Dienstag, 8. März 2016

Preisentwicklung beim Oil


Preisentwicklung beim Oil

Author D.Selzer-McKenzie


 

Die Rohölpreise verharren weiter auf sehr niedrigem Niveau. Zeitweise notierten beide bedeutenden Sorten — WTI und Brent — unter der Marke von 30 Dollar je Fass. Werden die Preise niedrig bleiben oder gar weiter fallen? Oder kann es zu einer Erholung kommen, etwa wenn sich die Förderländer auf Mengenkürzungen einigen? Mit Mini-Futures und Optionsscheinen können Anleger in beide Richtun¬gen gehebelt partizipieren.

Sucht man im Internet nach dem Begriff „Rohölmarkt", findet man weit oben ei¬nen Artikel aus der Wirtschaftspresse aus dem Herbst 2001. Damals war der Durch-schnittspreis von OPEC-Öl unter die Mar¬ke von 20 Dollar gefallen und hatte damit den Preiskorridor der OPEC von 22 bis 28 Dollar nach unten verlassen. In diese Bandbreite versuchte die Organisation erdölexportierender Länder den Rohöl¬preis zu steuern — entweder durch Förder-mengenkürzungen oder durch Auswei¬tungen der Produktionsmengen.

Heute wissen wir, dass die gewünschte Bandbreite schnell Makulatur wurde. Ab 2003 setzte das „schwarze Gold" zu ei¬nem mehrjährigen Höhenflug an, der bis zum Sommer 2008 andauern sollte. Vor allem das hohe Wirtschaftswachstum in China und anderen aufstrebenden Natio¬nen sorgte für eine starke Nachfrage. Im Juli 2008, kurz bevor die globale Finanz-und Wirtschaftskrise ihren Höhepunkt er¬reichte, stieg der Preis für einen Barrel WTI-Rohöl über 140 Dollar. Später folgten ein Kurssturz, eine spürbare Kurserholung und schließlich ein volatiler Seitwärtstrend.

AUF DEM WEG IN DEN ALTEN KORRIDOR? Im Jahr 2014 sollte dann eine neue Schwä-chephase beginnen, die noch immer an¬hält. Hatte über einen Zeitraum von meh¬reren Jahren die wachsende Nachfrage aus China und anderen Emerging Markets bei limitierten Fördermengen für steigende Rohölpreise gesorgt, so drückt seit nun¬mehr gut eineinhalb Jahren ein wachsen¬des Ölangebot — beispielsweise durch die Gewinnung von Öl aus Schiefergestein

 

(Fracking) — bei gleichzeitiger schwacher Weltkonjunktur auf die Notierungen (sie¬he auch KnowHow 11/2015).

Seit dem Herbst hat sich das Rohöl sogar noch mehr verbilligt. Zwar gab es zuletzt Schlagzeilen, dass die Produzenten der OPEC-Länder und Russland sich über ei¬ne mögliche koordinierte Senkung der Produktion verständigen könnten. Doch Goldman Sachs Global Investment Re¬search (GIR) geht nicht davon aus, dass es zu einem solchen Schritt kommt, es sei denn, das globale Wachstum würde sich vom aktuellen Niveau ausgehend weiter stark abschwächen. Auch könnten die Produzenten von Schieferöl und die anderen Nicht-OPEC-Länder schnell darauf rea¬gieren. Der Preis dürfte volatil bleiben und zwischen 20 und 40 Dollar je Fass pendeln.

Sicher könnte eine Fördermengenkürzung den Preis wieder über die 40-Dollar-Mar¬ke treiben. Doch mehrere Faktoren er¬schweren derzeit einen solchen Schritt: die aktuell hohe Volatilität am Rohölmarkt, die verbleibende Unsicherheit über die Höhe des Überangebots, das nach wie vor schnelle Auffüllen der Öllager und das Po¬tenzial der US-Produzenten, auf eine Kür¬zung der Fördermengen zu reagieren.

Im vergangenen Jahr kam es im Frühjahr zu einer spürbaren Erholung der Rohöl¬preise. Die Notierungen der kurzlaufenden Brent-Kontrakte stiegen in der Spitze auf knapp 70 Dollar je Fass. Doch es folgte eine schnelle Ausweitung der US-Produktion. Ein solches Szenario scheint ebenfalls wahrscheinlich, sollten sich die Rohöl-

 

notierungen in Richtung 60 Dollar je Fass aufmachen. Da sich aber die Zeitspanne von den ersten Bohrungen bis zur Förde¬rung seither weiter verkürzt hat, könnte die Ausweitung der Produktionsmengen dann sogar noch schneller vonstatten gehen.

KURSSCHWANKUNGEN NUTZEN

Mit Mini-Futures können Anleger über-proportional, also gehebelt, an Kurs-schwankungen des Rohölpreises partizi-pieren. Mini-Futures Long eignen sich bei Erwartung steigender Rohölnotierungen, während Mini-Futures Short bei fallenden Rohölkursen vorteilhaft sind. Mini-Futu¬res sind prinzipiell mit einer unbegrenzten Laufzeit ausgestattet und unterliegen im Gegensatz zu klassischen Call- und Put-Optionsscheinen keinen Volatilitätsein-flüssen. Sie bilden die Kursentwicklung des jeweiligen Basiswerts nahezu linear ab.

Neben dem Basispreis verfügen die Minis über eine Knock-out-Barriere. Bei Mini-Futures auf Rohöl liegt diese Grenze nach Emission bzw. Anpassung bei Long-Pro-dukten 4 Prozent über dem Basispreis bzw. bei Short-Produkten 4 Prozent da¬runter. Dieser Abstand, der auch als Knock-out-Puffer bezeichnet wird, wird auf www.gs.de in der Produktübersicht veröffentlicht. Wenn der Basiswert die Knock-out-Barriere berührt oder durch¬schreitet, endet die Laufzeit des Mini-Fu¬tures sofort, und der Anleger erhält gege¬benenfalls einen Restwert ausbezahlt.

Genau wie bei anderen Hebelprodukten können Anleger mit Mini-Futures über-proportional an der Entwicklung des zu-

grundeliegenden Basiswerts partizipieren. Mit einem Mini-Future, der zum Investi-tionszeitpunkt mit einem Hebel von 5x ausgestattet ist, kann ein Investor bei einer Kursbewegung des Basiswerts von 1 Pro¬zent eine Wertsteigerung von 5 Prozent er¬zielen.

WECHSELKURS BEACHTEN

Weil der Hebel in beide Richtungen wirkt, kommt es bei einer entgegengesetzten Be-wegung auch zu einem entsprechenden Wertverlust des Mini-Futures. Da Mini-Futures die Kursentwicklung des Basis¬werts direkt nachvollziehen, kann ein An¬leger den Wert seines „Minis" jederzeit ausrechnen: Er muss lediglich den aktuellen Basispreis und das Bezugsverhältnis ken-

 

nen sowie den Kurs des zugrundeliegen-den Rohölkontraktes und den EURJUSD-Wechselkurs. Die beiden Rohölsorten Brent und West Texas Intermediate (WTI) notieren in Dollar. Der jeweils aktuell zu-grundeliegende Futurekontrakt kann auf der Produktübersichtsseite auf www.gs.de über einen Link eingesehen werden.

Ein Mini-Future Long auf Brent-Rohöl mit einem Basispreis von 25 US-Dollar und einem Bezugsverhältnis von eins hät¬te bei einem Basiswertkurs von 35 US-Dollar einen Wert von 10 Dollar. Bei einem EUR/USD-Wechselkurs von 1,10 US-Dol¬lar entspräche das demnach 9,09 Euro. Würde der Basiswert bei gleichbleibendem Wechselkurs um 10 Prozent auf 38,50 US-

 

Dollar steigen, würde der Wert des Minis auf (38,50 USD — 25 USD) / 1,10 USD/EUR = 12,27 Euro steigen — ein Plus von 35 Pro-zent.

Die Hebelwirkung wird in diesem Beispiel deutlich, allerdings wirkt der Hebel in beide Richtungen. Sollte der Basiswert um 10 Prozent auf 31,50 US-Dollar fallen, würde der Wert des Mini-Futures Long —wieder einen unveränderten Wechselkurs vorausgesetzt — auf 5,91 Euro sinken. Es entstünde ein Verlust von 35 Prozent.

Der Basispreis wird börsentäglich ange¬passt, die Knock-out-Barriere gewöhnlich einmal pro Monat. Dann wird der ur¬sprüngliche Knock-out-Puffer wiederher-

gestellt. Mini-Futures haben wie beschrieben prinzipiell eine unbegrenzte Laufzeit. So¬lange die Emittentin die Mini-Futures nicht kündigt und es nicht zu einer Berührung oder zu einem Durchbrechen der Knock-out-Barriere kommt, entscheidet der Anleger über den Einstiegs- und Ausstiegszeitpunkt. Er trägt lediglich die Finanzierungskosten für den Zeitraum, über den er den Mini-Future hält. Innerhalb eines Handelstages fallen keine Finanzierungskosten an.

Die Finanzierungskosten werden dem An-leger durch eine Anpassung des Basisprei¬ses über Nacht auferlegt. Sie setzen sich aus dem Kurzfristzins und dem Finanzie-rungsspread zusammen. Den Finanzie-rungsspread finden Anleger auf der Pro-duktübersichtsseite. Bei Minis auf Brent-und WTI-Rohöl betrug er im Februar 2016 2,0 Prozent. Die Kurzfristzinsen wa¬ren zu dieser Zeit negativ.

BESONDERHEITEN BEI ROHÖL-MINIS

Bei Mini-Futures auf Rohöl- oder andere Rohstoffkontrakte gilt es einige Feinhei¬ten zu beachten. Ähnlich, wie es auch oft bei Open-End-Zertifikaten der Fall ist, handelt es sich um einen Basiswert mit ei¬ner begrenzten Laufzeit. Der Mini-Future, oder auch das Open-End-Zertifikat, haben aber prinzipiell unbegrenzte Laufzeiten. Dieses Problem wird durch das sogenannte „Rollen" des Kontraktes gelöst.

Mini-Futures auf Rohöl beziehen sich in der Regel auf den Generic Front Month Future, also auf den nächstfolgenden Kon¬trakt. Bevor dieser ausläuft, muss der Mini-Future gerollt werden, sodass er sich dann

 

auf den darauffolgenden Kontrakt bezieht. Da es bei Brent- und WTI-Rohöl für jeden Kalendermonat Kontrakte gibt, kommt es auch zu monatlichen Rollprozessen.

Dabei werden beim Rollen der Basispreis und die Knock-out-Barriere des Minis an-gepasst. Das Bezugsverhältnis bleibt da¬gegen unverändert. Das Rollen selbst soll wertneutral sein. Sowohl bei Long- als auch bei Short-Mini-Futures werden Ba¬sispreis und Knock-out-Barriere nach oben angepasst. Der neue Basispreis führt auch zu einer neuen Knock-out-Barriere.

Aktuell befindet sich die Forwardkurve der beiden bedeutenden Rohölsorten im Contango. Das heißt, sie zeigt einen stei-genden Verlauf. Der Rollprozess an sich ist zwar wertneutral, dennoch kann es im Contango zu Rollverlusten kommen, wenn der zugrundeliegende Rohstoff nicht mindestens so stark steigt, wie es die For-wardkurve impliziert. Wichtig: Ein Käufer eines Mini-Futures Long setzt in einer Contango-Phase nicht nur darauf, dass der Ölpreis steigt. Vielmehr erwartet er, dass der Rohölpreis stärker zulegt, als von der Forwardkurve vorhergesagt.

Goldman Sachs hat jüngst Mini-Futures auf Brent- und WTI-Rohöl emittiert. Auf der Website sind die Produkte unter www.gs.de/Rohoel-Minis zu finden.

KLASSISCHE OPTIONSSCHEINE

Neben den Minis finden risikobereite An-leger auch klassische Call- und Put-Opti-onsscheine auf Brent- und WTI-Rohöl. Wichtig: Diese Hebelprodukte beziehen

 

sich immer auf einen bestimmten Kon¬trakt. Goldman Sachs hat jüngst Opti¬onsscheine auf die Kontrakte Juni 2016, Dezember 2016, Juni 2017 und Dezem¬ber 2017 emittiert. Bei Optionsscheinen gilt es auch zu beachten, dass neben dem Kurs des Basiswerts weitere Marktfakto¬ren den Preis beeinflussen — allen voran die erwartete Schwankungsbreite (impli¬zite Volatilität).

Der Optionsscheinpreis setzt sich immer aus dem Zeitwert und dem inneren Wert zusammen. Dabei ist der Zeitwert vor Lauf-zeitende im Regelfall positiv und nähert sich bis zum Laufzeitende null an. Wäh¬rend der Laufzeit hängt der Zeitwert von weiteren Parametern wie beispielsweise der impliziten Volatilität ab. Die implizite Volatilität ist eine Kennzahl für die er¬wartete Schwankungsintensität des Basis¬werts. Und auch der Kurs des Basiswerts selbst beeinflusst die Höhe des Zeitwerts.

 

heblichen Kursverlusten haben Options-scheine die Chance auf ein Comeback. Dennoch ist das Risiko dieser Produkte hoch, sodass sich nur erfahrene und risiko¬bereite Investoren darin engagieren sollten.

Bei Hebelprodukten nehmen die Käufer überproportional, also mit Hebel, an Kursbewegungen des jeweiligen Rohöl-kontrakts teil. So kann eine einprozentige

 

Kursbewegung beim Basiswert zu einer Bewegung von mehreren Prozent beim Hebelprodukt führen. Durch den Hebel können hohe Gewinne entstehen. Auf der anderen Seite kann es aber auch schnell zu hohen Verlusten kommen, schlimms¬tenfalls sogar zum Totalverlust. Darüber hinaus gilt es, das Emittentenrisiko zu be¬achten (siehe Seite 48).

 

Die Zeitwertkomponente und der Einfluss der impliziten Volatilität unterscheiden Optionen von den meisten anderen He-belprodukten. Anleger sollten diese Ei-genschaft kennen und können sie sogar ausnutzen. Denn steigt die implizite Vola-tilität, so hat das auf Calls und Puts glei-chermaßen einen wertsteigernden Effekt.

Bei Optionsscheinen wird der Zeitwert auch vom Kreditrisiko des Emittenten be¬einflusst, was bei Produkten mit kurzen Laufzeiten kaum eine Rolle spielt, bei Langläufern aber durchaus zu beachten ist. Im Gegensatz zu Mini-Futures zählen Optionsscheine nicht zu den Knock-out-Produkten. Das heißt: Die Gefahr eines Knock-outs besteht nicht. Auch nach er-heblichen Kursverlusten haben Options-scheine die Chance auf ein Comeback. Dennoch ist das Risiko dieser Produkte hoch, sodass sich nur erfahrene und risiko¬bereite Investoren darin engagieren sollten.

Bei Hebelprodukten nehmen die Käufer überproportional, also mit Hebel, an Kursbewegungen des jeweiligen Rohöl-kontrakts teil.
So kann eine einprozentige

 

Kursbewegung beim Basiswert zu einer Bewegung von mehreren Prozent beim Hebelprodukt führen. Durch den Hebel können hohe Gewinne entstehen. Auf der anderen Seite kann es aber auch schnell zu hohen Verlusten kommen, schlimms¬tenfalls sogar zum Totalverlust

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