Freitag, 19. März 2010

Commodities Rohstoffe Börse Trading Selzer-McKenzie SelMcKenzie

Commodities Rohstoffe Börse Trading Selzer-McKenzie SelMcKenzie
Author D.Selzer-McKenzie
Video:
http://www.youtube.com/watch?v=AefpAhn7K1k

Rasant aufwärts ist es seit März 2009 an den Rohstoffbörsen ge¬gangen. Ähnlich wie die Aktien
märkte haben sich auch die Rohstoff-börsen schnell von ihren krisenbedingten Tiefs erholt. Die Rohstoffe nehmen damit ihren Aufwärtstrend wieder auf, der sich in seiner letzten Ausformung seit 2003 manifestiert hat. Ausgelöst wurde der Trend durch die Schwellenländer China und Indien, die mit ihren über zwei Milli¬arden Menschen immer mehr Rohstoffe nachfragen. Experten sprechen von einer neuen Epoche in der Rohstoffnutzung: Commodities, die bislang weitgehend der westlichen Welt vorbehalten waren, wer¬den nun global nachgefragt.
Rohstoffe sind deshalb auch erst seit ein paar Jahren als Investmentthema interessant. Privatanleger können seit¬dem mit Rohöl, Gold & Co. ohne Weite¬res Geld verdienen. Noch bis vor sechs oder sieben Jahren sprach kaum jemand über Rohstoffinvestments. Kein Wunder, fristeten sie bei der Kapitalanlage bis zur Jahrtausendwende eher ein Schatten¬dasein. Privatanleger horteten bis dahin bestenfalls einige Goldmünzen, größere Investoren kauften Goldbarren, die je¬doch in ihrem Gesamtdepot keine grö¬ßere Rolle spielten. Das liegt zum einen am erschwerten Zugang für viele Anleger zu den Rohstoffmärkten (siehe Kasten auf Seite 12) und zum anderen an der Tatsache, dass die Kurse lange Zeit seit¬wärts tendierten. In den 90er Jahren standen wegen der weltweiten Kursrallye vielmehr Aktien im Anlegerfokus.
Der Beginn des Rohstoffbooms. Nach-dem jedoch zur Jahrtausendwende die Internetblase geplatzt war, verkehrten sich bei den Anlageklassen Rohstof¬fe und Aktien die Vorzeichen. Während Aktien stark an Wert verloren, gingen die Kurse vieler Rohstoffe immer weiter nach oben. Von Rohöl über Edelmetalle wie Gold und Platin bis zu Industriemetallen wie Aluminium, Nickel und Kupfer erreich¬ten die Preise zeitweise wöchentlich neue 10-, 15- oder 20-Jahres-Höchststände. Mit dem Boom rückten Rohstoffe immer mehr in den Anlegerfokus und etablierten sich als eigene Anlageklasse
Rohstoffhungrig: China und Indien. Zwischen 2003 und 2008 verfünffachte sich zeitweise der Ölpreis. Durch Speku¬lanten kam es schließlich zur Überhitzung des Marktes. Der fundamentale Preistrei-ber der Rohstoffe war und ist jedoch der gigantische Rohstoffhunger der Emer¬ging Markets in Asien, namentlich Chinas und Indiens. Die erhöhte Nachfrage nach Energieträgern, Metallen und Agrarroh¬stoffen wird vom Bevölkerungs- und Wirt¬schaftswachstum bestimmt.
China und Indien sind die bevölke¬rungsreichsten Länder der Welt. In den beiden Ländern leben zusammen rund zweieinhalb Milliarden Menschen, also mehr als ein Drittel der Weltbevölkerung. Die beiden Tigerstaaten sind im Zuge des wachsenden Wohlstands zu den grö߬ten Rohstoffverbrauchern geworden. Die wirtschaftliche Aufholjagd der Emerging Markets führte in diesem Jahrzehnt da¬her zu einem nachhaltigen Anstieg der Rohstoffnachfrage und somit der Roh¬stoffpreise.
Chinas jährliche Wirtschaftswachs¬tumsraten lagen zwischen 2000 und 2009 bei 8 bis 13 Prozent. Und sogar im Jahr der weltweiten Rezession 2009 wuchs das Bruttoinlandsprodukt der Chinesen immer noch um 8,7 Prozent. In Sachen Rohstoffhunger ist China das Maß aller Dinge. „Die drei wichtigsten Rohstoff-De-terminanten sind China, China und Chi¬na", sagt Rohstoffanalyst Frank Schallen¬berger von der LBBW. Er glaubt, dass der chinesische Markt vor diesem Hinter¬grund weiter als Taktgeber für die Roh¬stoffpreise fungieren wird. Beispielsweise haben sich die Rohölimporte Chinas zwi-schen 2000 und 2005 zwar mehr als ver¬dreifacht, doch noch immer kommt das Reich der Mitte nur auf einen Bruchteil des Pro-Kopf-Verbrauchs anderer asia¬tischer Länder wie Japan oder Südkorea oder der Industriestaaten. Es scheint also noch viel Luft nach oben zu geben
Indien wird Schätzungen zufolge sein Fiskaljahr, das am 31. März 2010 endet, mit einem Wachstum von 7 bis 8 Prozent beenden. Seit sich die indische Wirtschaft zu Beginn der 90er Jahre dem Weltmarkt geöffnet hat und zahlreiche Un¬ternehmen privatisiert wurden, weist lndi en Wachstumsraten im Schnitt von mehr als 8 Prozent auf. Indien ist damit neben China das Land mit dem weltweit stärks¬ten Wirtschaftswachstum. Bei derzeit 1,1 Milliarden Einwohnern wird es bis zur Mit¬te dieses Jahrhunderts voraussichtlich nicht nur das bevölkerungsreichste Land der Erde sein, sondern auch nach China und den USA die drittgrößte Volkswirt¬schaft der Welt sein.
Langfristige Rohstoff-Hausse mög¬lich. Aber nicht nur mit China und Indien ist der große Nachfrageboom zu erklä¬ren. Auch andere aufstrebende Staaten wie Thailand oder Indonesien tragen zu diesem Trend bei. Ein Ende des hohen Rohstoffbedarfs in Asien ist also nicht ab¬zusehen, zudem die Wachstumschancen dieser Region außerordentlich gut stehen. Im Zuge des schnellen Wandels zu einem der wichtigsten Industriestandorte ist der Bedarf in der Region nach allen Arten von Rohstoffen signifikant gestiegen.
Der Rohstoffexperte Jim Rogers, nach dem auch der Rohstoffindex RICI (Rogers International Commodity Index) benannt ist, geht aufgrund des hohen Be-darfs der aufstrebenden Länder in Asien von einer langfristigen Rohstoff-Hausse aus. Frank Schallenberger von der LBBW rechnet bis Ende 2010 mit einem durch¬schnittlichen Anstieg der Rohstoffpreise um 15 Prozent.
Industriemetallen schon vorn. In einem Rohstoffsegment hat China be¬reits die Führung übernommen. Es ver¬braucht nach Einschätzung der LB¬BW-Rohstoffanalysten inzwischen 30 bis 40 Prozent des weltweiten Industrie¬metallangebots. Besonders Aluminium, Blei, Kupfer und Zink stehen bei den Chi¬nesen hoch im Kurs. Hauptgrund ist die
fortschreitende Industrialisierung und
der damit einhergehende Infrastruktur
ausbau, für den die Industriemetalle be
nötigt werden. 2009 brachen die chine¬

sischen Metallimportzah-len fast alle Rekorde, der Rohstoffhunger erreichte eine neue Qualität: China importierte die Produkte
nicht nur aufgrund des akuten Bedarfs. Vielmehr deckte sich die Volksrepublik regelrecht ein, indem sie ihre Lagerbe¬stände kräftig auffüllte.
Während die Industrieländer ih-ren Verbrauch im Zuge des Konjunk¬tureinbruchs 2009 drastisch zurückfuh¬ren, kauften die Chinesen Kupfer, Alu¬minium, Nickel und Blei, was das Zeug hielt. „Daran wird die clevere Strate¬gie der Chinesen sichtbar. Sie kauften die Industriemetalle en masse ein, als die Preise am Boden waren", erläutert Sven Streitmayer, Rohstoffanalyst bei
der LBBW. So stiegen 2009 die Einfuh¬ren an Kupfer im Vergleich zum Vorjahr um 63 Prozent — das bedeutete einen Rekordimport von 3,18 Millionen Tonnen. Die Aluminiumeinfuhren erhöhten sich um 164 Prozent auf 1,37 Millionen Ton-nen. Pekings Stahlproduktion kletterte 2009 um 13 Prozent auf 565 Millionen Tonnen, was wiederum die Eisenimporte um 42 Prozent nach oben trieb.
Nach Einschätzung von Morgan Stanley sind durch eine anhaltende Nach¬frage Chinas bei Industriemetallen auch weiterhin auf breiter Front starke Preisan¬stiege zu erwarten. Anstelle der Liquidität werde nun das Wirtschaftswachstum die Preise treiben, so die Bank. Ein Beispiel für den immensen Bedarf an Industrie¬metallen ist die Autoindustrie in China, wo Weltkonzerne wie VW und Toyota fertigen lassen. Dazu benötigen sie Rohstoffe wie Kupfer, von dem durchschnittlich 30 Kilo¬gramm pro Pkw für die Elektronik verbaut werden. Außerdem sind unter anderem Eisen und Aluminium zwei unverzichtba¬re Metalle beim Autobau.
Energierohstoffe wichtig für Asien. Nicht nur Industriemetalle, auch Ener¬gierohstoffe spielen bei der Nachfra¬ge aus Asien eine wichtige Rolle. China und Indien können ihren Bedarf an Roh¬öl, Gas und Kohle schon länger nicht mehr aus den eigenen Ressourcen de¬cken. China ist zum zweitgrößten Ölkon¬sumenten nach den USA geworden, im Kohleverbrauch rangiert China mit wie
Anhand der von BP herausgegebenen weltweiten Energierohstoffverbrauchs¬zahlen wird klar, in welchem Tempo der „China-und-Indien-Konsumexpress" vo¬ranprescht. Als Beispiel dient ein Ver¬gleichszeitraum von acht Jahren: Im Jahr 2000 konsumierte China rund 4,7 Millionen Barrel Öl pro Tag, 2008 wa¬ren es bereits 8,0 Millionen Barrel, also 70 Prozent mehr. Indien verbrauchte im Jahr 2000 2,25 Millionen Barrel pro Tag, 2008 waren es 2,88 Millionen Barrel pro Tag, was einem Anstieg um knapp 30 Prozent entspricht.
Ressourcen gehen zur Neige. Aber ge-rade bei den fossilen Energieträgern steht der zunehmenden Nachfrage eine gleich-zeitige Verknappung des Angebots ge¬genüber. Die International Energy Agency (IEA) schätzt, dass der weltweite Ölver¬brauch von 85 Millionen Barrel pro Tag (2008) auf 105 Millionen Barrel Öl pro Tag im Jahre 2030 ansteigen wird, trotz der Förderung alternativer Energien. Verant¬wortlich für diesen Anstieg wird nach An¬sicht der Organisation zu rund zwei Drit-teln der steigende Energiehunger in Indi¬en und vor allem in China sein.
Knappheiten bei Agrarrohstoffen möglich. Bisher war noch kein großer Preisauftrieb bei Agrargütern zu be-obachten. Doch auch diese könnten knapper werden. Denn dass die gro-ßen Schwellenländer zu den Industriestaaten aufschließen, hinterlässt auch am Ernährungsmarkt seine Spuren. Die wachsende Weltbevölkerung und der steigende Lebensstandard steigern die Nachfrage nach höherwertigen Nah-rungsmitteln. So schätzen Experten, dass in China und Indien bis zum Jahr 2025 rund eine Milliarde Menschen in die mittlere Einkommensklasse aufrücken und somit ihren Fleischkonsum überdurchschnitt¬lich steigern. Außerdem werden Agrar-rohstoffe seit ein paar Jahren verstärkt zur Herstellung von Biotreibstoffen wie Ethanol und Biodiesel genutzt.
Allerdings sorgte die Kombination aus
geringen Preissteigerungen in Verbindung
damit, dass die Teilnehmer am Terminmarkt
steigende Preise in die Futures einpreisten
(Contango-Situation), für eine eher magere
Performance beim RICI En
hanced Agriculture TR Index.
Der Index legte von Ende Juli
1998 bis heute nur um 25,9
Prozent zu. Wissenschaftler
warnen, dass dies nicht so bleiben wird.
Denn einerseits sind die weltweit verfüg
baren Agrarflächen nicht beliebig ausdehn
bar, andererseits stellt die begrenzte Ver
fügbarkeit von Wasser für die Agrarwirt
schaft in der Welt ein großes Problem dar.

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