Mittwoch, 17. Februar 2016

DAW Musikproduktion


DAW Musikproduktion

Author D.Selzer-McKenzie

https://youtu.be/EZCx857l2X0

Digital Audio Workstation (DAW)

Das Zentrum einer digitalen Musikproduktion bildet in der Regel eine DAW. Sie besteht aus mindestens drei Komponenten:

1.        Einem Computer (PC oder Mac), der mit mindestens einem Monitor, Tastatur und Maus ausgestattet ist.

2.        Einem Audio-Interface (Soundkarte) als Schnittstelle zwischen Rechner und Außenwelt.

3.        Einer DAW-Software.

Diese drei Komponenten sind in der Lage ein nahezu komplettes Tonstudio zu ersetzen. Was zu einem vollständigen Studio fehlt, sind die sogenannten Schallwandler, also Mikrofone und Lautsprecherboxen und nicht zu vergessen: eine angepasste Raumakustik.

3.1 Die Power

Der aktuelle Leistungsstand eines handelsüblichen Computers ist auf einem Niveau, das ihn befähigt, nahezu alle Anforderungen einer digitalen Musik-produktion zu stemmen. Große Investitionen sind nicht mehr notwendig. Vier oder mehr Prozessorkerne teilen sich die Rechenarbeit auf. Rechenintensive Prozesse wie beispielsweise das Generieren eines Nachhall-Effekts belasten den Rechner daher kaum noch.

Eine große Anzahl von Audiospuren und virtuellen Instrumenten kann gleich-zeitig abgerufen und mit zusätzlichen Effekten versehen werden. Auch die erhebliche Steigerung der RAM-Kapazität (Random Access Memory, also der direkte Datenzugriff) ist einer der entscheidenden Faktoren.

Die Firma Universal Audio bietet aktuell verschiedene Prozessorkarten an, welche die Rechenleistung für ihre Plug-ins übernehmen. Für diese Karten wird entweder die interne Schnittstelle PCI Express des Rechners genutzt oder man kann sie mit ihrem externen Gehäuse per FireWire anschließen. Die zum Teil anspruchsvolle Software kann so verwendet werden, ohne die DSP-Power des Rechners zu belasten. Diese Karten besitzen keine analogen Ein- und Ausgänge.

 

Durch die Adressierung mit 64 Bit können Arbeitsspeicher (RAM) von mehr als 4 GB Größe genutzt werden. Durch die niedrigen Preise sind moderne Systeme oft mit 8 oder 16 GB RAM ausgestattet. Hier gilt das Motto: „Viel hilft viel."

Festplatten von mehreren Terabyte Größe erlauben einen verschwenderischen Umgang mit Speicherkapazitäten und ermöglichen das Archivieren einer gro-ßen Sammlung von Samples, Sounds und Sessions. Betriebssystem vorbehalten sein, eine weitere dient nur als Speicher für die Programme und die Sound-Datenbanken. SSD-Festplatten (Solid State Drive) besitzen noch keine so große Speicherkapazität. Sie sind aber gut als System-

Die Frage, ob der PC oder ein Mac die richtige Wahl ist, kann nicht pauschal beant¬wortet werden. Beide Systeme haben einen Leistungsstand, mit dem schon in der mittleren Preisklasse annähernd jede Audioanwendung bewältigt werden kann.

Nach wie vor sind Macs bei vergleichbarer Leistung teurer. Dafür sind sie bedingt durch das Betriebssystem unempfindlicher gegen Viren und haben dadurch eine etwas höhere Betriebssicherheit. Bevorzugt man eine bestimmte DAW-Software, so ergibt sich damit oftmals automatisch die Wahl des Rech-ners. Logic Pro läuft beispielsweise nur auf Mac, FL Studio wiederum nur auf einem PC beziehungsweise einem Windows Betriebssystem. Seitdem Macs mit Intel-Prozessoren arbeiten, ist es auch möglich, ein Windows- oder Linux-Betriebssystem auf einem Mac zu installieren.

Die Soundkarte (Audio-Interface) eines Rechners ist die Schnittstelle zur Außenwelt. Sie wird mindestens einen analogen Stereo-Ausgang besitzen, um den Anschluss eines Monitorsystems zu ermöglichen.

Ist die Audiokarte integraler Bestandteil des Rechners, dann wird sie über den PCI oder PCI Express Bus angesteuert. Externe Audiokarten werden über eine USB-, USB 3 oder eine FireWire-Schnittstelle mit dem Rechner verbun¬den. Über ein Express-Card-Interface können Soundkarten an ein Notebook oder ein Apple Powerbook angeschlossen werden. Thunderbold ist eine relativ junge Schnittstelle, die auf mehreren parallelen Kanälen große Datenmengen schnell transferieren kann.

Aufwendige Soundkarten besitzen vier oder acht symmetrische Eingänge, regelbare Mikrofon-Vorverstärker, mehrere symmetrische Ausgänge und digi-tale Stereo-Ein- und -Ausgänge im S/PDIF- oder AES/EBU-Format. Diese Soundkarten ermöglichen eine Aufnahme mehrerer Mikrofone gleichzeitig. Hegt man den Wunsch, eine ganze Band mit vielen Instrumenten gleichzeitig aufzunehmen, so wird es notwendig sein zwei oder drei solcher Soundkarten zu kaskadieren. Dazu werden sie meist über die sogenannte ADAT-Schnitt-stelle miteinander verbunden. In der großen Lösung verwendet man ein digi¬tales Mischpult mit 24 oder mehr Mikrofon-Eingängen und mehreren ADAT-Schnittstellen. Das Tascam DM 4800 ist ein bekannter Vertreter dieser Gattung.

Die Firmen Avid und Universal Audio (UAD) sind Hersteller, die Audiokarten mit zusätzlich externer DSP-Power anbieten. Das Pro-Tools-HDX-System wird den höchsten professionellen Ansprüchen gerecht (mehr dazu im Kapitel Avid Pro Tools). Das Apollo 16 von Universal Audio bietet 16 analoge Ein-und Aus-gänge, eigene DSP-Power und zusätzlich ein Sortiment an Software Plug-ins.

Wichtige Hersteller für Soundkarten sind unter anderem:

         Avid

         Focusrite

         M-Audio

         Motu

         Numark

         RME

         SSL

         Steinberg

         Universal Audio

Software

Die Software ist die kreative Zentrale einer DAW. Sie ist Aufnahmegerät, Spei-chermedium

Editierplattform, Klangerzeuger und Mischpult in einem. Eine DAW wird häufig auch als Host (übersetzt: Wirt) bezeichnet, da sie neben all den genannten Funktionen dazu dient, eine Reihe von Unterprogrammen zu „bewirten". Diese Unterprogramme (Plug-ins) können den Leistungsumfang einer DAW erheblich erweitern und individualisieren.

Die Aufteilung der einzelnen Arbeitsschritte einer Musikproduktion in Kompo-sition, Aufnahme, Bearbeitung, Arrangement, Mixdown und Mastering sind in der Arbeit mit einer DAW nicht mehr klar voneinander abgegrenzt, sondern sie gehen nahtlos ineinander über. Schon in der Kompositionsphase wird der endgültige Sound eines Synthesizers bestimmt. Er wird mit den dazu gehöri-gen Effekten versehen und mithilfe der Mischpult-Automation den „amtlichen" Lautstärke-Verlauf bekommen. Die Gestaltung des Klangs ist Teil der Kompo-sition. Der Produzent wird zum Sound-Designer und Toningenieur.

Die rasante Entwicklung der DAW-Software sorgt auch dafür, dass sich die Möglichkeiten der Programme unterschiedlicher Hersteller immer mehr anglei-chen. Unterschiede lassen sich vor allem in der Handhabung und in der Dar-stellung der Haupt-und Editierfenster feststellen. Besondere Stärken der unter-schiedlichen DAWs sind dabei oftmals historisch abzuleiten.

Pro Tools war ursprünglich eine reine Audiobearbeitungssoftware ohne MIDI-Optionen. Logic Pro (früher Notator) und Cubase waren zunächst als reine MIDI-Software konzipiert. FL-Studio (früher Fruity Loops) war ursprünglich eine auf Loops aufgebaute DJ-Software. Ableton Live war/ist eine Software, die für den Live-Einsatz ausgerichtet ist.

Die Funktionen einer DAW-Software sind im Einzelnen:

         Sequencer

         Aufnahme, Speicherung und Bearbeitung von Audio-Daten

         Virtuelles Mischpult, mit Effekten und Mischpult-Automation

         Host von externer Software (Plug-ins) für Klangerzeuger und Effektgeräte

         Generator für Software-Synthesizer, Drum-Module

Im folgenden Abschnitt werden diese Funktionen im Einzelnen beschrieben. Da ich selbst überwiegend mit Logic Pro arbeite, beziehen sich viele Funk-tionen auf dieses Programm. Andere DAWs wie Cubase, Pro Tools etc. sind vergleichbar aufgebaut und bieten ähnliche Möglichkeiten.

Sequencer-Programm

Eine Sequenz ist ein musikalischer Abschnitt, der einmal oder mehrfach wiederholt wird. Bei einer DAW können das sowohl MIDI-Parts als auch auf Audio-Aufnahmen sein. Der Aufbau des Arrangements eines Musiktitels wird bestimmt durch die Positionierung der einzelnen Parts.

Anders als es früher mit der analogen Studiotechnik notwendig war, muss heute ein musikalischer Abschnitt nicht mehr vielfach aufgespielt werden, wenn das Arrangement es verlangt, sondern die einzelnen Parts, wie beispielsweise die Gitarrenbegleitung eines Refrains, müssen nur einmal aufgezeichnet werden, auch wenn der Song drei Refrains enthält. Das Kopieren einzelner Abschnitte ist kinderleicht und selbstverständlich. Wie bei vielen anderen Anwendungen eines Rechners ist die Copy-Paste-Funktion einer DAW-Software ein selbst¬verständliches Feature. Die weitere Bearbeitung beziehungsweise Verände¬rung einer Kopie ist ein elementarer Bestandteil des kreativen Prozesses.

In den meisten Fällen wird die Struktur also das Arrangement eines Titels mit-hilfe des Sequencers aufgebaut. Im Hauptfenster einer DAW sind sowohl alle MIDI-Events als auch Audiospuren sichtbar.

 Haupt-Arrangement-Fenster

Die meisten DAWs haben einen prinzipiell ähnlichen Aufbau. Im Hauptfenster wird das Arrangement eines Musiktitels angelegt. Es enthält in der Horizonta¬len eine Zeitleiste unterteilt in Stunden, Minuten, Sekunden und Frames oder wahlweise in Takten (Viertel, Achtel und so weiter).

In der Vertikalen sind die Spuren dargestellt. Die Spuren können sowohl M IDI-Daten als auch Audio-Files enthalten. Die Anzahl der MIDI-Spuren ist bei einem halbwegs leistungsstarken Rechner nahezu unbegren der Audiospuren hängt von der Anzahl der verwendeten Plug-Ins, von der Power des Rechners und von der DAW selbst ab.

Am linken Rand ist die angewählte Spur mit Ihrem Namen und technischen Spezifikationen wie beispielsweise dem MIDI-Kanal angezeigt. Hier finden sich auch wichtige Schaltflächen für die Solo-, Mute- und Record-Funktion, der Level-Fader und der Spurname. Je nach Software und Voreinstellung kann man dort den angewählten Kanalzug mit seinen Plug-ins sehen. Auch die Pult-Automation wird dort aktiviert. Diese Darstellung kann auf die persönlichen Bedürfnisse und Gewohnheiten hin angepasst werden.

Der Rechner arbeitet alle Ereignisse im Ablauf der Zeit ab. Ein durchs Bild laufender vertikaler Strich oder Cursor zeigt den augenblicklichen Zeitpunkt der Wiedergabe. Alles, was untereinander steht, passiert gleichzeitig. Fast alle Ereignisse, die sich in dem Arrangement befinden, werden in rechteckigen Kästchen dargestellt. Diese Kästchen beinhalten entweder MIDI-Daten oder Audio-Files. Sie können innerhalb einer Spur an jeden beliebigen Ort gescho¬ben oder sie können auf eine andere Spur kopiert werden, solange es sich um dieselbe Kategorie von Spuren handelt — MIDI-Daten sind auf einer Audiospur natürlich funktionsuntüchtig. Durch das Kopieren eines Kästchens mit MIDI-Signalen auf eine zweite MIDI-Spur kann man einen musikalischen Part von einem zusätzlichen Instrument spielen lassen. Eine Synthesizer-Melodie, ein Flächensound oder eine Bassdrum wird nach diesem Verfahren problemlos im Sound angereichert.

Für die Aufnahme von MIDI-Daten ist ein MIDI-fähiges Keyboard oder ein anderes Gerät, das MIDI-Daten aussenden kann, notwendig. Wichtig ist, dass in der DAW der richtige MIDI-Kanal eingestellt wird — also genau der Kanal, auf dem das entsprechende Gerät sendet.

Einzelne Fehler bei einer Aufnahme von MIDI-Spuren sind kein Problem, da sie im Nachhinein beim Editieren beseitigt werden können. Bei der Aufnahme eines MIDI-Pianos sind neben den Note-Befehlen die MIDI-Daten für das Hal¬tepedal (Sustain) wichtig. Es gibt extra Pedale für diesen Zweck, die an das Keyboard angeschlossen werden können. Allerdings unterstützt nicht jedes MIDI-Keyboard diese Sustain-Funktion.

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es sehr interessant und oft

lehrreich ist, eine andere Person bei der Arbeit an der eigenen DAW zu

beobachten. Jeder hat eine andere Herangehensweise. Es gibt kein „richtig" und „falsch", sondern tausend Wege, eine Aufgabe in einer DAW zu bewältigen. Manchmal können kleine Tipps wie zum Beispiel eine neue Tastenkombination den eigenen Workflow verbessern. Die Möglichkeiten der Soundgestaltung sind derart vielschichtig, dass es immer etwas Neues zu entdecken gibt.

 

3.8 Virtuelle Bandmaschine — Transport-Fenster

Viele DAWs haben auf ihrer Hauptseite ein Fenster, das in Bedienung und Funktion einer analogen Bandmaschine nachempfunden ist. Es finden sich Schalter für Aufnahme, Wiedergabe, Vor- und Zurückspulen, eine Stopp-Taste und ein Zählwerk. Dieses Zählwerk zeigt den aktuellen Zeitpunkt des Cursors entweder in Minuten, Sekunden und Millisekunden (Timecode) oder wahlweise in Takten und Takt-Bruchteilen an.

Viel komfortabler als bei einer analogen Bandmaschine kann man in einer DAW ohne Verzögerung den Titel von jeder beliebigen Position wiedergeben lassen und dabei eine Aufnahme starten. Der Start- und Endpunkt der Aufnahme kann im Voraus festgelegt werden.

 

 

Der Timecode dient nicht nur zur Orientierung und Navigation innerhalb eines Musiktitels, sondern auch zur Synchronisation der DAW mit einer externen Bandmaschine oder einem Video. Er liegt als MIDI-Timecode an der MIDI-Out Buchse der Audiokarte Im Transport-Fenster finden sich weitere Funktionen. So können dort Tempo und Taktart eingestellt werden, die Cycle-Funktion kann dort aktiviert werden, es ist ersichtlich, ob MIDI-Daten empfangen werden und es kann das Metro-nom eingeschaltet werden. Tempo und Taktart lassen sich im Ablauf eines Musiktitels jederzeit ändern beziehungsweise Wie der Name schon sagt, dient die Cycle-Funktion dazu, einen Abschnitt immer wieder abzuspielen. Im Transport-Fenster können die Punkte für Start und Ende des Loops gewählt werden. Für die Aktivierung der Cycle-Funktion ist ein sogenannter Shortcut (Tastaturbefehl) sinnvoll. Mit einem Druck auf den Buchstaben „c" ist diese Funktion schnell ein- und auszuschalten. Solche Shortcuts erleichtern das Arbeiten mit einer DAW erheblich. Für die Belegung gibt es Voreinstellungen, die man den eigenen Wünschen und Gewohnheiten anpassen kann. Die Cycle-Funktion kann auch für eine Aufnahme sinnvoll sein. Bei jedem Neuanfang entsteht ein neuer Aufnahme-Take. Damit kann man beispielsweise ein Gitarrensolo so oft wiederholen, bis es perfekt ist. In diesen Funktionen sind sich die meisten DAWs wie Cubase, Logic Pro und Pro Tools sehr ähnlich.

 

 

 








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