Genussmittel Rohstoffe Trading SelMcKenzie Selzer-McKenzie
Author D.Selzer-McKenzie
Zucker und Kaffee Arabica sind derzeit so billig wie zuletzt
vor knapp drei Jahren. Eine als entspannt empfundene Angebotslage drückt auch
auf die Notierungen für Kakao. Wir rechnen mit einer Erholung der Preise. Die
Zuckerproduktion in Brasilien dürfte aufgrund einer höheren Ethanolproduktion
weni¬ger stark steigen als erwartet. Bei Kaffee Arabica könnte es zu
Stützungskäufen der brasilianischen Regierung kommen. Zudem kommt es zu
Ernteausfällen in Mittelamerika. Das Angebot von Kaffee Robusta ist hingegen
knapper, was die Preise weiter unterstützen sollte. Bei Kakao könnten die
Ernteerwartungen in der Elfenbeinküste enttäuscht werden.
Zucker: Die Zuckerpreise stehen unter dem Eindruck eines
hohen Marktüber-schusses von 8,5 Millionen Tonnen in der laufenden Saison
2012/13 und der Erwar-tung einer rekordhohen brasilianischen Zuckerrohrernte
2013/14. Der meistge-handelte Terminkontrakt für Rohzucker an der ICE in New
York ist auf das niedrigste Niveau seit Sommer 2010 gesunken (Grafik 1). Die
Überschusserwartungen werden insbesondere durch das weltgrößte Produzentenland
Brasi¬lien genährt: In der zu Ende gegangenen Verar¬beitungssaison wurden nach
Angaben der brasi¬lianischen Zuckerindus-trievereinigung Unica in der
Hauptanbauregion Center-South 532 Millionen Tonnen Zuckerrohr verarbeitet, ein
Plus von 7,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Dabei stieg die Zuckerproduktion
überproportional um fast 9 Prozent auf 34,1 Millionen Tonnen. Noch schwerer
wiegt die Aussicht auf eine rekordhohe Zuckerrohrernte in der ab April
laufenden Saison 2013/14. Die Schätzungen für das Hauptanbaugebiet Center-South
belaufen sich derzeit auf 580 bis 600 Millionen Tonnen. Dies wäre ein Anstieg
um 13 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Der Zuwachs bei der Zuckerproduktion sollte allerdings
geringer ausfallen, da die Zuckermühlen in Brasilien aus Rentabili-tätsgründen
im kommenden Erntejahr verstärkt Ethanol herstellen dürften. Wenn der Anteil
der Ethanolproduktion an der Zuckerrohrverarbeitung merklich steigt, kann dies
die Zuckerproduktion empfind-lich treffen. Ein Anstieg des Ethanolanteils in
Brasilien von derzeit 51 Prozent auf noch nicht einmal 56 Prozent würde dazu
führen, dass der Anstieg der Zuckerrohrernte vollständig durch die
Ethanolherstellung auf¬gezehrt wird und sich die der Zuckerprodukti¬on
zugeführte Menge an Zuckerrohr nicht erhöht. Unter der An¬nahme eines
unveränderten Zuckergehalts bliebe die Zuckerproduktion dann stabil. Dabei
wurde bereits die optimistische An¬nahme einer Zuckerrohrernte von 600
Millionen Tonnen für Center-South und 65 Millionen Tonnen für North-Northeast
unterstellt. Es ist daher keineswegs sicher, dass eine höhere Zuckerrohrernte
in Bra-silien auch zu einer Ausweitung der dor-tigen Zuckerproduktion führt.
Der Markt scheint dies derzeit noch nicht hinreichend zu berücksichtigen.
Auch wenn in Brasilien eine rekordhohe Menge Zuckerrohr
geerntet wird und die Zuckerproduktion in Thailand möglicher-weise wieder über
die Marke von 10 Milli-onen Tonnen ansteigen kann, sind wir für das globale
Angebot in der Saison 2013/ 14 nicht so optimistisch wie viele andere
Beobachter. Kritische Einschätzungen gibt es aus Indien, wonach in der Saison
2013/14 mit einem Rückgang der dortigen Zuckerproduktion auf 22 Millionen
Ton-nen gerechnet werden muss, da es in den Bundesstaaten Maharashtra und Karnata¬ka
zu trocken ist. Die offizielle Schätzung der Regierung liegt derzeit noch bei
24 Millionen Tonnen. Auch in anderen Ländern wie China — wo die letzte Ernte
sehr gut war — und Pakistan könnte die Produktion 2013/14 niedriger ausfallen.
Weltweit dürfte in der kommenden Sai-son das Angebot sinken,
da die Zucker-preise auf ein Niveau abgesunken sind, das in vielen Ländern kaum
mehr die Produktionskosten deckt. Die Nachfrage dürfte angesichts niedriger
Preise und einer Stabilisierung der Weltkonjunktur leicht steigen. Dies
schließt einen wei-teren Überschuss in 2013/14 nicht aus (Grafik 2). Ob dieser
allerdings so hoch ausfallen wird wie die derzeit vom Zuckerhändler Kingsman
geschätzten
5,6 Millionen Tonnen, bleibt abzuwarten. Dieser Schätzung
dürfte die Annahme zugrunde liegen, dass die Zuckerproduktion in Brasilien
weiter wächst, nachdem sie im Vorjahr mit 40,3 Millionen Tonnen bereits einen
Rekordwert erzielte. Die ISO spricht bisher vorsichtig davon, dass sie in
2013/14 einem Defizit nur eine »geringe Wahrscheinlichkeit« bei¬misst.
Die kurzfristig orientierten Marktteilnehmer haben bis
Anfang April bei Zucker rekordhohe Netto-Short-Positionen aufgebaut. Sie gehen
also von einer sehr reichlichen Versorgung und weiter fallenden Preisen aus.
Dies erhöht das Aufwärtspotenzial für die Prei¬se, falls negative
Angebotsmeldungen die Marktmei¬nung skeptischer werden lassen. Insgesamt
erwarten wir, dass die Zuckerpreise von der steigenden Kon¬kurrenz durch die
Ethanolproduktion in Brasilien und der Aussicht auf einen deutlich geringeren
Ange-botsüberschuss profitieren werden. Der Preisanstieg sollte sich angesichts
der weiterhin reichlichen Ver-sorgung des Weltmarkts mit Zucker aber in recht
engen Grenzen halten. Für das vierte Quartal 2013 erwarten wir einen Rohzuckerpreis
von 20 US-Cents je Pfund.
Kaffee: Die Notierungen für Arabica-Kaffee sind im März auf
den tiefsten Stand seit Juni 2010 gefallen (Grafik 3). Auch hier lastet das
reichliche Angebot auf den Preisen. Die Internationale Kaffeeorganisation (ICO)
erwartet in der laufenden Saison 2012/13 eine rekordhohe globale Produktion um
die 145 Millionen Sack. Die von der ICE zertifizierten Kaffeelagerbe-stände
sind im März auf ein 3-Jahres-Hoch von 2,75 Millionen Sack gestiegen. Zudem
fokussiert sich der Markt auf die Aussicht auf eine erneut gute Kaffee-ernte im
wichtigsten Produzentenland Brasilien und die Aussicht auf eine Rückkehr
Kolumbiens zu »normalen« Erntemengen. Die diesjährige Ernte in Brasilien wird
zwar etwas niedriger ausfallen als die Rekordernte im Vorjahr, welche die eines
Hocher-tragsjahres im zweijährigen Erntezyklus war. Für ein Niedrigertragsjahr
wird aber eine rekordhohe Ernte-menge erwartet. Die Prognoseabteilung des
brasilia-nischen Landwirtschaftsministeriums Conab rechnet mit einer Ernte von
47 bis 50,2 Millionen Sack nach 50,8 Millionen Sack im Vorjahr. In der letzten
Niedrig-ertragssaison vor zwei Jahren wurden nur 43,1 Mil¬lionen Sack erreicht.
Damit würde sich bestätigen, dass sich die Fluktuation der Erntemengen zwischen
Hoch- und Niedrigertragsjahren zunehmend ein¬ebnet. Früher hatte sie oft bei 20
Prozent oder gar 40 Prozent gelegen.
Im zweitwichtigsten Arabica-Produzen-tenland Kolumbien soll
die Ernte laut der Vereinigung der kolumbianischen Kaffee-anbauer 2013 auf fast
10 Millionen Sack steigen. Das wäre ein Anstieg um gut 2 Millionen Sack
gegenüber dem Vorjahr und die höchste Erntemenge seit sechs Jahren. Als Grund
für die Produktions-steigerung werden bessere Witterungs-bedingungen und
Düngung genannt. Zu-dem scheint die Erneuerung der Kaffee-plantagen erste
positive Wirkung zu zeigen. Allerdings war Kolumbien auch in den letzten Jahren
häufig sehr zuver-sichtlich gewesen. Möglicherweise ver-sucht man auch, als
bedeutender Anbieter von Arabica-Bohnen im Gespräch zu bleiben, um eine weitere
strukturelle Ver-schiebung der Nachfrage hin zu Robusta-Kaffee zu vermeiden,
die nur schwer rückgängig zu machen wäre. Negative Nachrichten kommen dagegen
aus Mittel-amerika, wo sich die Pflanzenkrankheit Roya stark verbreitet hat und
die dortigen Ernten der nächsten zwei bis drei Jahre empfindlich zu treffen
droht. Die ICO befürchtet, dass die Ernte 2013/14 in Mittelamerika und Mexiko —
woher mehr als 20 Prozent der weltweiten Arabica-Produktion stammen — von den
2012/13 erreichten knapp 20 Millionen Sack um 5 bis 7 Millionen Sack fallen
könnte.
Die Kaffeeproduzenten in Brasilien halten inzwischen bereits
Angebot zurück, um die Preise zu unterstützen. Bislang hatte
diese Maßnahme allerdings wenig Erfolg. Daher wird in der
Regierung Brasiliens über Stützungsmaßnahmen diskutiert, da das derzeitige
Preisniveau für viele brasi-lianische Kaffeeproduzenten nicht mehr
kostendeckend ist. Zuletzt wurde vor drei Jahren durch staatliche Aufkäufe
Kaffee vom Markt genommen, was damals den Arabica-Preisen einen Boden
bereitete. Angesichts der aktuell rekordhohen Netto-Short-Positionen bei
Arabica unter den kurzfristig orientierten Marktteilnehmern könnte eine
derartige Maßnahme auch diesmal zum Erfolg führen. Schon eine glaubhafte
Ankündigung der brasiliani-schen Regierung, mittels Stützungskäufen keinen
weiteren Preisrückgang mehr zu-zulassen, könnte zu Short-Eindeckungen führen
und die Preise steigen lassen.
Während sich Arabica seit Jahresbeginn um bis zu 10 Prozent
verbilligte, hat sich Robusta im selben Zeitraum um 10 Pro-zent verteuert
(Grafik 3). Dies ist das Ergebnis einer geringeren Verfügbarkeit. Nach
Erwartung der vietnamesischen Kaffee- und Kakaovereinigung Vicofa soll die
Ernte im weltgrößten Robusta-Produ-zentenland Vietnam 2013/14
trockenheits¬bedingt um 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr zurückgehen, nachdem
bereits 2012/13 ein Minus von 25 Prozent zu Buche stehen soll. 2011/12 war noch
eine Rekordernte von 1,65 Millionen Tonnen (27,5 Millionen Sack) eingebracht
worden. Vietnamesische Quellen hatten sich in
den vergangenen Jahren aber nicht selten zu pessimistisch
geäußert. Die ICO er-wartet für die seit Oktober laufende Ernte 2012/13
Einbußen von knapp 10 Prozent. Zudem entwickelte sich die Nachfrage nach
Robusta-Kaffee zuletzt dynamischer als die Nachfrage nach Arabica-Kaffee. Die
Nachfrage profitiert dabei vom stark zunehmenden Kaffeekonsum in den
Pro-duzentenländern. Der Anteil von Robusta am gesamten Kaffeekonsum in den
Pro-duzentenländern und in der sich damit überschneidenden Gruppe der Emerging
Markets ist mit etwa 50 Prozent deutlich höher als in den Industriestaaten. Aus
diesem Grund ist auch zu erwarten, dass der nach Vietnam und Brasilien
dritt-größte Robusta-Anbauer Indonesien trotz einer Rekordernte in der ab April
laufen¬den Saison weniger Robusta-Bohnen exportieren dürfte.
Bei Arabica scheint der Markt derzeit zu einseitig auf die
positiven Nachrichten zum Angebot fokussiert und die bestehen-den Risiken
auszublenden. Zu nennen sind hier die Ernteausfälle in Mittelame-rika, das
Risiko einer erneuten Enttäu-schung in Kolumbien und die Bereitschaft der
Regierung in Brasilien, dem Preis-verfall Einhalt zu gebieten. Zudem sind die
Lagerbestände in den Exportländern rekordniedrig (Grafik 4), der Puffer bei
Missernten also entsprechend gering. Wir rechnen daher mit einer Preiserholung
auf 160 US-Cents je Pfund bis zum Jahres-ende. Im kommenden Jahr dürfte der
Preis aufgrund eines dann anstehenden Hochertragsjahres in Brasilien auf 145
US-Cents je Pfund nachgeben. Aufgrund der knapperen Verfügbarkeit sollte der
Robusta-Preis unterstützt bleiben und bis zum Jahresende auf 2.200 US-Dollar je
Tonne steigen. Im kommenden Jahr rech-nen wir mit einer leichten Entspannung
des Angebots und einem Rückgang auf 2.000 US-Dollar je Tonne.
Kakao: Seit dem Spätsommer 2012 sind die Kakaopreise um ca.
20 Prozent gesun-ken. Die Schwelle von 2.000 US-Dollar je Tonne wurde aber in
New York nicht nach unten durchbrochen (Grafik 5). Viele Wo-chen lang war die
Informationslage zur Produktion im weltgrößten Anbieterland Elfenbeinküste sehr
undurchsichtig: In-offiziellen Meldungen zufolge sollten die Anlieferungen in
die ivorischen Häfen deutlich über dem Vorjahresniveau liegen. Dies stand in
Widerspruch zu der Erwar-tung der ivorischen Regierung, dass die diesjährige
Ernte niedriger als die der Vorsaison ausfallen soll. Die Internatio-nale
Kakaoorganisation ICCO hatte dann »Agenturen« zitiert, wonach die
Gesamt-anlieferungen in der Elfenbeinküste seit Saisonbeginn im Oktober 2012
bis Anfang März 2013 um 6,5 Prozent geringer als in der gleichen Periode der
Vorsaison gewesen sein sollen. Ivorische Ministerien haben nun offizielle
Zahlen geliefert. Die-se beziehen sich zwar nur auf die drei
Monate biS Jahresende 2012, weisen aber ein Minus in den
Anlieferungen von 7,5 Prozent aus. Erst daraufhin haben auch inoffizielle
Quellen, deren Schätzungen auf Zählungen anliefernder LKW beruhen, ihre
bisherige Schätzung eines deutlichen Zuwachses ebenfalls nach unten korrigiert.
Für Ghana sollen die Anlieferungen sogar um 16 Prozent zurückgegangen sein.
In ihrem jüngsten Quartalsbericht hat die ICCO erstmals eine
offizielle Schätzung für die laufende Saison 2012/13 bekannt gegeben. Demnach
soll es auf dem globa-len Kakaomarkt zu einem Angebotsdefizit in Höhe von
45.000 Tonnen kommen (Grafik 6). Weltweit rechnet die ICCO mit einem Rückgang
der Kakaoproduktion um 1,8 Prozent auf gut 4 Millionen Tonnen, die Verarbeitung
soll erstmals die Marke von 4 Millionen Tonnen über-schreiten und die
Lager¬bestände zum Ende der Saison bei knapp 1,8 Millionen Tonnen liegen. Zum
gegenwärtigen Zeitpunkt sind die Prognosen der ICCO allerdings immer noch mit
erheblicher Unsicherheit behaf¬tet. Dies zeigt der Blick in die Vorsaison, als
man in der ersten Schätzung zunächst von einem Marktdefizit in Höhe von 71.000 Tonnen
ausging, woraus schließlich nach mehrfachen Revisionen ein Überschuss von
86.000 Tonnen wurde. Diesmal kann es sein, dass die ICCO das Defizit zu nied-
rig einschätzt. Die ICCO erwartet bislang einen Rückgang der
Produktion in der Elfenbeinküste um lediglich 1,1 Prozent. Das setzt nach den
oben genannten Daten eine deutlich anziehende Dynamik voraus. Allerdings war es
in der gerade zu Ende gegangenen Trockenzeit lange Zeit zu heiß und zu trocken,
was sich negativ auf die zu erwartenden Erträge auswirken könnte.
Wir gehen daher davon aus, dass sich die Versorgungslage in
den kommenden Mo-naten etwas anspannen dürfte. Dazu sollte auch beitragen, dass
sich die Kakaonach¬frage in diesem Jahr beleben dürfte. Im vergangenen Jahr war
die Kakaoverarbei¬tung in Europa noch um 10 Prozent ge¬genüber dem Vorjahr
gesunken. In Nord¬amerika wurden 2012 knapp 4 Prozent weniger Kakaobohnen
vermahlen als im Vor¬jahr. Ende letzten Jahres gab es bereits erste Anzeichen
einer Erho¬lung der Nachfrage. So ist die Kakaoverarbei¬tung in Nordamerika im
vierten Quartal gegenüber dem Vorjahr leicht gestiegen. In Europa hatte sich
der Rückgang deut¬lich verringert. Die jüngst zu beobachten¬de Preiserholung
sollte sich unserer Mei¬nung nach fortsetzen. Für das vierte Quar¬tal 2013 erwarten
wir einen Kakaopreis in New York von 2.400 US-Dollar je Tonne. Die Notierungen
in London dürften auf 1.600 britische Pfund je Tonne anziehen.
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