Andreas Hofer 1767-1810
Author D.Selzer-McKenzie
https://youtu.be/awHY1EMbLPA
Andreas Hofer (* 22. November 1767 am Sandhof bei St.
Leonhard in Passeier in der damaligen Grafschaft Tirol; † 20. Februar 1810 in
Mantua, Italien) war Wirt im Gasthaus „Am Sand“ – daher auch als der Sandwirt
bekannt. Darüber hinaus war er auch als Viehhändler tätig. Als Anführer der
Tiroler Aufstandsbewegung von 1809 gilt er als Freiheitskämpfer gegen die
bayerische und französische Besetzung seiner Heimat. Vor Ort wird Hofer –
insbesondere von der deutschsprachigen Bevölkerung – oft mit zahlreichen Denkmälern
als Volksheld und auf verklärte Weise auch als Nationalheld geehrt.
Tiroler Landsturm 1809 (Joseph Anton Koch: Ölgemälde auf
Holz, um 1820)
Im Tiroler Volksaufstand von 1809 führte Andreas Hofer die
Tiroler dreimal siegreich zum Kampf gegen die Truppen Napoleons.
Infolge der Niederlage Österreichs im dritten
Koalitionskrieg und dem Frieden von Pressburg stand Tirol seit 1805/1806 unter
bayerischer Herrschaft. Die Bayern begannen in ihrer neuen Provinz Tirol eine
Reihe von Reformen durchzuführen, wobei vor allem die Missachtung der alten
Tiroler Wehrverfassung (Landlibell Kaiser Maximilians I. von 1511) und die
Wiedereinführung der josephinischen Kirchenreform für Unmut sorgte (Minister
Montgelas). Auch die Eingriffe in das religiöse Leben (Verbot von
Christmette[1], Prozessionen und Wallfahrten, Rosenkranz etc.) führten zum
Widerstand des Klerus und der Bevölkerung.
Andreas Hofer
Die Zwangsaushebung von Rekruten für die Bayerische Armee
führte schließlich zum Aufstand, der am 9. April 1809 in der Tiroler Hauptstadt
Innsbruck begann. Wird der Aufstand meist als Freiheitskampf gegen bayerische
und französische Fremdherrschaft und deren Kirchenkampf und Rekrutierungspraxis
verstanden, zeigte dieser jedoch auch unmoderne, nicht aufklärerische Züge.[2]
So hatte sich Haspinger, ein Kapuzinerpater, der von der bayerischen Besatzung
auch für Tirol eingeführten Pockenimpfung widersetzt (mit der Begründung,
dadurch solle Tiroler Seelen „bayerisches Denken“ eingeimpft werden), verbot
Hofer nach dem ersten Sieg alle „Bälle und Feste“ und befahl per Erlass, dass
„Frauenzimmer“ nicht mehr „ihre Brust und Armfleisch zu wenig und mit
durchsichtigen Hadern bedecken“ durften.[3][4] Wirtshäuser sollten während der
Gottesdienste geschlossen bleiben. Auch kam es unmittelbar nach der ersten
Schlacht auf dem Bergisel zu Ausschreitungen gegen die jüdische Bevölkerung
Innsbrucks.[3]
Andreas Hofer wurde als Oberkommandant an die Spitze der
gegenbayerischen Bewegung gewählt.[5] Bereits am 11. April konnte er sich bei
Sterzing gegen die Bayern durchsetzen. Am 12. April kam es zur ersten
Bergisel-Schlacht mit Andreas Hofer und Martin Teimer von Wildau an der Spitze
der Tiroler Streitkräfte. Schon zwei Tage später nach dem Sieg Teimers bei
Wildau (auch Wilten) über das bayrisch-französische Korps Bisson konnten die
Österreicher in Innsbruck einziehen. Den bayerischen und französischen Truppen
gelang es jedoch, Teile Tirols wieder unter ihre Kontrolle zu bringen und
Innsbruck zurückzuerobern. Nachdem sich am 13. Mai die bayerisch-französischen
Truppen in einer blutigen Schlacht bei Wörgl durchgesetzt hatten, kam es vom
25. bis zum 29. Mai zur zweiten Schlacht am Bergisel, wobei sich die
bayerischen Truppen am 29. Mai geschlagen ins Unterinntal zurückziehen mussten.
Es folgte der Znaimer Waffenstillstand mit erneuter Besetzung Tirols durch
napoleonische Truppen. Dem Aufruf zum Landsturm folgte ein erneuter Sieg am 13.
August: 15.000 bayerische, sächsische und französische Soldaten unter der
Führung von Marschall Lefebvre standen einem ebenso großen Tiroler
Schützenaufgebot unter Andreas Hofer gegenüber (dritte Schlacht am Bergisel).
Der Friede von Schönbrunn, der in Tirol unbestätigt blieb
und als Betrug galt, motivierte Hofer erneut zum Aufstand, der allerdings am 1.
November 1809 mit der Niederlage der Tiroler am Bergisel endete. Ein weiterer
Aufruf zum Widerstand vom 11. November hatte wenig Wirkung. Hofer musste
flüchten, wurde von Franz Raffl verraten und am 28. Januar 1810 auf der
Mähderhütte der Pfandleralm (Alm des Prantacher Hofs gegenüber St. Martin in
Passeier) gefangen genommen. Danach wurde er nach Mantua in das
Militärgefängnis Porta Molina gebracht,[6] das Hauptquartier des für den
südlichen Teil Tirols zuständigen französischen Vizekönigs von Italien, Eugène
Beauharnais.
Andreas Hofers letzter Gang. Gemälde von Karl Karger
(Heeresgeschichtliches Museum Wien)
Andreas Hofers Erschießung 1810 in Mantua (Oberitalien)
Dieser wollte Hofers Leben zunächst verschonen, der
französische Kaiser Napoleon ordnete jedoch die unverzügliche Aburteilung und
Exekution Hofers an. Das daraufhin zusammengetretene französische Kriegsgericht
unter Beiordnung (ex Officio) des jüdischen Advokaten Dr. Baffevi aus Mantua[7]
verhängte nach kurzer Gerichtsverhandlung am 19. Februar 1810 das bereits
diktierte Todesurteil über Andreas Hofer. Dieses wurde am folgenden Tag von
einem Erschießungskommando vollstreckt. Nach Verlesung des Todesurteils krachten
die Schüsse und Hofer fiel auf die Knie, eine zweite Salve traf sein Gesicht
und er brach zusammen, lebte aber noch. Daraufhin trat der Luxemburger Michel
Eiffes an ihn heran und gab ihm den Gnadenschuss, indem er ihm in die linke
Schläfe schoss. Eiffes war 1800 in die französische Armee aufgenommen worden,
obwohl er sich dieser Zwangsverpflichtung entziehen wollte. Er starb 35 Jahre
nach der Hinrichtung Hofers mit 66 Jahren und war ein hochgeachteter
Kriegsveteran in seinem luxemburgischen Herkunftsort Befort, wo er als Gastwirt
und Bürgermeister tätig war.[8]
Hofer wurde zunächst in Mantua im Pfarrgarten der Zitadelle
begraben. Tiroler Kaiserjäger unter der Führung von Georg Hauger haben seine
Gebeine am 9. Januar 1823 beim Rückmarsch von Neapel nach Tirol ausgegraben und
sie zunächst nach Trient, dann nach Bozen gebracht. Während der bis August 1823
dauernden kriegsgerichtlichen Untersuchung des Falles kamen die sterblichen
Überreste Hofers nach Innsbruck, wo sie sich, in einer Kiste zwischengelagert,
bis 1834 im Servitenkloster befanden und im selben Jahr feierlich in die
Hofkirche übertragen wurden.[9]
Hofer war ursprünglich Kommandant der Passeirer Schützen und
nahm den Rang eines Majors ein, weswegen es bei den später aufgebotenen
Standschützen keinen höheren Rang gab, da niemand über Andreas Hofer stehen
sollte.
Adelserhebung
Das Adelsdiplom, das die Nobilitierung Andreas Hofers
begründete, wurde erst am 26. Jänner 1818 dem Sohne Hofers, Johann,
ausgefertigt. Die Erhebung Andreas Hofers in den Adelstand erfolgte aber schon
am 15. Mai 1809, durch ein aus Niederhollabrunn vom Kaiser Franz an den Grafen
Agarte ausgefertigtes Handbillet. Da aber wegen der Kriegsereignisse das
Hofdekret nicht nach Tirol befördert werden konnte, blieb die Frage offen, ob
Andreas Hofer von seiner Nobilitierung überhaupt Kenntnis erlangte.[10][11]
Versionen der letzten Worte Andreas Hofers
Hofers Wohn- und Geburtshaus bei St. Leonhard
Hofers letzte Worte sollen „Franzl, Franzl, das verdank ich
dir!“ gewesen sein. Es wird aber auch berichtet, Hofer habe, nachdem die erste
Exekutionssalve ihn nur verletzt hatte, ausgerufen: „Ach, wie schießt ihr
schlecht!“
Für den Ursprung dieses Gerüchts, das die Kampfkraft der
eigenen Tiroler Schützen hervorhebt, gibt es keinerlei historische Belege;
allerdings sind diese Worte auch Teil des Andreas-Hofer-Lieds (Tiroler
Landeshymne).
Andreas Hofer als Volksheld
Andreas Hofers Grabmal in der Hofkirche in Innsbruck
Andreas Hofer gilt in der Tiroler Bevölkerung als Volksheld,
sein Einsatz wird mit einer Reihe von Denkmälern geehrt; alljährlich am 20.
Februar wird er als Vaterlandsheld gefeiert. Vereinzelt wurden auch kritische
Stimmen gegen die politische Mythologisierung des auch aus „religiösem
Fundamentalismus“ (Rückforderung des abgeschafften Glaubensmonopols der
katholischen Kirche) geführten Aufstandes laut.
In engem Zusammenhang mit den Kämpfen der napoleonischen
Zeit steht auch das alljährlich in ganz Tirol feierlich begangene
Herz-Jesu-Fest: Als Tirol 1796 von französischen Truppen bedroht war, gelobte
der Tiroler Landtag, alljährlich das Herz-Jesu-Fest feierlich zu begehen, was
noch heute mit Gottesdiensten, Prozessionen und Bergfeuern geschieht.
Andreas-Hofer-Straße in Neumarkt ♁⊙
Das Andreas-Hofer-Lied („Zu Mantua in Banden“) ist die
Landeshymne des österreichischen Bundeslandes Tirol. In der heute autonomen
italienischen Provinz Südtirol wurden die Forderungen, das Lied ebenfalls zur
Landeshymne zu erklären, bisher von den Politikern abgelehnt. Der Text stammt
von dem 1803 in Marieney im sächsischen Vogtland geborenen und 1867 in
Oldenburg verstorbenen Dichter Julius Mosen. Die Schüler des nach ihm benannten
Julius-Mosen-Gymnasiums in Oelsnitz (Vogtland) pflegen die Verbindung zu
Andreas Hofer durch Fahrten nach Südtirol und Auftritte von Musik- und
Gesangsgruppen in Bozen. Umgekehrt nehmen Tiroler Schützenabordnungen an
Veranstaltungen in Mosens Heimat teil.
Rezeption
Andreas Hofer-Gedenktafel von 1909 am Goldenen Adler in
Innsbruck
50-Schilling-Münze (1959)
Durch die kaiserliche Entschließung von Franz Joseph I. vom
28. Februar 1863 wurde Andreas Hofer in die Liste der „berühmtesten, zur immer
währenden Nacheiferung würdiger Kriegsfürsten und Feldherren Österreichs“
aufgenommen, zu deren Ehren und Andenken auch eine lebensgroße Statue in der
Feldherrenhalle des damals neu errichteten k.k. Hofwaffenmuseums (heute:
Heeresgeschichtliches Museum Wien) errichtet wurde. Die Statue wurde 1873 vom
Bildhauer Johann Preleuthner aus Carrara-Marmor geschaffen, gewidmet wurde sie
von Kaiser Franz Joseph selbst.[12]
Mit seinem Buch Des Hofers neue Kleider hat Siegfried
Steinlechner 2000 eine erste umfassende Rezeptionsgeschichte Andreas Hofers
vorgelegt. Demnach sei Hofer selbst keineswegs als Nationalheld zu sehen und
1848 selbst in Tirol eher belächelt worden. Mit dem Aufstieg der
Deutschnationalen in Tirol wurde er jedoch zur Figur des nationalen
Widerstandes verklärt. Deshalb finden sich im Andreas-Hofer-Lied, mit dem der
Tod Hofers besungen wird, auch die Worte „ganz Deutschland lag in Schmach und
Schmerz“. Von den Nationalsozialisten wurde Andreas Hofer wiederum als
Verteidiger des Deutschtums gegen Italien und Frankreich ins Spiel gebracht,
Bozen als Mythos der „letzten deutschen Stadt“ aufgebaut, die von Hofer
verteidigt worden sei.
Bereits 1827 schrieb Karl Immermann Das Trauerspiel in
Tyrol, das bald von der österreichischen Zensur verboten wurde. 1899 widmete
sich der heimatverbundene Autor Franz Kranewitter der Tiroler Vergangenheit:
das Drama über Andreas Hofer unter dem Titel Andre Hofer entstand. 1968 wurde
dieses Theaterstück von den Freilichtspielen Südtiroler Unterland unter der
Regie von Luis Walter aufgeführt. Später wurde es u. a. von den Tiroler
Volksschauspielen in Telfs 1984 unter der Regie von Klaus Rohrmoser aufgeführt.
1984 erhielt der Andreas-Hofer-Mythos neuen Aufschwung durch
die Feier des 175-Jahr-Jubiläums. Insbesondere der öffentliche Konflikt um die
Dornenkrone, eine mehrere Meter durchmessende Metallkrone, die von den Tiroler
Schützen beim Festzug mitgetragen wurde, war prägend für das Land. Die
Dornenkrone wurde vom Brenner bis nach Innsbruck getragen und sollte dort
verbleiben. Die Diskussion um die Dornenkrone war einer der Marksteine für das
Entstehen der Liste für ein anderes Tirol, aus der schließlich die Tiroler
Grünen hervorgehen sollten. Die Dornenkrone befindet sich heute etwa 30
Kilometer westlich von Innsbruck in der Marktgemeinde Telfs auf dem Gelände der
Fa. Thöni.
2001 wurde die Lebensgeschichte Andreas Hofers in dem Film
Andreas Hofer – Die Freiheit des Adlers von Xaver Schwarzenberger verfilmt;
Hauptrollen: Tobias Moretti (Andreas Hofer), Franz Xaver Kroetz (Joachim
Haspinger) und Martina Gedeck (Mariandl).
2004 sorgte Andreas Hofer wieder für breite Diskussionen in
Tirol. Auf die Melodie des Andreas-Hofer-Liedes gibt es unterschiedliche
historisch überlieferte Texte, darunter auch sozialdemokratische und
sozialistische, zum Beispiel Dem Morgenrot entgegen von Heinrich Eildermann.
Als dieses Lied öffentlich auf einer Feier der SPÖ gesungen wurde, kam es zu
einer Anzeige durch Otto Sarnthein, Landesobmann der Tiroler Schützen. Ein
Landesgesetz aus dem Jahr 1948 sah für den Fall, dass zur Melodie ein
abweichender Text gesungen wird, bis zu vier Wochen Arrest vor. In einer
Sitzung des Tiroler Landtages im November 2004 wurde der Gesetzestext leicht
abgeändert.
Am 20. September 2009 fand der Höhepunkt des
Andreas-Hofer-Gedenkjahres in Innsbruck statt. An einem Festumzug nahmen rund
28.000 Mitglieder von Traditionsverbänden teil, die in einer Parade fast fünf
Stunden an der Ehrentribüne, auf der sich Bundespräsident, Bundeskanzler, die
Landeshauptleute der drei historischen Tiroler Landesteile und weitere
Spitzenpolitiker befanden, vorüber defilierten. Des Weiteren nahmen rund 70.000
Zuschauer am Festzug teil. Die umstrittene Dornenkrone, die als Symbol für die
Unterdrückung der Südtiroler durch Italien gilt, wurde beim Umzug mitgeführt,
jedoch durch Rosen symbolisch entschärft. Südtiroler Schützenkompanien trugen
Transparente mit Texten wie „Los von Rom!“ und „Selbstbestimmung für Südtirol“
vor sich her.[13][14]
Im Sandhof in St. Leonhard als Teil des MuseumPasseier wird
Hofers Leben und Wirken seit 2009 aus verschiedenen Perspektiven – auch
kritisch – beleuchtet. Bereits zu Beginn des Museumsrundgangs wird der
umstrittene Begriff Held hinterfragt, für den es keine allgemeingültige
Definition gibt.
Zu Ehren des Kämpfers wurden mehrere Kapellen gewidmet,
siehe Andreas-Hofer-Kapelle.
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