MIDI Musikproduktion
Author D.Selzer-McKenzie
https://youtu.be/GtlnJCzXdFk
MIDI (Musical Instrument
Digital Interface)
Grundsätzliche
Anwendungen
MIDI ist eine digitale Schnittstelle, die der Kommunikation
von elektronischen Musikinstrumenten untereinander dient. Es gibt Geräte, die
MIDI-Daten aus-schließlich empfangen können, andere können sie nur senden. Die
meisten MIDI-Instrumente sind in der Lage sowohl zu senden als auch zu
empfangen.
Zu den MIDI-Instrumenten gehören Synthesizer, Sampler,
Expander, Hard-ware-Sequencer, Software-Sequencer beziehungsweise Computer mit
einem entsprechenden Programm und Musikinstrumente, die eine Vorrichtung ent-halten,
die Töne in MIDI-Daten umwandelt. Außerdem können digitale Effekt-geräte oder
digitale Mischpulte mithilfe von MIDI-Daten gesteuert werden. MIDI-Controller
sind Bedieneinheiten, die (fast) ausschließlich Daten senden.
Eine Sonderstellung nimmt der „midifizierte" Rechner
ein. Er benötigt ein MIDI-Interface und ein MIDI-Sequencer-Programm. Solch ein
Programm bietet mannigfaltige Möglichkeiten um MIDI-Daten zu empfangen,
abzuspeichern, zu editieren und wiederzugeben. Auch innerhalb eines solchen Programms
(DAW) werden MIDI-Daten verwendet, um Software-Synthesizer anzusteuern. Die
Verwaltung von MIDI-Befehlen ist ein zentrales Thema in einem digitalen
Tonstudio. Daher werden Einzelheiten, Möglichkeiten und Grenzen von
MIDI-Sequencern im Folgenden detailliert besprochen.
Eine MIDI-Schnittstelle überträgt keine Audiodaten, sondern
nur Steuerbefehle für die verschiedensten Arten von Geräten. Der MIDI-Standard
wurde 1982 ein-geführt und danach mehrfach erweitert. Er umfasst sowohl die
Erfordernisse der Hardware als auch das Protokoll der übermittelnden Daten. Die
Wortbreite beträgt 8 Bit. Die Datenrate beträgt 31.250 Bit/s.
Technische Grundlagen
MIDI-Daten können auf 16 verschiedene Kanäle geleitet
werden. Das bedeutet, dass Steuerbefehle an 16 verschiedene Adressen, also
Geräte, geschickt wer-den können. Da die MIDI-Schnittstelle grundsätzlich
seriell arbeitet, werden die Befehle nacheinander abgearbeitet. Dabei kommt es
zu kleinen Zeitverzöge
rungen (Latenz). Bei einer MIDI-Kette von mehreren Geräten,
die jeweils durch MIDI-In- und MIDI-Thru-Anschlüsse hintereinander geschaltet
sind, wird diese Latenz deutlich spürbar sein. Moderne MIDI-Interfaces besitzen
aus diesem Grund mehrere parallele Ausgänge.
Eine MIDI-Schnittstelle verfügt in den meisten Fällen über
drei Anschlüsse. Am MIDI-Out-Anschluss werden MIDI-Daten ausgegeben, am
MIDI-In-Anschluss werden MIDI-Daten empfangen. Mit dem MIDI-Thru-Anschluss
können Daten des MIDI-In-Anschlusses unverändert an weitere Geräte geleitet
werden.
Die MIDI-Schnittstelle arbeitet nach dem Prinzip
Master-Slave. Dabei bezeich¬net man das Gerät, das die MIDI-Daten ausgibt, als
Master und den Empfänger als Slave.
MIDI-Out
Mittlerweile gibt es eine ganze Reihe von Geräten, die in
der Lage sind, MIDI-Daten auszugeben. Neben Synthesizern und Master-Keyboards,
die eine Kla¬viatur besitzen, gibt es MIDI-Gitarren, MIDI-Saxofone und sogar
MIDI-Harfen. Das vielseitigste Ausgabegerät für MIDI-Daten ist der
MIDI-Sequencer. Er fun¬giert auch als Speichermedium für MIDI-Daten. Neben der
Speicherung gibt einem ein Sequencer die Möglichkeit, die einmal eingespielten
Daten auf ver¬schiedenste Art zu editieren. Weitere Einzelheiten dazu finden
sich im Kapitel „Sequencer".
MIDI-In
Neben der Ansteuerung von Klangerzeugern wie Synthesizer, Sampler
und Expander können über MIDI auch Programmwechsel-Befehle an Effektge-räte
gesendet werden. Es können auch einzelne Parameter eines Effekts oder eines
Sounds per MIDI gesteuert und somit dynamisch beeinflusst werden. So kann
beispielsweise ein sich langsam öffnender Resonanzfilter programmiert werden.
Auch die Fader-Bewegungen eines Mischpults oder eines Mischpult-Controllers
werden über MIDI-Daten gesteuert. Die Reduzierung auf 127 Stu¬fen kann bei
einem Fade-Out allerdings ein wenig holprig wirken.
Eine MIDI-Befehl wird von einem MIDI-fähigen Gerät, dem
Master, ausgesen¬det und von einem anderen Gerät, dem Slave, empfangen und
ausgewertet.
Der gebräuchlichste Befehl ist der Note-On-Befehl. Er wird
ausgegeben, um beispielsweise den Ton eines Synthesizers erklingen zu lassen.
Dieser Befehl bestimmt, welcher Ton (Tonhöhe) zu hören ist. Erzeugt wird er,
indem man irgendeine Taste eines MIDI-Keyboards drückt. Dem Note-On-Befehl
folgt unweigerlich der Note-Off-Befehl. Er lässt den Ton wieder verstummen. Er
wird ausgelöst, wenn man die Taste des Keyboards wieder loslässt.
Es kommt vor, dass ein Ton unentwegt weiter klingt, auch
wenn man die entsprechende Taste längst losgelassen hat. In diesem Fall hat
sich der ange¬schlossene Rechner aufgehängt und dabei versäumt, einen
MIDI-Note-Off-Befehl zu senden. Erst wenn einem so etwas schon einmal passiert
ist, reali¬siert man, dass es Note-Off-Befehle überhaupt gibt.
Zusätzlich zu dem Note-On-Befehl entsteht bei einem
Tastendruck der soge-nannte Velocity-Wert. Dieser Wert bestimmt die Lautstärke
beziehungsweise die Anschlagstärke des Tons. Er ergibt sich aus Anschlagstärke
und der Geschwindigkeit, mit der die Taste des Keyboards gedrückt wird. Dieser
Para-meter bestimmt nicht nur die Lautstärke eines Klanges, sondern je nach
Syn-thesizer, kann sich auch die Klangfarbe mit unterschiedlichen
Velocity-Werten ändern. Der Velocity-Wert ist auf 127 Stufen begrenzt.
Was der Velocity-Wert alles kann
Die Emulation eines Pianos oder Konzertflügels gehört zu den
anspruchsvoll¬sten Herausforderungen eines Software-Synthesizers (Samplers).
Bei einem richtigen (analogen) Konzertflügel ist es so, dass bei leisem
Anschlag einer Taste der Ton nicht nur leiser, sondern auch etwas dumpfer
(weicher) klingt als bei einem stärkeren Anschlag. Um nun dem Klang eines
natürlichen Instru¬ments möglichst nahe zu kommen, werden je nach
Anschlagstärke verschie¬dene Samples aufgerufen, die unterschiedlich brillant
klingen. Theoretisch könnten 127 verschieden Sounds für eine einzelne Note
aufgerufen werden. Das ist nicht realistisch, aber eine Anzahl zwischen 5 und
20 Samples pro Taste ist schon notwendig, um dem Originalklang eines Pianos
nahe zu kommen. Diese Technik nennt sich „layern". Sie wird auch bei
anderen Software-Emula-tionen angewendet, beispielsweise bei einem Schlagzeug.
Auch eine Trommel klingt leise angeschlagen dumpfer als, wenn man richtig
draufhaut.
Aftertouch
Es gibt MIDI-Keyboards, die zusätzlich zu dem Note-On-Befehl
kontinuierli-che Daten ausgeben, die beschreiben, wie stark eine einzelne Taste
gedrückt bleibt. Mit diesen Daten können zusätzliche Effekte angesteuert
werden. Eine typische Anwendung ist ein Vibrato-Effekt, der mit steigendem
Tastendruck stärker wird. Es wird unterschieden zwischen monofonem Aftertouch
und poly¬fonem Aftertouch. Beim monofonen Aftertouch wird nur ein Wert für die
ganze Tastatur verwendet. Beim polyfonen Aftertouch kann für jede gedrückte
Taste ein unterschiedlicher Wert angenommen werden.
Sustain-Pedal
Das Sustain-Pedal funktioniert wie das Haltepedal eines
Pianos. Es dient einem Pianisten dazu, den Ton eines MIDI-Keyboards ausklingen
zu lassen, obwohl er die Taste nicht mehr gedrückt hält. Damit ist es möglich
auch einzelne Töne ineinander klingen zu lassen.
Portamento (Glide)
Ein weiterer MIDI-Effekt ist der Portamento- beziehungsweise
Glide-Effekt. Er erzeugt einen fließenden Übergang in der Tonhöhe von einem Ton
zum näch-
sten. Die Portamento-Time gibt an, wie viel Zeit vergeht,
bis die neue Tonhöhe erreicht ist.
Pitch-Wheel
Viele MIDI-Keyboards besitzen an der linken Seite einen
Hebel oder ein Rad, mit dem es möglich ist, in beschränktem Umfang
Tonhöhenschwankungen zu erzeugen. Ähnlich wie ein Gitarrist eine Saite zieht,
um übergangslos von einem Ton zum nächsten Halbton oder Ganzton zu gleiten,
benutzt der Keyboarder das Pitch-Wheel. In der Mittelstellung ist die originale
Tonhöhe unverändert. Wird das Rad nach oben bewegt, dann erhöht sich der
angespielte Ton, wird er nach unten gedrückt, dann wir der Ton tiefer.
Modulation-Wheel
Neben dem Pitch-Wheel gibt es das Modulation-Wheel. Mit
diesem Rad kann ein vorprogrammierter Modulationseffekt wie beispielsweise ein
Vibrato gesteuert werden. Bei manchen MIDI-Keyboards sind Pitch-Wheel und
Modu-lation-Wheel in einem Hebel, dem Joystick, vereint. Mit einer Bewegung
nach links und rechts wird dann die Tonhöhe verändert. Mit einer Bewegung nach
oben oder unten wird der Modulationseffekt gesteuert.
Ribbon-Controller
Der Ribbon-Controller ist eine kleine, meist längliche
Fläche, die berührungs¬empfindlich ist. Er reagiert auf gleitende Bewegungen
mit einem Finger. Die Effekte, die damit gesteuert werden können, sind meist
frei wählbar.
Controller-Daten
Neben den bereits beschriebenen MIDI-Befehlen können weitere
Daten per MIDI übertragen werden. Dazu gehören beispielsweise
Programm-Change-Befehle.
Was mit MIDI alles geht
1995 bekam ich den Auftrag, eine Lasershow mithilfe des
MIDI-Sequencers Notator zu programmieren. Das Notator-Programm war ein
Vorläufer des heutigen Logic Pro. Es war auf einem Atari AT 1040 installiert.
Das „Senso¬rium" war eine Lasershow mit Surround-Sound, Licht- und
Spezialeffekten. Mit einer definierten Taste auf dem MIDI-Keyboard gab ich einen
Note-On-Befehl, der einen Laser Beam aktivierte, eine andere Taste steuerte
einen Spiegel, der diesen Strahl umlenkte. Auch eine Wasserfontäne wurde per
MIDI aktiviert. Verschiedene Scheinwerfer, ein Rüttelmotor, der den Fußbo¬den
beben ließ, und eine Maschine, die künstlichen Schnee erzeugte, wur¬den auch
per MIDI gesteuert. Der Atari lief als Slave, synchronisiert von einem
Timecode, derauf einer analogen 8-Spur-Bandmaschine aufgezeichnet war. Auf dem
Tonband befanden sich die Musik im 6-Kanal-Surround-Sound und eben der
Timecode. Im Zusammenspiel von Musik, Laserlicht und den Effek¬ten entstand
eine Show, die eine achtminütige Fantasie-Geschichte erzählte.
Step-Sequencer
Step-Sequencer werden häufig verwendet, um Drums zu
programmieren. Die musikalische Ausrichtung liegt dabei eindeutig bei EDM
(Electronic Dance Music). Die ersten Hardware-MIDI-Sequencer waren
Step-Sequencer. Diese Sequencer waren oftmals Bestandteile eines Drumcomputers.
Berühmt gewor¬den sind die Roland TR 808 und TR 909. Bei einem Step-Sequencer
wird eine Sequenz von einem, vier oder acht Takten ständig wiederholt. Während
der Wiedergabe werden einzelne Schläge per Eingabe über ein Pad hinzugefügt.
Nach und nach entsteht so der komplette Beat. Die einzelnen Beats sind dabei stramm
auf 8tel oder 16tel quantisiert. Bei einem Software-Step-Sequencer besteht
zusätzlich die Möglichkeit, mit einem Mausklick einzelne Schläge im Stand
hinzufügen oder zu löschen. Das Programm Maschine von Native Instru-ments
beinhaltet einen solchen Step-Sequencer. Dort kann man auch sehr einfach den
Velocity-Wert jedes einzelnen Events variieren.
Grundsätzlich unterscheidet man zwischen Hardware-Sequencer
und Sequencer-Software, die auf einem Rechner installiert ist.
Hardware-Sequen-cer findet man fast nur noch als integralen Bestandteil eines
Drumcomputers. Sie finden vor allem im Live-Betrieb Anwendung. Die für eine
Live-Session so wichtige Betriebssicherheit ist bei einem Hardware-Sequencer
eher gegeben als bei einer rechnergesteuerten Software. Einen Programmabsturz
möchte kein Musiker bei einem Live-Konzert erleben.
Ein Software-Sequencer bietet einen höheren Komfort bei der
Bedienung beziehungsweise Programmierung, und die Software ist in Ihrer
Vielseitigkeit den Hardware-Lösungen erheblich überlegen.
Um MIDI-Daten senden und empfangen zu können, benötigt der
Rechner ein MIDI-Interface. Meist wird es mit dem Rechner per USB oder FireWire
verbun¬den. Oftmals sind die MIDI-Schnittstellen Bestandteil einer externen
Audio-karte. Moderne MIDI-Instrumente verfügen selbst über einen USB-Anschluss,
sodass ein MIDI-Interface überflüssig wird.
Ist die Verbindung hergestellt, erweist sich der Rechner mit
dem entsprechen¬den Programm als perfekter Sequencer. Die grafische Darstellung
der Daten auf einem Bildschirm ermöglicht weitreichende und komfortable
Bearbeitungs¬möglichkeiten. Die meisten Programme bieten mehrere
Darstellungsmöglich¬keiten, um MIDI-Events darzustellen und zu editieren.
Editieren von MIDI-Daten
Das Editieren von MIDI-Daten ist ein zentrales Thema bei der
Arbeit mit einer DAW, sofern man einen Titel produziert, der nicht nur aus
handgespielten Instru¬menten besteht. Jeder elektronisch erzeugte Klang einer
Musikproduktion wird per Midi gesteuert. Neben der manuellen Eingabe von
MIDI-Note-On-Befehlen bietet ein Sequencer auch die Möglichkeit, Events per
Mausklick zu erzeugen. Alternativ finden sich MIDI-Noten oder ganze Sequenzen
beispielsweise in Unterprogrammen von Drum-Modulen. Sie werden einfach per
Copy-Paste in den Sequencer eingefügt. Das Kopieren von MIDI-Daten ist eine
sehr häufige Maßnahme. Wenn die MIDI-Sequenz sich an ihrem vorgesehenen Platz
befin¬det, dann kann sie der musikalischen Umgebung angepasst werden,
beispiels¬weise können einzelne Töne verschoben werden, um die Harmonie zu
ändern. Eine Variation auf der Zeitachse sorgt für Abwechslung im Rhythmus.
Zum Bearbeiten von MIDI-Daten stehen mehrere,
unterschiedliche Editoren zur Verfügung. Die Darstellungen sind dabei
übersichtlich und selbsterklärend. Wer tief in die Materie einsteigt, wird
verschiedene Möglichkeiten entdecken, MIDI-Sequenzen aufzubauen und zu
editieren.
Mithilfe eines MIDI-Transformers kann man beispielsweise ein
Crescendo pro¬grammieren. Ein Crescendo ist eine kontinuierliche Anhebung des
Lautstärke Pegels. Das ist beispielsweise interessant für einen Trommelwirbel.
Der Trans-former hilft auch dabei, für alle angewählten Events einen
festgelegten Velocity-Wert einzustellen oder mit einem Knopfdruck das Tempo zu
halbieren. Es gibt auch eine Humanize-Funktion, die absichtlich Ungenauigkeiten
erzeugt, um einen lebendigeren Klangeindruck zu erzeugen. Es gibt sogar einen
Zufallsge¬nerator für die Tonhöhe.
Die reichhaltigen Optionen und Editier-Möglichkeiten geben
eine wunderbare Plattform für Kreativität und Freude am Programmieren ab. Auch
Produzenten, die keine ausgebildeter Musiker sind, können so großartige Werke
schaffen. Da ein gut ausgestatteter MIDI-Sample Player Sounds von einem
Sinfonie¬orchester genauso selbstverständlich wiedergibt wie afrikanische
Trommeln, gregorianische Chorstimmen oder den perfekten Klang eines
Konzertflügels, sind der eigenen Fantasie kaum Grenzen gesetzt. Cubase bietet
sogar Kompo¬sitionshilfen um stimmige Harmoniefolgen zu finden.
Pianorolle
Eine gebräuchliche Darstellung ist die sogenannte
Pianorolle. Sie enthält am linken Rand eine Klaviatur, die hochkant dargestellt
ist. Die einzelnen Events beziehungsweise Note-On-Befehle sind als längliche
Balken im mittleren und linken Bereich des Bildes zu sehen. Ihre vertikale
Position entspricht der Ton-höhe. Die horizontale Ebene stellte die Zeitachse
dar. Als Zeitraster werden Takte und je nach gewählter Auflösung einzelne Beats
dargestellt. Die Länge des Balkens entspricht der Klangdauer des Tons, also dem
Notenwert. Der Velocity-Wert wird als Farbe dargestellt. In dieser Darstellung
kann man die ein-zelnen Balken nach Belieben vertikal verschieben (Veränderung
der Tonhöhe) oder horizontal verschieben (Zeitpunkt der Wiedergabe) oder
kopieren. Durch solch ein Kopieren und Arrangieren der MIDI-Daten entsteht ein
vollständiges Arrangement. Bei Cubase nennt sich diese Darstellung
„Key-Editor". Dort wird mit der Markierung der Noten angezeigt, um was für
einen Akkord es sich han-delt. Bei Pro Tools nennt sich das entsprechende
Fenster „MIDI-Editor".
19 Event-Liste
In einer anderen Darstellung der Event-Liste sind alle
MIDI-Events als Liste untereinander aufgelistet. In einer Zeile stehen
Startpunkt, Länge, Art des Events (Note), der MIDI-Kanal und der Velocity-Wert
für jeden einzelnen Ton. Diese Liste eignet sich gut, um MIDI-Events zu
quantisieren. Beim Quantisie-ren werden die Note-On-Befehle auf ein
rhythmisches Raster gerückt. Alle Noten könne
so beispielsweise auf das nächstliegende 16tel verschoben
werden. Die Quantisierung sorgt dafür, dass alle Noten exakt „in time"
abge¬spielt werden. Es gibt weitreichende Optionen zur Quantisierung. Neben den
gebräuchlichen Werten wie 4tel, 8tel und 16tel können die Noten in einem
triolischen Raster quantisiert werden, und es gibt sogenannte Swing-Funktionen.
Wie der Name schon sagt, werden die Noten des ausgewähl-ten Abschnitts mit
einem Swing-Feeling quantisiert. Die Quantisierung kann allerdings dazu führen,
dass eine MIDI-Produktion als leblos und maschinell empfunden wird (je nach
musikalischem Genre), da die Abstände der einzel¬nen Noten zueinander 100
Prozent gleich sind.
Das Programm Notator von Emagic realisierte erstmalig eine
Darstellung der MIDI-Note-On/Off-Befehle als Noten. In dieser Darstellung kann
der Noten¬schlüssel gewählt werden, es können einzelne neue Noten und sogar
ganze Akkorde hinzugefügt werden, die im Notenbild sofort sichtlich und
natürlich hörbar sind. Das können andere Programme wie Cubase inzwischen auch.
Ein Arpeggiator ist ein eine Art Spielautomat, der einen
einzelnen Ton so lange wiederholt, wie das MIDI-Note-On-Signal andauert. Dabei
spielt er oftmals abwechselnd einen Oktavton oder eine kleine, sich wiederholende
Melodie (Sequenz). In Verbindung beispielsweise mit einem sich verändernden
Reso-nanzfilter kann so aus einem kleinen Ton ein musikalisches Ereignis
werden. Das Tempo wird dabei von der DAW gesteuert.
Der Modulator generiert mithilfe eines LFOs (Low Frequency
Oscillator) selbst-ständig Daten, um ein Modulation Wheel anzusteuern.
Der Randomizer verändert scheinbar wahllos den Velocity-Wert
von MIDI-Daten. Dabei kann man zumindest Einfluss darauf nehmen, wie stark
diese Variationen sein werden.
Der Transposer transponiert MIDI-Daten, verändert also die
Tonhöhe entwe¬der in Halbtonschritten oder nach einer ausgewählten harmonischen
Vorgabe, beispielsweise moll-pentatonisch.
Audio to MIDI
Anspruchsvolle DAWs bieten die Möglichkeit, MIDI-Daten aus
Audiosignalen zu generieren. Das funktioniert zumindest bei einstimmigen
Signalen. Solch eine Funktion kann hilfreich sein, beispielsweise um die
Snaredrum eines ana¬log eingespielten Schlagzeugs durch einen Snare-Samplesound
zu ersetzen oder zu ergänzen. Für eine Konvertierung werden die ersten Impulse,
also die Transienten, einer Audiospur identifiziert und in MIDI-Daten
umgewandelt. Im nächsten Arbeitsschritt sind die gewonnen MIDI-Events auf den
Ton zu trans¬ponieren, auf dem das gewünschte Sample wiedergegeben wird.
Wichtig ist, darauf zu achten, dass zwischen dem Original-Snare-Sound und dem
MIDI-Befehl absolut keine Latenz (Zeitunterschied) besteht.
Geschichte der
MIDI-Computer
Das Creator-Programm wurde von Gerhard Lengeling Mitte der
80er-Jahre entwickelt. Der Bildschirm zeigte die Zeitleiste eines einzelnen
Patterns mit den 16 MIDI-Kanälen. Ein Pattern bestand aus 4, 8 oder 16 Takten.
Es entsprach damit beispielsweise der Strophe eines Popsongs.
Man programmierte einzelne Patterns für die unterschiedlichen
Abschnitte eines Titels. Danach wurden die Patterns aneinandergereiht. Sollte
die zweite Strophe andere Sounds als die erste enthalten, dann wurde die
Programmie¬rung erheblich aufwendiger. Aus diesem Grunde entstanden mit diesem
Pro¬gramm oftmals Songs, die sich in ihren einzelnen Parts sehr ähnelten. Diese
Tatsache und die Möglichkeit, Noten zu quantisieren, führten dazu, dass die
frühen Songs der „MIDI-Musik" sehr gleichförmig, leblos klangen.
Schon in den frühen Versionen von Cubase wurde ein anderes
Konzept ver¬folgt. In einer einzigen Timeline wurden alle MIDI-Events des
kompletten Songs arrangiert. Diese Zeitachse zeigte den Ablauf eines
vollständigen Songs in der horizontalen Ebene und die einzelnen Events mit den
entsprechenden MIDI-Kanälen auf der vertikalen Ebene. In einem zweiten Fenster
konnte man sich die Programmierung eines einzelnen MIDI-Kanals oder eines
Abschnitts genauer ansehen und editieren. Damit war die relativ stereotype
Arbeitsweise von Copy & Paste nicht mehr ganz so naheliegend. Die späteren
Versionen des Notator-Programms (Logic Pro) und viele andere
Sequencer-Programme haben diesen Aufbau übernommen.
neue digitale Tonstudio
System-Exclusive-Daten (SysEx)
Manche MIDI-Geräte können sogenannte SysEx-Daten ausgeben,
um wich¬tige Daten als Sicherheitskopie abzuspeichern. Auf diese Weise können
bei-spielsweise Speicherinhalte von Synthesizer-Presets auf einem Rechner
gesi-chert werden. Die Übertragung von solchen Datenblöcken per MIDI nennt man
„Bulk Dump". SysEx-Daten sind spezifisch für jedes Gerät.
Synchronisation,
SMPTE-Timecode, MIDI-Timecode und MIDI-Click
Da MIDI-Sequencer-Programme ursprünglich keine Audiodaten
aufnehmen konnten, wurden sie häufig mit analogen Mehrspur-Tonbandmaschinen
syn-chronisiert. Dazu wurde ein SMPTE-Code auf eine Spur der Maschine
aufge-zeichnet und bei der Wiedergabe in MIDI-Timecode umgewandelt.
Der SMPTE-Timecode ist ein laufender Zeitcode, der es
ermöglicht, jedem Augenblick einer Musikproduktion einen definierten Zeitpunkt
zuzuordnen. Dieser Code ist aus der Videotechnik bekannt. Er ist unterteilt in
Stunden, Minuten, Sekunden und Frames. Dabei entspricht ein Frame einem
vollstän-digen Fernsehbild. In Europa (PAL-Fernsehen mit EBU-Standard) hat das
Fernsehen 25 Vollbilder pro Sekunde, in den USA sind es 30. Daher gibt es
Timecodes mit 25 oder 30 Frames.
MIDI-Timecode (MTC)
Der SMPTE-Code wurde von einem Synchronizer in den digitalen
MIDI-Timecode umgewandelt. Dieser MIDI-Timecode wiederum konnte von einem
Sequencer-Programm gelesen werden und damit zur Bandmaschine synchro-nisiert
werden.
Die MIDI-Clock gibt für jeden Schlag (in Vierteln) 96
einzelne Ticks. So hängt die Dichte der Ticks vom Tempo eines Titels ab. Die
MIDI-Glock enthält keine absolute Zeitinformation.
Als Toningenieur begleitete ich ab 1991 einige große
MIDI-Produktionen. Die Produzenten hatten dazu alle MIDI-Spuren in einem
Sequencer-Programm arrangiert. Um das Problem der Latenz von MIDI-Daten zu
kompensieren, zeichneten wir vor allem die Drums und die perkussiven Sounds wie
Bass und Piano nacheinander auf eine analoge 24-Spur-Bandmaschine auf. Dazu
wurde der Rechner mit der Bandmaschine synchronisiert.
Da 24 Spuren schnell belegt waren, wurden beim Mixdown
einige Sounds synchron zur Bandmaschine vom Sequencer gesteuert parallel
abgespielt. Diese Sounds waren relativ „zeitunkritisch". Das bedeutet, sie
hatten keinen klar definierten Attack, sondern diese oftmals flächenartigen
Synthesizer-Sounds funktionierten auch mit einer kleinen Latenz. So hatten wir
beim Mixdown eine Kombination aus aufgenommenen Spuren und mitlaufenden
Synthesizer-Sounds zu mischen.
Mit einem Guitar-to-Midi Converter ist es einem Gitarristen
möglich, die eigene Gitarre wie ein Piano, eine Trompete oder eine Violine
klingen zu lassen. Dazu werden die analogen Töne einer Gitarre in digitale
MIDI-Daten gewandelt, mit denen dann beliebige MIDI-Instrumente angesteuert
werden können. Die typi-schen Spieltechniken wie Saitenziehen, Hammer-On und
Pull-Off eines Gitar-risten sind jedoch von einem Konverter nur bedingt
übertragbar. Außerdem trübt die spürbare Latenz das Spielgefühl. Als Ergänzung
zu einem Original-Gitarrenklang können ausgewählte Synthesizer-Sounds aber sehr
interessant klingen.
MIDI-Controller
MIDI-Controller sind Geräte, die selbst keine Klangerzeugung
beinhalten. Sie bieten auf ihrer Oberfläche eine Anzahl von Schaltern, Pads
oder Reglern, deren Funktionen frei zugewiesen werden können. Es gibt auch
Keyboard-Tastaturen, die nur als Eingabegerät fungieren. Für manche Programme
gibt es speziell ausgelegte Controller, die einzelne Funktionen des Programms
auf ein Bedienfeld auslagern (zum Beispiel Akai APC 40). Siehe auch: digitale
Hardware.
Mein erster Sequencer
Meinen ersten Zugang zur digitalen MIDI-Welt erhielt ich
durch einen gelie-henen Yamaha-QX1-Hardware-Sequencer. Damit wollte ich eine
kleine Melodie für einen Yamaha DX7 programmieren und dazu einen einfachen Rhythmus
von einem Drumcomputer spielen lassen. Niemals wieder bin ich an einem
elektronischen Gerät derart gescheitert wie an diesem Sequencer, da die
Bedienung absolut kryptisch war. Die Erlösung kam mit dem ATARI ST 1040. Dieser
Computer war einer der ersten Rechner mit einer eingebauten MIDI-Schnittstelle.
Mit diesem Kasten und dem Notator-Programm konnte ich MIDI-Befehle relativ
einfach aufzeichnen, in Pattern organisieren, editie¬ren und damit meine ersten
Erfahrungen als Musikproduzent sammeln.
Nach und nach kamen immer mehr Synthesizer und Expander
hinzu, bis mein Atari die Segel strich. Mein erster Apple Macintosh konnte mit
der damals aktuellen Version von Logic gleichzeitig MIDI-Signale und
Audio-daten aufzeichnen und verwalten. Das war meine erste DAW, die allerdings
noch keine eigenen Klangerzeuger enthielt.
Vorteile von MIDI
Das Editieren von MIDI-Daten in einem Sequencer ermöglicht
weitreichende Gestaltungsmöglichkeiten. Die Daten können beliebig kopiert, in
der Zeitachse verschoben oder transponiert werden. Mithilfe der Quantisierung
entstehen präzise ablaufende Sequenzen ohne Timing-Schwankungen. Die
Instrumente spielen auf Wunsch 100 Prozent „in time". Mit einem
Step-Sequencer können musikalische Parts programmiert werden, die von Hand niemals
spielbar wären.
Da MIDI-Daten keine Audiodaten sind, sondern nur
Steuerbefehle beinhalten, ist es möglich, die Daten erst nach der Aufnahme
einem Synthesizer oder Drum-Computer zuzuordnen. Nicht selten wird ein
Keyboard-Sound gestaltet, indem die Daten auf einen zweiten Kanal kopiert
werden und somit zwei sich ergän¬zende Synthesizer gleichzeitig einen volleren
Sound ergeben.
Bei einer anspruchsvollen Programmierung können mit
zusätzlichen Steuerda-ten wie beispielsweise der Velocity (Anschlagstärke) oder
einer „Swing-Quanti-sierung" einem Sound Dynamik und Lebendigkeit
verliehen werden.
2.31 Nachteile von MIDI
Das bequeme Kopieren und Einsetzen von MIDI-Daten verleitet
dazu, Musik so zu produzieren, dass sich musikalische Bestandteile unkreativ
wiederholen. Mit Copy & Paste ähnelt das Erstellen eines musikalischen
Werkes dem Bau eines Hauses mit Lego-Steinen. Das ursprüngliche Gefühl vom
Musizieren geht verloren.
Die Quantisierung der Steuerdaten trägt auch dazu bei, dass
ein statisches Klangbild entsteht. Ein von menschlicher Hand gespielter
Schlagzeug-Rhyth-mus „groovt" gerade dadurch, dass die einzelnen Schläge
nicht exakt auf die Zählzeiten fallen, sondern dass es kleinste Abweichungen
gibt. Der statische Eindruck wird noch verstärkt, weil alle gleichen Ereignisse
meist auch exakt gleich laut klingen. Wenn ein Schlagzeuger einen Wirbel über
die Toms spielt, wird er mit der rechten Hand (wenn er Rechtshänder ist) die
Trommeln etwas stärker schlagen als mit der linken. Ein MIDI-Trommelwirbel
klingt eher wie ein Maschinengewehr, da alle Schläge exakt gleich laut klingen
und sie alle den exakt gleichen Abstand zueinander haben.
Durch die Beschränkung auf 127 Stufen stößt die musikalische
Ausdruckskraft an Grenzen. In der MIDI-Welt gibt es keine Intervalle, die
kleiner als Halbtöne sind. Sogenannte „Blue Notes" oder ein Vibrato von
Tönen können nur schwer wiedergegeben werden. Hilfsmittel wie Pitch-Bend
klingen meist unnatürlich. Das Ziehen einer Gitarrensaite oder das Rutschen auf
einer Basssaite kann mit seinem dynamischen Verlauf per MIDI kaum nachgeahmt
werden.
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