Wieskirche im Allgäu Bayern
Author D.Selzer-McKenzie
https://youtu.be/GNHD_3BrMUo
Die Wieskirche in bayern gehört zu den spektakulärsten
Rokokol
die Baumeister keine besonders bekannten Größen ihrer Zeit,
sondern Künstler und bodenständige Handwerker aus der Region.
>Die Gemeinde Steingaden im Grenzland zwi¬schen
Oberbayern und dem Allgäu besteht aus 53 Ortsteilen. Der Ort selbst gehörte zur
ge¬schlossenen Hofmark des 1147 von VVelf Vl. ge¬gründeten
Prämonstratenserklosters Steingaden. Das Wappen der Gemeinde erzählt viel über
die Entstehung dieses abgelegenen Fleckens vor alpenländischer Ku¬lisse. So
gilt der Löwe mit dem Greifenkopf als ältestes Wappenbild der Welfen. Dieses
wohlhabende bayeri¬sche Herrschergeschlecht gehörte zu den großen Stif¬tern der
Region, und der Greifenlöwe wurde daher im Jahr 1441 auch in das Abteiwappen
aufgenommen. Der Turm, der auf Quadersteinen fußt, hat wohl einen rea¬len Bezug
zur Ortsgeschichte. Ein solches Steinbau- Steingaden
werk, das ein römischer Wachturm gewesen sein könnte, hat
dem Ort seinen Namen gegeben. Dieser Turm ist seit dem 16. Jahrhundert auch
Bestandteil des Klosterwappens von Steingaden. Steingaden wurde es im Zuge der
Neubildung aus den Gemein-den Urspring, Fronreiten und Lauterbach im Jahre 1939
verliehen. Heute ist der Ort ein staatlich aner-kanntes Erholungsgebiet. Auf
2900 Einwohner kom-men 600 Gästebetten. Wander- und Radeltouren lassen
Touristen in die unberührte Natur eintauchen. Im Sommer locken Konzertreihen
wie „Der festliche Sommer in der Wies" oder regelmäßige Abendkon-zerte
zusätzlich Gäste in die Region.
EINE MILLION BESUCHER
Die größte Attraktion von Steingaden ist jedoch unumstritten
die Wallfahrtskirche „Zum Gegeißelten Heiland auf der Wies". Die
Wieskirche wurde 1983
„als ein Meisterwerk menschlicher Schöpferkraft und ein
außergewöhnliches Zeugnis einer unterge-gangenen Kultur" in die
Welterbeliste aufgenom¬men. Kamen vor der Aufnahme in die UNESCO-Liste
hauptsächlich Touristen aus Deutschland nach Steingaden, hat sich dies
inzwischen geändert. Das Tourismusamt Steingaden beziffert die Besucher
mittlerweile auf rund eine Million im Jahr.
Eine Mitarbeiterin zeigt sich allerdings skeptisch über
deren Gewinn für die Gemeinde: „Das Prob¬lem ist, dass die ausländischen
Touristen — allen voran die asiatischen — nur rund 20 Minuten bei uns im Ort
bleiben. Von der Bushaltestelle brau¬chen sie fünf Minuten, um den Berg zur
Wies hi¬naufzugehen, dann zehn bis zwölf Minuten durch die Kirche und schon
sind sie wieder weg. Die Gemeinde und auch die Kirche profitieren nicht davon,
da in der Kirche kein Eintritt erhoben wird. Zusätzliche Übernachtungen fallen
auch nicht an.
Die meisten der ausländischen Touristen fahren nach dem
kurzen Kirchenrundgang gleich weiter nach Hohenschwangau."
Unscheinbar mag der Betrachter den Kirchenbau von außen
empfinden. Tritt er jedoch durch die Kir-chentür ein, erschließt sich ihm
sofort, warum so viele Menschen die weite Anreise auf sich nehmen, um das von
Kirchenarchitekturexperten als „Raum¬wunder" bezeichnete Bauwerk zu
erleben.
Die Kirche gehört zum Bistum Augsburg. Schon aus der Ferne
ist der in weißen und beigen Tönen
> Verzierte Fülle. Auch die Orgel überrascht mit
beeindruckenden Details. gehaltene Bau kaum zu übersehen. Auf einem Hü¬gel
gelegen, der nur wenige, zudem nicht allzu kräf¬tige Bäume zählt, dominiert er
alles. Der Glocken¬turm überragt die unspektakulär wirkende Kuppel. Ein ganz
anderer Eindruck bietet sich dafür im In¬neren: Das bunte Fresko, das die
Kuppeldecke ziert, lässt den Besucher nicht mehr los. Mehr und mehr Details
nehmen den Betrachter gefangen und ver¬zaubern ihn sogleich. Man könnte Stunden
im Kir¬cheninneren verbringen und würde immer wieder von Schnitzereien, Fresken
und Kunstarbeiten über¬rascht werden.
Zwei Brüder sind hauptsächlich für dieses spek-takuläre
Gesamtkunstwerk verantwortlich: Domini-kus und Johann Baptist Zimmermann. Sie
entschie¬den sich als Stilrichtung für Rokoko, das zu dieser Zeit der
dominierende Baustil war und in erster Linie mit seinen großzügigen und satten
Verzierungen bestach und besticht. Ein spannender Aspekt rund um die
beteiligten Baumeister und Künstler ist, dass sie allesamt einen ländlichen und
regionalen Hin¬tergrund hatten und mit diesem Bauwerk ihr über¬ragendes Lebens-
und Meisterwerk ablieferten.
PRACHTVOLLES ROKOKO
Anstelle symmetrischer Formen und gerader Um-randungen
wurden von den Künstlern geschwun¬gene Linien und großzügige Verzierungen
gesetzt. Die daraus resultierende Wirkung verhalf der eigent¬lich bescheidenen
Größe der Kirche zu majestätisch-prachtvollem Glanz. Die detaillierten
Verzierungen und Verschnörkelungen an noch so unbedeutend erscheinenden Stellen
verleihen dem Kirchenraum eine Atmosphäre der Bedeutsamkeit.
Die Bauherren dieses höchst kostenintensiven Bauwerks—der
Abt und der Konvent von Steingaden — machten den Künstlern anscheinend keine
Kos-tenvorgaben. Die Freigiebigkeit zeigt sich besonders in den Details wie
Monstranzen und prächtigen Kelchen. Zu Recht gilt die Wieskirche als eine der prachtvollsten
Rokokokirchen in Süddeutschland
In dieser Hinsicht kann sie es selbst mit einem Dom
aufnehmen, der nicht so reich mit Verzierungen bedacht wurde. Heute sorgen eine
im Jahr 1959 erbaute Orgel und die sieben Kirchturmglocken für ein weihevolles
musikalisches Pendant zur baulichen Pracht. Interessant ist die Betrachtung der
Wieskir-che auch unter dem Gesichtspunkt der Geistesauf¬fassung ihrer
Entstehungszeit. Das 18. Jahrhundert war das Zeitalter des Rationalismus. In
dieser Hin¬sicht ist die „Wies" mit ihren bis in kleinste Einzel¬heiten
durchdachten Winkeln voll und ganz Kind ihrer Zeit.
Auch in der damaligen theologischen Ausein¬andersetzung
zeigt sich dies. So wurde die Wall¬fahrtskirche in dieser einsamen Gegend von
zeitge¬nössischen Kritikern als „ganz unnützes Gebäude" bezeichnet. Aus
heutiger Sicht ist die Bedeutung der Wieskirche eine ganz andere. Sie ist
allein für die große Mehrheit der Besucher der Grund, in die Region zu reisen.
Der massenhafte Durchlauf von Touristen bringt aber auch eine Beeinträchtigung
der Gottesdienste mit sich. Dazu kommen die immer beliebter werdenden
Wallfahrten, die zusätzlich Ressourcen in Anspruch nehmen.
Es ist ein großes Anliegen des ansässigen Pfar¬rers, die
alten Wallfahrten, die ihren historischen
Ursprung in Tirol, dem Salzburger Land, Oberöster-reich und
Vorarlberg haben, wiederzubeleben. Wie intensiv Wallfahrten früher betrieben
wurden, belegt eine Zahl, die der Landesarchivar von Vorarlberg ermittelte:
Mehr als 200 Pfarreien zogen allein aus Vorarlberg bis zur Säkularisation zum
„Wiesheiland".
Auch musikalisch lockt die Wieskirche heute Gäste an, so zum
Beispiel mit der Reihe „Musik und Wort in der Wieskirche" oder mit der
Einbindung von Chören und Musikkapellen aus anderen Regi¬onen, die an den
Gottesdiensten teilnehmen. Kein Wunder also, dass bei diesem Gästeaufkommen und
den zahlreichen Veranstaltungen ständige Re-staurierungen notwendig sind. So
wurden zum Beispiel zuletzt ein Geißelheilandbild und ein Bild des Auferstandenen
aus der Schule von Jörg Lede¬rer aus Kaufbeuren, das circa 1520 entstand,
erfolg¬reich restauriert.
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