Freitag, 26. Februar 2016

Mandelblüte auf Mallorca


Mandelblüte auf Mallorca

Author D.Selzer-McKenzie

https://youtu.be/gWhqOlcSPAE

Von Mitte Januar bis Anfang März blühen die Mandelbäume auf den Balearen. Nicht nur Urlauber sind von Farbenpracht und Duft fasziniert.

 

Miguel Benito sehnt den Frühling herbei. Dann ist wieder Erntezeit. Nicht die Früchte des Mandelbaums interessieren ihn, sondern seine Blüten. „Vor über 1.000 Jahren brachten die Mauren den Mandelbaum nach Mallorca", erzählt der Parfümeur. „Größere Verbreitung fand er jedoch erst, als 1890 die Reblaus über Weinstöcke in Europa herfiel. Viele Winzer pflanzten Mandelbäume als Ersatz."

Heute ist die Hälfte der rund sechs Millionen Bäume verwildert. Einst waren sie eine wichtige Ertragsquelle, doch inzwischen kann kein Bauer mehr allein von einer Mandelbaumplantage le¬ben: Oliven, Wein, Orangen und vor allem der Tourismus bringen zusätzliche Einnahmen.

Während Miguel immer wieder an frischen Blü¬ten schnuppert, die er in seiner kleinen Fabrik in Pont d'Inca im Norden Palmas nutzt, erklärt er, wie die Idee zum Mandelblütenparfum, das er nur auf Mallorca vertreibt, entstand: „Der Er¬finder des ,Flor d'Ametler` war Bernardo Vallori. Er war Chemiker und sah, wie die alten Frauen in seinem Heimatort Llucmajor Rosmarin-, La¬vendel- und Rosenblütenessenzen herstellten. Das inspirierte ihn, denn in der Region wuchsen schon immer viele Mandelbäume. 1930 fing er an, Duftwasser zu kreieren. Um nicht nur das Aroma einzufangen, fügte er jedem Flakon eine Blüte hinzu. »Sie sollte den Frühling Mallorcas repräsentieren."

Vor knapp 30 Jahren erlernte Miguel Benito das Handwerk direkt beim Erfinder und führt die

 

Firma heute zusammen mit seinen beiden Kin¬dern. „Ob die Blüte rosa oder weiß ist, das ist egal", sagt der Endfünfziger. „In der Flasche se¬hen später alle weiß aus. Nur gut riechen sollte sie und fünfblättrig sein, dann kommt sie am besten zur Geltung."

Geheime Rezeptur und reichlich Alkohol

Gleich nach dem Pflücken werden die Blüten in der Manufaktur handverlesen und nach Größe sortiert. In lichtundurchlässigen Glasbehältern schwimmen sie in reichlich Alkohol und einer geheim gehaltenen Rezeptur. Mindestens drei Jahre lagern sie so bei gleichmäßiger Tempera¬tur im dunklen Raum, bevor sie in den Flakon mit der Parfumessenz gelangen.

Dem Nordwind entgegen

Um das Mandelblütenbukett nicht nur aus der Flasche, sondern auch in der Natur genießen zu können, bie¬ten sich mehrere verschiedene Wan¬dertouren über die Insel an. Hinter den weiß-rosa Schleiern der Bäume ragt das Tramuntana-Gebirge in den blassblauen Himmel. „Tramun-tana heißt Nordwind", weiß Wan¬derführerin Nicole Bea. Und den kann man im Februar auf Mallorca noch recht kräftig und kühl zu spü¬ren bekommen.

Von Puerto de Söller geht es bei gemäßigten Höhenunterschieden nach Fornalutx und über die Berge

 

weiter nach Biniaraix. Von Söller kann man sich die letzten fünf Kilometer zurück nach Puerto de Söller mit einer alten Straßenbahn durch Orangen- und Zitronenhaine und später am Meer entlang schaukeln lassen.

Wanderweg und Schienen führen direkt am Eiscafd „Sa Fabrica de Gelats" vorbei. Mehr als 40 Sorten cremiges Milchspeiseeis und Sorbets habe er im Angebot, so Franz Kraus. 1990 kam der Rheinländer auf die Insel. Vier Jahre später gründete er seine Eisfabrik und kurz darauf die Firma „Fet a Söller". „Das heißt in Söller herge¬stellt", meint der Lebensmittelexperte. „Ich ver¬treibe einheimische Marmeladen, Olivenöle, Weine, Wurst- und Käsespezialitäten, Orangen, Zitronen und natürlich Mandeln - gehackt, ge¬hobelt und gebrannt." Zu seinen Eisfavoriten zählt neben Orangen- ein hellbraunes Mandel¬eis. Die Paste zur Herstellung dieser sahnigen Spezialität bezieht er von der Kooperative Camp Mallorqui in Consell bei Inca.

Zwischen Schafen und Hainen hindurch

Einige Kilometer entfernt im Dorf Mancor de la Vall am Fuß der Serra de Tramuntana beginnt eine weitere Wanderroute. Sie führt an endlosen Mandelbaumplantagen vorbei, in denen zahlrei¬che Schafe weiden. Später in Caimari folgt ein alter Pilgerpfad bis zum Wallfahrtsort Kloster Lluc. Der Weg endet am Cafe „Sa Placa" im Klosterhof. Saftiger Mandelkuchen ist hier die angesagte Delikate3se.

Maschinen teilen und damit Geld sparen

„Auf Mallorca handelt es sich immer um Süß-mandelbäume, egal ob sie rosa oder weiße Blüten tragen", erklärt Georgina Brunet. „Bitterman-deln blühen zwar immer rosa. Nur werden diese Bäume sofort herausgerissen, um die Ernte nicht zu verderben." Die 34-Jährige ist Geschäftsfüh¬rerin des Mandelverarbeitungsbetriebs in Con-sell. Es handelt sich um eine Kooperative zweiten Grades: In ihr sind nicht direkt Bauern organi¬siert, sondern 17 kleinere Kooperativen, in de¬nen sich 900 Mitglieder zusammengeschlossen haben. 1983 gründeten die Landwirte die Orga¬nisation, um sich Ernte- und Verarbeitungsma¬schinen zu teilen, die für jeden Einzelnen zu kostenintensiv wären.

Die Anlieferung der Mandeln erfolgt von Mitte August bis Ende November. Bis April läuft die Produktion. In der Industriehalle herrscht oh-

 

renbetäubender Lärm. Er stammt von den Knack-maschinen, die die äußere harte Hülle der Man¬deln zertrümmern. Die geknackten Mandeln kommen mit leicht bitterer, dunkler Haut oder enthäutet als elfenbeinfarbene Kerne, Blättchen, Splitter oder gemahlen in den Handel. „Die mal-lorquinische Mandel schmeckt sehr süß und zeichnet sich durch einen hohen Anteil an unge¬sättigten Fettsäuren aus", so Georgina Brunet. „Jahrzehntelang wurde sie für Marzipan ver¬wendet. Leider können wir die Menge nicht mehr liefern. Durch die Ungleichheit der Kerne ist die Verarbeitung auch zu teuer." Das größte spanische Mandelanbaugebiet befin¬det sich auf dem Festland - in Andalusien. Doch der stärkste Konkurrent der mallorquinischen ist die kalifornische Mandel. „Sie ist größer und ebenmäßiger, lässt sich leichter ernten und verar-beiten und ist dadurch viel preiswerter", sagt Brunet. „Auf Mallorca gibt es nur wenig Bewäs¬serung. Pro Hektar ernten wir 150 bis 300 Kilo¬gramm Mandeln. In Kalifornien sind es drei Tonnen."

Im Nostalgiezug zwischen Söller und Palma

Wer sich einen Tag Wanderpause gönnen möch¬te, dem empfiehlt Wanderführerin Nicole Bea eine Fahrt mit Ausblick im über 100 Jahre alten Nostalgiezug „Roter Blitz" zwischen Söller und Palma. Das Tal bei Bunyola ist mit Mandelbäu-men übersäht. Der mallorquinische Frühling entfaltet hier sein volles Bukett. Und für zu Hause gibt es schließlich noch den Duft aus dem Flakon.







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