Donnerstag, 11. November 2010

Orissa India Reise Travel Natur SelMcKenzie Selzer-McKenzie

Orissa India Reise Travel Natur SelMcKenzie Selzer-McKenzie
Ein Reisebericht von D.Selzer-McKenzie
Video
http://www.youtube.com/watch?v=6ugEHV0TV1s

Der Morgen ist früh: In diesiges Rot getaucht liegt der Strand von Puri friedlich am Golf von Bengalen. Die ersten Menschen steigen ins Meer, um sich zu waschen und vereinzelt ihre Wäsche auszu¬schlagen. Wenig später stürzen sie sich ins Getüm¬mel. Pilger aus ganz Indien treffen sich in der brei¬ten Grand Road, unmittelbar bei den Mauern der Jagannath-Tempel in Puri. Händler wollen Jasmin¬blüten und Samosas, Amulette, Bildchen des Lord Jagannath, der lokalen Gottheit Puris, goldene Armbänder und allerlei Krimskrams für den Haus¬halt einer indischen Familie absetzen. In Puri lasst sich Indien pur erleben.
Die bekannteste Stadt des Bundesstaates Orissa
bleibt für Nicht-Hindus ein Buch mit sieben Siegeln.
Von einem Flachdach bietet sich der beste Blick auf
Angenehm für Augen und Ohren: ein indisches Tanzepos.

die vier Jagannath-Tempel Puris, deren Besuch für Nicht-Hindus streng verboten ist. Die konischen Türme ragen bonbonrosa in den Himmel. Jeder Inder kennt das Bild, zählen Puris Tempel doch zu den sogenannten Dhams, den Pilgerstätten also, die ein Hindu in seinem Leben zumindest einmal be¬sucht haben sollte.
Drei Tage und drei Nächte
Rund 125.000 Einwohner zählt die Stadt, die Inder
berauscht: In dem geheiligten Komplex um die
65 Meter hohen Jagannath-Tempel stehen 30 oder
mehr kleinere Schreine hinter einer sechs Meter
hohen Umfassungsmauer. Die Pilger sollen drei
Tage und drei Nächte in seiner Nähe bleiben. 6000
Priester empfangen die Pilger, und mehr als 10.000
Menschen leben in Puri von dem an Fest
tagen gigantisch anschwellenden Pilger
strom. Eine viertel Million Essensportionen
sollen an solchen Tagen von den Tempelküchen verteilt werden.
Orissas Kernland bildet das historische Dreieck der
Tempelstädte Puri, Bhubaneshwar und Konark.
Puri ist eine äußerst geschäftige Business-Tem

pelstadt. Wenn im Sommer das berühmte Wag fest stattfindet, bei dem 4000 Tempelbedienstete 14 Meter hohen Wagen mit dicken Seilen ins Roll bringen, platzt die Stadt aus allen Nähten.
Kontrast Konark: Die grandiose Ruinen-Skulp des Sonnentempels von Konark ist für Hindus n ziell kein heiliger Ort mehr, sondern ein historisch von der UNESCO in die Liste des Weltkulturerl aufgenommen. „Wollen Sie etwas Besonderes hen?", ereifert sich Ambar, der eine gute Einna mequelle entdeckt hat. Er zeigt ausländisch Besuchern, was den Lehrern in Orissa den Se) alkundeunterricht erspart: in Stein gemeiße Tantra-Erotik. Tempeltänzerinnen und Steinmet reien, die eigentlich den Augen Erwachsener vor' halten sein sollten, im Stil des Kamasutra.
Abgesandte der Moguln sollen es gewesen sein, den Bau im frühen 17. Jahrhundert entweihten. I Tempel stammt aus dem 13. Jahrhundert, „die 7( in der in Europa gotische Kathedralen gebaut wi den", fügt Ambar an. Damals war der ursprüngli wohl 70 Meter hohe Sonnentempel eine Orient rungshilfe für die Seefahrer. Heute steht die majes tische Tempelruine mit ihren fast doppelt mannst hen Steinrädern mehr landeinwärts. Die berühm
und Vergehen, hinterlassen einen bleibenden Ein-druck. Man stelle sich nur vor, welch herrlicher Seeblick sich hier noch bot. Jede der acht Haupt-speichen, die Nabe und den Radkranz haben die Steinschnitzer mit einem feinen Relief überzogen. Der königliche Bauherr Lanula Narahimsa Deva ließ 24 Steinräder bauen. Schließlich spannten die Bauherren die sieben Pferde des Sonnengottes Surya in monumentalen Skulpturen vor den Tempel — fertig war das steinzeitliche Cabrio... Der Riesen¬bau stürzte im 19. Jahrhundert ein. Seither sind Archäologen aus aller Welt am Werk, wie immer mit den unterschiedlichsten Ideen.
Im Sonnenlicht leuchtet der teils grünliche, teils grauschwarze, teils rötliche Stein honig- und rosa-farben auf. Wenn es dann dunkel wird, die Luftwurzeln der Banyanbäume eigenartig glänzen, ist es schräges Kunstlicht, das die Mystik des Ortes verstärkt. Am nächsten Morgen ziehen Ochsen hochbeladene Karren über die schmale Landstraße. Die liebevoll geschmückten Zugtiere lassen sich nicht aus dem Trott bringen: In Orissa ticken die Uhren noch langsam. Alte Männer treiben gemäch¬lich Ziegenherden über die Straßen, Frauen rösten am Wegesrand frische Cashewnüsse und bieten Erfrischungen für Reisende an. Ein Naturschutz
bauten, von Buschland und kleineren Lagunen ge-säumten Küste. Der feine gelbe Sand und die gleich-mäßig heranrollenden Wellen bilden die Kulisse des Arbeitsplatzes von Hunderten von Fischern: Sie set-zen die Segel, um hauptsächlich Marlins zu fangen. Am Abend gibt es ein kleines Wunder zu bestaunen: Obwohl Orissa an Indiens Ostküste liegt, versinkt die Sonne knallig im Meer. Des Rätsels Lösung: ein nach Norden gerichteter Knick im Küstenverlauf.
Reis auf heißem Asphalt
Die Straße nach Bhubaneshwar, der Hauptstadt Orissas, führt durch hochglanzgrüne Reisfelder. Tiefschwarz, von weißen Kuhreihern umworben, steht eine Büffelherde im flachen Wasser. Am Straßenrand trocknen Frauen braunen Reis auf dem heißen Asphalt. „Drive slow" und „Blow hom" steht mahnend in grellen Farben hinten an den bunt bemalten Lastwagen, die Richtung Hauptstadt Bhubaneshwar unterwegs sind. Wie überdimensio- nierte, elegant gerundete Maiskolben wirken die Türme des über tausendjährigen Mukteshwara¬Tempels in Bhubaneshwar. Aus dem Stein wachsen die Arme und Beine von Nymphen, die Köpfe von Löwen, nur leicht verwittert, dazu Elefantenfiguren
der verschlungenen Menschenleibern.
Kahl rasierte Brahmanen nehmen ein Bad im Wasser des algengrün schimmernden Tempel-Pools, heilige Kühe trinken daraus. Bhubaneshwar ist wie ein Freilichtmuseum: mit Hunderten antiker Hin¬du-Tempel und -Schreine. Da wird einem klar, dass sich hier einmal das Zentrum eines eigenen Königreiches befand, das vor 2500 Jahren sogar im heutigen Indonesien das Sagen hatte. Tagelang könnte man in Bhubaneshwar Tempel besichtigen und staunen, lassen sich die Bauten doch bis ins 8. Jahrhundert zurückdatieren. Seither werden sie von alteingesessenen Familien betreut.
2000 Jahre alt sind, einige Kilometer außerhalb
der Stadt, die Höhlen buddhistischer Asketen bei
Udayagiri und Khandagiri. Legendär auch Orissas
Kunsthandwerkerdörfer. Da ist das Malerdorf Pipli,
in dem in jedem Kleingarten eine Nähmaschine
steht. Kissen, Lampenschirme und Wandbehänge
werden hier genäht, aber auch Schirme bemalt. Mit
etwas Glück wird man eingeladen, in eines der über
raschend kühlen Häuser aus Lehm zu treten. Die
Ausstattung ist spärlich, aber es gibt Bilder: Krishna
mit der Flöte, ebenso der elefantenköpfige Glücks
bringer Ganesha. Diese Bilder werden hier herge
stellt. Die Künstler malen Göttergeschichten in zar¬ten Linien auf präparierte Palmblätter, die dann getrocknet werden. Andere Bilder sind mit hellen, frischen Far¬ben auf feingewebten Baumwollstoff gemalt. Übers ganze Dorf dröhnt in gleichförmigem Singsang aus dem zentralen Lautsprecher eine höchst heilige Legende vom Gott, der im Zweikampf einen Dämon in die Schranken weist. In Balakati produ¬ziert man kleine und größere Glocken und in Lalitgiri kann man Steinbild¬hauern zusehen. So mancher euro¬päische Besucher soll hier schon fün¬dig geworden sein und hat sich zent¬nerschwere Figuren nach Hause schi¬cken lassen

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