Richard Sorge (1895-1944) Spion
Author D. Selzer-McKenzie
https://youtu.be/iGS3bh8BReU
Richard Sorge (russisch Рихард Зорге; * 22. Septemberjul./
4. Oktober 1895greg. in Sabuntschi, Baku, Russisches Reich, heute
Aserbaidschan; † 7. November 1944 in Toshima, Stadt Tokio (heute: Tokio),
Japan) war ein sowjetischer Kommunist russisch-deutscher Abstammung und
deutscher Staatsangehörigkeit. Er war während des Zweiten Weltkriegs als
Journalist und Spion für die Sowjetunion in Japan tätig. Sein Pseudonym lautete
R. Sonter, sein GRU-Deckname „Ramsay“.
Er verfasste 1941 den bekannten und – aus historischer Sicht
− kriegsentscheidenden Funkspruch, dass das durch den Dreimächtepakt mit dem
nationalsozialistischen Deutschland und dem faschistischen Italien verbündete
Japan die Sowjetunion nicht angreifen werde.
Leben
Haus in Sabuntschi, in dem Richard Sorge von 1895 bis 1898
lebte
Sorge (links) im Ersten Weltkrieg mit Erich Correns, 1915
Gedenktafel am Haus, Weidenweg 29, in Berlin-Friedrichshain
Richard Sorges Eltern waren der deutsche Ingenieur Wilhelm
Sorge und dessen russische Frau Nina (geb. Kobelew). Er hatte insgesamt acht
Geschwister. Sorge wurde 1895 in Sabuntschi, einem Vorort von Baku, geboren, wo
sein Vater in der Ölindustrie arbeitete. 1898 zog die Familie von Aserbaidschan
nach Berlin, wo er die Oberrealschule Lichterfelde besuchte.[1] Richard Sorges
Großonkel Friedrich Adolf Sorge war einer der Weggefährten von Karl Marx und
Mitbegründer der Ersten Internationalen.
Bei Beginn des Ersten Weltkriegs meldete sich Sorge
freiwillig zum Militärdienst. Er trat in ein Artilleriebataillon ein und wurde
an die Westfront versetzt. Dort wurde er im März 1916 durch Granatsplitter
schwer verwundet, wobei ihm beide Beine brachen. Durch die Verwundung blieb er
für den Rest seines Lebens körperlich beeinträchtigt. Er wurde jedoch zum
Unteroffizier befördert und erhielt das Eiserne Kreuz. Während seiner Genesung
befasste sich Sorge mit den Werken von Karl Marx und Friedrich Engels. Noch als
Soldat begann er 1916 mit einem Studium der Nationalökonomie und der
Philosophie in Berlin, dann in Kiel, wo er Kurt Albert Gerlach kennenlernte und
als dessen Assistent am Kieler Institut für Weltwirtschaft er tätig war. Sorge
wurde 1919 in Hamburg zum Dr. rer. pol. promoviert mit der Arbeit Die
Reichstarife des Zentralverbandes deutscher Konsumvereine. Er beteiligte sich
an den KP-Umsturzunruhen in Hamburg (Sülzeunruhen). Er war seit 1917 Mitglied
der USPD und trat im Oktober 1919 der KPD bei. Sorge folgte Gerlach an die TH
Aachen, aber wegen der aktiven Teilnahme an bewaffneten Abwehrkämpfen gegen den
Kapp-Putsch verlor er seine Assistentenstelle. Er arbeitete dann mehrere Monate
in einem Bergwerk unter Tage.
1921 heiratete er Christiane Gerlach,[2] die geschiedene Frau
seines Professors Kurt Albert Gerlach. In Solingen wurde er Redakteur der
Bergischen Arbeiterstimme, schied allerdings auf Wunsch seiner Genossen im
Oktober 1922 wieder aus. Er zog nach Frankfurt am Main und wurde Mitglied in
der Gesellschaft für Sozialforschung, dem formellen Verein für die Gründung des
Instituts für Sozialforschung. Er wurde dort wieder Assistent Gerlachs.[3]
Sorge organisierte zu Pfingsten 1923 in Thüringen die Erste Marxistische
Arbeitswoche, an der u. a. Felix Weil, Karl Korsch, Georg Lukács, Friedrich
Pollock, Karl August Wittfogel, Julian Gumperz teilnahmen. Sorge war 1924 einer
der beiden Hauptassistenten des Instituts.[4] Sorge war seit 1919 intensiv auch
schon konspirativ für die KPD tätig. 1923 beteiligte er sich am kommunistischen
Revolutionsversuch im Ruhrgebiet. Auf dem illegalen Parteitag der KPD in
Frankfurt (7.–10. April 1924) nahm er vermutlich Kontakt zu höheren
Komintern-Funktionären auf und wurde als Agent angeworben.
Tätigkeit im Nachrichtendienst
1924 reiste er nach Moskau, wo er seine Kontakte zum
sowjetischen Geheimdienst verstärkte. Seine Frau und er wurden zunächst im
Hotel Lux untergebracht.[5] 1925 wurde Sorge Mitglied der KPdSU. Ab 1929
spionierte er als deutscher Pressevertreter getarnt für den sowjetischen
Geheimdienst in China. Er arbeitete in den nächsten Jahren ausschließlich für
die GRU unter Jan Bersin. Sein Deckname war „Ramsai“.[6] 1930 wurde er nach
Shanghai entsandt, wo er Ruth Werner und den japanischen Journalisten Ozaki
Hotsumi kennenlernte, mit dem er später zusammenarbeitete. Anschließend reiste
er wieder nach Deutschland – mit dem Auftrag, als deutscher Journalist nach
Japan zu gelangen und von dort an den sowjetischen Geheimdienst zu berichten.
Am 6. September 1933 kam er in Yokohama an. Offiziell arbeitete er als
Korrespondent der Frankfurter Zeitung. In den folgenden Jahren baute er ein
Netzwerk aus Informanten auf, die bis in höchste japanische Regierungskreise
reichten. Geleitet wurde Sorge in den Jahren 1936/37 von Moskau aus durch Boris
Guds, der zuvor seit 1934 für zwei Jahre in Tokio als Botschaftssekretär tätig
war.
Über Ozaki Hotsumi lernte er sogar den japanischen Premier
Konoe Fumimaro kennen. Ozaki kopierte geheime Dokumente, die Sorge nach Moskau
weiterreichte. Offiziell trat Sorge der NSDAP bei, arbeitete mit dem deutschen
Nachrichtendienst zusammen und redigierte das Informationsblatt der deutschen
Botschaft. Sorge gelang es auch, einen großen Einfluss auf den Botschafter
Eugen Ott auszuüben. Somit konnte er die Zuverlässigkeit seiner Quellen
überprüfen. Er informierte den sowjetischen Nachrichtendienst u. a. über den
Antikomintern-Pakt zwischen dem Deutschen Reich und Japan und warnte vor dem
Angriff auf Pearl Harbor. Am 1. Juni 1941 und zwei Tage vor dem Überfall der
Wehrmacht auf die Sowjetunion (Unternehmen Barbarossa) warnte er die GRU mit
genauen Informationen über den Tag, die Stärke und die Richtungen des Angriffs,
die jedoch von Stalin als Fehlinformationen ignoriert wurden.[7]
Vor der Schlacht um Moskau übermittelte Richard Sorge die
Information, dass Japan die Sowjetunion nicht, wie befürchtet, im Fernen Osten
angreifen würde. Durch diese Information konnte Marschall Schukow Truppen aus
Sibirien abziehen und den deutschen Vormarsch 25 km vor Moskau stoppen. Die
deutsche Niederlage vor Moskau ließ den Blitzkrieg gegen die Sowjetunion
endgültig scheitern. Daran erinnert am Ort des weitesten deutschen Vordringens
bei Chimki an der Moskauer Stadtgrenze das Denkmal Jeschi.
Seit 1939 hatte Richard Sorge gemeinsam mit seinem Funker
Max Clausen über 65.000 Wörter in 141 Funksprüchen sowie zahlreiche Mikrofilme
per Kurier nach Moskau übersandt. Die allgemein verbreitete Auffassung, Sorges
Funksprüche seien abgehört worden, dürfte ebenso unzutreffend sein wie die
Verdächtigungen gegen seinen Funker. Zum Verhängnis wurde ihm vielmehr die
Observierung japanischer Exilkommunisten durch die japanische Geheimpolizei
Tokkō, in deren Verlauf eine seiner Kontaktpersonen enttarnt wurde. Sein
Gehilfe Ozaki wurde am 15. Oktober, Sorge selbst am 18. Oktober 1941 verhaftet.
Am Jahrestag der Oktoberrevolution, dem 7. November 1944,
wurden Richard Sorge und Ozaki Hotsumi in Japan gehängt. Richard Sorge wurde
dort auch beerdigt. Später verlegte Sorges Geliebte Ishii Hanako sein Grab vom
Friedhof Zōshigaya in der Nähe des Sugamo-Gefängnis in Tokios Stadtteil
Ikebukuro. In den 1970er Jahren wurden das Gefängnis und der dazugehörige
Friedhof jedoch abgerissen und Sorges Grab wurde auf den Friedhof Tama westlich
von Tokio verlegt, wo bis heute ein Grabmal an ihn erinnert.
Für Stalin stellte Sorge ein Sicherheitsrisiko dar, weil
Sorge Stalins schwerwiegende Fehleinschätzung bezüglich des Unternehmens
Barbarossa bekannt war. Das würde auch erklären, warum Sorge von Moskau
fallengelassen wurde.
Nach seiner Rehabilitierung während des Tauwetters der
Chruschtschow-Ära wurde ihm 1964 postum der Titel Held der Sowjetunion
verliehen.
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