Preisentwicklung beim Oil
Author D.Selzer-McKenzie
Die Rohölpreise verharren weiter auf sehr niedrigem Niveau.
Zeitweise notierten beide bedeutenden Sorten — WTI und Brent — unter der Marke
von 30 Dollar je Fass. Werden die Preise niedrig bleiben oder gar weiter
fallen? Oder kann es zu einer Erholung kommen, etwa wenn sich die Förderländer
auf Mengenkürzungen einigen? Mit Mini-Futures und Optionsscheinen können
Anleger in beide Richtun¬gen gehebelt partizipieren.
Sucht man im Internet nach dem Begriff „Rohölmarkt",
findet man weit oben ei¬nen Artikel aus der Wirtschaftspresse aus dem Herbst
2001. Damals war der Durch-schnittspreis von OPEC-Öl unter die Mar¬ke von 20
Dollar gefallen und hatte damit den Preiskorridor der OPEC von 22 bis 28 Dollar
nach unten verlassen. In diese Bandbreite versuchte die Organisation
erdölexportierender Länder den Rohöl¬preis zu steuern — entweder durch
Förder-mengenkürzungen oder durch Auswei¬tungen der Produktionsmengen.
Heute wissen wir, dass die gewünschte Bandbreite schnell
Makulatur wurde. Ab 2003 setzte das „schwarze Gold" zu ei¬nem mehrjährigen
Höhenflug an, der bis zum Sommer 2008 andauern sollte. Vor allem das hohe
Wirtschaftswachstum in China und anderen aufstrebenden Natio¬nen sorgte für
eine starke Nachfrage. Im Juli 2008, kurz bevor die globale Finanz-und
Wirtschaftskrise ihren Höhepunkt er¬reichte, stieg der Preis für einen Barrel
WTI-Rohöl über 140 Dollar. Später folgten ein Kurssturz, eine spürbare Kurserholung
und schließlich ein volatiler Seitwärtstrend.
AUF DEM WEG IN DEN ALTEN KORRIDOR? Im Jahr 2014 sollte dann
eine neue Schwä-chephase beginnen, die noch immer an¬hält. Hatte über einen
Zeitraum von meh¬reren Jahren die wachsende Nachfrage aus China und anderen
Emerging Markets bei limitierten Fördermengen für steigende Rohölpreise
gesorgt, so drückt seit nun¬mehr gut eineinhalb Jahren ein wachsen¬des
Ölangebot — beispielsweise durch die Gewinnung von Öl aus Schiefergestein
(Fracking) — bei gleichzeitiger schwacher Weltkonjunktur auf
die Notierungen (sie¬he auch KnowHow 11/2015).
Seit dem Herbst hat sich das Rohöl sogar noch mehr
verbilligt. Zwar gab es zuletzt Schlagzeilen, dass die Produzenten der
OPEC-Länder und Russland sich über ei¬ne mögliche koordinierte Senkung der
Produktion verständigen könnten. Doch Goldman Sachs Global Investment Re¬search
(GIR) geht nicht davon aus, dass es zu einem solchen Schritt kommt, es sei
denn, das globale Wachstum würde sich vom aktuellen Niveau ausgehend weiter
stark abschwächen. Auch könnten die Produzenten von Schieferöl und die anderen
Nicht-OPEC-Länder schnell darauf rea¬gieren. Der Preis dürfte volatil bleiben
und zwischen 20 und 40 Dollar je Fass pendeln.
Sicher könnte eine Fördermengenkürzung den Preis wieder über
die 40-Dollar-Mar¬ke treiben. Doch mehrere Faktoren er¬schweren derzeit einen
solchen Schritt: die aktuell hohe Volatilität am Rohölmarkt, die verbleibende
Unsicherheit über die Höhe des Überangebots, das nach wie vor schnelle
Auffüllen der Öllager und das Po¬tenzial der US-Produzenten, auf eine Kür¬zung
der Fördermengen zu reagieren.
Im vergangenen Jahr kam es im Frühjahr zu einer spürbaren
Erholung der Rohöl¬preise. Die Notierungen der kurzlaufenden Brent-Kontrakte
stiegen in der Spitze auf knapp 70 Dollar je Fass. Doch es folgte eine schnelle
Ausweitung der US-Produktion. Ein solches Szenario scheint ebenfalls
wahrscheinlich, sollten sich die Rohöl-
notierungen in Richtung 60 Dollar je Fass aufmachen. Da sich
aber die Zeitspanne von den ersten Bohrungen bis zur Förde¬rung seither weiter
verkürzt hat, könnte die Ausweitung der Produktionsmengen dann sogar noch
schneller vonstatten gehen.
KURSSCHWANKUNGEN NUTZEN
Mit Mini-Futures können Anleger über-proportional, also
gehebelt, an Kurs-schwankungen des Rohölpreises partizi-pieren. Mini-Futures
Long eignen sich bei Erwartung steigender Rohölnotierungen, während
Mini-Futures Short bei fallenden Rohölkursen vorteilhaft sind. Mini-Futu¬res
sind prinzipiell mit einer unbegrenzten Laufzeit ausgestattet und unterliegen
im Gegensatz zu klassischen Call- und Put-Optionsscheinen keinen
Volatilitätsein-flüssen. Sie bilden die Kursentwicklung des jeweiligen
Basiswerts nahezu linear ab.
Neben dem Basispreis verfügen die Minis über eine
Knock-out-Barriere. Bei Mini-Futures auf Rohöl liegt diese Grenze nach Emission
bzw. Anpassung bei Long-Pro-dukten 4 Prozent über dem Basispreis bzw. bei
Short-Produkten 4 Prozent da¬runter. Dieser Abstand, der auch als
Knock-out-Puffer bezeichnet wird, wird auf www.gs.de in der Produktübersicht
veröffentlicht. Wenn der Basiswert die Knock-out-Barriere berührt oder
durch¬schreitet, endet die Laufzeit des Mini-Fu¬tures sofort, und der Anleger
erhält gege¬benenfalls einen Restwert ausbezahlt.
Genau wie bei anderen Hebelprodukten können Anleger mit
Mini-Futures über-proportional an der Entwicklung des zu-
grundeliegenden Basiswerts partizipieren. Mit einem
Mini-Future, der zum Investi-tionszeitpunkt mit einem Hebel von 5x ausgestattet
ist, kann ein Investor bei einer Kursbewegung des Basiswerts von 1 Pro¬zent
eine Wertsteigerung von 5 Prozent er¬zielen.
WECHSELKURS BEACHTEN
Weil der Hebel in beide Richtungen wirkt, kommt es bei einer
entgegengesetzten Be-wegung auch zu einem entsprechenden Wertverlust des
Mini-Futures. Da Mini-Futures die Kursentwicklung des Basis¬werts direkt
nachvollziehen, kann ein An¬leger den Wert seines „Minis" jederzeit
ausrechnen: Er muss lediglich den aktuellen Basispreis und das Bezugsverhältnis
ken-
nen sowie den Kurs des zugrundeliegen-den Rohölkontraktes
und den EURJUSD-Wechselkurs. Die beiden Rohölsorten Brent und West Texas
Intermediate (WTI) notieren in Dollar. Der jeweils aktuell zu-grundeliegende
Futurekontrakt kann auf der Produktübersichtsseite auf www.gs.de über einen
Link eingesehen werden.
Ein Mini-Future Long auf Brent-Rohöl mit einem Basispreis
von 25 US-Dollar und einem Bezugsverhältnis von eins hät¬te bei einem
Basiswertkurs von 35 US-Dollar einen Wert von 10 Dollar. Bei einem
EUR/USD-Wechselkurs von 1,10 US-Dol¬lar entspräche das demnach 9,09 Euro. Würde
der Basiswert bei gleichbleibendem Wechselkurs um 10 Prozent auf 38,50 US-
Dollar steigen, würde der Wert des Minis auf (38,50 USD — 25
USD) / 1,10 USD/EUR = 12,27 Euro steigen — ein Plus von 35 Pro-zent.
Die Hebelwirkung wird in diesem Beispiel deutlich,
allerdings wirkt der Hebel in beide Richtungen. Sollte der Basiswert um 10
Prozent auf 31,50 US-Dollar fallen, würde der Wert des Mini-Futures Long
—wieder einen unveränderten Wechselkurs vorausgesetzt — auf 5,91 Euro sinken.
Es entstünde ein Verlust von 35 Prozent.
Der Basispreis wird börsentäglich ange¬passt, die
Knock-out-Barriere gewöhnlich einmal pro Monat. Dann wird der ur¬sprüngliche
Knock-out-Puffer wiederher-
gestellt. Mini-Futures haben wie beschrieben prinzipiell
eine unbegrenzte Laufzeit. So¬lange die Emittentin die Mini-Futures nicht
kündigt und es nicht zu einer Berührung oder zu einem Durchbrechen der
Knock-out-Barriere kommt, entscheidet der Anleger über den Einstiegs- und
Ausstiegszeitpunkt. Er trägt lediglich die Finanzierungskosten für den
Zeitraum, über den er den Mini-Future hält. Innerhalb eines Handelstages fallen
keine Finanzierungskosten an.
Die Finanzierungskosten werden dem An-leger durch eine
Anpassung des Basisprei¬ses über Nacht auferlegt. Sie setzen sich aus dem
Kurzfristzins und dem Finanzie-rungsspread zusammen. Den Finanzie-rungsspread
finden Anleger auf der Pro-duktübersichtsseite. Bei Minis auf Brent-und
WTI-Rohöl betrug er im Februar 2016 2,0 Prozent. Die Kurzfristzinsen wa¬ren zu
dieser Zeit negativ.
BESONDERHEITEN BEI ROHÖL-MINIS
Bei Mini-Futures auf Rohöl- oder andere Rohstoffkontrakte
gilt es einige Feinhei¬ten zu beachten. Ähnlich, wie es auch oft bei
Open-End-Zertifikaten der Fall ist, handelt es sich um einen Basiswert mit
ei¬ner begrenzten Laufzeit. Der Mini-Future, oder auch das Open-End-Zertifikat,
haben aber prinzipiell unbegrenzte Laufzeiten. Dieses Problem wird durch das
sogenannte „Rollen" des Kontraktes gelöst.
Mini-Futures auf Rohöl beziehen sich in der Regel auf den
Generic Front Month Future, also auf den nächstfolgenden Kon¬trakt. Bevor
dieser ausläuft, muss der Mini-Future gerollt werden, sodass er sich dann
auf den darauffolgenden Kontrakt bezieht. Da es bei Brent-
und WTI-Rohöl für jeden Kalendermonat Kontrakte gibt, kommt es auch zu
monatlichen Rollprozessen.
Dabei werden beim Rollen der Basispreis und die
Knock-out-Barriere des Minis an-gepasst. Das Bezugsverhältnis bleibt da¬gegen
unverändert. Das Rollen selbst soll wertneutral sein. Sowohl bei Long- als auch
bei Short-Mini-Futures werden Ba¬sispreis und Knock-out-Barriere nach oben
angepasst. Der neue Basispreis führt auch zu einer neuen Knock-out-Barriere.
Aktuell befindet sich die Forwardkurve der beiden
bedeutenden Rohölsorten im Contango. Das heißt, sie zeigt einen stei-genden
Verlauf. Der Rollprozess an sich ist zwar wertneutral, dennoch kann es im
Contango zu Rollverlusten kommen, wenn der zugrundeliegende Rohstoff nicht
mindestens so stark steigt, wie es die For-wardkurve impliziert. Wichtig: Ein
Käufer eines Mini-Futures Long setzt in einer Contango-Phase nicht nur darauf,
dass der Ölpreis steigt. Vielmehr erwartet er, dass der Rohölpreis stärker zulegt,
als von der Forwardkurve vorhergesagt.
Goldman Sachs hat jüngst Mini-Futures auf Brent- und
WTI-Rohöl emittiert. Auf der Website sind die Produkte unter
www.gs.de/Rohoel-Minis zu finden.
KLASSISCHE OPTIONSSCHEINE
Neben den Minis finden risikobereite An-leger auch
klassische Call- und Put-Opti-onsscheine auf Brent- und WTI-Rohöl. Wichtig:
Diese Hebelprodukte beziehen
sich immer auf einen bestimmten Kon¬trakt. Goldman Sachs hat
jüngst Opti¬onsscheine auf die Kontrakte Juni 2016, Dezember 2016, Juni 2017
und Dezem¬ber 2017 emittiert. Bei Optionsscheinen gilt es auch zu beachten,
dass neben dem Kurs des Basiswerts weitere Marktfakto¬ren den Preis
beeinflussen — allen voran die erwartete Schwankungsbreite (impli¬zite
Volatilität).
Der Optionsscheinpreis setzt sich immer aus dem Zeitwert und
dem inneren Wert zusammen. Dabei ist der Zeitwert vor Lauf-zeitende im
Regelfall positiv und nähert sich bis zum Laufzeitende null an. Wäh¬rend der
Laufzeit hängt der Zeitwert von weiteren Parametern wie beispielsweise der
impliziten Volatilität ab. Die implizite Volatilität ist eine Kennzahl für die
er¬wartete Schwankungsintensität des Basis¬werts. Und auch der Kurs des
Basiswerts selbst beeinflusst die Höhe des Zeitwerts.
heblichen Kursverlusten haben Options-scheine die Chance auf
ein Comeback. Dennoch ist das Risiko dieser Produkte hoch, sodass sich nur
erfahrene und risiko¬bereite Investoren darin engagieren sollten.
Bei Hebelprodukten nehmen die Käufer überproportional, also
mit Hebel, an Kursbewegungen des jeweiligen Rohöl-kontrakts teil. So kann eine
einprozentige
Kursbewegung beim Basiswert zu einer Bewegung von mehreren
Prozent beim Hebelprodukt führen. Durch den Hebel können hohe Gewinne
entstehen. Auf der anderen Seite kann es aber auch schnell zu hohen Verlusten
kommen, schlimms¬tenfalls sogar zum Totalverlust. Darüber hinaus gilt es, das
Emittentenrisiko zu be¬achten (siehe Seite 48).
Die Zeitwertkomponente und der Einfluss der impliziten
Volatilität unterscheiden Optionen von den meisten anderen He-belprodukten.
Anleger sollten diese Ei-genschaft kennen und können sie sogar ausnutzen. Denn
steigt die implizite Vola-tilität, so hat das auf Calls und Puts glei-chermaßen
einen wertsteigernden Effekt.
Bei Optionsscheinen wird der Zeitwert auch vom Kreditrisiko
des Emittenten be¬einflusst, was bei Produkten mit kurzen Laufzeiten kaum eine
Rolle spielt, bei Langläufern aber durchaus zu beachten ist. Im Gegensatz zu
Mini-Futures zählen Optionsscheine nicht zu den Knock-out-Produkten. Das heißt:
Die Gefahr eines Knock-outs besteht nicht. Auch nach er-heblichen Kursverlusten
haben Options-scheine die Chance auf ein Comeback. Dennoch ist das Risiko
dieser Produkte hoch, sodass sich nur erfahrene und risiko¬bereite Investoren
darin engagieren sollten.
Bei Hebelprodukten nehmen die Käufer überproportional, also
mit Hebel, an Kursbewegungen des jeweiligen Rohöl-kontrakts teil.
So kann eine
einprozentige
Kursbewegung beim Basiswert zu einer Bewegung von mehreren
Prozent beim Hebelprodukt führen. Durch den Hebel können hohe Gewinne
entstehen. Auf der anderen Seite kann es aber auch schnell zu hohen Verlusten
kommen, schlimms¬tenfalls sogar zum Totalverlust
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