Orang Utans
Author D.Selzer-McKenzie
Video:
http://www.youtube.com/watch?v=wwNYyJM10hE
Die Orang-Utans (Pongo) sind eine Primatengattung aus der Familie der Menschenaffen (Hominidae). Von den anderen Menschenaffen unterscheiden sie sich durch ihr rotbraunes Fell und durch ihren stärker an eine baumbewohnende Lebensweise angepassten Körperbau. Sie leben auf den südostasiatischen Inseln Sumatra und Borneo; die Bestände beider Inseln werden heute als zwei getrennte Arten – Borneo-Orang-Utan (Pongo pygmaeus) und Sumatra-Orang-Utan (Pongo abelii) – geführt.
Orang-Utans erreichen eine Kopfrumpflänge von 1,25 bis 1,5 Metern. Hinsichtlich des Gewichtes herrscht ein deutlicher Geschlechtsdimorphismus: Männchen sind mit 50 bis 90 Kilogramm nahezu doppelt so schwer wie Weibchen, die 30 bis 50 Kilogramm auf die Waage bringen. Tiere in Gefangenschaft neigen hingegen dazu, deutlich schwerer zu werden, Männchen können dabei ein Gewicht von nahezu 200 Kilogramm erreichen. Die Sumatra-Orang-Utans sind im allgemeinen etwas leichter und zierlicher als ihre Verwandten auf Borneo. Das eher dünne und zottelig wirkende Fell der Orang-Utans ist dunkelrot oder rötlich braun gefärbt – bei den Tieren aus Sumatra meist etwas heller.
Die Gliedmaßen dieser Tiere zeigen starke Spezialisierungen an eine baumbewohnende Lebensweise. Die Arme sind sehr lang und kräftig und können ausgestreckt eine Spannweite von 2,25 Metern erreichen. Die Hände sind hakenförmig und langgestreckt, der Daumen hingegen sehr kurz und nahe an der Handwurzel lokalisiert. Die vergleichsweise kurzen Beine sind sehr beweglich und nach innen einbiegbar, was dem senkrechten Klettern an Baumstämmen dient. Die Großzehe ist analog zum Daumen verkürzt und relativ nah an der Fußwurzel angebracht, die übrigen Zehen sind hingegen verlängert und gebogen. Insgesamt erwecken die Füße dadurch einen handähnlichen Eindruck.
Der Kopf der Orang-Utans ist durch den hohen, gerundeten Schädel und die vorspringende, gewölbte Schnauze charakterisiert. Im Gegensatz zu den afrikanischen Menschenaffen sind die Überaugenwülste nur schwach ausgeprägt und die Augen sind klein und stehen eng beisammen. Die Schädel der Männchen sind allerdings wie die der Gorillas mit Sagittal- und Nuchalkämmen (Wülsten an der Oberseite des Kopfes und am Nacken) ausgestattet, die als Muskelansatzstellen dienen. Beide Geschlechter tragen einen Bart, wobei der der sumatranischen Art länger ist. Männliche Tiere sind überdies mit einem Kehlsack ausgestattet, der bei der borneanischen Art besonders groß ist. Erwachsene Männchen haben auffällige Wangenwülste, diese wachsen das ganze Leben und sind bei alten Tieren am deutlichsten ausgeprägt. Bei Borneo-Orang-Utans wachsen diese Wülste nach außen und sind nahezu unbehaart, bei Sumatra-Orang-Utans liegen sie flach am Kopf und sind mit weißen Haaren bedeckt.
Wie alle Altweltaffen haben Orang-Utans 32 Zähne, die Zahnformel lautet I2-C1-P2-M3. Die mittleren Schneidezähne sind groß, die äußeren hingegen stiftförmig und klein. Die Eckzähne der Männchen sind deutlich größer als die der Weibchen; die Backenzähne sind durch niedrige Zahnhöcker und eine stark gekräuselte Kaufläche charakterisiert, was eine Anpassung an die oft hartschalige Nahrung darstellt.
Orang-Utans kommen heute nur mehr auf den Inseln Borneo und Sumatra vor. Auf Sumatra bewohnen sie die nordwestlichen Regionen und Teile der Westküste, auf Borneo sind sie vorwiegend in den südlichen und östlichen Regionen anzutreffen. Früher war ihr Verbreitungsgebiet deutlich größer, was durch Fossilienfunde in Südchina, Vietnam und der Insel Java belegt ist. In Teilen dieses Gebietes dürften sie zumindest bis vor wenigen tausend Jahren überlebt haben.
Lebensraum der Orang-Utans sind tropische Regenwälder vom Meeresniveau bis in 1500 Metern Seehöhe. Sie sind oft in Sumpfgebieten oder in der Nähe von Flüssen zu finden, einen weiteren bedeutenden Lebensraum stellen Dipterocarpaceen-Wälder dar.
Orang-Utans sind wie alle Menschenaffen tagaktiv. Sie haben zwei Aktivitätshöhepunkte, einmal am Vormittag und einmal am späten Nachmittag, in der Mittagszeit halten sie Rast. Zur Nachtruhe errichten sie sich ein Nest aus Blättern. In der Regel bauen sie jede Nacht ein neues Nest, gelegentlich wird das gleiche zweimal verwendet.
Sie sind vorwiegend Baumbewohner. Dort bewegen sie sich hauptsächlich fort, indem sie langsam mit allen vier Gliedmaßen klettern oder auf den Ästen gehen – ihre Bewegungen sind aber gemächlicher als beispielsweise die der Gibbons. Insbesondere wenn sie es eilig haben, schwingen sie an den langen Armen (Brachiation). Um von einem Baum auf den anderen zu gelangen, können sie, um die Distanz zu verringern, diese in heftige Schaukelbewegungen versetzen.
Orang-Utans kommen selten auf den Boden. Oft geschieht dies nur, um von einem Baum zum nächsten zu kommen, wobei ihre Bewegungen vorsichtig und scheu sind. Erwachsene Männchen können hingegen manchmal sogar Streifzüge auf dem Boden unternehmen. Dieses Verhalten ist bei der borneanischen Art häufiger, vermutlich weil es dort im Gegensatz zu Sumatra keine Tiger gibt. Ihre Fortbewegung auf der Erdoberfläche ist ein vierfüßiges Gehen; im Gegensatz zu den afrikanischen Menschenaffen (Schimpansen und Gorillas) bewegen sie sich nicht im Knöchelgang fort, sondern stützen sich entweder auf die Fäuste oder auf die Innenkanten der Hände.
Orang-Utans haben mehrere Revierstrategien und können als „ansässige Tiere“, „Pendler“ und „Wanderer“ bezeichnet werden.[1]
„Ansässige Tiere“ bewohnen feste Territorien. Bei Weibchen umfassen diese rund 70 bis 900 Hektar und können sich mit den Revieren anderer Weibchen überschneiden. Die Territorien der Männchen sind mit 4000 bis 5000 Hektar deutlich größer und überlappen sich meist mit denen mehrerer Weibchen. Die Länge der täglichen Streifzüge hängt mit der Reviergröße zusammen; sie dienen aber nicht nur der Nahrungsaufnahme, sondern bei Männchen auch dem Kontakt mit den Weibchen oder der Suche nach etwaigen männlichen Konkurrenten.
Die Mehrzahl der männlichen Orang-Utans etabliert jedoch kein festes Territorium, sondern zieht als „Pendler“ oder „Wanderer“ umher. „Pendler“ halten sich nur für einige Wochen oder Monate in einem Gebiet auf und wechseln mehrmals im Jahr ihren Aufenthaltsort. Oft sind sie im darauffolgenden Jahr wieder in den gleichen Gebieten anzutreffen. Die Aufenthaltsorte der „Pendler“ können mehrere Kilometer auseinander liegen, die Streifzüge dieser Tiere sind dementsprechend deutlich länger als die der ansässigen Orang-Utans. Junge erwachsene Männchen sind meist „Wanderer“, sie sind nie lange in einem Gebiet anzutreffen, sondern ziehen beständig umher. Wenn sie älter werden, können sie manchmal ein festes Revier etablieren oder aber zeitlebens Wanderer bleiben.
Orang-Utans sind in der Regel einzeln anzutreffen, dauerhafte Bindungen gibt es nur zwischen Weibchen und Jungtieren. Dennoch interagieren diese Tiere mit Artgenossen und führen keine strikt einzelgängerische Lebensweise, die Details dieser sozialen Beziehungen sind aber noch nicht restlos bekannt.
Begegnungen zwischen Männchen verlaufen meist feindselig. Durch Rufe machen sie auf sich aufmerksam, bei direkten Begegnungen kann es auch zu Handgreiflichkeiten kommen. Weibchen reagieren hingegen friedlicher aufeinander, manchmal gehen sie zu zweit für mehrere Tage gemeinsam auf Nahrungssuche. Generell sind Sumatra-Orang-Utans sozialer als Borneo-Orang-Utans, es gibt für diese Art Beobachtungen von größeren Gruppenbildungen und auch zeitweiligen Zusammenschlüssen eines Männchens mit einem Weibchen und deren Jungtieren.
Fix ansässige Tiere dürften einen höheren sozialen Rang als herumziehende haben, was unter anderem an den unterschiedlichen Fortpflanzungsstrategien deutlich wird. Niederrangigere, umherziehende Männchen erzwingen oft die Fortpflanzungen mit Weibchen. Opfer dieser erzwungenen Kopulationen, manchmal anthropomorph als „Vergewaltigung“ bezeichnet, werden ihrerseits zumeist junge oder rangniedrige Weibchen. Ansässige Männchen hingegen überwachen bei ihren Streifzügen die in ihrem Revier lebenden Weibchen, um sie vor erzwungenen Kopulationen zu schützen. Aufgrund des höheren Ranges dieser Männchen dürften die Weibchen der Paarung zustimmen.[2]
Orang-Utans sind ruhiger als andere Menschenaffen. Auffälligster Laut sind die lauten Schreie der Männchen. Diese dienen dazu, andere Männchen auf ihr Revier hinzuweisen und den Kontakt zu Weibchen herzustellen. Bedingt durch den größeren Kehlsack sind die Schreie der Borneo-Orang-Utans lauter und langgezogener als die der Sumatra-Orang-Utans. Über andere lautliche Äußerungen oder Kommunikationen mittels Mimik und Körperhaltungen ist wenig bekannt.
Der Gebrauch von Werkzeugen kommt bei Orang-Utans in freier Wildbahn seltener vor als beispielsweise bei Schimpansen. Man hat aber Tiere dabei beobachtet, wie sie Holzstöcke dazu verwendet haben, um damit zu graben, zu kämpfen oder sich zu kratzen. Um an die schmackhaften Samen von Neesia-Früchten zu gelangen, die in eine Fruchtschale mit stechenden Haaren eingebettet sind, stellen Orang-Utans aus dünnen Zweigen passende Holzstäbchen her. Vor Regen und praller Sonne schützen sie sich mit großen Blättern, die sie über ihren Kopf halten.
Der vergleichsweise geringe Werkzeuggebrauch könnte auch an der eher einzelgängerischen Lebensweise dieser Tiere liegen, was die Bedingungen für die Weitergabe erworbenen Verhaltens erschwert. Das stimmt auch mit Beobachtungen überein, wonach der Werkzeuggebrauch bei den sozialeren Sumatra-Orang-Utans weitaus häufiger ist als bei den Borneo-Orang-Utans.[2]
Der bedeutendste natürliche Feind der Sumatra-Orang-Utans ist der Sumatra-Tiger. Der auf Sumatra und Borneo lebende Nebelparder wird heranwachsenden Tieren und Weibchen gefährlich, kann aber ausgewachsene Männchen in der Regel nicht erlegen. Weitere Bedrohungen stellen manchmal Krokodile und verwilderte Haushunde dar.
Orang-Utans sind hauptsächlich Pflanzenfresser. Mit rund 60 % stellen Früchte den größten Bestandteil ihrer Nahrung dar, dabei nehmen sie oft Früchte mit harten Schalen oder Samen zu sich. Außerdem verzehren sie auch Blätter, junge Triebe und Rinde. Fleischliche Nahrung wie Insekten, Vogeleier und kleine Wirbeltiere spielt nur eine untergeordnete Rolle; bei der sumatranischen Art dürfte sie etwas größer sein als bei der borneanischen. Durch die Verbreitung der Samen der gegessenen Früchte spielen sie eine Rolle für die Vermehrung mancher Pflanzen.
Bei der Nahrungsaufnahme sitzen sie entweder oder hängen an den Ästen, wobei ihr Körpergewicht diese nach unten biegt, was es ihnen erleichtert, an Früchte oder Blätter zu gelangen. Ihre kräftigen Arme erlauben es ihnen, auch dickere fruchttragende Äste umzubiegen oder manchmal sogar abzubrechen.
Während der alle 2 bis 10 Jahre vorkommenden Mastjahre in Dipterocarpaceen-Wäldern können sie weit mehr Nahrung als üblich zu sich nehmen. Diese wird als Fettvorrat für Zeiten des Nahrungsmangels angelegt. Diese Veranlagung dürfte ein Grund dafür sein, warum Orang-Utans in Gefangenschaft zur Verfettung neigen.
Orang-Utans haben keine feste Paarungszeit, die Fortpflanzung kann das ganze Jahr über erfolgen. Allerdings kann sie vom Nahrungsangebot abhängen, sodass mehrere Weibchen einer Region ihre Jungen nahezu zeitgleich zur Welt bringen. Die Länge des Sexualzyklus beträgt rund 28 Tage, der Östrus dauert rund 5 bis 6 Tage, die Weibchen zeigen keine Regelschwellung.
Wie oben erwähnt, gibt es zwei Fortpflanzungsstrategien, die erzwungene Kopulation durch umherziehende Männchen und die freiwillige Paarung mit ansässigen Männchen. In einer Untersuchung sorgte jede der beiden Strategien für rund die Hälfte des Nachwuchses.[2] Nach einer rund acht- bis neunmonatigen Tragzeit (durchschnittlich 245 Tage) bringt das Weibchen in der Regel ein einzelnes Jungtier zur Welt, Zwillinge sind selten. Neugeborene wiegen rund 1,5 bis 2 Kilogramm. Das Geburtsintervall beträgt vier bis acht Jahre und ist somit das längste aller Menschenaffen.
Die Aufzucht der Jungtiere obliegt allein dem Weibchen, das Männchen beteiligt sich nicht daran. In den ersten Lebensmonaten klammert sich das Neugeborene am Bauch der Mutter fest und bis zum Alter von zwei Jahren wird es bei den Streifzügen getragen, von ihr mit Nahrung versorgt und schläft im gleichen Nest. Im Altersabschnitt von zwei bis fünf Jahren beginnt das Jungtier seine Kletterfähigkeiten zu entwickeln, es beginnt seine Umgebung zu erkunden, ohne allerdings den Sichtkontakt zu verlieren, und es lernt den Nestbau. Im gleichen Zeitraum – mit rund 3,5 bis 4 Jahren – wird es entwöhnt.
Im Alter von fünf bis acht Jahren setzt die zunehmende Trennung von der Mutter ein. Zwar haben sie noch häufigen Kontakt mit ihr, suchen aber in dieser Phase häufig den Kontakt zu Gleichaltrigen und bilden mit ihnen Zusammenschlüsse. In dieser Zeit kann es dazu kommen, dass ein Weibchen zwei Kinder um sich hat, ein heranwachsendes und ein neugeborenes.
Weibchen erreichen die Geschlechtsreife mit rund sieben Jahren, bei Männchen dürfte das variabler sein und mit acht bis 15 Jahren eintreten. Nach der endgültigen Trennung von der Mutter versuchen die Weibchen, ein eigenes Territorium zu etablieren, oft nahe dem Revier der Mutter. Es dauert allerdings noch einige Jahre, bevor sie sich das erste Mal fortpflanzen, meist erst ab dem 12. Lebensjahr.
Männchen durchleben nach dem Eintreten der Geschlechtsreife meist eine längere Periode als „Wanderer“. In dieser Zeit sind sie zwar zeugungsfähig (und erzwingen Kopulationen), unterscheiden sich aber äußerlich noch kaum von Weibchen. Die typischen sekundären Geschlechtsmerkmale wie Wangenwülste und Kehlsäcke erscheinen erst viel später, ungefähr zwischen dem 15. und 20. Lebensjahr. Das Auftreten dieser Merkmale hängt oft mit der Etablierung eines eigenen Reviers oder mit der Abwesenheit anderer Männchen zusammen. Gelingt es ihnen, ein eigenes Territorium zu errichten, bilden sich diese Merkmale schnell, oft innerhalb weniger Monate.
Weibchen bringen aufgrund ihrer langsamen Fortpflanzungsrate oft nur zwei bis drei Jungtiere in ihrem Leben zur Welt, die Menopause bei Tieren in Gefangenschaft tritt mit rund 48 Jahren ein. Die Lebenserwartung in freier Wildbahn wird auf bis zu 50 Jahre geschätzt. Tiere in menschlicher Obhut werden älter und können ein Alter von 60 Jahren erreichen.
Der Name „Orang-Utan“ stammt von den malaiischen Wörtern „orang“ (Mensch) und „utan“ oder „hutan“ (Wald) und bedeutet demzufolge „Waldmensch“. Laut Brehms Tierleben behaupten „die Javaner [...], daß die Affen wohl reden könnten, wenn sie nur wollten, es jedoch nicht täten weil sie fürchteten, arbeiten zu müssen.“[3]
In lokalen Sprachen der Region sind auch die Bezeichnungen maias oder mawas gebräuchlich. In europäischen Sprachen erschien dieser Name erstmals im 17. Jahrhundert, wurde aber bis zum Ende des 18. Jahrhunderts unterschiedslos auf alle Menschenaffen angewandt. Die wissenschaftliche Bezeichnung Pongo geht auf den englischen Seefahrer Andrew Battell zurück, der im 16. Jahrhundert in Afrika zwei Menschenaffen (wohl Gorillas) unter den Namen „Pongo“ und „Engeco“ beschrieb.[4] Die nomenklatorische Verwirrung innerhalb der Menschenaffen wurde erst im 19. Jahrhundert bereinigt.
Die Orang-Utans Sumatras wurden im 19. Jahrhundert zunächst als eigene Art beschrieben, später setzte sich die bis zum Ende des 20. Jahrhunderts gültige Systematik durch, die die Populationen beider Inseln als Unterarten einer gemeinsamen Art betrachtete. Die Unterschiede im Körperbau und im Verhalten, kombiniert mit molekularen Studien, führten dazu, dass sie heute als zwei getrennte Arten geführt werden. Erst ab der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde mit Feldstudien begonnen, um das Verhalten dieser Tiere in freier Wildbahn zu untersuchen. Bekannteste Forscherin in diesem Kontext ist Biruté Galdikas.
Wie bei den anderen Menschenaffen werden auch bei Orang-Utans Laboruntersuchungen durchgeführt, um die Intelligenz und die Kommunikationsfähigkeit dieser Tiere zu erforschen. Bekannt wurde hier der 20 Jahre alte Orang-Utan Chantek im Zoo von Atlanta (US-Staat Georgia). Im Gegensatz zur freien Natur, wo nur selten Werkzeuggebrauch vorkommt, lässt sich bei Tieren in Gefangenschaft häufig die Verwendung von Werkzeugen beobachten. Sie schaffen es auch, knifflige Problemstellungen zu lösen, etwa eine mit Schnallen verschlossene Schachtel zu öffnen, in der sich eine reife Frucht befindet. Im Rahmen der Erforschung der Kommunikationsfähigkeit wurde Orang-Utans beigebracht, mit Hilfe einer Symbolsprache zu kommunizieren.[5]
Das Verbreitungsgebiet der Orang-Utans ist seit dem Pleistozän stark zurückgegangen. Heute sind beide Arten stark bedroht. Die Gründe dafür liegen in erster Linie in der Zerstörung ihres Lebensraumes, daneben in der Bejagung und im Handel – insbesondere mit Jungtieren. Verschärft werden diese Faktoren durch die langsame Reproduktionsrate der Tiere.
Hauptbedrohung stellt heute die Zerstörung ihres Lebensraumes dar. In großem Ausmaß werden Wälder gerodet, einerseits zur Holzgewinnung, andererseits zur Errichtung landwirtschaftlich genutzter Flächen. Neuerdings gefährdet die starke Nachfrage nach Palmöl zunehmend die Habitate der Orang-Utans. Malaysia und Indonesien, die beiden Länder, in denen Orang-Utans leben, zählen zu den Hauptproduzenten dieses Produktes.
Die Bejagung stellt einen weiteren Faktor dar. In manchen Gegenden – etwa im Inneren Borneos – wird ihr Fleisch gegessen. Darüber hinaus werden sie mancherorts gezielt verfolgt, wenn sie auf der Nahrungssuche in Obstplantagen eindringen. Ihre Größe und ihre eher gemächlichen Bewegungen machen sie zu einem leichten Ziel für Jäger. Hinzu kommt, dass Jungtiere gefangen und als Haustiere verkauft werden, was meist mit der Tötung der Mutter einhergeht. Insbesondere in Taiwan gelten Orang-Utans als ideale Haustiere, einer Schätzung aus dem Jahr 2002 zufolge werden wöchentlich zwei Tiere aus Borneo herausgeschmuggelt.[6] Da Orang-Utans im Washingtoner Artenschutz-Übereinkommen (CITES) gelistet sind, sind solche Praktiken illegal.
Darüber hinaus sind diese Tiere durch die Übertragung von Krankheiten gefährdet. Durch ihre enge Verwandtschaft mit dem Menschen können sie etwa an Hepatitis, Cholera, Malaria und Tuberkulose erkranken, die beispielsweise durch die zahlreichen Kontakte in Nationalparks mit Wildhütern und Touristen übertragen werden.
Sowohl auf Sumatra als auch im malaysischen und indonesischen Teil Borneos gibt es Schutzgebiete und Nationalparks für die bedrohte Fauna der Region. Es wurden auch einige Auswilderungsstationen gegründet, in denen beschlagnahmte Jungtiere wieder auf ein Leben in freier Wildbahn vorbereitet werden sollen.
Auf Sumatra – wo die Tiere heute nur mehr den nördlichen Teil bewohnen – finden sich die meisten Orang-Utans im Nationalpark Gunung Leuser. Zu den Auswilderungszentren dort zählte die Bohorok-Station, die 1973 mit Hilfe der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt gegründet wurde.[7] Sie wurde aber in den 1990er-Jahren geschlossen. Mittlerweile läuft auch ein Projekt in einer anderen Region Sumatras, dem Nationalpark Bukit Tigapuluh (Provinz Jambi), wo es seit dem 19. Jahrhundert keine Orang-Utans mehr gibt, die aber als Lebensraum für diese Tiere geeignet ist.[8]
Auf Borneo unterhält die Borneo Orangutan Survival Foundation (BOS) zwei Rehabilitationsprojekte, beide in Kalimantan, dem indonesischen Teil der Insel gelegen: Nyaru Menteng sowie Wanariset.[9] Unter anderem diese Projekte werden in Zusammenarbeit mit der indonesischen BOS Foundation auch von BOS Deutschland e.V. gefördert.[10]
Weitere Schutzgebiete und -zentren in Kalimantan befinden sich unter anderem im Nationalpark Gunung Palung, im Nationalpark Tanjung Puting und im Nationalpark Kutai. Der größtenteils zu Malaysia gehörige Norden Borneos führt zwei Aufzuchts- und Auswilderungszentren: das Sepilok-Naturreservat bei Sandakan im Bundesstaat Sabah sowie das kleinere, außerhalb Kuchings gelegene Semenggoh-Reservat in Sarawak.[11] In den 1990er-Jahren wurden von der Borneo Orangutan Survival Foundation 350 Orang-Utans in das Schutzgebiet des Meratus ausgewildert. Dort betreiben die Organisationen fans for nature und Faszination Regenwald e. V. / Ulmer Initiative für den Schutz der Orang-Utans mit Unterstützung der Borneo Orang-Utan-Hilfe [12] ein gemeinsames Schutzprojekt.
Ein Austausch findet zudem zwischen Sarawak und der malaysischen Halbinsel statt: auf der Aufzuchts- und Auswilderungsinsel Pulau Orang Utan, Teil der bei Taiping (Perak) zu findenden Erholungsanlage Bukit Merah.[13]
Schätzungen über die Gesamtpopulation der Orang-Utans sind schwierig und die Zahlenangaben gehen zum Teil weit auseinander. Verschiedene Berechnungen geben rund 4000 bis 7000 Sumatra- und 10.000 bis 15.000 Borneo-Orang-Utans an[14]. Für Borneo könnten diesen Zahlen allerdings etwas zu niedrig sein, hier gehen andere Schätzungen von rund 40.000 Borneo-Orang-Utans aus.[15].
Die IUCN listet die Art auf Sumatra als „vom Aussterben bedroht“ (critically endangered) und die Art auf Borneo als stark gefährdet (endangered).[16]
Orang Utans Tiere Animals Natur SelMcKenzie Selzer-McKenzie
Mittwoch, 3. Februar 2010
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