Santo Antao Kapverden
Reisebericht von
D.Selzer-McKenzie
https://youtu.be/STevahepONE
Santo Antäo ist das Juwel der 15 Kapverdischen Inseln:
Die vulkanische Insel liegt im Atlantik und ist
landschaftlich sehr abwechslungsreich.
Noch haben sie nicht viele Touristen für sich entdeckt -
aber das
scheint nur noch eine Frage der Zeit zu sein.
I► Bibi
ist keine Kostverächterin. Und sie kann auch ihre
Leidenschaft, das Kochen, nicht ver¬bergen. Die
Frau, deren Lebensfreude förmlich sichtbar ist, zerstößt Maiskörner in einem
riesi¬gen Mörser. Dann rüttelt sie das Maiskornge-misch, pustet kräftig darüber
hinweg und befreit so das brauchbare Korn von der Schale. Was die Hühner freut.
Mais ist Hauptbestandteil der Cachupa, dem Nationalgericht der Kapverdi¬schen
Inseln.
Schmackhafter Geheimtipp
Einladend hat Bibi im Innenhof des verwinkel¬ten Hauses ein
kleines Buffet aufgebaut. Appetit¬lich sieht das aus. Bibis Privat-Restaurant
würde man nicht finden, wenn man als Fremder alleine im wunderschönen Paul-Tal
auf der Insel Santo Antäo unterwegs wäre. Doch Bibis Söhne sorgen für Gäste:
Sie fahren sie in atemberaubender Ge-schwindigkeit zur Abbruchkante eines
fruchtba-
ren Vulkankraters hinauf. Auch Wanderführer kennen den
Geheimtipp. So hat Bibi inzwischen fast jeden Tag eine Handvoll Gäste.
Vieles an Zutaten ablesbar
Fisch ist auf dem Buffet dabei, Makrele und Thunfisch. Aber
auch Bohnen und der Mais, der überall und in Massen auf Santo Antäo angebaut
wird. In eine Cachupa, erklärt Bibi, kommt das rein, was der Familie gerade zur
Verfügung steht. An den Zutaten könne man erkennen, ob es einer Familie gut
oder schlecht geht. Bibis Gästen geht es demnach gut.
Überall sieht es anders aus
Die 15 Kapverdischen Inseln dümpeln abge¬schieden im Atlantik.
Der vulkanische Archipel gehört mit den Azoren, Kanaren und Madeira zur
Inselgruppe Makaronesien, ist aber tropi-
scher, afrikanischer und kontrastreicher als seine
nördlichen Schwestern. Santo Antäo ist gebirgig, auf der Südseite praktisch
komplett trocken, aber im Norden schlägt die Natur in üppig bewachse¬nen Tälern
über die Stränge. Wie ein Band der Wildnis schlängeln sich steile Wege über
Berg¬kuppen und durch tiefe Canyons. Unterwegs be¬gegnen einem mit Wasser
beladene Maultiere und Dorfbewohner, die hoch oben mühsam ihre Felder
bestellen. „Wenn man mit der Fähre von Mindelo auf der Nachbarinsel Säo Vicente
hier ankommt, hält man es kaum für möglich, dass bei uns Papayas, Bananen und
sogar Kaffee ge¬deihen", erzählt Luis, einer von Bibis Söhnen. Luis trägt
auf seine Art zum Auskommen der Fa¬milie bei: Er führt Urlauber über die Insel,
vor¬nehmlich im regenreichen Norden. Hier fließen Bäche durch
Zuckerrohrterrassen. Ihre lindgrü¬nen Halme und die Zuckerhutberge erinnern an
asiatische Landschaften. Die Wanderwege waren hunderte Jahre lang die einzigen
Verbindungen
wenn seine Gäste zum Beispiel selbstgemachte Marmelade
kaufen oder Rum verkosten wie in der kleinen Brennerei „Pinto e Filius".
Die Piste weiter abwärts beispielsweise röstet Isa in ihrem Minihof Kaffee aus
Eigenanbau.
In jeder Kneipe gibt es den Rachenputzer
Über ganzen Landstrichen liegt ein charakteris-tischer Duft:
Es riecht nach vergorenem Zucker-rohrsaft. Das Zuckerrohr kam mit den ersten
Sklaven aus Afrika und schon bald danach fin¬gen die Menschen auf Santo Antäo
an, Schnaps zu brennen. Anfangs war das illegal, aber nie¬mand kümmerte sich um
das Verbot. Die Behör¬den sind heute schlauer: Inzwischen sind sie am Gewinn
der Schnapsbrenner mit einer Steuer beteiligt. Grogue wird das Getränk genannt.
Es scheint wie ein Lebenselixier zu sein, andere
Bibi zaubert für ihre Gäste ein einladendes Buffet, mit
Nationalgerichten.
Stein für Stein wurde der Weg einst im Auftrag der
portugiesischen Kolonialherren gepflastert. Ein wunderschönes Fleckchen Erde im
Atlantik, mit unzähligen Blicken ins Grün rundum, und ganz weit unten liegt das
blaue, im Norden meis¬tens aufgewühlte Meer. Der ganze Hang ist ein riesiges
heißes Treibhaus ohne Glas. Zucchini wachsen auf Beeten in der Schräge,
Süßkartof¬feln dazwischen, gegenüber ein Feigenbaum oder ein Guavenstrauch.
Am nächsten Tag: Die Piste will nicht enden. Der Jeep (und
seine Insassen) werden gefordert. Die Maschine keucht, die Muskeln vibrieren.
Nach mehreren Stunden „Tanz auf dem Vulkan" glänzt Tarrafal im Abendlicht.
Das Fischerdorf ist wie aus dem Bilderbuch und hat erst seit we¬nigen Monaten
Strom. Die Unterkunft ist be¬scheiden, dafür gibt es tiefe Einblicke in das
Le¬ben einer Dorfgemeinschaft, die erst so langsam von den Errungenschaften der
Zivilisation ge¬küsst wird.
Die Fischerboote liegen im malerischen Hafen Punta do Sol.
Jupiter leuchtet, der Atlantik ist hier im Westen
spiegelglatt, zwei Segelboote ankern in der Bucht. Jungs aus dem Dorf spielen
Fußball. Über allem hört man „Saudade", das Lied der Melancholie. Die
Melodie, die heimliche Hymne der Inseln, kommt aus fast jedem Haus. Grogue
macht die Runde. Tarrafal sinkt früh in den Schlaf. Noch ist es ein
Dornröschenschlaf.
Da ist abends am Hafen von Punta do Sol schon einiges mehr
los. Der Wirt hat seine Tische unter freiem Himmel aufgestellt. Zu gegrilltem
Seehecht gibt es Platten mit Yams, Maniok, Sü߬kartoffeln und Mangold — all das
schmackhafte Grünzeug, das oben an den Hängen wächst. Später dann kommen drei
Musiker. Sie kombi¬nieren afrikanische und brasilianische Rhyth¬men
miteinander. Die Dorfschönheiten wippen dazu mit den Hüften — und so mancher
Gast lässt sich gerne anstecken.
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