Dienstag, 16. Februar 2016

MIDI Musikproduktion


MIDI Musikproduktion

Author D.Selzer-McKenzie

https://youtu.be/GtlnJCzXdFk

MIDI (Musical Instrument

Digital Interface)

 Grundsätzliche Anwendungen

MIDI ist eine digitale Schnittstelle, die der Kommunikation von elektronischen Musikinstrumenten untereinander dient. Es gibt Geräte, die MIDI-Daten aus-schließlich empfangen können, andere können sie nur senden. Die meisten MIDI-Instrumente sind in der Lage sowohl zu senden als auch zu empfangen.

Zu den MIDI-Instrumenten gehören Synthesizer, Sampler, Expander, Hard-ware-Sequencer, Software-Sequencer beziehungsweise Computer mit einem entsprechenden Programm und Musikinstrumente, die eine Vorrichtung ent-halten, die Töne in MIDI-Daten umwandelt. Außerdem können digitale Effekt-geräte oder digitale Mischpulte mithilfe von MIDI-Daten gesteuert werden. MIDI-Controller sind Bedieneinheiten, die (fast) ausschließlich Daten senden.

Eine Sonderstellung nimmt der „midifizierte" Rechner ein. Er benötigt ein MIDI-Interface und ein MIDI-Sequencer-Programm. Solch ein Programm bietet mannigfaltige Möglichkeiten um MIDI-Daten zu empfangen, abzuspeichern, zu editieren und wiederzugeben. Auch innerhalb eines solchen Programms (DAW) werden MIDI-Daten verwendet, um Software-Synthesizer anzusteuern. Die Verwaltung von MIDI-Befehlen ist ein zentrales Thema in einem digitalen Tonstudio. Daher werden Einzelheiten, Möglichkeiten und Grenzen von MIDI-Sequencern im Folgenden detailliert besprochen.

Eine MIDI-Schnittstelle überträgt keine Audiodaten, sondern nur Steuerbefehle für die verschiedensten Arten von Geräten. Der MIDI-Standard wurde 1982 ein-geführt und danach mehrfach erweitert. Er umfasst sowohl die Erfordernisse der Hardware als auch das Protokoll der übermittelnden Daten. Die Wortbreite beträgt 8 Bit. Die Datenrate beträgt 31.250 Bit/s.

Technische Grundlagen

MIDI-Daten können auf 16 verschiedene Kanäle geleitet werden. Das bedeutet, dass Steuerbefehle an 16 verschiedene Adressen, also Geräte, geschickt wer-den können. Da die MIDI-Schnittstelle grundsätzlich seriell arbeitet, werden die Befehle nacheinander abgearbeitet. Dabei kommt es zu kleinen Zeitverzöge

rungen (Latenz). Bei einer MIDI-Kette von mehreren Geräten, die jeweils durch MIDI-In- und MIDI-Thru-Anschlüsse hintereinander geschaltet sind, wird diese Latenz deutlich spürbar sein. Moderne MIDI-Interfaces besitzen aus diesem Grund mehrere parallele Ausgänge.

Eine MIDI-Schnittstelle verfügt in den meisten Fällen über drei Anschlüsse. Am MIDI-Out-Anschluss werden MIDI-Daten ausgegeben, am MIDI-In-Anschluss werden MIDI-Daten empfangen. Mit dem MIDI-Thru-Anschluss können Daten des MIDI-In-Anschlusses unverändert an weitere Geräte geleitet werden.

Die MIDI-Schnittstelle arbeitet nach dem Prinzip Master-Slave. Dabei bezeich¬net man das Gerät, das die MIDI-Daten ausgibt, als Master und den Empfänger als Slave.

 MIDI-Out

Mittlerweile gibt es eine ganze Reihe von Geräten, die in der Lage sind, MIDI-Daten auszugeben. Neben Synthesizern und Master-Keyboards, die eine Kla¬viatur besitzen, gibt es MIDI-Gitarren, MIDI-Saxofone und sogar MIDI-Harfen. Das vielseitigste Ausgabegerät für MIDI-Daten ist der MIDI-Sequencer. Er fun¬giert auch als Speichermedium für MIDI-Daten. Neben der Speicherung gibt einem ein Sequencer die Möglichkeit, die einmal eingespielten Daten auf ver¬schiedenste Art zu editieren. Weitere Einzelheiten dazu finden sich im Kapitel „Sequencer".

 MIDI-In

Neben der Ansteuerung von Klangerzeugern wie Synthesizer, Sampler und Expander können über MIDI auch Programmwechsel-Befehle an Effektge-räte gesendet werden. Es können auch einzelne Parameter eines Effekts oder eines Sounds per MIDI gesteuert und somit dynamisch beeinflusst werden. So kann beispielsweise ein sich langsam öffnender Resonanzfilter programmiert werden. Auch die Fader-Bewegungen eines Mischpults oder eines Mischpult-Controllers werden über MIDI-Daten gesteuert. Die Reduzierung auf 127 Stu¬fen kann bei einem Fade-Out allerdings ein wenig holprig wirken.

 

Eine MIDI-Befehl wird von einem MIDI-fähigen Gerät, dem Master, ausgesen¬det und von einem anderen Gerät, dem Slave, empfangen und ausgewertet.

Der gebräuchlichste Befehl ist der Note-On-Befehl. Er wird ausgegeben, um beispielsweise den Ton eines Synthesizers erklingen zu lassen. Dieser Befehl bestimmt, welcher Ton (Tonhöhe) zu hören ist. Erzeugt wird er, indem man irgendeine Taste eines MIDI-Keyboards drückt. Dem Note-On-Befehl folgt unweigerlich der Note-Off-Befehl. Er lässt den Ton wieder verstummen. Er wird ausgelöst, wenn man die Taste des Keyboards wieder loslässt.

 

Es kommt vor, dass ein Ton unentwegt weiter klingt, auch wenn man die entsprechende Taste längst losgelassen hat. In diesem Fall hat sich der ange¬schlossene Rechner aufgehängt und dabei versäumt, einen MIDI-Note-Off-Befehl zu senden. Erst wenn einem so etwas schon einmal passiert ist, reali¬siert man, dass es Note-Off-Befehle überhaupt gibt.

Zusätzlich zu dem Note-On-Befehl entsteht bei einem Tastendruck der soge-nannte Velocity-Wert. Dieser Wert bestimmt die Lautstärke beziehungsweise die Anschlagstärke des Tons. Er ergibt sich aus Anschlagstärke und der Geschwindigkeit, mit der die Taste des Keyboards gedrückt wird. Dieser Para-meter bestimmt nicht nur die Lautstärke eines Klanges, sondern je nach Syn-thesizer, kann sich auch die Klangfarbe mit unterschiedlichen Velocity-Werten ändern. Der Velocity-Wert ist auf 127 Stufen begrenzt.

Was der Velocity-Wert alles kann

Die Emulation eines Pianos oder Konzertflügels gehört zu den anspruchsvoll¬sten Herausforderungen eines Software-Synthesizers (Samplers). Bei einem richtigen (analogen) Konzertflügel ist es so, dass bei leisem Anschlag einer Taste der Ton nicht nur leiser, sondern auch etwas dumpfer (weicher) klingt als bei einem stärkeren Anschlag. Um nun dem Klang eines natürlichen Instru¬ments möglichst nahe zu kommen, werden je nach Anschlagstärke verschie¬dene Samples aufgerufen, die unterschiedlich brillant klingen. Theoretisch könnten 127 verschieden Sounds für eine einzelne Note aufgerufen werden. Das ist nicht realistisch, aber eine Anzahl zwischen 5 und 20 Samples pro Taste ist schon notwendig, um dem Originalklang eines Pianos nahe zu kommen. Diese Technik nennt sich „layern". Sie wird auch bei anderen Software-Emula-tionen angewendet, beispielsweise bei einem Schlagzeug. Auch eine Trommel klingt leise angeschlagen dumpfer als, wenn man richtig draufhaut.

 Aftertouch

Es gibt MIDI-Keyboards, die zusätzlich zu dem Note-On-Befehl kontinuierli-che Daten ausgeben, die beschreiben, wie stark eine einzelne Taste gedrückt bleibt. Mit diesen Daten können zusätzliche Effekte angesteuert werden. Eine typische Anwendung ist ein Vibrato-Effekt, der mit steigendem Tastendruck stärker wird. Es wird unterschieden zwischen monofonem Aftertouch und poly¬fonem Aftertouch. Beim monofonen Aftertouch wird nur ein Wert für die ganze Tastatur verwendet. Beim polyfonen Aftertouch kann für jede gedrückte Taste ein unterschiedlicher Wert angenommen werden.

 Sustain-Pedal

Das Sustain-Pedal funktioniert wie das Haltepedal eines Pianos. Es dient einem Pianisten dazu, den Ton eines MIDI-Keyboards ausklingen zu lassen, obwohl er die Taste nicht mehr gedrückt hält. Damit ist es möglich auch einzelne Töne ineinander klingen zu lassen.

 Portamento (Glide)

Ein weiterer MIDI-Effekt ist der Portamento- beziehungsweise Glide-Effekt. Er erzeugt einen fließenden Übergang in der Tonhöhe von einem Ton zum näch-

sten. Die Portamento-Time gibt an, wie viel Zeit vergeht, bis die neue Tonhöhe erreicht ist.

 Pitch-Wheel

Viele MIDI-Keyboards besitzen an der linken Seite einen Hebel oder ein Rad, mit dem es möglich ist, in beschränktem Umfang Tonhöhenschwankungen zu erzeugen. Ähnlich wie ein Gitarrist eine Saite zieht, um übergangslos von einem Ton zum nächsten Halbton oder Ganzton zu gleiten, benutzt der Keyboarder das Pitch-Wheel. In der Mittelstellung ist die originale Tonhöhe unverändert. Wird das Rad nach oben bewegt, dann erhöht sich der angespielte Ton, wird er nach unten gedrückt, dann wir der Ton tiefer.

 Modulation-Wheel

Neben dem Pitch-Wheel gibt es das Modulation-Wheel. Mit diesem Rad kann ein vorprogrammierter Modulationseffekt wie beispielsweise ein Vibrato gesteuert werden. Bei manchen MIDI-Keyboards sind Pitch-Wheel und Modu-lation-Wheel in einem Hebel, dem Joystick, vereint. Mit einer Bewegung nach links und rechts wird dann die Tonhöhe verändert. Mit einer Bewegung nach oben oder unten wird der Modulationseffekt gesteuert.

Ribbon-Controller

Der Ribbon-Controller ist eine kleine, meist längliche Fläche, die berührungs¬empfindlich ist. Er reagiert auf gleitende Bewegungen mit einem Finger. Die Effekte, die damit gesteuert werden können, sind meist frei wählbar.

Controller-Daten

Neben den bereits beschriebenen MIDI-Befehlen können weitere Daten per MIDI übertragen werden. Dazu gehören beispielsweise Programm-Change-Befehle.

 

Was mit MIDI alles geht

1995 bekam ich den Auftrag, eine Lasershow mithilfe des MIDI-Sequencers Notator zu programmieren. Das Notator-Programm war ein Vorläufer des heutigen Logic Pro. Es war auf einem Atari AT 1040 installiert. Das „Senso¬rium" war eine Lasershow mit Surround-Sound, Licht- und Spezialeffekten. Mit einer definierten Taste auf dem MIDI-Keyboard gab ich einen Note-On-Befehl, der einen Laser Beam aktivierte, eine andere Taste steuerte einen Spiegel, der diesen Strahl umlenkte. Auch eine Wasserfontäne wurde per MIDI aktiviert. Verschiedene Scheinwerfer, ein Rüttelmotor, der den Fußbo¬den beben ließ, und eine Maschine, die künstlichen Schnee erzeugte, wur¬den auch per MIDI gesteuert. Der Atari lief als Slave, synchronisiert von einem Timecode, derauf einer analogen 8-Spur-Bandmaschine aufgezeichnet war. Auf dem Tonband befanden sich die Musik im 6-Kanal-Surround-Sound und eben der Timecode. Im Zusammenspiel von Musik, Laserlicht und den Effek¬ten entstand eine Show, die eine achtminütige Fantasie-Geschichte erzählte.

 

Step-Sequencer

Step-Sequencer werden häufig verwendet, um Drums zu programmieren. Die musikalische Ausrichtung liegt dabei eindeutig bei EDM (Electronic Dance Music). Die ersten Hardware-MIDI-Sequencer waren Step-Sequencer. Diese Sequencer waren oftmals Bestandteile eines Drumcomputers. Berühmt gewor¬den sind die Roland TR 808 und TR 909. Bei einem Step-Sequencer wird eine Sequenz von einem, vier oder acht Takten ständig wiederholt. Während der Wiedergabe werden einzelne Schläge per Eingabe über ein Pad hinzugefügt. Nach und nach entsteht so der komplette Beat. Die einzelnen Beats sind dabei stramm auf 8tel oder 16tel quantisiert. Bei einem Software-Step-Sequencer besteht zusätzlich die Möglichkeit, mit einem Mausklick einzelne Schläge im Stand hinzufügen oder zu löschen. Das Programm Maschine von Native Instru-ments beinhaltet einen solchen Step-Sequencer. Dort kann man auch sehr einfach den Velocity-Wert jedes einzelnen Events variieren.

Grundsätzlich unterscheidet man zwischen Hardware-Sequencer und Sequencer-Software, die auf einem Rechner installiert ist. Hardware-Sequen-cer findet man fast nur noch als integralen Bestandteil eines Drumcomputers. Sie finden vor allem im Live-Betrieb Anwendung. Die für eine Live-Session so wichtige Betriebssicherheit ist bei einem Hardware-Sequencer eher gegeben als bei einer rechnergesteuerten Software. Einen Programmabsturz möchte kein Musiker bei einem Live-Konzert erleben.

Ein Software-Sequencer bietet einen höheren Komfort bei der Bedienung beziehungsweise Programmierung, und die Software ist in Ihrer Vielseitigkeit den Hardware-Lösungen erheblich überlegen.

Um MIDI-Daten senden und empfangen zu können, benötigt der Rechner ein MIDI-Interface. Meist wird es mit dem Rechner per USB oder FireWire verbun¬den. Oftmals sind die MIDI-Schnittstellen Bestandteil einer externen Audio-karte. Moderne MIDI-Instrumente verfügen selbst über einen USB-Anschluss, sodass ein MIDI-Interface überflüssig wird.

Ist die Verbindung hergestellt, erweist sich der Rechner mit dem entsprechen¬den Programm als perfekter Sequencer. Die grafische Darstellung der Daten auf einem Bildschirm ermöglicht weitreichende und komfortable Bearbeitungs¬möglichkeiten. Die meisten Programme bieten mehrere Darstellungsmöglich¬keiten, um MIDI-Events darzustellen und zu editieren.

Editieren von MIDI-Daten

Das Editieren von MIDI-Daten ist ein zentrales Thema bei der Arbeit mit einer DAW, sofern man einen Titel produziert, der nicht nur aus handgespielten Instru¬menten besteht. Jeder elektronisch erzeugte Klang einer Musikproduktion wird per Midi gesteuert. Neben der manuellen Eingabe von MIDI-Note-On-Befehlen bietet ein Sequencer auch die Möglichkeit, Events per Mausklick zu erzeugen. Alternativ finden sich MIDI-Noten oder ganze Sequenzen beispielsweise in Unterprogrammen von Drum-Modulen. Sie werden einfach per Copy-Paste in den Sequencer eingefügt. Das Kopieren von MIDI-Daten ist eine sehr häufige Maßnahme. Wenn die MIDI-Sequenz sich an ihrem vorgesehenen Platz befin¬det, dann kann sie der musikalischen Umgebung angepasst werden, beispiels¬weise können einzelne Töne verschoben werden, um die Harmonie zu ändern. Eine Variation auf der Zeitachse sorgt für Abwechslung im Rhythmus.

Zum Bearbeiten von MIDI-Daten stehen mehrere, unterschiedliche Editoren zur Verfügung. Die Darstellungen sind dabei übersichtlich und selbsterklärend. Wer tief in die Materie einsteigt, wird verschiedene Möglichkeiten entdecken, MIDI-Sequenzen aufzubauen und zu editieren.

Mithilfe eines MIDI-Transformers kann man beispielsweise ein Crescendo pro¬grammieren. Ein Crescendo ist eine kontinuierliche Anhebung des Lautstärke Pegels. Das ist beispielsweise interessant für einen Trommelwirbel. Der Trans-former hilft auch dabei, für alle angewählten Events einen festgelegten Velocity-Wert einzustellen oder mit einem Knopfdruck das Tempo zu halbieren. Es gibt auch eine Humanize-Funktion, die absichtlich Ungenauigkeiten erzeugt, um einen lebendigeren Klangeindruck zu erzeugen. Es gibt sogar einen Zufallsge¬nerator für die Tonhöhe.

Die reichhaltigen Optionen und Editier-Möglichkeiten geben eine wunderbare Plattform für Kreativität und Freude am Programmieren ab. Auch Produzenten, die keine ausgebildeter Musiker sind, können so großartige Werke schaffen. Da ein gut ausgestatteter MIDI-Sample Player Sounds von einem Sinfonie¬orchester genauso selbstverständlich wiedergibt wie afrikanische Trommeln, gregorianische Chorstimmen oder den perfekten Klang eines Konzertflügels, sind der eigenen Fantasie kaum Grenzen gesetzt. Cubase bietet sogar Kompo¬sitionshilfen um stimmige Harmoniefolgen zu finden.

Pianorolle

Eine gebräuchliche Darstellung ist die sogenannte Pianorolle. Sie enthält am linken Rand eine Klaviatur, die hochkant dargestellt ist. Die einzelnen Events beziehungsweise Note-On-Befehle sind als längliche Balken im mittleren und linken Bereich des Bildes zu sehen. Ihre vertikale Position entspricht der Ton-höhe. Die horizontale Ebene stellte die Zeitachse dar. Als Zeitraster werden Takte und je nach gewählter Auflösung einzelne Beats dargestellt. Die Länge des Balkens entspricht der Klangdauer des Tons, also dem Notenwert. Der Velocity-Wert wird als Farbe dargestellt. In dieser Darstellung kann man die ein-zelnen Balken nach Belieben vertikal verschieben (Veränderung der Tonhöhe) oder horizontal verschieben (Zeitpunkt der Wiedergabe) oder kopieren. Durch solch ein Kopieren und Arrangieren der MIDI-Daten entsteht ein vollständiges Arrangement. Bei Cubase nennt sich diese Darstellung „Key-Editor". Dort wird mit der Markierung der Noten angezeigt, um was für einen Akkord es sich han-delt. Bei Pro Tools nennt sich das entsprechende Fenster „MIDI-Editor".

19 Event-Liste

In einer anderen Darstellung der Event-Liste sind alle MIDI-Events als Liste untereinander aufgelistet. In einer Zeile stehen Startpunkt, Länge, Art des Events (Note), der MIDI-Kanal und der Velocity-Wert für jeden einzelnen Ton. Diese Liste eignet sich gut, um MIDI-Events zu quantisieren. Beim Quantisie-ren werden die Note-On-Befehle auf ein rhythmisches Raster gerückt. Alle Noten könne

so beispielsweise auf das nächstliegende 16tel verschoben werden. Die Quantisierung sorgt dafür, dass alle Noten exakt „in time" abge¬spielt werden. Es gibt weitreichende Optionen zur Quantisierung. Neben den gebräuchlichen Werten wie 4tel, 8tel und 16tel können die Noten in einem triolischen Raster quantisiert werden, und es gibt sogenannte Swing-Funktionen. Wie der Name schon sagt, werden die Noten des ausgewähl-ten Abschnitts mit einem Swing-Feeling quantisiert. Die Quantisierung kann allerdings dazu führen, dass eine MIDI-Produktion als leblos und maschinell empfunden wird (je nach musikalischem Genre), da die Abstände der einzel¬nen Noten zueinander 100 Prozent gleich sind.

 

Das Programm Notator von Emagic realisierte erstmalig eine Darstellung der MIDI-Note-On/Off-Befehle als Noten. In dieser Darstellung kann der Noten¬schlüssel gewählt werden, es können einzelne neue Noten und sogar ganze Akkorde hinzugefügt werden, die im Notenbild sofort sichtlich und natürlich hörbar sind. Das können andere Programme wie Cubase inzwischen auch.

Ein Arpeggiator ist ein eine Art Spielautomat, der einen einzelnen Ton so lange wiederholt, wie das MIDI-Note-On-Signal andauert. Dabei spielt er oftmals abwechselnd einen Oktavton oder eine kleine, sich wiederholende Melodie (Sequenz). In Verbindung beispielsweise mit einem sich verändernden Reso-nanzfilter kann so aus einem kleinen Ton ein musikalisches Ereignis werden. Das Tempo wird dabei von der DAW gesteuert.

Der Modulator generiert mithilfe eines LFOs (Low Frequency Oscillator) selbst-ständig Daten, um ein Modulation Wheel anzusteuern.

Der Randomizer verändert scheinbar wahllos den Velocity-Wert von MIDI-Daten. Dabei kann man zumindest Einfluss darauf nehmen, wie stark diese Variationen sein werden.

Der Transposer transponiert MIDI-Daten, verändert also die Tonhöhe entwe¬der in Halbtonschritten oder nach einer ausgewählten harmonischen Vorgabe, beispielsweise moll-pentatonisch.

Audio to MIDI

Anspruchsvolle DAWs bieten die Möglichkeit, MIDI-Daten aus Audiosignalen zu generieren. Das funktioniert zumindest bei einstimmigen Signalen. Solch eine Funktion kann hilfreich sein, beispielsweise um die Snaredrum eines ana¬log eingespielten Schlagzeugs durch einen Snare-Samplesound zu ersetzen oder zu ergänzen. Für eine Konvertierung werden die ersten Impulse, also die Transienten, einer Audiospur identifiziert und in MIDI-Daten umgewandelt. Im nächsten Arbeitsschritt sind die gewonnen MIDI-Events auf den Ton zu trans¬ponieren, auf dem das gewünschte Sample wiedergegeben wird. Wichtig ist, darauf zu achten, dass zwischen dem Original-Snare-Sound und dem MIDI-Befehl absolut keine Latenz (Zeitunterschied) besteht.

 Geschichte der MIDI-Computer

Das Creator-Programm wurde von Gerhard Lengeling Mitte der 80er-Jahre entwickelt. Der Bildschirm zeigte die Zeitleiste eines einzelnen Patterns mit den 16 MIDI-Kanälen. Ein Pattern bestand aus 4, 8 oder 16 Takten. Es entsprach damit beispielsweise der Strophe eines Popsongs.

Man programmierte einzelne Patterns für die unterschiedlichen Abschnitte eines Titels. Danach wurden die Patterns aneinandergereiht. Sollte die zweite Strophe andere Sounds als die erste enthalten, dann wurde die Programmie¬rung erheblich aufwendiger. Aus diesem Grunde entstanden mit diesem Pro¬gramm oftmals Songs, die sich in ihren einzelnen Parts sehr ähnelten. Diese Tatsache und die Möglichkeit, Noten zu quantisieren, führten dazu, dass die frühen Songs der „MIDI-Musik" sehr gleichförmig, leblos klangen.

Schon in den frühen Versionen von Cubase wurde ein anderes Konzept ver¬folgt. In einer einzigen Timeline wurden alle MIDI-Events des kompletten Songs arrangiert. Diese Zeitachse zeigte den Ablauf eines vollständigen Songs in der horizontalen Ebene und die einzelnen Events mit den entsprechenden MIDI-Kanälen auf der vertikalen Ebene. In einem zweiten Fenster konnte man sich die Programmierung eines einzelnen MIDI-Kanals oder eines Abschnitts genauer ansehen und editieren. Damit war die relativ stereotype Arbeitsweise von Copy & Paste nicht mehr ganz so naheliegend. Die späteren Versionen des Notator-Programms (Logic Pro) und viele andere Sequencer-Programme haben diesen Aufbau übernommen.

neue digitale Tonstudio

 System-Exclusive-Daten (SysEx)

Manche MIDI-Geräte können sogenannte SysEx-Daten ausgeben, um wich¬tige Daten als Sicherheitskopie abzuspeichern. Auf diese Weise können bei-spielsweise Speicherinhalte von Synthesizer-Presets auf einem Rechner gesi-chert werden. Die Übertragung von solchen Datenblöcken per MIDI nennt man „Bulk Dump". SysEx-Daten sind spezifisch für jedes Gerät.

 Synchronisation, SMPTE-Timecode, MIDI-Timecode und MIDI-Click

Da MIDI-Sequencer-Programme ursprünglich keine Audiodaten aufnehmen konnten, wurden sie häufig mit analogen Mehrspur-Tonbandmaschinen syn-chronisiert. Dazu wurde ein SMPTE-Code auf eine Spur der Maschine aufge-zeichnet und bei der Wiedergabe in MIDI-Timecode umgewandelt.

Der SMPTE-Timecode ist ein laufender Zeitcode, der es ermöglicht, jedem Augenblick einer Musikproduktion einen definierten Zeitpunkt zuzuordnen. Dieser Code ist aus der Videotechnik bekannt. Er ist unterteilt in Stunden, Minuten, Sekunden und Frames. Dabei entspricht ein Frame einem vollstän-digen Fernsehbild. In Europa (PAL-Fernsehen mit EBU-Standard) hat das Fernsehen 25 Vollbilder pro Sekunde, in den USA sind es 30. Daher gibt es Timecodes mit 25 oder 30 Frames.

 MIDI-Timecode (MTC)

Der SMPTE-Code wurde von einem Synchronizer in den digitalen MIDI-Timecode umgewandelt. Dieser MIDI-Timecode wiederum konnte von einem Sequencer-Programm gelesen werden und damit zur Bandmaschine synchro-nisiert werden.

Die MIDI-Clock gibt für jeden Schlag (in Vierteln) 96 einzelne Ticks. So hängt die Dichte der Ticks vom Tempo eines Titels ab. Die MIDI-Glock enthält keine absolute Zeitinformation.

 

Als Toningenieur begleitete ich ab 1991 einige große MIDI-Produktionen. Die Produzenten hatten dazu alle MIDI-Spuren in einem Sequencer-Programm arrangiert. Um das Problem der Latenz von MIDI-Daten zu kompensieren, zeichneten wir vor allem die Drums und die perkussiven Sounds wie Bass und Piano nacheinander auf eine analoge 24-Spur-Bandmaschine auf. Dazu wurde der Rechner mit der Bandmaschine synchronisiert.

Da 24 Spuren schnell belegt waren, wurden beim Mixdown einige Sounds synchron zur Bandmaschine vom Sequencer gesteuert parallel abgespielt. Diese Sounds waren relativ „zeitunkritisch". Das bedeutet, sie hatten keinen klar definierten Attack, sondern diese oftmals flächenartigen Synthesizer-Sounds funktionierten auch mit einer kleinen Latenz. So hatten wir beim Mixdown eine Kombination aus aufgenommenen Spuren und mitlaufenden Synthesizer-Sounds zu mischen.

Mit einem Guitar-to-Midi Converter ist es einem Gitarristen möglich, die eigene Gitarre wie ein Piano, eine Trompete oder eine Violine klingen zu lassen. Dazu werden die analogen Töne einer Gitarre in digitale MIDI-Daten gewandelt, mit denen dann beliebige MIDI-Instrumente angesteuert werden können. Die typi-schen Spieltechniken wie Saitenziehen, Hammer-On und Pull-Off eines Gitar-risten sind jedoch von einem Konverter nur bedingt übertragbar. Außerdem trübt die spürbare Latenz das Spielgefühl. Als Ergänzung zu einem Original-Gitarrenklang können ausgewählte Synthesizer-Sounds aber sehr interessant klingen.

MIDI-Controller

MIDI-Controller sind Geräte, die selbst keine Klangerzeugung beinhalten. Sie bieten auf ihrer Oberfläche eine Anzahl von Schaltern, Pads oder Reglern, deren Funktionen frei zugewiesen werden können. Es gibt auch Keyboard-Tastaturen, die nur als Eingabegerät fungieren. Für manche Programme gibt es speziell ausgelegte Controller, die einzelne Funktionen des Programms auf ein Bedienfeld auslagern (zum Beispiel Akai APC 40). Siehe auch: digitale Hardware.

Mein erster Sequencer

Meinen ersten Zugang zur digitalen MIDI-Welt erhielt ich durch einen gelie-henen Yamaha-QX1-Hardware-Sequencer. Damit wollte ich eine kleine Melodie für einen Yamaha DX7 programmieren und dazu einen einfachen Rhythmus von einem Drumcomputer spielen lassen. Niemals wieder bin ich an einem elektronischen Gerät derart gescheitert wie an diesem Sequencer, da die Bedienung absolut kryptisch war. Die Erlösung kam mit dem ATARI ST 1040. Dieser Computer war einer der ersten Rechner mit einer eingebauten MIDI-Schnittstelle. Mit diesem Kasten und dem Notator-Programm konnte ich MIDI-Befehle relativ einfach aufzeichnen, in Pattern organisieren, editie¬ren und damit meine ersten Erfahrungen als Musikproduzent sammeln.

Nach und nach kamen immer mehr Synthesizer und Expander hinzu, bis mein Atari die Segel strich. Mein erster Apple Macintosh konnte mit der damals aktuellen Version von Logic gleichzeitig MIDI-Signale und Audio-daten aufzeichnen und verwalten. Das war meine erste DAW, die allerdings noch keine eigenen Klangerzeuger enthielt.

 Vorteile von MIDI

Das Editieren von MIDI-Daten in einem Sequencer ermöglicht weitreichende Gestaltungsmöglichkeiten. Die Daten können beliebig kopiert, in der Zeitachse verschoben oder transponiert werden. Mithilfe der Quantisierung entstehen präzise ablaufende Sequenzen ohne Timing-Schwankungen. Die Instrumente spielen auf Wunsch 100 Prozent „in time". Mit einem Step-Sequencer können musikalische Parts programmiert werden, die von Hand niemals spielbar wären.

Da MIDI-Daten keine Audiodaten sind, sondern nur Steuerbefehle beinhalten, ist es möglich, die Daten erst nach der Aufnahme einem Synthesizer oder Drum-Computer zuzuordnen. Nicht selten wird ein Keyboard-Sound gestaltet, indem die Daten auf einen zweiten Kanal kopiert werden und somit zwei sich ergän¬zende Synthesizer gleichzeitig einen volleren Sound ergeben.

Bei einer anspruchsvollen Programmierung können mit zusätzlichen Steuerda-ten wie beispielsweise der Velocity (Anschlagstärke) oder einer „Swing-Quanti-sierung" einem Sound Dynamik und Lebendigkeit verliehen werden.

2.31 Nachteile von MIDI

Das bequeme Kopieren und Einsetzen von MIDI-Daten verleitet dazu, Musik so zu produzieren, dass sich musikalische Bestandteile unkreativ wiederholen. Mit Copy & Paste ähnelt das Erstellen eines musikalischen Werkes dem Bau eines Hauses mit Lego-Steinen. Das ursprüngliche Gefühl vom Musizieren geht verloren.

Die Quantisierung der Steuerdaten trägt auch dazu bei, dass ein statisches Klangbild entsteht. Ein von menschlicher Hand gespielter Schlagzeug-Rhyth-mus „groovt" gerade dadurch, dass die einzelnen Schläge nicht exakt auf die Zählzeiten fallen, sondern dass es kleinste Abweichungen gibt. Der statische Eindruck wird noch verstärkt, weil alle gleichen Ereignisse meist auch exakt gleich laut klingen. Wenn ein Schlagzeuger einen Wirbel über die Toms spielt, wird er mit der rechten Hand (wenn er Rechtshänder ist) die Trommeln etwas stärker schlagen als mit der linken. Ein MIDI-Trommelwirbel klingt eher wie ein Maschinengewehr, da alle Schläge exakt gleich laut klingen und sie alle den exakt gleichen Abstand zueinander haben.

Durch die Beschränkung auf 127 Stufen stößt die musikalische Ausdruckskraft an Grenzen. In der MIDI-Welt gibt es keine Intervalle, die kleiner als Halbtöne sind. Sogenannte „Blue Notes" oder ein Vibrato von Tönen können nur schwer wiedergegeben werden. Hilfsmittel wie Pitch-Bend klingen meist unnatürlich. Das Ziehen einer Gitarrensaite oder das Rutschen auf einer Basssaite kann mit seinem dynamischen Verlauf per MIDI kaum nachgeahmt werden.

 

 

 







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