Montag, 17. Dezember 2018

Tomaten-Metabolom-Veränderungen Author Dr. D. Selzer-McKenzie Youtube:https://youtu.be/WKsVjXNEBBQ Wie der Mensch das Tomaten-Metabolom verändert Die Tomate, das bei deutschen Verbrauchern beliebteste Gemüse, blickt auf eine lange Phase der Kultivierung durch den Menschen zu¬rück. Die Bestimmung des Metaboloms von Wildarten und modernen Kultursorten mit neuen Analysemethoden deckt auf, wie die Selektion auf Tomatenpflanzen mit großen Früchten durch den Menschen im Lauf der Jahrhunderte auch die Inhaltsstoffe der Früchte beeinflußt hat. Zurückführen läßt sich das auf Gene in der Nachbarschaft der fruit weight Gene, die bei der Selektion auf große Früchte als Trittbrettfahrer mit vererbt wurden. Die Tomate (Abbildung) ist in Deutschland das mit Abstand belieb-teste Gemüse: 2016 konsumierte jeder Bundesbürger im Durchschnitt 26,2 kg der roten Früchte (http:// WWW. bmel-s tatis tik d e //fil e a dmin/ user_upload/monatsberichte/ GBT-0070004-2016.pdf). Tomaten wurden bereits von den Maya in den Anden Südameri¬kas kultiviert und gelangten über Mittelamerika nach Europa. Die Früchte der Wildtomate Solanum pimpinellifolium sind nicht größer als Erbsen mit einem durchschnittli¬chen Gewicht von etwa 2 g [1]. Sie enthalten bitter schmeckende und teilweise sogar giftige Stoffe. Durch Domestikation wurden viele Gene-rationen lang jeweils die Individuen mit bestimmten für den menschli-chen Verzehr positiven Eigenschaf-ten ausgewählt und vermehrt. Frü¬he domestizierte Tomaten, Sola-num lycopersicum var. cerasifor-me, hatten Früchte der Größe einer Kirsche mit einem Geweicht von durchschnittlich etwa 13 g. Weitere Züchtung durch Kreuzen von To-matenpflanzen mit verschiedenen Eigenschaften führte zu den uns heute bekannten Tomatenpflanzen mit Früchten mit einem durch-schnittlichen Gewicht von etwa 114 g. Domestikation und Züchtung führten also zu einer hundertfachen Zunahme der Fruchtgröße. Dies lässt sich auf die Selektion für eini¬ge fruit weight (fw) Genorte zu¬rückführen. Da die Selektion der fw Gene für die zunehmende Größe der Früchte sorgte, wurde untersucht, ob die fw Gene auch einen Einfluss auf die Metabolite haben. Dabei stellte sich heraus, dass acht Metabolite mit dem fw11.3 Gen korrelierten [1, 2]. Doch beeinflusst dieses Gen diese Metabolite direkt? Tatsächlich vari-ierte die Fruchtgröße in Tomatenli-nien mit unterschiedlichen Allelen des fw//.3 Gens sehr stark, die acht Metabolite waren jedoch nicht ver-ändert. Wurde das Gen in Wildtoma-ten, Solanum pimpinellifolium, eingebracht, zeigten die transgenen Pflanzen ebenfalls keine Verände¬rung in den Metaboliten. Das fw//.3 Gen scheint also nicht direkt für die Veränderung der Metabolite verant-wortlich zu sein, die mit der Selekti¬on auf größere Früchte einhergeht, Tatsächlich fanden die Forscher in der Umgebung des fw//.3 Gens andere Gene, die für die Produktion der acht Metabolite verantwortlich sein könnten und die quasi als Tritt-brettfahrer mit vererbt wurden. Während der Domestikation nahm auch der Gehalt an bestimm-ten Bitterstoffen, den Steroid-Glyko-alkaloiden ab, die in Wildtomaten in sehr hoher Konzentration vorkom-men. Wegen ihres bitteren Ge-schmacks unterlagen sie einer sehr starken negativen Selektion durch den Menschen. Mit dem Verlust der Steroid-Glykoalkaloide nahm aller-dings auch die Resistenz der Toma-ten gegenüber Krankheiten ab. Heu¬te wirkt man diesem Trend entgegen und nutzt gezielt Wildtomaten, um die Resistenz der Kultursorten wie-der zu erhöhen. Da viele Resistenz-gene aus Wildarten mit nicht genieß-baren Früchten stammen, ist davon auszugehen, dass sich das auf die Inhaltsstoffe der Früchte auswirkt. Rosa (Pinke) Tomaten erfreuen sich steigender Beliebtheit. Deren reduzierter Gehalt an Flavonoiden, die ansonsten für die dunkle Farbe der Tomatenepidermis verantwort-lich sind, ließ sich auf Mutationen im Gen des Transkriptionsfaktor SIMYB12 zurückführen [3]. Die Forscher identifizierten 122 Metabo-lite, deren Gehalt sich in 44 Linien mit rosa Früchten und in 191 Linien mit roten Früchten unterschied [1]. Um festzustellen, ob SIMYB12 direkt für den Unterschied dieser Metaboli-te in den rosa und roten Früchten verantwortlich ist, haben die For- scher das SIMYB12 Gen in der roten Linie MONEYMAKER mittels der neuen Genschere CRISPR/Cas aus-geschaltet. Die Ausbildung von rosa Früchten in den modifizierten Toma¬tenpflanzen bewies, dass die Strate¬gie erfolgreich war. In den modifi¬zierten Pflanzen war die Expression von Genen verändert, die direkt von SIMYB12 reguliert werden und die an der Synthese der Farbstoffe betei¬ligt sind. Zusätzlich waren weitere Gene verändert, die an der Synthese von Metaboliten beteiligt sind, die sich in rosa und roten Linien unter¬scheiden. Man geht daher davon aus, dass der Transkriptionsfaktor SIMYB12 einen indirekten Einfluss auf diese weiteren Gene hat, z.B. durch Regulation von anderen Transkriptionsfaktoren, die dann ihrerseits die Biosynthese-Gene der Metabolite regulieren. Insgesamt konnten die Forscher sowohl einen direkten als auch ei¬nen indirekten Effekt menschlicher Einflussnahme auf die Inhaltsstoffe und damit letztendlich auf den Ge-schmack der Tomatenfrüchte beob-achten. Durch die Fokussierung der Züchtung auf Tomaten mit einem geringen Gehalt an Bitterstoffen wurde das Metabolom direkt beein-flusst. Durch den Zusammenhang der Fruchtgröße mit den Inhaltsstof-fen wurde das Metabolom indirekt beeinflusst. Ferner konnte gezeigt werden, dass ein Transkriptionsfak-tor, der direkt Gene für die Pigmen-tierung der Tomatenepidermis be-einflusst, indirekt auch Gene für die Inhaltsstoffe beeinflusst. Damit eröffnet die umfassende Charakterisierung des Tomaten-Metaboloms die Perspektive, Gene für bestimmte Metabolite einzubrin¬gen, die für den guten Geschmack oder eine gesundheitsfördernde Wirkung sorgen, ohne andere positi¬ven Eigenschaften wie die Resistenz gegen Krankheiten oder die Lager-fähigkeit der Früchte negativ zu beeinflussen.

Tomaten-Metabolom-Veränderungen
Author Dr. D. Selzer-McKenzie
Youtube:https://youtu.be/WKsVjXNEBBQ


Wie der Mensch das Tomaten-Metabolom verändert
Die Tomate, das bei deutschen Verbrauchern beliebteste Gemüse, blickt auf eine lange Phase der Kultivierung durch den Menschen zu¬rück. Die Bestimmung des Metaboloms von Wildarten und modernen Kultursorten mit neuen Analysemethoden deckt auf, wie die Selektion auf Tomatenpflanzen mit großen Früchten durch den Menschen im Lauf der Jahrhunderte auch die Inhaltsstoffe der Früchte beeinflußt hat. Zurückführen läßt sich das auf Gene in der Nachbarschaft der fruit weight Gene, die bei der Selektion auf große Früchte als Trittbrettfahrer mit vererbt wurden.
Die Tomate (Abbildung) ist in Deutschland das mit Abstand belieb-teste Gemüse: 2016 konsumierte jeder Bundesbürger im Durchschnitt 26,2 kg der roten Früchte (http:// WWW. bmel-s tatis tik d e //fil e a dmin/ user_upload/monatsberichte/ GBT-0070004-2016.pdf).
Tomaten wurden bereits von den Maya in den Anden Südameri¬kas kultiviert und gelangten über Mittelamerika nach Europa. Die Früchte der Wildtomate Solanum pimpinellifolium sind nicht größer als Erbsen mit einem durchschnittli¬chen Gewicht von etwa 2 g [1]. Sie enthalten bitter schmeckende und teilweise sogar giftige Stoffe. Durch Domestikation wurden viele Gene-rationen lang jeweils die Individuen mit bestimmten für den menschli-chen Verzehr positiven Eigenschaf-ten ausgewählt und vermehrt. Frü¬he domestizierte Tomaten, Sola-num lycopersicum var. cerasifor-me, hatten Früchte der Größe einer Kirsche mit einem Geweicht von durchschnittlich etwa 13 g. Weitere Züchtung durch Kreuzen von To-matenpflanzen mit verschiedenen Eigenschaften führte zu den uns heute bekannten Tomatenpflanzen mit Früchten mit einem durch-schnittlichen Gewicht von etwa 114 g. Domestikation und Züchtung führten also zu einer hundertfachen Zunahme der Fruchtgröße. Dies lässt sich auf die Selektion für eini¬ge fruit weight (fw) Genorte zu¬rückführen.

Da die Selektion der fw Gene für die zunehmende Größe der Früchte sorgte, wurde untersucht, ob die fw Gene auch einen Einfluss auf die Metabolite haben. Dabei stellte sich heraus, dass acht Metabolite mit dem fw11.3 Gen korrelierten [1, 2]. Doch beeinflusst dieses Gen diese Metabolite direkt? Tatsächlich vari-ierte die Fruchtgröße in Tomatenli-nien mit unterschiedlichen Allelen des fw//.3 Gens sehr stark, die acht Metabolite waren jedoch nicht ver-ändert. Wurde das Gen in Wildtoma-ten, Solanum pimpinellifolium, eingebracht, zeigten die transgenen Pflanzen ebenfalls keine Verände¬rung in den Metaboliten. Das fw//.3 Gen scheint also nicht direkt für die Veränderung der Metabolite verant-wortlich zu sein, die mit der Selekti¬on auf größere Früchte einhergeht, Tatsächlich fanden die Forscher in der Umgebung des fw//.3 Gens andere Gene, die für die Produktion der acht Metabolite verantwortlich sein könnten und die quasi als Tritt-brettfahrer mit vererbt wurden.
Während der Domestikation nahm auch der Gehalt an bestimm-ten Bitterstoffen, den Steroid-Glyko-alkaloiden ab, die in Wildtomaten in
sehr hoher Konzentration vorkom-men. Wegen ihres bitteren Ge-schmacks unterlagen sie einer sehr starken negativen Selektion durch den Menschen. Mit dem Verlust der Steroid-Glykoalkaloide nahm aller-dings auch die Resistenz der Toma-ten gegenüber Krankheiten ab. Heu¬te wirkt man diesem Trend entgegen und nutzt gezielt Wildtomaten, um die Resistenz der Kultursorten wie-der zu erhöhen. Da viele Resistenz-gene aus Wildarten mit nicht genieß-baren Früchten stammen, ist davon auszugehen, dass sich das auf die Inhaltsstoffe der Früchte auswirkt.
Rosa (Pinke) Tomaten erfreuen sich steigender Beliebtheit. Deren reduzierter Gehalt an Flavonoiden, die ansonsten für die dunkle Farbe der Tomatenepidermis verantwort-lich sind, ließ sich auf Mutationen im Gen des Transkriptionsfaktor SIMYB12 zurückführen [3]. Die Forscher identifizierten 122 Metabo-lite, deren Gehalt sich in 44 Linien mit rosa Früchten und in 191 Linien mit roten Früchten unterschied [1]. Um festzustellen, ob SIMYB12 direkt für den Unterschied dieser Metaboli-te in den rosa und roten Früchten verantwortlich ist, haben die For-

scher das SIMYB12 Gen in der roten Linie MONEYMAKER mittels der neuen Genschere CRISPR/Cas aus-geschaltet. Die Ausbildung von rosa Früchten in den modifizierten Toma¬tenpflanzen bewies, dass die Strate¬gie erfolgreich war. In den modifi¬zierten Pflanzen war die Expression von Genen verändert, die direkt von SIMYB12 reguliert werden und die an der Synthese der Farbstoffe betei¬ligt sind. Zusätzlich waren weitere Gene verändert, die an der Synthese von Metaboliten beteiligt sind, die sich in rosa und roten Linien unter¬scheiden. Man geht daher davon aus, dass der Transkriptionsfaktor SIMYB12 einen indirekten Einfluss auf diese weiteren Gene hat, z.B. durch Regulation von anderen Transkriptionsfaktoren, die dann ihrerseits die Biosynthese-Gene der Metabolite regulieren.
Insgesamt konnten die Forscher sowohl einen direkten als auch ei¬nen indirekten Effekt menschlicher Einflussnahme auf die Inhaltsstoffe und damit letztendlich auf den Ge-schmack der Tomatenfrüchte beob-achten. Durch die Fokussierung der Züchtung auf Tomaten mit einem geringen Gehalt an Bitterstoffen

wurde das Metabolom direkt beein-flusst. Durch den Zusammenhang der Fruchtgröße mit den Inhaltsstof-fen wurde das Metabolom indirekt beeinflusst. Ferner konnte gezeigt werden, dass ein Transkriptionsfak-tor, der direkt Gene für die Pigmen-tierung der Tomatenepidermis be-einflusst, indirekt auch Gene für die Inhaltsstoffe beeinflusst.
Damit eröffnet die umfassende Charakterisierung des Tomaten-Metaboloms die Perspektive, Gene für bestimmte Metabolite einzubrin¬gen, die für den guten Geschmack oder eine gesundheitsfördernde Wirkung sorgen, ohne andere positi¬ven Eigenschaften wie die Resistenz gegen Krankheiten oder die Lager-fähigkeit der Früchte negativ zu beeinflussen.

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