Maserati Gran Cabrio Autotest
Author D.Selzer-McKenzie
Video
http://www.youtube.com/watch?v=AGYwLcVWMN4
Dem Author Selzer-McKenzie wurde der neue Maserati Gran Cabrio zur Verfügung gestellt und hier seine Eindrücke:
Von wegen Understatement: Ob
wohl sich der sonst etwas vor
laute 4,7-Liter-V8 beim Ausrol¬len vor dem Clubhotel akustisch so zurückhält wie der Kies unter den fet¬ten 20-Zöllern, bleibt der neue Masera¬ti nicht lange unbeachtet. „Che bello", schwärmt ein Golfer beim Umrunden der Prachtkarosse. Erst das Öffnen des Heckdeckels sorgt für eine gewisse Er¬nüchterung: „Bei der Länge hätte ich mindestens Platz für zwei Golfbags er¬wartet." Che peccato: Nicht mal ein Spross aus altem italienischem Auto- Adel scheint über profane Alltagsbe¬dürfnisse erhaben.
Tatsächlich dürfte das bescheidene 173-Liter-Abteil hinter der kleinen Luke kaum für den Namenszusatz Gran verantwortlich sein. Eher schon der üppige Radstand und die imposanten
Außenmaße, die neben einer sanft flie-ßenden, weitläufigen Linie zwei über¬raschend komfortable Rücksitze ermög¬lichen. Die automatisch vorfahrenden Vordersitze ersparen den Fondgästen beim Entern unwürdige Verrenkungen, und in den beiden Separees fühlen sich selbst Erwachsene nicht strafversetzt. Gegenüber Rivalen wie BMW M6 oder Jaguar XKR hat das Gran Cabrio hier beinahe Gardemaße zu bieten.
Denn anders als beim um 22 Zenti-meter gekürzten Vorgänger, dem zwei-sitzigen Spyder, übernimmt es die Di-mensionen des Coupes Gran Turismo. Das Leergewicht (1980 kg) ging bei der Verwandlung allerdings nach oben; neben dem Verdeckmechanismus und dem Überrollschutz fordern spezielle Versteifungen in Bodengruppe, Front¬scheibenrahmen und Motorraum ihren
Tribut. Durch Verwendung leichter, hochfester Stähle fällt der Zuwachs mit 100 kg immerhin moderat aus.
Besonders stolz ist man auf die nach Werksangaben klassenbeste Torsionsstei¬figkeit der Karosserie und die ausge¬wogene Achslastverteilung, die bei geschlossenem Dach exakt der des Cou¬pes entspricht (vorn 49, hinten 51 Pro¬zent). Das dreilagige, stramm sitzende Stoffverdeck selbst bläht sich nicht auf und behält bis zu hohen Tempi seine Passform, entwickelt jedoch ebenso Windgeräusche wie die rahmenlosen Seitenscheiben. Zudem erlauben das kleine, heizbare Heckfenster und die Kopfstützen nur eine begrenzte Sicht nach hinten. Also lieber den Dachschal¬ter auf der Mittelkonsole drücken und den Alcantara- gegen einen launischen Februar-Wolkenhimmel tauschen
In 20 Sekunden faltet sich das Ver¬deck mit einer Riesenwelle hinter den Sitzen zusammen, gewährt neben den Elementen einem brodelnden Klangtep-pich aus vier Endrohren freien Eintritt. So beeindruckend wie der Sound ist die Lässigkeit, mit der der 4,7-Liter-V8 aus dem Drehzahlkeller anschiebt und bis in lichte 7000er-Höhen vordringt. Die 440 PS und 490 Nm werden von der Sechsgangautomatik diskret, aber höchst effektiv an die Hinterräder wei¬tergereicht, selbst schalten per Wählhe¬bel oder Lenkradwippen (240 Euro) ist möglich, jedoch nicht nötig.
Ein Druck auf die Sport-Taste wirkt wie ein Weckruf, der das Gran Cabrio samt Fahrer umgehend mit verschärftem Auspuffti ommeln aus ihrer Behaglich¬keit reißt. Zugleich nimmt der Saug¬motor zackiger Gas an, das Getriebe mit
neuer Software schaltet erst bei Maxi-maldrehzahl hoch, so dass der Zwei-tonner noch energischer davonstürmt. Auch die adaptiven Dämpfer werden gestrafft, damit der Pilot beim Längs- und Querbeschleunigen erst später in den persönlichen Begrenzer kommt
Der Sprint von null auf 100 km/h soll in 5,3 Sekunden gelingen — 0,4 mehr als im gleich motorisierten Coupe —, doch angesichts der jederzeit verfüg¬baren Reserven wirkt dieser Wert ähn¬lich akademisch wie die um zwölf (offen 21) km/h geringere Höchstge-schwindigkeit. Mehr Respekt verdienen die gute Sicherheitsausstattung — jetzt neu mit Bremsassistent — sowie das sauber abgestimmte, angemessen straf¬fe Fahrwerk, das ungebührliche Härten ebenso unterbindet wie Karosserie-wanken im Kurvenstress.
Trotz seiner präzisen, fein ausbalan-cierten Lenkung zeigt der Maserati zum drahtig-leichtfüßigen Sportler mit mes-serscharfem Handling wenig Talent — und Ambitionen. Speziell auf schmalen Landstraßen oder im Großstadtverkehr ist die Rubens-Figur eher hinderlich, über zwei Meter Breite (mit Außenspie¬geln) lassen sich nun mal nicht weg¬diskutieren. Die US-Amerikaner mögen es eben gerne etwas größer, und auf de¬ren Highways werden wohl die meisten Gran Cabrio cruisen.
Aber auch maximal 150 Deutsche pro Jahr können Größe zeigen — indem sie über die kleinen Schwächen des Maserati großzügig hinwegsehen und 132 770 Euro investieren.
Maserati Gran Cabrio Autotest SelMcKenzie Selzer-McKenzie
Donnerstag, 18. März 2010
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