Sonntag, 6. März 2016

Wieskirche im Allgäu Bayern


Wieskirche im Allgäu Bayern

Author D.Selzer-McKenzie

https://youtu.be/GNHD_3BrMUo

Die Wieskirche in bayern gehört zu den spektakulärsten Rokokol

die Baumeister keine besonders bekannten Größen ihrer Zeit, sondern Künstler und bodenständige Handwerker aus der Region.

>Die Gemeinde Steingaden im Grenzland zwi¬schen Oberbayern und dem Allgäu besteht aus 53 Ortsteilen. Der Ort selbst gehörte zur ge¬schlossenen Hofmark des 1147 von VVelf Vl. ge¬gründeten Prämonstratenserklosters Steingaden. Das Wappen der Gemeinde erzählt viel über die Entstehung dieses abgelegenen Fleckens vor alpenländischer Ku¬lisse. So gilt der Löwe mit dem Greifenkopf als ältestes Wappenbild der Welfen. Dieses wohlhabende bayeri¬sche Herrschergeschlecht gehörte zu den großen Stif¬tern der Region, und der Greifenlöwe wurde daher im Jahr 1441 auch in das Abteiwappen aufgenommen. Der Turm, der auf Quadersteinen fußt, hat wohl einen rea¬len Bezug zur Ortsgeschichte. Ein solches Steinbau-       Steingaden

werk, das ein römischer Wachturm gewesen sein könnte, hat dem Ort seinen Namen gegeben. Dieser Turm ist seit dem 16. Jahrhundert auch Bestandteil des Klosterwappens von Steingaden. Steingaden wurde es im Zuge der Neubildung aus den Gemein-den Urspring, Fronreiten und Lauterbach im Jahre 1939 verliehen. Heute ist der Ort ein staatlich aner-kanntes Erholungsgebiet. Auf 2900 Einwohner kom-men 600 Gästebetten. Wander- und Radeltouren lassen Touristen in die unberührte Natur eintauchen. Im Sommer locken Konzertreihen wie „Der festliche Sommer in der Wies" oder regelmäßige Abendkon-zerte zusätzlich Gäste in die Region.

EINE MILLION BESUCHER

Die größte Attraktion von Steingaden ist jedoch unumstritten die Wallfahrtskirche „Zum Gegeißelten Heiland auf der Wies". Die Wieskirche wurde 1983

 

„als ein Meisterwerk menschlicher Schöpferkraft und ein außergewöhnliches Zeugnis einer unterge-gangenen Kultur" in die Welterbeliste aufgenom¬men. Kamen vor der Aufnahme in die UNESCO-Liste hauptsächlich Touristen aus Deutschland nach Steingaden, hat sich dies inzwischen geändert. Das Tourismusamt Steingaden beziffert die Besucher mittlerweile auf rund eine Million im Jahr.

Eine Mitarbeiterin zeigt sich allerdings skeptisch über deren Gewinn für die Gemeinde: „Das Prob¬lem ist, dass die ausländischen Touristen — allen voran die asiatischen — nur rund 20 Minuten bei uns im Ort bleiben. Von der Bushaltestelle brau¬chen sie fünf Minuten, um den Berg zur Wies hi¬naufzugehen, dann zehn bis zwölf Minuten durch die Kirche und schon sind sie wieder weg. Die Gemeinde und auch die Kirche profitieren nicht davon, da in der Kirche kein Eintritt erhoben wird. Zusätzliche Übernachtungen fallen auch nicht an.

Die meisten der ausländischen Touristen fahren nach dem kurzen Kirchenrundgang gleich weiter nach Hohenschwangau."

Unscheinbar mag der Betrachter den Kirchenbau von außen empfinden. Tritt er jedoch durch die Kir-chentür ein, erschließt sich ihm sofort, warum so viele Menschen die weite Anreise auf sich nehmen, um das von Kirchenarchitekturexperten als „Raum¬wunder" bezeichnete Bauwerk zu erleben.

Die Kirche gehört zum Bistum Augsburg. Schon aus der Ferne ist der in weißen und beigen Tönen

> Verzierte Fülle. Auch die Orgel überrascht mit beeindruckenden Details. gehaltene Bau kaum zu übersehen. Auf einem Hü¬gel gelegen, der nur wenige, zudem nicht allzu kräf¬tige Bäume zählt, dominiert er alles. Der Glocken¬turm überragt die unspektakulär wirkende Kuppel. Ein ganz anderer Eindruck bietet sich dafür im In¬neren: Das bunte Fresko, das die Kuppeldecke ziert, lässt den Besucher nicht mehr los. Mehr und mehr Details nehmen den Betrachter gefangen und ver¬zaubern ihn sogleich. Man könnte Stunden im Kir¬cheninneren verbringen und würde immer wieder von Schnitzereien, Fresken und Kunstarbeiten über¬rascht werden.

Zwei Brüder sind hauptsächlich für dieses spek-takuläre Gesamtkunstwerk verantwortlich: Domini-kus und Johann Baptist Zimmermann. Sie entschie¬den sich als Stilrichtung für Rokoko, das zu dieser Zeit der dominierende Baustil war und in erster Linie mit seinen großzügigen und satten Verzierungen bestach und besticht. Ein spannender Aspekt rund um die beteiligten Baumeister und Künstler ist, dass sie allesamt einen ländlichen und regionalen Hin¬tergrund hatten und mit diesem Bauwerk ihr über¬ragendes Lebens- und Meisterwerk ablieferten.

PRACHTVOLLES ROKOKO

Anstelle symmetrischer Formen und gerader Um-randungen wurden von den Künstlern geschwun¬gene Linien und großzügige Verzierungen gesetzt. Die daraus resultierende Wirkung verhalf der eigent¬lich bescheidenen Größe der Kirche zu majestätisch-prachtvollem Glanz. Die detaillierten Verzierungen und Verschnörkelungen an noch so unbedeutend erscheinenden Stellen verleihen dem Kirchenraum eine Atmosphäre der Bedeutsamkeit.

Die Bauherren dieses höchst kostenintensiven Bauwerks—der Abt und der Konvent von Steingaden — machten den Künstlern anscheinend keine Kos-tenvorgaben. Die Freigiebigkeit zeigt sich besonders in den Details wie Monstranzen und prächtigen Kelchen. Zu Recht gilt die Wieskirche als eine der prachtvollsten Rokokokirchen in Süddeutschland

In dieser Hinsicht kann sie es selbst mit einem Dom aufnehmen, der nicht so reich mit Verzierungen bedacht wurde. Heute sorgen eine im Jahr 1959 erbaute Orgel und die sieben Kirchturmglocken für ein weihevolles musikalisches Pendant zur baulichen Pracht. Interessant ist die Betrachtung der Wieskir-che auch unter dem Gesichtspunkt der Geistesauf¬fassung ihrer Entstehungszeit. Das 18. Jahrhundert war das Zeitalter des Rationalismus. In dieser Hin¬sicht ist die „Wies" mit ihren bis in kleinste Einzel¬heiten durchdachten Winkeln voll und ganz Kind ihrer Zeit.

Auch in der damaligen theologischen Ausein¬andersetzung zeigt sich dies. So wurde die Wall¬fahrtskirche in dieser einsamen Gegend von zeitge¬nössischen Kritikern als „ganz unnützes Gebäude" bezeichnet. Aus heutiger Sicht ist die Bedeutung der Wieskirche eine ganz andere. Sie ist allein für die große Mehrheit der Besucher der Grund, in die Region zu reisen. Der massenhafte Durchlauf von Touristen bringt aber auch eine Beeinträchtigung der Gottesdienste mit sich. Dazu kommen die immer beliebter werdenden Wallfahrten, die zusätzlich Ressourcen in Anspruch nehmen.

Es ist ein großes Anliegen des ansässigen Pfar¬rers, die alten Wallfahrten, die ihren historischen

 

Ursprung in Tirol, dem Salzburger Land, Oberöster-reich und Vorarlberg haben, wiederzubeleben. Wie intensiv Wallfahrten früher betrieben wurden, belegt eine Zahl, die der Landesarchivar von Vorarlberg ermittelte: Mehr als 200 Pfarreien zogen allein aus Vorarlberg bis zur Säkularisation zum „Wiesheiland".

Auch musikalisch lockt die Wieskirche heute Gäste an, so zum Beispiel mit der Reihe „Musik und Wort in der Wieskirche" oder mit der Einbindung von Chören und Musikkapellen aus anderen Regi¬onen, die an den Gottesdiensten teilnehmen. Kein Wunder also, dass bei diesem Gästeaufkommen und den zahlreichen Veranstaltungen ständige Re-staurierungen notwendig sind. So wurden zum Beispiel zuletzt ein Geißelheilandbild und ein Bild des Auferstandenen aus der Schule von Jörg Lede¬rer aus Kaufbeuren, das circa 1520 entstand, erfolg¬reich restauriert.














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