Mit BycycleFahrrad
durch Manila Philipines
Film and Author D.Selzer-McKenzie
Video: https://youtu.be/E3b6XNt3oYk
Mit dem Auto ist fast kein Durchkommen. Da bietet es sich
an, auf ein anderes Verkehrsmittel umzusteigen und mit dem Rad zwischen den
Staus durchzufahren. Dank Rücksicht geht es gut voran.
4 Wenn Jessie
Mendoza redet, dann bewegen sich seine kräftigen, leicht gedrungenen Hände so
gut wie ständig. Fast scheint es, als wolle er ein Orchester dirigieren. Seine
Bewegungen unter¬streichen die Bedeutung seiner Sätze. Etwa wenn es um den
philippinischen Freiheitshelden Lapu Lapu geht oder um den Nationalhelden
Rizal, dessen gewaltfreies Vorgehen, so betont Jessie Mendoza, ein Vorbild für
Mahatma Gandhi ge¬wesen sein soll.
Doch Jessies Hände sind nicht nur beim Reden wichtig. Noch
bedeutsamer sind seine Gesten und Handzeichen, wenn er auf einem kleinen
orangefarbenen Klapprad vor Touristen herfährt, die sich auf ein ganz
besonderes Abenteuer ein-gelassen haben: eine Fahrradtour durch die chro¬nisch
staugefährdete 20-Millionen-Metropole
Manila, eine Stadt, die Dan Brown in seinem Buch Inferno als
„Tor zur Hölle" bezeichnet hat. Bevor die Tour startet, gibt Jessie
Mendoza wich¬tige Überlebens-Tipps: Ganz entscheidend im Verkehr sind
Handsignale. „Jemanden mit der geöffneten Hand zum Anhalten auffordern, gilt in
Manila keineswegs als unhöflich. Hinterher sollte man sich dann aber auch mit
einem nach oben gehaltenen Daumen für die Rücksicht be¬danken", erklärt
Jessie, und demonstriert die wichtigsten Gesten, die notwendig sind, um den
wirren Verkehrsdschungel in eine freundliche Umgebung zu verwandeln.
Das Verrückteste an diesen Tipps ist: Sie funk¬tionieren.
Das merken wir bereits auf dem ersten Abschnitt unserer Tour, der Fahrt vom
Stadtteil Pasay zum Rizal Park: Jeder schaut, keiner fährt
stur vor sich hin. Verkehr in Manila, das bedeu¬tet
umfassende und ständige Kommunikation. Trotzdem gilt es natürlich, wachsam zu
sein: Wenn hinter einem Jeepney plötzlich ein Fu߬gänger hervortritt, dann
weicht man besser nicht ruckartig aus, denn es könnte sein, dass sich just im
selben Moment von hinten ein Motorrad nähert, das nicht mehr rechtzeitig
bremsen kann. Und so teilen wir uns die Straße mit Bus¬sen und Trikes, mit
Jeepneys und Autos, ja zu¬weilen sogar mit Pferdekutschen. Anderen Rad¬fahrern
begegnen wir eher selten.
Achtung Schlagloch!
Jessie lotst uns vor allem auf schmale Neben¬straßen, das
macht die Fahrt relativ entspannt. Zuweilen haben wir die rußigen Abgase eines
Jeepneys in der Nase, zuweilen sind Gummi¬streifen über die Straße gezogen, um
Raserei zu vermeiden. Und immer gilt es, darauf zu achten, wohin man genau
fährt. Denn Schlaglöcher, Spalten im Untergrund und sogar offene Kanal¬deckel,
das sind Verkehrshindernisse, denenman nicht mit Handzeichen beikommt, sondern
nur mit Aufmerksamkeit.
Jessie ist Filipino. Radfahren hat er bereits als Kind
gelernt, allerdings bei seinen Verwandten in der Provinz, nicht in Manila. Dass
er dort nun Fahr¬radtouren führt, hat er einer Holländerin zu ver-danken, die
das Angebot gemeinsam mit einer örtlichen Organisation entwickelt hat. Ihr Ziel
ist es, die andere Seite Manilas zu zeigen - sei es bei Slum- oder
Hahnenkampftouren oder bei Spazier-gängen über einen Markt. Oder eben bei Innen¬stadt-Touren
mit dem orangefarbenen Klapprad. Als unsere Gruppe mit den Rädern im Rizal Park
ankommt, sind wir schnell selbst eine At-traktion. Nicht wegen der Fahrräder,
sondern wegen einer hochgewachsenen, blonden hollän¬dischen Mitradlerin, die
die Einheimischen an die Sängerin Taylor Swift erinnert. Immer wie¬der kommen
Teenagergruppen auf sie zu und bitten charmant und freundlich um ein Foto. „Wir
hier in den Philippinen haben vielleicht nicht die schönsten Gebäude und die
schönsten Gesichter der Welt, aber in Sachen Wärme und Herzlichkeit sind wir
auf jeden Fall die Nummer eins", sagt Jessie selbstbewusst.
Gleichzeitig spanisch und mexikanisch
historischen Erkenntnisse. Wir hatten einen mexikanischen
Gouverneur, auch unsere Kir¬chen und unsere Feste sind eher von den Mexi¬kanern
beeinflusst als von den Spaniern", erläu¬tert Jessie Mendoza.
Bei einem Spaziergang auf der Wallanlage erklärt Jessie uns,
vor wem sich die Spanier durch die Mauern schützen wollten: etwa vor
chinesi¬schen Piraten, vor den Briten und auch vor den Holländern, die den
Spaniern die Kolonie ab-nehmen wollten. „Ja klar, wir waren damals eben
überall", kommentiert die holländische Taylor-Swift-Doppelgängerin stolz
grinsend.
Tattoo to go und
dazu noch eine neue Frisur
Nach diesem Schnellkurs in Geschichte wird es Zeit, sich
wieder um die Räder zu kümmern. In Intramuros ist der Verkehr überschaubar, nur
das Kopfsteinpflaster macht zuweilen etwas Mühe. Jessie Mendoza regt an, den
Luftdruck unserer Räder überprüfen zu lassen - und hält an einem bizarren
Gemischtwaren-Service an. „Hier kann man sein Auto waschen und sein Fahrrad
reparieren lassen, aber man kann sich auch die Haare schneiden oder ein Tattoo
ver-
passen lassen", erklärt Jessie. Die Filipinos, das wird
schnell klar, sind findig und einfallsreich - und sie greifen verschiedenste
Einflüsse kreativ auf. „Von den Indern haben wir beispielsweise gelernt, wie
wir Reis-Cakes machen können", ver¬rät Jessie.
Wie sehr sich die Kulturen hier as¬similiert haben, zeigt
auch unser Besuch bei der San-Augustin-Kir-che. Die älteste Kirche der
Philippi¬nen steht seit 1993 als Weltkulturer¬be unter dem Schutz der Unesco.
Als wir ankommen, finden Hochzeiten im 20-Minuten-Takt statt. Eifrig achten
Aufseher darauf, dass keine Touristen während der Zeremonien die Kirche
betreten. Vor dem Gotteshaus thronen zwei steinerne chi¬nesische Löwen, einer
davon, der männliche, hält einen Ball zwischen den Pfoten. Ein katho¬lisches
Gotteshaus mit chinesischen Tempel-wächtern, auch das gibt es auf den Philippinen.
Buntes Licht: Schmutz färbt den Sonnenuntergang
Rechtzeitig zum Sonnenuntergang über dem Meer, für den die
Stadt so berühmt ist, kommen wir an der Manila Bay an. „Das bunte Licht ist
eine Folge der starken Verschmutzung. Diese hat hier also sogar eine positive
Seite", erläutert Jessie. Während wir Richtung Pazifik blicken, ist für
ein junges philippinisches Pärchen, das eigentlich den Sonnenuntergang
betrachten wollte, die landschaftliche Kulisse plötzlich nur noch Nebensache.
Verlegen lächelnd kommen die beiden auf uns zu.
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