Trading Delta Hedging von SelMcKenzie Selzer-McKenzie
Author D.Selzer-McKenzie
Das Delta-Hedging
Was ist Hedging eigentlich, und warum ist es für mich als
Anleger relevant?
Wenn Finanzmarktakteure von „Fledging" sprechen, geht
es um Absicherungsgeschäfte, die Risiken wie Wechselkursschwankungen oder
Preisveränderungen eliminieren sollen. Beispiel: Bei sogenannten
Quanto-Zertifi-katen nehmen Anleger zwar an der Wert-entwicklung des Basiswerts
teil, müssen je-doch nicht die damit verbundenen Wäh-rungsrisiken tragen.
Allerdings partizipie¬ren sie im Gegenzug auch nicht an einer möglichen
Aufwertung der Fremdwährung. (Für die Währungssicherung wird in der Regel eine
Gebühr erhoben, siehe dazu auch Expertenrat Dezember 2007.) Quanto-Zertifikate
beziehen sich beispielsweise auf Basiswerte wie Gold oder Rohstoffe, die nicht
in Euro gehandelt werden. Damit das Währungsrisiko eliminiert werden kann,
müssen die Händler des Emittenten eines solchen Zertifikats sich gegen Schwankun¬gen
in den Währungen „hedgen".
Doch wie kann man sich "hedgen" — also sich
absichern? Manchmal ist es sehr ein¬fach: Man sucht ein (fast) identisches
Pro¬dukt, das man im Idealfall zu einem güns-
tigeren Preis erwerben bzw. mit dem man zu einem höheren
Preis „short gehen" kann. Beispiel: Verkauft der Emittent einen
Call-Optionsschein auf den DAX®, hat er in die-sem Moment eine Short-Position.
Um diese Position zu decken, sich also abzusichern, könnte er eine Call-Option
mit sonst ge¬nau identischen Ausstattungsmerkmalen an der Terminbörse Eurex
erwerben (voraus¬gesetzt, es besteht ausreichend Liquidität).
In der Praxis ist das Hedging jedoch kom-plizierter: Zum
einen sichert der Emittent seine vielen Positionen als „Ganzes" ab, unter
anderem deshalb, weil Einzelgeschäfte von Kunden sich gegenseitig aufheben
könnten. Zum anderen gibt es nur sehr selten identische oder zumindest sehr
ähnliche Produkte, mit denen sich der Emittent ab-sichern könnte. Deshalb
sichert sich der Emittent auf Basis der auf das Produkt ein-wirkenden
„Kräfte" ab. Dies könnten Zins-veränderungen sein — die Frage lautet zum
Beispiel: Um wie viel wird das Produkt steigen bzw. fallen, wenn das allgemeine
Zinsniveau um 1 Prozent steigt, und wel¬ches Finanzinstrument kann ich als Emit¬tent
nutzen, um mich gegen eine solche Be-wegung abzusichern? Für Produkte, die
sich auf Aktien oder Aktienindizes als Basis-werte beziehen,
ist jedoch meistens die fol-gende Frage am wichtigsten: Wenn die Aktie oder der
Index sich nach oben oder unten bewegt, was passiert mit dem Pro¬dukt, und was
genau muss ich als Emittent tun, um mich gegen diese Bewegung best¬möglich
abzusichern?
Spricht man vom Absichern in Hinblick auf die Kursbewegungen
des Basiswerts, so ist die Rede von „Delta-Hedging". Wie es der Name
vermuten lässt, ist die ent¬scheidende Kennzahl beim Delta-Hedging das Delta.
Es gibt die Änderung des Opti-onsscheinwerts bei einer Veränderung des
Basiswertkurses an. Diese Kennzahl ändert sich laufend mit jeder
Preisveränderung des Basiswerts — das Delta kann bei Calls Werte von 0 bis 1
annehmen. Liegt das Delta bei 0, haben Kursänderungen keinen Einfluss auf den
Preis des Calls, während bei einem Delta von 1 Kursbewegungen des Basiswerts
1:1 vom Call nachvollzogen werden. Hat ein Optionsschein ein Delta von
beispielsweise 0,5, so bedeutet dies, dass ein Kurszuwachs von einem Euro beim
Basiswert nur zu einem (um das Be¬zugsverhältnis bereinigten) Anstieg des
Optionsscheins von 0,50 Euro führen würde. Wenn der Basiswert über dem
Basispreis notiert und weiter steigt, kommt der Call-Optionsschein tiefer ins
Geld. Das Delta ist keine Konstante, sondern steigt mit an¬steigendem Kurs des
Basiswerts ebenfalls an. Je tiefer der Call im Geld ist, desto mehr nähert sich
das Delta seinem theore¬tischen Maximum von 1 an. Wenn ande¬rerseits der
Basiswert so weit absinkt, dass der Optionsschein aus dem Geld kommt, so sinkt
das Delta entsprechend. Je weiter der Optionsschein aus dem Geld ist, desto
mehr nähert sich das Delta seinem theoretisch minimalen Wert von 0 an.
Abbildung 2 verdeutlicht diesen Zusammenhang
DELTA-HEDGING EINES EMITTENTEN VON OPTIONSSCHEINEN
Goldman Sachs tritt als Emittentin ihrer Produkte auch
gleichzeitig als deren Market-maker im Sekundärmarkt auf. Die Absi-cherung
aller Positionen erfolgt aus Kosten-gründen auf aggregierter Basis. Es gibt
ver-schiedene Einflussfaktoren auf das aggre-gierte Portfoliorisiko. Das Risiko
eines steigenden Zinssatzes wird widergespiegelt durch das Rho, eine Erhöhung
der Volati-lität durch das Vega sowie die Änderung des Basiswerts wie oben
bereits beschrie¬ben durch das Delta. Da es im Lauf der Zeit beständig zu
Preisveränderungen der Basiswerte kommt (und man nicht einfach nur einmalig
eine Hedgeposition aufbauen muss), wird dieses Risiko dynamisch ab-gesichert.
Man spricht deshalb vom dyna-mischen Delta-Hedge.
Das dynamische Delta-Hedging sieht vor, dass man seine
Hedgeposition anpasst, so-bald sich das Delta ändert, d.h. bei jeder
Kursveränderung des Basiswerts. Tatsäch¬lich erfolgt die Anpassung der
Hedgepositi-on jedoch in bestimmten Intervallen, da die Transaktionskosten bei
einer Vielzahl von sehr kleinen Geschäften zu hoch liegen wür-den. Mittels der
oben beschriebenen Kenn-zahl Delta kann der Emittent also vorab be-stimmen, mit
welcher Hedgeposition er sich absichern müsste. Er könnte sich mit einer
entsprechenden Position im Basiswert ein-decken und würde so den Betrag, den er
auf der Optionsscheinposition verliert, auf der Hedgeposition gewinnen — und
umgekehrt.
Ein vereinfachtes Beispiel der KnowHow-Aktie zeigt die
prinzipielle Funktionsweise des Delta-Hedgings: Angenommen, ein
Call-Optionsschein mit einem Basispreis von 100 Euro und 6
Monaten Restlaufzeit weist bei einem Kurs der KnowHow-Aktie von 95 Euro ein
Delta von 0,49 auf. Ver¬kauft der Emittent nun 1.000 dieser Opti¬onsscheine,
muss er davon ausgehen, dass jeder Schein für jeden Euro, den der Basis¬wert
steigt, um 0,49 Euro zulegt (sonst gleiche Bedingungen vorausgesetzt). Durch
den Verkauf der Optionsscheine ohne Ab¬sicherung käme also es zu einem Verlust
von 490 Euro. Um diesen Verlust auf der Optionsscheinposition abzusichern, muss
der Emittent entsprechend 490 (= 0,49 x 1.000) KnowHow-Aktien kaufen, die bei
einem Anstieg um je einen Euro genau 490 Euro Gewinn bringen würden. Das Delta
der Optionsscheinposition wird also durch das Delta der Aktienposition genau
ausge¬glichen. Damit ist das gewünschte Ergebnis erreicht: Die verkauften
Optionsscheine werden vom Emittenten Delta-neutral ab¬gesichert, was eine
Unabhängigkeit von den Schwankungen des Basiswerts für den Emittenten zur Folge
hat.
Nachteilig ist jedoch, dass sich das Delta der
Optionsscheinposition laufend ändert und daher immer wieder an die Entwick¬lung
der Aktie angepasst werden muss. Angenommen, beim Anstieg der Know-How-Aktie
von 95 Euro auf 96 Euro steigt das Delta von 0,49 auf 0,51 an. Das be¬deutet,
dass der Emittent jetzt eigentlich 510 Aktien halten müsste, um bei einer
weiteren Veränderung des Basiswerts voll¬ständig abgesichert zu sein. Dazu muss
er nun 20 Aktien zum gestiegenen Kurs von 96 Euro nachkaufen. Angenommen, die
KnowHow-Aktie würde wieder auf ihren ursprünglichen Wert von 95 Euro fallen,
sich also erneut ein Delta von 0,49 einstel¬len, so müsste
der Emittent die 20 Aktien zu dem nun wieder niedrigeren Kurs ver¬kaufen. In
diesem Beispiel läge der Verlust also bei 20 Euro. Je mehr der Basiswert
schwankt, desto höher werden diese soge¬nannten Hedgingkosten ausfallen, da der
Emittent zwangsläufig teurer kaufen und billiger verkaufen muss.
Warum ist das Hedging des Emittenten für Anleger von
Zertifikaten oder Hebelpro-dukten überhaupt relevant? Das Beispiel zeigt: Um
Positionen absichern zu können, muss der Emittent regelmäßig Transaktio¬nen
vornehmen. Er muss Positionen einge¬hen und wieder auflösen — je nachdem, wie sich
der Markt bewegt. Je kostengünstiger und einfacher sich der Emittent absichern
kann, desto einfacher ist es für ihn, als so¬genannter Marketmaker aufzutreten.
Dies kann sich beispielsweise in geringeren An-und Verkaufs-Spreads, höheren
handelba¬ren Stückzahlen oder in langen Handels¬zeiten niederschlagen.
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