Wartburg
Author D.Selzer-McKenzie
Video:
http://www.youtube.com/watch?v=6-WJc17-a_4
Wartburgwagen — formschön und zuverlässig" dichteten die DDR- Werbetexter in den Sechzigern. Formschön? Dem ist schwer zu widersprechen. Zuverlässig? Das fragten wir einen, der es wissen muss: Denis Kühn hat in sechs Jahren über 30.000 Kilometer mit seinem Wartburg 312 zurückgelegt.
„Dass ich Wartburg fahre, liegt in der Fami
lie: Bei uns stand eigentlich immer einer in
der Garage. Mit dem letzten, einem 353er
Tourist, sind wir sogar noch bis 1998 im Ruhrgebiet unterwegs gewesen", erzählt der Berliner, der seinen 312 im Jahr 2003 wieder auf die Straße brachte.
Zuvor stand eine Restaurierung der 1966er Limousine auf dem Programm: Denis Kühn hatte den Wagen komplett zerlegt und ganz offensichtlich gründliche Arbeit geleistet: Auf die Frage, wie die sechs Jahre im Drei¬zylinder-Zweitakter waren, antwortet er kurz, knapp und präzise „problemlos"!
Nun macht der 312 seinem Fahrer das Le¬ben hinsichtlich Wartung und Pflege nicht
sonderlich schwer. Gegenüber dem Vor¬gänger 311, dessen Blattfedern sich bei Pflegenotstand lautstark bemerkbar ma¬chen, benötigt der 312er mit Schraubenfe¬der-Fahrgestell nur alle 50.000 Kilometer einen großen Schmierdienst.
Dennoch ist Pflege unerlässlich. „Natür¬lich muss ich beim Wartburg öfter unter die Haube gucken als bei einem modernen All¬tagsauto. Es fängt schon damit an, dass das Kühlsystem nur in der Betriebsanleitung wartungsfrei ist", lacht der Zweitaktfreund. „Ich kenne kaum einen Wartburg-Fahrer, der nicht schon Kühlungsprobleme hatte", berichtet er. „Was habe ich alles probiert: Kühler und Motor mit Zitronensäure ge¬spült, Zündung penibel justiert, zum Schluss sogar teuerste Rennkerzen eingeschraubt — ohne Erfolg. Immer wieder setzt der erste Zylinder aus. Er bekommt den wenigsten Fahrtwind ab. Vor vier Jahren platzte sogar der Kühler. Bleibt wohl nur die Schlussfol¬gerung, dass der Zweitakter weder lange Stadtfahrten noch Vollgastouren mag." Dennoch ist die Limousine dank einer Höchstgeschwindigkeit von 125 km/h und
einem Kraftstoffverbrauch um zehn Liter pro 100 Kilometer durchaus langstrecken¬tauglich. So berichtet das Fahrtenbuch der vergangenen sechs Jahre von Touren an die Ostsee genauso wie vom obligatorischen Besuch der Wartburg in Eisenach: „Ich war mit anderen Wartburg-Freunden in Thürin-gen, wir durften ausnahmsweise sogar für ein Foto direkt vor der Burg parken!"
Und wie läuft das beim Tanken? Fertiges Zweitaktgemisch gibt's ja kaum noch an Tankstellen: „Ich nehme Zweitaktöl aus dem Supermarkt. Rund fünf Euro kostet der Liter. Bei einem Mischungsverhältnis von 1:50 reicht das für eine Tankfül lung und den Reservekanister." Auf den verzichtet Denis Kühn nicht, seit vergangenes Jahr die Kraft¬stoffanzeige den Dienst quittierte.
Weitere Probleme? „...hat es kaum gege¬ben, sieht man von einem defekten Blinker¬schalter und einer abgerissenen Entlüfter- schraube am Zylinderkopf ab", überlegt Kühn. „Das wird in Zukunft nicht mehr pas¬sieren, ich habe die fragile Hohlschraube
durch ein Teil mit Schlitzgewinde ersetzt. Einige Zeit später leckte noch ein Rad¬bremszylinder. Das kommt gelegentlich vor, wenn man lange nicht gefahren ist. Ich habe dann sicherheitshalber sämtliche Manschetten erneuert, Teile gibt es noch." Und dann stellte sich im vergangenen Sommer doch noch ein größerer Defekt ein: Der Freilauf, beim Zweitakter be¬kanntlich Garant für einigermaßen kom¬modes Fahren im Schiebebetrieb, funktio¬nierte plötzlich überhaupt nicht mehr, nachdem sich das Problem seit längerem durch zunehmendes Ruckeln ankündigte. „Da ich dem Wagen neben der 50-PS-Ma-schine auch das Getriebe vom Nachfolge¬modell 353 spendiert habe, lässt es sich nicht so einfach vom Fußraum aus reparie¬ren wie beim 311er: Demnächst werde ich die Antriebseinheit demontieren und mein Ersatzgetriebe einbauen", berichtet der 37¬Jährige, der bei schönem Wetter auch im Winter mit dem Wartburg durch Berlin fährt. Worüber sich insbesondere Töchter-
Wartburg vor Wartburg: Beim Besuch in Eisenach war dieses Foto natürlich Pflicht!
chen Lena freut: „Papa altes Auto", war ei¬ner der ersten Sätze, den die Dreijährige sagen konnte. Heute ist sie besonders stolz darauf, dass sie im Wartburg vorne mitfah¬ren darf.
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Mittwoch, 24. März 2010
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