Mosler MT900 GTR XX
Author D.Selzer-McKenzie
Video:
http://www.youtube.com/watch?v=Rj891AgaqS0
Schluss jetzt mit diesen halbgaren Vergleichen. Zeit, der Welt zu zeigen, was es wirklich bedeutet, ein Rennwagen für die Straße zu sein — der Mosler
MT900 GTR XX macht das zu seiner Mission.
Dass er ein Sieben-Liter-Auto ist, bezieht sich nur auf den Hubraum, nicht den Verbrauch. Und unter Green-Line fällt allenfalls die Farbe. Der MT900 verfolgt nur ein Ziel: der Schnellste auf der Rennstrecke zu sein. Das soll der Mittel¬motor-Bolide dieses Jahr auf der Nordschleife beweisen.
Seinen Namen gab ihm sein Erfinder und Produzent War¬ren Mosler, ein schwerreicher Amerikaner. Dass der MT900 hierzulande erhältlich ist, verdanken seine wenigen Käufer Christof Flugel, dem ehemaligen TVR-Importeur, sowie Raeder Automotive. Beide holen den Rennwagen über den Atlantik und machen ihn mit Entwicklungs-Partner Hege¬mann, einem Zulieferer, fit für TÜV — und Bestzeiten.
Eine Langheck-Erscheinung wie den Mosler erwartet man eher auf einem Transporter als auf dem Asphalt. Klarer Fall, so sieht ein Rennwagen aus. Auch unter der Fronthaube: Lüfter¬pakete, Crashboxen, Hilfsrahmen, Radaufhängung samt Len¬kung. Hinter der Fahrgastzelle in Monocoque-Bauweise folgt der Motor. Augenzwinkernde Alltagstauglichkeit steckt im Heck-Überhang — ein Kofferraum, groß genug für einen Urlaub zu zweit. Und seit einer Modellpflege verfügt der Mosler nicht nur über Servolenkung, sondern sogar über Klimaanlage und Rückfahrkamera. Der Preis ab 250 000 Euro schuldet etwas Luxus.
Unter den Flügeltüren hindurch lässt es sich verhältnis¬mäßig einfach in die Schalensitze des Mosler gleiten, was man so nicht erwartet hätte. Selbst in der leichten Liege¬position mit angelegten Schroth-Hosenträgergurten sind alle Knöpfe erreichbar. Nur die Flügeltür entschwindet zu weit nach oben. Deshalb: erst die Türen schließen und anschlie¬ßend die Schulterpartie festzurren.
Der Duft eines Neuzeit-Rennwagens steigt in die Nase: Zum Benzin- mischt sich kein Metall-, sondern leicht beißen¬der Harzgeruch — Supersport-Karosserien sind aus Kohle¬faser-Kunststoff statt Blech. Eng kuscheln die stehenden Pedale, bereit für das Hacke-Spitze-Ballett schmaler Renn¬fahrer-Schuhe. Das Lenkrad ist in der Höhe verstellbar, für den linken Fuß gibt es eine Fußstütze und für Handy sowie Portemonnaie eine kleine Tasche am Schweller.
Beim ersten Blick nach draußen erschlägt einen zunächst die schiere Größe der Karosserie, was Bedenken für das Ein¬fädeln im Verkehr aufkommen lässt. Beim Peilen helfen immerhin die bauchigen Kotflügel mit ihren Schlitzen — so wie in einem Le Mans-Boliden. Und es gibt tatsächlich ein seitliches Fensterchen für den Schulterblick.
Start. Es ertönt ein Gewitter samt bebenden Erschütte-rungen. Der getunte V8 der Corvette Z06 tobt starr im Hilfs¬rahmen aufgehängt und überträgt seine Schüttel-Frequenzen bis in den Sitz. Tiefbass rumort durch Bauch und Brust, Vibrationen massieren den Rücken.
Die fordernde Kupplung gibt sich nur mit trainierten Män¬nerwaden ab, das stramm schaltbare Getriebe lässt sich aus¬schließlich von einem kräftigen Arm dirigieren. Kupplung kommen lassen, und der Corvette-V8 schiebt mit leicht verzögertem Ansprechverhalten an. Der Saugmotor gaukelt akustisch den Sound-Berg eines Hubraumgiganten vor: Das Ohr vermutet 14 statt der tatsächlichen sieben Liter.
Zum typischen V8-Bollern eines CAN-AM-Rennwagens mischt sich mit steigender Drehzahl ein hohes Hämmern, dazu ab 4000/ min die Frequenz-Fetzen der Mechanik-Kakophonie. 600 PS reißen den etwa 1200 Kilogramm leichten Mosler nach vorn, als sei er aus Pappe, und ziehen dem Fahrer die Lachfältchen glatt. Zwei Mal schalten, drei Mal Gas geben, und man ka¬tapultiert sich auf der Landstraße aus der Ordnungswidrig¬keit in die Straftat.
Ähnlichen Erlebniswert bietet höchstens der Gumpert Apollo als einziger echter Konkurrent. Die Gewalt seines doppelt aufgeladenen Achtzylinders ist sogar noch be-eindruckender. Doch nur Profi-Rennfahrer trauen sich hier,
unter suboptimalen Bedingungen Vollgas zu geben. Die Leis¬tungsentfaltung des MT900 erleichtert die Sache dagegen etwas: Sie ist breitbandiger und damit besser kontrollierbar. Drehmoment-Walze statt Biturbo-Hammer.
Obwohl sich die Kraft des MT900 am Kurvenausgang erstaunlich vertrauenerweckend platzieren lässt, sind kalte Reifen der natürliche Feind des Drehmoments; weder ESP noch Traktionskontrolle halten die 791 Newtonmeter im Zaum. Der Grenzbereich will gefühlvoll erobert werden, und wer ihn betritt, muss Farbe bekennen: Reicht das Können aus, um den Mosler niederzuringen?
Beim vorsichtigen Gasgeben wirkt er noch störrisch, will von harter Hand in die Kurve gezwungen werden. Ermutigt von der guten mechanischen Traktion, geht der rechte Fuß forscher ans Gas, und der MT900 wird geschmeidiger. Den¬noch fordert er Dauer-Wachsamkeit: Schon Asphaltflicken bringen den nervösen Spürhund auf die falsche Fährte. Bes¬ser, es sind immer beide Hände zum Korrigieren am Lenkrad. Vor allem, falls das Heck verrutscht. Wer hektisch werden muss, hat zu spät reagiert — es steht wenig Lenkwinkel zur Verfügung. Auch da bleibt sich der Mosler treu. Er fährt sich nicht nur wie ein Rennwagen, er ist einer
Mosler MT900 GTR XX n- Selzer-McKenzie SelMcKenzie
Donnerstag, 18. März 2010
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