Aston Martin Rapide Autotest
Author D.Selzer-McKenzie
Video:
http://www.youtube.com/watch?v=gCmqauzUT54
Dem Author Selzer-McKenzie wurde der neue Aston Martin Rapide zur Verfügung gestellt und hier seine Eindrücke:
Das letzte Mal, als die eng¬lische Sportwagenfirma Aston Martin einen Vier¬türer baute, ging das aus
gesprochen gründlich daneben: Der Aston Martin Lagonda sollte das modernste Auto seiner Zeit werden; was damals jedoch vom Band lief, war Schrott ab Werk. Die Lagondas kamen äußerlich als überdimensionierte Blechkei¬le daher, im Inneren stemmten sich Mechanik und Elektronik vehement gegen ihre Verwen¬dung. Die meiste Zeit des Autole¬bens verbrachten die futuristisch gestylten und elektronisch über¬frachteten Limousinen in Werk¬stätten. Besitzer des Mehrtürers wurden mit Unterzeichnung des Kaufvertrags zu Märtyrern. Nur noch extreme Liebhaber nahmen es mit einem Aston auf.
Das war in den Siebzigern und Achtzigern, 645-mal wurde das Unglücksauto gebaut, es führte die Marke fast in den Untergang. Jetzt schreiben wir 2010. Aston Martin baut seit vielen Jahren wieder veritable, stabile und schöne Luxus-Sportwagen, die wie rollende Gentlemen-Klubs mit duftendem Leder und polier¬ten Hölzern daherkommen. Der Firma geht es besser denn je.
Nach wie vor sind die Fahr-zeuge aus dem englischen Gay-don unerschwinglich, unersätt-lich und unvernünftig, machen aber als Dienstwagen von James Bond, als Bonus-Schleuder von Investmentbankern, als fahrbarer Untersatz reicher Leute mit Ge¬schmack oder als ultimative Traumwagen von erwachsen ge¬wordenen Autoquartett-Spielern eine gute Figur.
Nun stellt Aston Martin wieder einen Viertürer vor, den Rapide;
wieder begleitet ihn ein vollmun-diges Versprechen der Erbauer: Er sei „der schönste viertürige Sportwagen der Welt". Wahr-scheinlich haben sie dieses Mal sogar Recht. Selten hat man so eine stimmige Karosserielinie ge-sehen, nichts beleidigt das Auge des Betrachters, und die beiden hinteren Türen fügen sich so de-zent in die gesamte Erscheinung, dass man sie erst auf den zweiten Blick sieht. Es fehlen ordinäre Spoiler und andere Abtriebshil¬fen, die helfen müssen, die Kraft auf die Straße zu bringen.
Die zum Heck hin harmonisch fallende Dachlinie scheint den Fondpassagieren kaum Kopffrei¬heit zu lassen. Die Sitzprobe überzeugt vom Gegenteil: Nein, der Kopf hat Platz, dafür ist die Sitzposition zwischen Mittelkon¬sole und Tür aber so tief, dass
man beim Blick durchs Fenster vor allem Himmel sieht.
Immerhin ist trotz der sport-lichen Dachlinie im Heck ein 317¬Liter-Kofferraum entstanden, der nach Umklappen der Rücksitze auf knapp 900 Liter anwächst. Damit dürften Aston Martins zum ersten Mal auf Ikea-Park¬plätzen gesichtet und mit Rega¬len beladen werden.
Doch während die Porsche- Leute ihrem Panamera einen un¬harmonischen Hintern und eine bucklige Dachlinie verpasst ha¬ben, um auf der Hinterbank Kom¬fort und Kopffreiheit zu bieten, hat Marek Reichmann, Aston Martins Chefdesigner, der Ge-mütlichkeit nicht viele Opfer ge¬bracht. So wäre es für Erwachse¬ne schlauer, auf längeren Reisen mit dem Rapide die Knie zu Hause zu lassen, sollte man denn
hinten sitzen müssen. Andern-falls macht der ständige Kontakt mit dem Vordersitz mürbe, vor allem, weil der Passagier die Füße nicht unter denselben schie¬ben kann.
Auch der Einstieg erfordert Übung und ein gewisses Talent zur Körperfaltung.
Wer zur Opernpremiere schick vorfahren und dem Wagen in Abendrobe entsteigen möchte, möge doch besser zum Panamera greifen. Man bekommt übrigens zwei normale zum Preise eines Rapides (180000 Euro). Nein, mehr als ausreichend Platz gibt es auf den beiden Rücksitzen nicht.
Kinder dagegen werden ihre helle Freude haben, nicht so sehr wegen der serienmäßigen Iso¬fix-Befestigung, sondern wegen der Möglichkeit, DVDs zu schauen
oder besser: die Spielkonsolen an die Bildschirme anzuschließen, die in den Vordersitzen integriert sind. Will die Familie lieber Musik hören, soll sie: Serienmäßig ist eine 1000-Watt-Anlage des däni¬schen Herstellers Bang & Olufsen mit 15 Lautsprechern verbaut, mit der sich halb Stuttgart beschallen ließe.
Die wahre Musik kommt im As- ton natürlich aus dem Motorraum. Da arbeitet ein Zwölfzylinder mit 5,9 Litern Hubraum und 447 PS. Gleitet man in der Stadt mit dem fließenden Verkehr, grummeln die zwölf vertrauenerweckend vor sich hin, die Sechsgangautomatik ist unmerklich bei der Arbeit, das Leder duftet, alles fließt mild und wie selbstverständlich.
Ist man jedoch draußen vor der Stadt, muss man schon von fei¬nem Charakter und unzweifel
hafter Moral sein, um nicht ein¬fach das Gaspedal durchzutreten und ganz ordinär die Sau rauszu¬lassen. Dann nämlich jaulen die Posaunen von Jericho auf, mit in¬fernalischem Geröhre sprintet der Wagen los, alles, was nicht festgezurrt ist, fliegt durch den Innenraum, und nach 5,3 Sekun¬den steht die Tachonadel bei 10C Stundenkilometern. Bei 250 - was auch sehr flott erreicht ist - kann man noch sehr sortierte Konversation führen.
Der Wagen liegt wie angeklebt auf der Straße, Fahrwerk und Lenkung lassen keine Unsicher heiten aufkommen. Sollte der Fah rer weiter das Pedal treten, hat ei bald die Startgeschwindigkeit ei nes Jumbos erreicht, ohne dass .. bitte? Ja, natürlich, natürlich: Wei will denn schon 300 fahren?
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Freitag, 19. März 2010
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