Sachse Kesselgucker
Carlo Herrmann – wer ist dieser berühmte Millionengewinner-Kesselgucker aus
Dresden?
Fast dreisig Jahre hat der Sachse Carlo Herrmann aus Dresden
(geb. 1947) nur geübt. Dann wagte er den Schritt an den Roulettetisch, setzte
Geld und gewann. Doch seine Erfolgsgeschichte fand ein jähes Ende, nämlich als
er am Bodensee mit 150.000 Gewinn aus dem Casino kam und auf der Heimfahrt
töglich verunglückte.
Carlo Herrmann, der den Spitznamen „der Sachse“ trägt, ist
wohl jedem Roulettespieler ein Begriff: Er ist der Kesselgucker, der es nicht
nur zu Millionen, sondern auch zu internationaler Berühmtheit gebracht hat.
Weltweit ist der Sachse Carlo Herrmann von Casino zu Casino gereist und hat mit
seiner fast einzigartigen Fähigkeit viel Geld verdient. Doch wer ist dieser
Mann und wie wurde er zu dem, der er heute ist?
Carlo Herrmann und die ersten Schritte
Angefangen hat alles in der DDR, 1968, als dort die
gesetzlichen Regelungen für das Glücksspiel geändert wurden. Der Sachse Carlo
Herrmann wird Teil des sich entwickelnden Glückspielmilieus und erfindet sogar
ein eigenes Würfelspiel (Ca He). Naja, und er gewinnt eben Geld. So viel, dass
er immer mehr darüber nachdenkt, die DDR zu verlassen und im Westen sein Glück
zu versuchen. Als dann 1970 das Glückspiel in der DDR wieder reglementiert
wird, ist der Sachse Carlo Herrmann Entscheidung eigentlich schon gefallen. Er
muss dort weg.
Im Jahr 1974 ist es dann endlich soweit. Der Sachse Carlo
Herrmann kauft sich wortwörtlich aus der DDR frei und beginnt in West-Berlin
ein neues Leben. Hier bekommt er auch seinen Spitznamen „der Sachse“ – nicht
nur, weil Carlo Herrmann Sachse aus Leidenschaft ist, sondern natürlich auch
wegen seines sächsischen Dialektes. Zunächst arbeitet er jedoch noch nicht als
Kesselgucker, sondern lediglich als „Beobachter“. Er beobachtet alles, was es
zu beobachten gilt, analysiert vor allem in der Spielbank am Tauentzien an der
Gedächtniskirche die verschiedenen Kessel – drei Jahre lang und ohne je einen
Einsatz zu tätigen.
Wie der Sachse Roulette zu seinem Beruf machte
1974 schließlich wagt Carlo Herrmann den ausgiebig
vorbereiteten Schritt. Lange genug hat er nun seine Schlüsse gezogen und seine
Fähigkeiten zwischen dem Abwurf der Roulette Kugel und der berühmten Ansage
„Rien ne va plus – Nichts geht mehr“ geübt – jetzt kann er am Rhythmus des
Croupiers erkennen, in welchem Sektor die Kugel liegen bleiben wird. Er ist gut
genug im Kesselgucken geworden.
Und es klappt. In den ersten sechs Wochen, in denen der Sachse
Roulette spielt, gewinnt er mit seiner Fähigkeit insgesamt 70.000 DM. Und
schnell wird Carlo Herrmann klar, dass dies erst der Anfang ist. Er beginnt um
die Welt zu reisen und besucht alle großen Casinos dieser Welt. Und gewinnt!
Zu diesem Zeitpunkt hat der Sachse Roulette zu seinem Beruf
gemacht. Und dieser Beruf bringt ihm kein ganz schlechtes Gehalt ein. In
Australien gewinnt Carlo Herrmann einmal 500.000 DM in drei Tagen, in
Kopenhagen schafft er den höchsten Tagesgewinn seines Lebens: 126.000 DM.
Er reist auch durch das Roulette Paradies eines jeden
Spielers, besucht zahlreiche Casinos in den USA, vor allem in Las Vegas, und
gewinnt. Fast überall und so gut wie immer.
Der Sachse Carlo Herrmann und das Hausverbot
Kesselgucker Carlo Herrmann
Der Sachse wie er leibt und lebt: natürlich am
Roulettetisch.
Doch wie alle Geschichten, die viel zu gut klingen, um wahr
zu sein, nimmt auch die Karriere von Kesselgucker Carlo Herrmann eine
unerwartete Wende.
Immer mehr Casinos auf der ganzen Welt verweigern dem
Kesselgucker den Zugang zu ihren Häusern. Das können sie tun, weil sie das
Hausrecht besitzen und ihm vorwerfen, mit unlauteren Mitteln zu spielen. Man
könnte es natürlich auch anders sagen: Wenn der Sachse Roulette spielt, kostet
das die meisten Casinos zu viel Geld. Einige begegnen dieser Tatsache mit
Sonderregelungen für Kesselgucker, in dem sie die Zeit, die für den Einsatz des
Geldes bleibt, immer mehr beschränken. Einfacher jedoch ist es für die meisten
Häuser, Carlo Herrmann einfach mit einem Hausverbot fernzuhalten.
In 60 der insgesamt 76 Spielbanken in Deutschland hatte der
Kesselgucker mittlerweile Hausverbot. Doch besonders hart trifft ihn das nicht
mehr. Für ihn ist das Kesselgucken Vergangenheit. Über vier Millionen Mark hat
er nach eigenen Angaben gewonnen, jetzt ist Carlo Herrmann „Kesselgucker im
Ruhestand“, nachdem er am Bodensee tödlich verunglückte.
Es ihm gleichzutun und sich dem Kesselgucken zu widmen,
davon riet er jedoch mit derselben Leidenschaft ab, mit der Carlo Herrmann
Sachse ist. Die höheren Kesselgeschwindigkeiten und die niedrigeren
Geduldsschwellen der Casinos würden das verhindern. Das Kesselgucken ist so gut
wie nirgendwo mehr möglich.
Artikel aus BZ-Berliner Zeitung in West-Berlin, Juni 1978
(mit nachträglichen Änderungen)
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