Donnerstag, 29. Dezember 2011

Ribera del Duera Spanien Reise Travel SelMcKenzie Selzer-McKenzie


Ribera del Duera Spanien Reise Travel SelMcKenzie Selzer-McKenzie

Ein Reisebericht von D.Selzer-McKenzie
Die Comarca Ribera del Duero hat in der Weinwelt einen guten Namen. In ihrer Hauptstadt Aranda de Duero gehen die Leute zum Feiern in den Untergrund — in bis zu 1000 Jahre alte Weinkeller.

 IFeliz ano nuevo! Ein glückliches neues Jahr! Zwölf Glockenschläge ist es jung. Alle drei Sekunden einer. Und weil sich die Feiernden nach altem spani-schem Brauch zu jedem eine Weintraube in den Mund schieben, ist nicht jeder Neujahrswunsch zu verstehen. Lachend und mit vollen Backen liegen sie sich in den Armen. Gläser klingen — ganz Spanien ist im kollektiven Freudentaumel.
Schon seit Stunden wird mit Freunden und Familie gegessen und gefeiert. Auch in Aranda de Duero, ei-ner kleinen Stadt 160 Kilometer nördlich von Ma-drid. Doch während dort, in der Hauptstadt, die Menschen auf die Straßen und den Rathausplatz strömen, zieht es die Leute in Aranda in den Unter-grund in ein enges Geflecht aus tiefen, alten Kellern. „Hier zu feiern, ist total cool", erzählt Cristina, als
Aranda de Duero ist die Hauptstadt des wegen seines Weins bekannten Landkreises Ribera del Duero.
alle Glückstrauben aufgegessen sind und statt des perlenden Schaumweins wieder der tiefrote tinto die Gläser füllt Rotwein. Das passendste Getränk an diesem Ort, denn Aranda de Duero ist die Hauptstadt der Comarca Ribera del Duero. Jenes Landkreises, der sich in den vergangenen Jahren einen wohlklin¬genden Namen in der Weinwelt eroberte. Manch ei¬ner zieht den Ribera del Duero inzwischen dem be¬rühmteren Rioja vor.

Auch wenn das vor nicht allzu langer Zeit noch an-ders war, pflegten die Menschen auf der nördlichen Meseta mit ihren sanften Hügeln und dem glaskla-ren Licht seit Generationen Weinbau. Bis zu den Römern reichen die ältesten Spuren. Und weil der Wein irgendwo gelagert werden musste, begannen sie vor gut 1000 Jahren, unter ihren Häusern Keller zu graben. Etwa zehn Meter liegen sie unter der Erde, wo konstant zehn bis 13 Grad herrschen.
Unterirdisches Geflecht
Oft waren die Keller das Werk von Generationen, die den häuslichen Vorratsraum Zentimeter für Zenti-meter vergrößerten. Irgendwann sei die ganze Stadt von einem sieben Kilometer langen unterirdischen
Das Castillo de Penaranda aus dem 10. Jahrhundert erhielt vor 500 Jahren seine heutige Form.
Geflecht aus Kellern und Verbindungstunneln durchzogen gewesen, erzählt Loreto, die Gäste auf den Spuren des Weins durch ihre Heimatstadt führt. Ziemlich schnell 16tst sie diese von der hübschen kleinen Plaza Mayor in Richtung der spätgotische Pfarrkirche Santa Maria, deren prunkvolles Po für einen Moment alle Blicke auf sich zieht. Veran wortlich dafür ist der Künstler Simon de Colonia. Er war der Sohn eines berühmten Kölner Architekten,

Doch Santa Maria ist nur Zwischenstation. In einer unscheinbaren Seitengasse öffnet Loreto eine Tür. Direkt von hier geht es tief hinunter. An den Wänden kolorierte Schwarz-Weiß-Aufnahmen von Menschen und Wein. An der Stirnseite das Bild eines jungen Mannes, der prall gefüllte pejejos auf den Schultern trägt; Schläuche aus Ziegenleder, in denen einst der Rebensaft aufbewahrt und transportiert wurde. Eine Menge Stufen weiter stehen die Besucher in ei¬nem unterirdischen Museum. Liebevoll und detail¬verliebt zeigt es vor allem den Weinbau, wie er frü¬her war. Mal sind es lebensgroße Figuren, die Keller ausklopfen, Fässer bauen oder Wein abfüllen. Mal sind es spielzeugkleine Püppchen, mit denen im Inneren von angeschnittenen Weinfässern Alltags¬szenen nachgebaut sind: die Arbeit im Weinberg, das
Sortieren der Beeren,
das Pressen des Saftes.

Für die Vorratshaltung gebaut, retteten die tiefen Gewölbe im Lauf der Geschichte ihren Besitzern das Leben. Während die Reconquista, Spaniens Rück-eroberung von den Mauren, über Kastilien-Leön fegte, waren die Keller ebenso sichere Rückzugs-stätten wie während der Bombardements in Bürgerkriegszeiten.
Kulturgut erhalten
Später wurden sie immer mehr vernachlässigt. Weinbauem errichteten oberirdisch moderne Fass-lager, in die sie nicht mehr mühsam ihre schwere Fracht mit Ziegenschläuchen über steile Stiegen nach unten transportieren mussten. Viele Keller ge¬rieten in Vergessenheit, bis sie in den vergangenen Jahren eine Renaissance erlebten. Peilas genannte Klubs möchten das Kulturgut erhalten. Zudem gibt das besondere Ambiente einen schönen Rahmen zum gemeinsamen Singen und Trinken, für Feste und Partys ab. So wie an Silvester. Oder zur Fiesta in der zweiten Septemberwoche, wenn die ganze Stadt tagelang auf den Beinen ist. Wie einst, als rechtzeitig zur Lese Platz sein musste für den neuen Wein. „Wenn das nicht glückte", sagt Cristina, „sah man den Duero häufig rot gefärbt vom weggegossenen Wein." Die temperamentvolle Enkelin eines Wein-bauern aus Burgos kommt nicht nur zum Feiern nach unten. In der Bodega Histörica Don Carlos bringt sie mit Charme und Temperament neugieri-gen Gästen die Besonderheiten der Ribera-del-Duero-Weine nahe. Bei Kerzenlicht und völlig abgeschottet vom lebhaften Treiben zehn Meter weiter oben schwenken ihre Eleven bauchige Probiergläser. Sie

schnuppern, schauen, schlürfen, trinken. So wie es Cristina vormacht. Und während Robles, Crianzas, Reservas und Seleccions verkostet werden, erzählt sie vom kometenhaften Aufstieg des Ribera del Duero. In den 80er- und 90er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts trugen sie den entscheidenden Teil zum spanischen Weinboom bei. Ein Name fällt da¬bei immer wieder: Alejandro Fernändez. Er gilt als einer der Wegbereiter der mit Stolz getragenen Herkunftsbezeichnung D. 0., Denominaciön de Origen.
Guten Rotwein hatte es hier immer schon gegeben. Karge Kalkböden und die ausgeprägten Tempera-turschwankungen, sowohl zwischen den Jahres-zeiten, als auch zwischen kalten Nächten und hei¬ßen Tagen, tragen dazu bei, dass kräftige, tiefrote tintos produziert werden. Jahrelang dienten diese häufig als sogenannte Deckweine für weniger cha¬rakterstarke Tropfen aus dem Süden und Norden des Landes. Bis Fernändez mit Selbstvermarktung be¬gann. In Sprudelflaschen füllte er die ersten, nach seiner Heimatstadt benannten Pesquera-Weine ab. Wer sie in die Finger bekam, war begeistert von der intensiven Beerenfrucht, dem dichten, reifen und süßen Tannin und der Feinheit. Einer davon war der Weinpapst Robert Parker. Als er den 1982er eupho¬risch als „Hirns from Spain" in den Weinhimmel hob, war der Durchbruch geschafft. Die Weinwelt schaute nach Kastilien-Leön.
Wie das alles genau geschah, darüber gibt auch das

erklärt wird, liegen dem trutzigen Gebäude die Weingärten zu Füßen. Am besten sieht man sie von den Wehrgängen der restaurierten Burg. Wie Spiel-zeug scheint die Stadt.
Da fällt der Blick auf die mittelalterliche Plaza del Coso. Ein staubiges Geviert inmitten der Häuser, auf dem während der Fiesta-Woche Stierkämpfe ausge-tragen werden. Verschlossen sind die Balkone, auf denen sich die Menschen drängen, wenn Stiere und Toreros die Arena stürmen. Oder die Akrobaten, die mit atemberaubenden Salti und Sprüngen über die Stiere fliegen. Gegenüber fallen nebeneinanderge-reihte Tonnengewölbe ins Auge. Das ist der moderne Teil von Protos, einem der ältesten und angesehens-ten Weingüter des Ribera del Duero. Direkt am Fuße des Burgbergs liegt der alte Haupteingang. Mit ei¬nem zwei Kilometer langen unterirdischen Gang ist er mit dem neuen Gebäude verbunden. Bis heute la¬gern hier edle Weine in Fässern aus feinporiger fran-zösischer und großporiger amerikanischer Eiche. In der Kombination der perfekten Lagerdauer liegt ei¬ner der Schlüssel für einen großen Wein.
Architektonische Akzente
Davon gibt es mittlerweile eine ganze Reihe. Wein-bau im D.O.-Gebiet entlang des Duero ist in. Große Produzenten aus La Rioja haben hier Dependancen eröffnet. Fußballer wie Beckham oder Ronaldo be-teiligen sich daran ebenso wie Schauspieler. Zu den
Weinmuseum in der Burg von Perlafiel einen guten Überblick. 1999 entstand hinter den dicken, wehr-haften Mauern ein Ort der Begegnung. Unter ande¬rem haben hier dieVermarktungsgemeinschaft der regionalen Weinbauern und das einzige spanische Museum ihren Sitz, das einen Sommelier beschäf¬tigt. Während drinnen auf zwei Etagen in interakti¬ven Ausstellungsräumen etwa 100.000 Besuchern jährlich das Thema Wein umfassend und kurzweilig
renommierten gehört Anta Banderas von Holly-wood-Star Antonio Banderas. Ganz nebenbei setzt der Bau architektonische Akzente — auch das ein Trend. Jüngster Star im Ensemble ist die von Nor-man Foster wie ein Kleeblatt in die Weinberge von Gumiel de Izän gebettete Bodega Portia. Nichts ist hier eng und schummrig wie in den alten Kellern. Doch in denen ist nun viel Platz zum.Feiern

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.