Die Volkswirtschaft 2016 in den USA
Author D.Selzer-McKenzie
https://youtu.be/asT12WqAN8U
Die größte Volkswirtschaft der Welt hat ihre Dynamik
zurückgewonnen. Das Wachstum ist höher als im Euroraum oder in anderen
etablierten Regionen. Der Dollar hat seine Stärkewiedererlangt. Und im Dezember
begann die Federal Reserve mit einer ersten Leitzinserhöhung. Welche Chancen
bietet der US-Aktienmarkt im Wahljahr 2016, und wie können Anleger mit Hebelprodukten
von der Entwicklung wichtiger Indizes, Aktien und auch des Dollars profitieren?
Es muss noch ein Dreivierteljahr vergehen, bis es so weit
ist. Doch schon seit einigen Wochen bestimmen die Präsidentschafts-wahlen in
den USA Teile der Medien-landschaft. Im November stimmen die US-Amerikaner über
den Nachfolger von Ba-rack Obama ab. Zuvor müssen die De-mokraten und
Republikaner noch ihre Kandidaten wählen. Erstmals wird es im Februar spannend,
wenn die Vorwahlen in Iowa und in New Hampshire stattfin¬den. Ein weiterer
bedeutender Gradmesser folgt dann mit dem „Super Tuesday" am 1. März. Dann
entscheiden die Republi¬kaner in 14 und die Demokraten in zwölf Bundesstaaten
über ihre Kandidaten. Das Rennen um das bedeutende Amt wird fast das gesamte
Jahr über andauern.
Bei den Demokraten gilt die ehemalige First Lady Hillary
Clinton als Favoritin. We-sentlich knapper scheint die Kandidaten-findung bei
den Republikanern. Schlie߬lich führen aktuell drei ungesetzte Kandi¬daten in
den Umfragen: Donald Trump, Ted Cruz, der Senator von Texas, und der ehemalige
Chirurg Ben Carson.
AKTIEN UND DOLLAR IM WAHLJAHR
In der Vergangenheit waren US-Wahljahre meist gute Jahre für
den Dow Jones Indus-trial Average und den US-Dollar — was allerdings nicht
heißt, dass es immer so war. Der Greenback zeigt bereits seit dem Frühjahr 2014
seine wiedergewonnene Stärke. Seither fiel beispielsweise der EUR/USD-Kurs von
rund 1,40 Dollar auf unter 1,10 Dollar. Der Euro wurde also schwächer, der
Dollar stärker. Seit dem Tief von Ende November, als der Euro bei knapp 1,06
Dollar notierte, setzte aller-
dings eine Gegenbewegung ein, die der Gemeinschaftswährung
wieder in Rich¬tung 1,10 Dollar verhalf.
Gegenwind bekamen in den vergangenen Wochen auch die
Aktienmärkte zu spüren. Dow Jones, EURO STOXX 50® und DAX° starteten denkbar
schlecht ins neue Jahr. Der Dow Jones Industrial Average war zuvor seit dem
Tief im März 2009 bei 6.547 Punkten fast pausenlos gestiegen. Im Mai
vergangenen Jahres markierte der Index sein Hoch bei 18.312 Punkten. Nach dem
Kursrückgang im Sommer folgte eine Erholung im Herbst, die den „Dow" im
November auf knapp 18.000
Punkte steigen ließ. Bis Mitte Januar bra¬chen die Kurse in
Richtung 16.000 Zähler ein. Es wird sich in den nächsten Monaten zeigen, ob
2016 doch noch ein gutes Jahr für die Aktienmärkte wird.
IMPULSE VOM BINNENMARKT
Goldman Sachs Global Investment Re¬search (GIR) geht für
2016 von einem BIP-Wachstum von 2,25 Prozent in den USA aus. Der Internationale
Währungs¬fonds (IWF) ist mit seiner Prognose sogar noch optimistischer. Nach
IWF-Schätzun¬gen werden die USA das höchste Wachs¬tum der G7-Staaten
verzeichnen. Dabei dürfte die US-Wirtschaft von der Inlands- nachfrage
profitieren, insbesondere von den Konsumausgaben. Es spricht vieles für ein
solides Wachstum bei Konsum und Woh-nungsbauinvestitionen. Auch die
Staatsaus-gaben sollten bescheidene Wachstumsim-pulse liefern — zum ersten Mal
nach Jahren. Trotz der eher bescheidenen Wachstums-prognose sollte es möglich
sein, freie Kapa-zitäten zu reduzieren. Die Wirtschaft steuert dann langsam auf
Vollbeschäftigung zu.
Sowohl die Lohn- als auch die Verbrau-cherpreisinflation
sollten schrittweise stei¬gen, während die Löhne nur langsam wachsen. Immerhin
deuten Frühindikato¬ren schon seit geraumer Zeit auf eine Ver-
besserung der Lohndaten hin. Nach der ersten Zinserhöhung
durch die Federal Reserve gehen die Analysten von Global Investment Research
für 2016 von einem Anstieg der Funds Rate um 100 Basis¬punkte aus — das
entspräche einer Anhe¬bung pro Quartal. Das Tempo der Zins¬erhöhungen wird
letztlich von den Fort¬schritten abhängen, die das FOMC bei den Beschäftigungs-
und Inflationszielen feststellt.
HEBELPRODUKTE AUF DIE USA
Goldman Sachs bietet vielfältige Möglich-keiten, um mit
Hebelprodukten an der Kursentwicklung des Dollars oder von US-
Aktien bzw. US-Indizes zu partizipieren. Am größten ist das
Angebot beim Wäh¬rungspaar Euro/US-Dollar. Dort finden Anleger vier Typen von
Hebelprodukten: Optionsscheine, Mini-Futures, Open-End-Turbos und
Faktor-Turbos.
Auf den Dow Jones bietet Goldman Sachs neben Optionsscheinen
auch Mini-Futures und Open-End-Turbos an, auf den techno-logielastigen
Nasdaq-100 Mini-Futures. Darüber hinaus stoßen Investoren, die He-belprodukte
auf einzelne US-Aktien handeln möchten, auf ein breites Angebot an
Op-tionsscheinen auf beliebte Titel wie Ama-zon.com, Apple, Alphabet (das
ehemalige Google), Facebook oder Netflix sowie auf Verteter der Old Economy wie
Boeing, Citigroup, Coca-Cola oder Pfizer.
Die klassischen Call- und Put-Options-scheine zählen zu den
ältesten Hebelpro-dukten hierzulande. Mit einem Call set¬zen Anleger auf
steigende Kurse des Ba¬siswerts, also bei einem Apple-Call auf steigende
Apple-Kurse bzw. bei einem EUR/USD-Call auf einen steigenden Euro/ Dollar-Kurs.
Sie erwarten demnach, dass der Euro gegenüber dem Dollar an Wert gewinnt. Mit
einem EUR/USD-Put setzen Anleger auf einen fallenden Euro/Dollar-Kurs. Sie
gehen also davon aus, dass der Dollar gegenüber dem Euro zulegt.
„VOLA-EINFLUSS" BEI KLASSISCHEN CALLS UND PUTS
Was Optionsscheine von anderen Hebel-produkten
unterscheidet: Neben dem Kurs des Basiswerts beeinflussen weitere Fak¬toren den
Optionsscheinpreis, vor allem die erwartete Schwankungsbreite des Basis-
werts, die implizite Volatilität. Wegen des Hebels reagieren
Optionsscheine und an¬dere Hebelprodukte überproportional auf die Bewegung des
Basiswerts. Das kann zu hohen Gewinnen, aber auch recht schnell zu hohen
Verlusten bis hin zum Totalverlust führen.
Der Optionsscheinpreis setzt sich immer aus dem Zeitwert und
dem inneren Wert zusammen. Dabei ist der Zeitwert vor Laufzeitende im Regelfall
positiv und nähert sich bis zum Laufzeitende null an. Wäh¬rend der Laufzeit
hängt der Zeitwert von weiteren Parametern wie beispielsweise der impliziten
Volatilität ab.
Die implizite Volatilität ist eine Kennzahl für die
erwartete Schwankungsintensität des Basiswerts. Und auch der Kurs des
Basiswerts selbst beeinflusst die Höhe des Zeitwerts. Die Zeitwertkomponente
und der Einfluss der impliziten Volatilität unter-scheiden Optionen von den
meisten anderen Hebelprodukten. Anleger sollten diese Ei-genschaft kennen und
können sie sogar ausnutzen. Denn steigt die implizite Vola-tilität, so hat das
auf Calls und Puts glei-chermaßen einen wertsteigernden Effekt.
Bei Optionsscheinen wird der Zeitwert auch vom Kreditrisiko
des Emittenten be¬einflusst, was bei Produkten mit kurzen Laufzeiten kaum eine
Rolle spielt, bei Lang¬läufern aber durchaus zu beachten ist.
VORSICHT KNOCK-OUT
Das Kursverhalten von Optionsscheinen ist für viele Anleger
vor allem aufgrund des Einflussfaktors implizite Volatilität schwer
nachvollziehbar. Mini-Futures un¬terliegen indes keinen
Volatilitätseinflüs-sen. Sie bilden die Kursentwicklung des je-
weiligen Basiswerts linear ab und sind ver-gleichsweise
einfach zu verstehen.
Darüber hinaus verfügen sie über eine Knock-out-Barriere.
Wenn der Basiswert diese Grenze berührt oder durchschreitet, endet die Laufzeit
des Mini-Futures sofort, und der Anleger erhält gegebenenfalls ei¬nen Restwert
ausbezahlt. Mini-Futures Long eignen sich bei Erwartung eines stei¬genden
Basiswertkurses, Mini-Futures Short eignen sich, wenn Anleger mit einem
fallenden Basiswertkurs rechnen.
Genau wie bei Optionsscheinen können Anleger mit
Mini-Futures überproportio¬nal an der Entwicklung eines Basiswerts
partizipieren. Mit einem Mini-Future, der zum Investitionszeitpunkt mit einem
Hebel von 5x ausgestattet ist, kann ein Investor bei einer Kursbewegung des
Basiswerts von 1 Prozent eine Wertsteigerung von 5 Prozent erzielen.
Weil der Hebel in beide Richtungen wirkt, kommt es bei einer
entgegengesetzten Bewegung auch zu einem entsprechenden Wertverlust des
Mini-Futures. Da Mini-Futures die Kursentwicklung des Basis¬werts direkt
nachvollziehen, kann ein Anleger den Wert seines „Minis" jederzeit
ausrechnen: Er muss lediglich den aktuel¬len Kurs des Basiswerts, den
Basispreis und das Bezugsverhältnis kennen.
Ein Mini-Future Long auf die Aktie von Amazon.com mit einem
Basispreis von 500 Dollar und einem Bezugsverhältnis von 0,1 hätte bei einem
Kurs der Amazon-Aktie von 580 Dollar einen Wert von (580 USD — 500 USD) x 0,1 =
8 USD, was bei einem Euro/Dollar-Kurs von 1,09 US-Dol¬lar einem Betrag von 7,34
Euro entspricht.
ANPASSUNG VON BASISPREIS
UND BARRIERE
Der Basispreis wird börsentäglich ange¬passt, die
Knock-out-Barriere gewöhnlich einmal pro Monat. Mini-Futures haben prinzipiell
eine unbegrenzte Laufzeit. So¬lange die Emittentin die Mini-Futures nicht
kündigt und es nicht zu einer Be¬rührung oder zu einem Durchbrechen der
Knock-out-Barriere kommt, entscheidet der Anleger über den Einstiegs- und
Aus-stiegszeitpunkt. Er trägt lediglich die Finan¬zierungskosten für den
Zeitraum, über den er den Mini-Future hält.
Innerhalb eines Handelstages fallen keine
Finanzierungskosten an. Die Finanzie-rungskosten werden dem Anleger durch eine
Anpassung des Basispreises über Nacht auferlegt. Sie setzen sich aus dem
Kurzfristzins und dem Finanzierungs-spread zusammen. Den Finanzierungs-spread
finden Anleger auf der Produkt-übersichtsseite. Im Januar 2016 betrugen die
Finanzierungsspreads bei Mini-Futures 2,0 Prozent, bei Open-End-Turbos 3,0
Prozent. Die Kurzfristzinsen waren zu die¬ser Zeit negativ.
Neben Optionsscheinen und Mini-Futures finden Investoren mit
Open-End-Turbos
eine dritte Alternative. Sie weist viele Parallelen zu den
Minis auf. So ist die Laufzeit prinzipiell unbegrenzt, solange es nicht zu
einem Knock-out-Ereignis oder zur Kündigung durch die Emittentin kommt.
HÖHERE HEBEL BEI OPEN-END-TURBOS
In einem wesentlichen Punkt unterscheiden sich die Turbos
allerdings von den Mini-Futures: Die Knock-out-Barriere ist mit dem Basispreis
identisch. Je geringer der Abstand zwischen Basiswertkurs und Ba¬sispreis ist,
umso höhere Hebel werden möglich. Wenn die Knock-out-Barriere mit dem
Basispreis identisch ist, kann sich der Basiswert besonders stark annähern. Bei
Open-End-Turbos sind auch dreistel¬lige Hebel möglich.
Alle vorgestellten Hebelprodukte bieten den Vorteil, dass
Anleger bei geringem Ka-pitaleinsatz überproportional partizipie¬ren können.
Während die Preisbildung von Optionsscheinen schwieriger nachzu-vollziehen ist,
lassen sich die inneren Wer¬te von Mini-Futures und Open-End-Tur-bos einfach
berechnen. Faktor-Turbos, die wir in diesem Beitrag nicht näher be¬trachten,
bieten den Vorteil eines täglich konstanten Hebels.
Die Laufzeit von Optionsscheinen ist von vornherein
begrenzt. Dagegen weisen Mini-Futures, Open-End-Turbos und Fak¬tor-Turbos eine
prinzipiell unbegrenzte Laufzeit auf. Sämtliche Hebelprodukte bieten sehr hohe
Gewinnchancen, denen allerdings auch sehr hohe Risiken gegenŸberstehen.
Ungünstigstenfalls kann es zum Totalverlust kommen.
Bei den Barriereprodukten kann ein mög-liches
Knock-out-Ereignis die Laufzeit ab¬rupt beenden. Wird die Knock-out-Bar¬riere
berührt oder durchschritten, so wird bei Mini-Futures der Restwert der
Pro¬dukte von der Emittentin festgestellt und an den Anleger ausgezahlt. Bei
Open-End-Turbos kommt es in diesem Fall zur Rück¬zahlung von 0,001 Euro.
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