ist
Teil der Kompo-sition. Der Produzent wird zum Sound-Designer und Toningenieur.
Die rasante Entwicklung der DAW-Software sorgt auch dafür,
dass sich die Möglichkeiten der Programme unterschiedlicher Hersteller immer
mehr anglei-chen. Unterschiede lassen sich vor allem in der Handhabung und in
der Dar-stellung der Haupt-und Editierfenster feststellen. Besondere Stärken
der unter-schiedlichen DAWs sind dabei oftmals historisch abzuleiten.
Pro Tools war ursprünglich eine reine
Audiobearbeitungssoftware ohne MIDI-Optionen. Logic Pro (früher Notator) und
Cubase waren zunächst als reine MIDI-Software konzipiert. FL-Studio (früher
Fruity Loops) war ursprünglich eine auf Loops aufgebaute DJ-Software. Ableton
Live war/ist eine Software, die für den Live-Einsatz ausgerichtet ist.
Die Funktionen einer DAW-Software sind im Einzelnen:
• Sequencer
• Aufnahme,
Speicherung und Bearbeitung von Audio-Daten
• Virtuelles
Mischpult, mit Effekten und Mischpult-Automation
• Host von
externer Software (Plug-ins) für Klangerzeuger und Effektgeräte
• Generator für
Software-Synthesizer, Drum-Module
Im folgenden Abschnitt werden diese Funktionen im Einzelnen
beschrieben. Da ich selbst überwiegend mit Logic Pro arbeite, beziehen sich
viele Funk-tionen auf dieses Programm. Andere DAWs wie Cubase, Pro Tools etc.
sind vergleichbar aufgebaut und bieten ähnliche Möglichkeiten.
Sequencer-Programm
Eine Sequenz ist ein musikalischer Abschnitt, der einmal
oder mehrfach wiederholt wird. Bei einer DAW können das sowohl MIDI-Parts als
auch auf Audio-Aufnahmen sein. Der Aufbau des Arrangements eines Musiktitels
wird bestimmt durch die Positionierung der einzelnen Parts.
Anders als es früher mit der analogen Studiotechnik
notwendig war, muss heute ein musikalischer Abschnitt nicht mehr vielfach
aufgespielt werden, wenn das Arrangement es verlangt, sondern die einzelnen
Parts, wie beispielsweise die Gitarrenbegleitung eines Refrains, müssen nur
einmal aufgezeichnet werden, auch wenn der Song drei Refrains enthält. Das
Kopieren einzelner Abschnitte ist kinderleicht und selbstverständlich. Wie bei
vielen anderen Anwendungen eines Rechners ist die Copy-Paste-Funktion einer
DAW-Software ein selbst¬verständliches Feature. Die weitere Bearbeitung
beziehungsweise Verände¬rung einer Kopie ist ein elementarer Bestandteil des
kreativen Prozesses.
In den meisten Fällen wird die Struktur also das Arrangement
eines Titels mit-hilfe des Sequencers aufgebaut. Im Hauptfenster einer DAW sind
sowohl alle MIDI-Events als auch Audiospuren sichtbar.
Haupt-Arrangement-Fenster
Die meisten DAWs haben einen prinzipiell ähnlichen Aufbau.
Im Hauptfenster wird das Arrangement eines Musiktitels angelegt. Es enthält in
der Horizonta¬len eine Zeitleiste unterteilt in Stunden, Minuten, Sekunden und
Frames oder wahlweise in Takten (Viertel, Achtel und so weiter).
In der Vertikalen sind die Spuren dargestellt. Die Spuren
können sowohl M IDI-Daten als auch Audio-Files enthalten. Die Anzahl der
MIDI-Spuren ist bei einem halbwegs leistungsstarken Rechner nahezu unbegren der
Audiospuren hängt von der Anzahl der verwendeten Plug-Ins, von der Power des
Rechners und von der DAW selbst ab.
Am linken Rand ist die angewählte Spur mit Ihrem Namen und
technischen Spezifikationen wie beispielsweise dem MIDI-Kanal angezeigt. Hier
finden sich auch wichtige Schaltflächen für die Solo-, Mute- und
Record-Funktion, der Level-Fader und der Spurname. Je nach Software und
Voreinstellung kann man dort den angewählten Kanalzug mit seinen Plug-ins
sehen. Auch die Pult-Automation wird dort aktiviert. Diese Darstellung kann auf
die persönlichen Bedürfnisse und Gewohnheiten hin angepasst werden.
Der Rechner arbeitet alle Ereignisse im Ablauf der Zeit ab.
Ein durchs Bild laufender vertikaler Strich oder Cursor zeigt den
augenblicklichen Zeitpunkt der Wiedergabe. Alles, was untereinander steht,
passiert gleichzeitig. Fast alle Ereignisse, die sich in dem Arrangement
befinden, werden in rechteckigen Kästchen dargestellt. Diese Kästchen
beinhalten entweder MIDI-Daten oder Audio-Files. Sie können innerhalb einer
Spur an jeden beliebigen Ort gescho¬ben oder sie können auf eine andere Spur
kopiert werden, solange es sich um dieselbe Kategorie von Spuren handelt —
MIDI-Daten sind auf einer Audiospur natürlich funktionsuntüchtig. Durch das
Kopieren eines Kästchens mit MIDI-Signalen auf eine zweite MIDI-Spur kann man
einen musikalischen Part von einem zusätzlichen Instrument spielen lassen. Eine
Synthesizer-Melodie, ein Flächensound oder eine Bassdrum wird nach diesem
Verfahren problemlos im Sound angereichert.
Für die Aufnahme von MIDI-Daten ist ein MIDI-fähiges
Keyboard oder ein anderes Gerät, das MIDI-Daten aussenden kann, notwendig.
Wichtig ist, dass in der DAW der richtige MIDI-Kanal eingestellt wird — also
genau der Kanal, auf dem das entsprechende Gerät sendet.
Einzelne Fehler bei einer Aufnahme von MIDI-Spuren sind kein
Problem, da sie im Nachhinein beim Editieren beseitigt werden können. Bei der
Aufnahme eines MIDI-Pianos sind neben den Note-Befehlen die MIDI-Daten für das
Hal¬tepedal (Sustain) wichtig. Es gibt extra Pedale für diesen Zweck, die an
das Keyboard angeschlossen werden können. Allerdings unterstützt nicht jedes
MIDI-Keyboard diese Sustain-Funktion.
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es sehr interessant und
oft
lehrreich ist, eine andere Person bei der Arbeit an der
eigenen DAW zu
beobachten. Jeder hat eine andere Herangehensweise. Es gibt
kein „richtig" und „falsch", sondern tausend Wege, eine Aufgabe in
einer DAW zu bewältigen. Manchmal können kleine Tipps wie zum Beispiel eine
neue Tastenkombination den eigenen Workflow verbessern. Die Möglichkeiten der
Soundgestaltung sind derart vielschichtig, dass es immer etwas Neues zu
entdecken gibt.
3.8 Virtuelle Bandmaschine — Transport-Fenster
Viele DAWs haben auf ihrer Hauptseite ein Fenster, das in
Bedienung und Funktion einer analogen Bandmaschine nachempfunden ist. Es finden
sich Schalter für Aufnahme, Wiedergabe, Vor- und Zurückspulen, eine Stopp-Taste
und ein Zählwerk. Dieses Zählwerk zeigt den aktuellen Zeitpunkt des Cursors
entweder in Minuten, Sekunden und Millisekunden (Timecode) oder wahlweise in
Takten und Takt-Bruchteilen an.
Viel komfortabler als bei einer analogen Bandmaschine kann
man in einer DAW ohne Verzögerung den Titel von jeder beliebigen Position
wiedergeben lassen und dabei eine Aufnahme starten. Der Start- und Endpunkt der
Aufnahme kann im Voraus festgelegt werden.
Der Timecode dient nicht nur zur Orientierung und Navigation
innerhalb eines Musiktitels, sondern auch zur Synchronisation der DAW mit einer
externen Bandmaschine oder einem Video. Er liegt als MIDI-Timecode an der
MIDI-Out Buchse der Audiokarte Im Transport-Fenster finden sich weitere
Funktionen. So können dort Tempo und Taktart eingestellt werden, die
Cycle-Funktion kann dort aktiviert werden, es ist ersichtlich, ob MIDI-Daten
empfangen werden und es kann das Metro-nom eingeschaltet werden. Tempo und
Taktart lassen sich im Ablauf eines Musiktitels jederzeit ändern
beziehungsweise Wie der Name schon sagt, dient die Cycle-Funktion dazu, einen
Abschnitt immer wieder abzuspielen. Im Transport-Fenster können die Punkte für
Start und Ende des Loops gewählt werden. Für die Aktivierung der Cycle-Funktion
ist ein sogenannter Shortcut (Tastaturbefehl) sinnvoll. Mit einem Druck auf den
Buchstaben „c" ist diese Funktion schnell ein- und auszuschalten. Solche
Shortcuts erleichtern das Arbeiten mit einer DAW erheblich. Für die Belegung
gibt es Voreinstellungen, die man den eigenen Wünschen und Gewohnheiten
anpassen kann. Die Cycle-Funktion kann auch für eine Aufnahme sinnvoll sein.
Bei jedem Neuanfang entsteht ein neuer Aufnahme-Take. Damit kann man
beispielsweise ein Gitarrensolo so oft wiederholen, bis es perfekt ist. In
diesen Funktionen sind sich die meisten DAWs wie Cubase, Logic Pro und Pro
Tools sehr ähnlich.
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