Aquäduktbrücke Pont du Gard France von SelMckenzie
Selzer-McKenzie
Ein Reisebericht von D.Selzer-McKenzie
Manche halten ihn einfach für eine Brücke. Doch der Pont du
Gard ist eine große Wasserleitung, die einst die Römer gebaut haben.
Die höchste Aquäduktbrücke der Welt zieht zahlreiche
Touristen an.
4 Graziella Ponge
ist eine Vermieterin mit Herz. Gemeinsam mit ihrem Mann Gerard betreibt sie
eine Pension in Bezouce in der Region Langue-doc-Roussillon. Wie eine Mutter
kümmert sie sich: „Was habt Ihr in den nächsten Tagen vor?", fragt sie
uns. Eine Antwort wartet Graziella nicht ab, schnell läuft sie zurück ins Haus.
Ein paar Minuten später setzt sie sich mit einer Karaffe Wein und frischen
Oliven zu uns an den Tisch.
Fahrt auf dem Gardon
Der frische Wein kühlt unseren Gaumen, und während die Luft
in der Abenddämmerung lang-sam abkühlt, erzählen wir Madame Ponge unsere Pläne:
Wir möchten den historischen Brücken¬bogen Pont du Gard besichtigen und von
dort aus nach Nimes und Montpellier fahren. Graziel-
la nickt zufrieden und stimmt unserem Plan zu. Sie empfiehlt
uns, das alte Bauwerk vom Fluss aus zu erkunden und schiebt einen Prospekt über
den Tisch. „Eine Fahrt auf dem Gardon ist ein eindrucksvolles Erlebnis",
sagt die Vermieterin.
Görards fröhliches Wesen
Mittlerweile hat auch Gerard Feierabend. Sein Händedruck ist
kräftig, sein fröhliches Wesen ansteckend. Wir möchten wissen, woher das
Ehepaar seinen Wein bezieht. Die beiden lächeln. Wir erfahren, dass Gerard ein
paar Hektar Land besitzt und ihn dort anbaut. Den Ertrag liefert er an eine
Genossenschaft, die „Cave de Margue-rittes". „Dort könnt Ihr den Wein
kaufen, bitte bestellt schöne Grüße", empfiehlt das Ehepaar. Am nächsten
Morgen fahren wir nach Margue-
rittes zum Verkaufsraum. Wir richten Grüße von Graziella und
G&ard aus, zehn Minuten später stapeln sich die Weinkartons im Kofferraum
und wir sind unterwegs zu einer der beliebtesten Sehenswürdigkeiten
Südfrankreichs. Etwa eine Million Menschen besuchen den Pont du Gard, der 1985
von der UNESCO zum Weltkulturerbe ernannt wurde, jedes Jahr.
Wir parken am Besucherzentrum und betreten das weitläufige
Gelände. Das Gedränge im Mu¬seum lassen wir schnell hinter uns und schlen¬dern
auf das geschichtsträchtige Aquädukt zu. Das Bauwerk wird oft mit einer
einfachen Brücke verwechselt. Es ist aber nur ein kleines Teilstück eines knapp
50 Kilometer langen Aquädukts und deckte über 500 Jahre lang den Wasserbedarf
der Stadt Nimes. Der Pont du Gard gilt als höchste Aquäduktbrücke der Welt und
wurde von den
Römern binnen fünf Jahren errichtet. Wir setzen uns ans Ufer
und beobachten die Ka-jakfahrer. Langsam treiben sie vorbei, betrachten den
Pont du Gard vom Wasser aus. Diese Pers¬pektive möchten wir auch ausprobieren.
Also brechen wir auf und fahren nach Collias. Bei ei¬nem Supermarkt kaufen wir
Wurst, Käse, Ba¬guette und Obst für unser Picknick. Dann errei-:hen wir den
Liegeplatz von Canoe Collias am Jfer des Gardon. Auf dem Gelände stapeln sich
Leihboote, die knallige Farbe sticht sofort ins Auge. Canoe Collias hat mehrere
Liegeplätze ent-
ng des Flusses, je nach Wasserstand können die
Inden bis zu 32 Kilometer Strecke mit Kanu
2r Kajak zurücklegen.
:h einer kurzen Einführung überreicht man s eine weiße
Plastiktonne. Darin können wir -isere Wertsachen wasserdicht verstauen — für
zwert und beliebt: Etwa eine Million Menschen den Pont du
Gard jedes Jahr sehen.
den fall, dass wir kentern. Wir haben erste Be¬denken und
wollen wissen, ob die Fahrt gefähr¬lich ist. Ein Mitarbeiter beruhigt uns.
Dieser Teil des Gardon ist ruhig und flach. Es gibt ein paar Stromschnellen,
aber mit gezielten Paddelschlä¬gen können wir sie ohne Probleme meistern. Dann
lässt er mit lautem Krachen unser Kanu nach unten in Richtung Wasser rutschen,
die groben Kiesel erzeugen ein knirschendes Ge-räusch. Wir ziehen die
Schwimmwesten an und verstauen Tonne und Rucksäcke im Boot. Vor¬sichtig steigen
wir in das schwankende Gefährt, bedächtig nimmt uns der Fluss auf. Die acht
Kilometer lange Fahrt in Richtung des 2000 Jahre alten Bauwerks beginnt.
Das Boot schwankt bei jeder Bewegung
Nur langsam gewöhnen wir uns an diese Fort-bewegungsart. Die
Sitze sind hart, das Boot schwankt bei jeder Bewegung, und von gezielten
Paddelschlägen kann vorerst keine Rede sein. Aber der Gardon ist geduldig, wir lassen
uns trei¬ben, genießen die Aussicht. Die Natur entlang des Flusses ist sehr
vielfältig. Eben noch sehen wir schroffe Felswände aus dem Wasser ragen, dann
strecken sich die freiliegenden Wurzeln alter Bäume wie große Tentakel vom Ufer
aus ins Wasser. Manchmal begleiten uns Fische, am Ufer trällern Vögel ihre
Lieder. Immer wieder überho¬len uns andere Paddler, manche von ihnen sind schon
den ganzen Tag auf dem Fluss unterwegs. Auf halber Strecke entdecken wir einen
flachen Felsen und legen an. Die große Decke wird aus¬gebreitet, und bevor wir
ein erfrischendes Bad im
Gardon genießen, stellen wir eine Flasche Wei߬wein aus
Marguerittes in den Fluss. Dann erho¬len wir uns von dem anstrengenden Leben
eines Kanuten. Nach einer Weile treibt uns der Wind den Duft von Rosmarin und
Thymian in die Nase, es wird Zeit für das Picknick. Der Fluss hat den Wein von
G&-ard mittlerweile gut gekühlt, wir trinken einen Schluck auf unsere
Vermieter und schlemmen wie Gott in Frankreich.
Wunderschönes Licht
Frisch gestärkt treten wir den letzten Teil unserer
Bootsfahrt an, hinter jeder Biegung könnte der Pont du Gard jetzt zu sehen
sein. Zwischen Bäu¬men und Felsen taucht er plötzlich auf, scheint zu wachsen
und steht dann in seiner ganzen Pracht vor uns. Wir lassen uns treiben, nähern
uns lang¬sam an und genießen das Bauwerk. Die Nach¬mittagssonne zaubert ein
wunderschönes Licht auf die alten Quader aus Kalkstein — ein faszinie¬rendes
Schauspiel. Wir bemerken, dass wir nicht alleine auf dem Fluss sind. Neben uns
liegen zahl¬reiche Boote, am Ende der Pilgerfahrt zum Pont du Gard treffen sich
alle Paddler wieder und ge¬nießen den Blick.
Der Fluss treibt unser Boot gemächlich unter ei¬nem Bogen
des Weltkulturerbes in Richtung der Anlegestelle. Am Ufer wartet bereits der
Bus des Bootsverleihers, er wird uns wieder zum Aus¬gangspunkt der Fahrt
zurückbringen. Die Boote werden verladen, und während die Sonne lang¬sam hinter
den Bäumen untergeht, werfen wir ei¬nen letzten Blick auf dieses Meisterwerk
römi¬scher Ingenieurskunst
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