Sonntag, 8. Dezember 2013

Roulette Kesselgucken Technik von Selzer-McKenzie SelMcKenzie

Roulette Kesselgucken Technik von Selzer-McKenzie SelMcKenzie



Nun sind wir beim eigentlichen Kern angelangt: der Beschreibung des Rou-lettes als ein System sich bewegender Teile und Projektile — als ein Problem der Ballistik. Da der Kugellauf durch die Bewegungsgleichungen von Isaac Newton (1643-1727) beschrieben und gelöst werden kann, nennen wir die¬se Art auch Newton-Roulette.
Wir werden in diesem Ballistik-Kapitel auch immer wieder auf das Markov-Roulette eines gleichmäßig werfenden Croupiers stoßen und die starken Paral-lelen zwischen diesen beiden Roulette-Arten für unsere praxisorientierten Lösun-zen analysieren und betonen. Kurz vorweggenommen werden soll das gleiche Grundprinzip der beiden Roulette-Arten und ihrer praktischen Lösung:
Beide Methoden — sowohl das Wurfweitenspiel als auch die (speziell visuelle) Bal¬listik — suchen in der jüngsten Vergangenheit eine physikalisch gesetzmäßige Be¬ziehung („Relation") zwischen beobachteten Ereignissen vor der Spielabsage und dem Einfallbereich der Kugel, um dann diese Relation als Rezept für die Prognose nachfolgender Coups zu nutzen.
Die klassische physikalische Methode besteht darin, im Vorfeld zuerst alle involvierten physikalischen Konstanten zu ermitteln. Das ist bereits ein Riesenproblem in der Praxis; denken Sie nur an Änderungen der elektrostati-schen Aufladung oder an die Handfeuchtigkeit des Wurfcroupiers ...
Sodann müssen die sogenannten Anfangsbedingungen des Wurfs — Ge-schwindigkeiten der Scheibe und der Kugel sowie die anfängliche relative Position zwischen Scheibe und Kugel — ermittelt und in die Lösung Newton'schen Bewegungsgleichung eingesetzt werden; Zeitmessungen dui Impulstasten am Computer bewältigen das.
Man hat also alle relevanten Werte direkt in die Lösungsformel der wegungsgleichung eingesetzt. Alles einige Sekunden vor der Spielabsage, v steht sich — denn nach dem Erhalt der Lösung, die den wahrscheinlichst Einfallbereich der Kugel verrät, muss ja noch gesetzt werden können.
Doch hier haben wir ein grundsätzliches Problem. Nicht, weil die Konsta ten sehr umständlich zu ermitteln wären oder weil das alles eventuell zu lan dauern könnte; sondern weil Spielbanken schon seit Jahren derartige techi sche Hilfsmittel verbieten — und das steht schwarz auf weiß in der ausgehär ten Haus- und Spielordnung. Daran wollen wir uns natürlich strikt halten.
Das Ziel wird es also sein, Erkenntnisse über (erstens) alle möglich, Gesetzmäßigkeiten des Kugellaufs vorab zu ermitteln, sowie (zweitens) ei gesetzmäßige Beziehung zwischen leicht zu machenden Beobachtungen z, der Spielabsage und dem engeren Einfallbereich der Kugel herauszufinde Diese gesetzmäßige Beziehung oder Relation ist dann der Schlüssel zur L sung — das Rezept für die Prognose nachfolgender Coups
Es war schon immer der Traum unzähliger Menschen, die Zufallsergebnis im Roulette vorhersagen zu können. Dabei ist schon alles versucht worde Märsche, Einsatzvariationen, statistische Gesetzmäßigkeiten, die Physik ur sogar paranormale Fähigkeiten (wie Präkognition und Telekinese) wurde bemüht.
Doch es steht schon lange fest, dass ausschließlich rationale Informativ nen, die auch noch relevant sein müssen, zu einer empirisch positiven G winnerwartung führen können.
Der große Henri Poincare und das Roulette. Um die Jahrhundertwe, de machte sich der große französische Mathematiker und Physiker Her Poincare (1854-1912) mal kurz Gedanken zum Roulette. Er setzte ein( fehlerfreien Kessel voraus und machte Anstalten, das Roulette durchaus ballistisches Problem102 zu betrachten, ging jedoch leider nicht auf die Bew gungsgleichung ein. Stattdessen sinnierte er nur über Wahrscheinlichkeit zwischen „Rouge et Noir", wie er den Abschnitt überschrieb, und kam (durch Stetigkeitsargumente der Winkelfunktion der Kugel bezüglich des Kessels) zu dem Schluss, dass zwei unmittelbar benachbarte Nummern mit sehr hoher Approximation die gleiche Wahrscheinlichkeit haben, getroffen zu werden zum Teil auch wegen der Ungenauigkeit in der Messung der Anfangsbedin-zungen). Natürlich ist Poincares Schlussfolgerung bezüglich „Rouge et Noir" richtig — was wir für alle einfachen Chancen bereits festgestellt hatten —, je¬doch unterließ er es, seine Ausführungen auf größere Sektoren zu erweitern und ging auch auf wesentliche Eigenheiten des Kugellaufs nicht ein. (Letztere können praktisch nur durch empirische Untersuchungen entdeckt und stu¬diert werden.) Wenn auch nur eine der folgenden beiden Bedingungen
: . „der Kessel steht absolut waagrecht, das heißt, es gibt keinen Tilt" oder
„die Kugelstreuung findet gleichverteilt über die ganze Scheibe statt" nicht zutrifft — was praktisch immer der Fall ist —, dann sind Ballistik (inklusive Kesselgucken) und Wurfweitenspiel mit Spielervorteil möglich (das Wurfwei-tenspiel sogar, wenn nach dem Kugelwurf nichts mehr gesetzt werden darf).
William Nelson Darnborough: der erste Kesselgucker in der Praxis. Die Anfänge des praktischen Kesselguckens waren lange Zeit unbekannt. Doch Vorläufer des Wurfweitenspiels und sogar der Kesselguckermethode muss es bereits vor langer Zeit gegeben haben. Die Recherchen des New Yorker Casino-Historikers Russell T. Barnhart in den Archiven von Monte Carlo haben zutage gefördert, dass der amerikanische Abenteurer William Nelson Darnborough höchstwahrscheinlich der erste Kesselgucker war, von dem berichtet wurde. Er spielte in Monte Carlo von 1904 bis 1911 mit zuneh¬mendem Erfolg, zusammen mit einem Partner, wobei die (archivierten) Spielbeschreibungen fast nur den Schluss zulassen, dass es sich um eine Art Kesselguckermethode (wheel watching) handeln musste — die ja zu dieser Zeit niemand kannte. Nach seinen Spieljahren ließ er sich in England als wohl¬habender Geschäftsmann nieder. Bis zu seinem Tod im Jahr 1958 sah ihn niemand mehr Roulette spielen. Die spannende Geschichte ist in Barnharts Buch Gamblers of Yesteryear nachzulesen.
Edward Thorp im Bastelkeller des großen Claude Shannon. Anfang der 1960er Jahre gelang dem amerikanischen Mathematiker Edward 0. Thorp — noch vor der Publikation seines Buches Beat the Dealer über optimale Gewinnstrategien im Black Jack — der große Durchbruch in der Laborpra¬xis durch die Konzeption und den Bau eines kleinen transistorbestückten Computers zur Vorausberechnung der wahrscheinlichsten Endposition der Kugel. Er war jedoch lange zurückhaltend mit Publikationen über diese Ar¬beit. Irgendwann Mitte der 1970er Jahre bekam ich sein Black-Jack-Buch zu Gesicht und ich war ziemlich erstaunt, im Kapitel „Science versus Chance' Folgendes zu lesen
Allan Wilson gives an interesting and entertaining account of attempts to idente and beat defective („biased") roulette wheels in (his book 1. There are also several people (including myself) who possess a method for beating roulette wheels whether or not they are defective!"
Einer der üblichen Verrückten? Es wäre ja nicht auszuschließen. Was micit besonders skeptisch stimmte, war der Umstand, dass Thorp seine Methode mit keinem Wort verriet. Und das schien mir gegen die üblichen wissen¬schaftlichen Usancen zu verstoßen. Mir kam nicht sofort in den Sinn, dass e sich hierbei um die ballistische Betrachtungsweise handeln könnte. Erst dir. weiteren Zeilen, vor allem die Erwähnung „gewisser elektronischer Prob:::.--me" brachten mich erst allmählich auf die richtige Spur:104
" played roulette on a regulation wheel in the basement lab of a world-fimous sc7-entistm5 We used the method and steadily averaged 44 percent profit. In an hour's nun, betting no more than $ 25 per number, we won a fictional $ 8000! There are certain electronic problems which have so far keilt the method from being usw-on a lange scale in the casinos. (The few times I have used it to turn two or three dimes suddenly into a pile of silver dollars has caused enormous excitement.) The method works, and the story behind its discovery and development is a long and fascinating one. It will be even more fascinating when, sometime in the next fein years, some of the few who possess the idea cash in on it in the casinos."
Diese Andeutungen waren der Ausgangspunkt meiner eigenen, konkret= Untersuchungen. Damals, kurz nach meinem Studium, arbeitete ich ithematik- und Physiklehrer am Gymnasium einer Nordseeinsel und hielt __sschau nach einem fesselnden Hobby. Nachdem mein Lehrergehalt zu mal für den Besuch einer Flugschule war — dies habe ich seither schon ,r nachgeholt — entschied ich, dass die wissenschaftliche Untersuchung _ Rouletteprobleme mein Hobby sei. Zuerst beschaffte ich mir einen Rou--7ekessel, Kugeln, eine Digitalstoppuhr, einen programmierbaren Taschen¬_ hner, einen Karton unbeleuchteter Filme für meine Schmalfilmkamera --3 einen Projektor mit der Möglichkeit einer Bild-für-Bild-Betrachtung. __s stellte ich alles in einem größeren Abstellraum auf, den ich fortan mein izeitlabor nannte, und machte mich an die Arbeit.
Allan Wilsons Argumente überzeugen mich. Anfangs misstraute ich noch _ Behauptungen Thorps, aber nach reiflichen Überlegungen entschloss mich, ihnen Glauben zu schenken. Schließlich waren seine Gewinn--ategien im Black Jack bewiesen, und endlich müsste ich ja im Roulette vergleichbaren Ergebnissen gelangen, wenn die Sache stimmte. Meine ~anglichen Untersuchungen wiesen auch sehr bald in die Richtung der von -..orp behaupteten Ergebnisse hin. Zudem fand ich nach und nach weitere - ausführlichere Anhaltspunkte in den Büchern von Allan Wilson und iter von Richard Epstein. Zum Beispiel schreibt Wilson
So ein Kinderspiel ist das auch wieder nicht, dachte ich, denn sonst hätte ilson die ganze Sache schon selbst durchgezogen. Schließlich hatte er sich ja _,:h die Mühe gemacht, für sein Kesselfehlerspiel eine ununterbrochene Folge .1q1 80 000 Coups zu notieren. Dennoch überzeugten mich seine Argumente. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich meine empirischen Untersuchungen bereits weit vorangetrieben. Es ging nicht mehr um das Ob, sondern um das Wie. Ich wollte mir die umständliche Ermittlung der physikalischen Konstanten gelumlaufzeit grob zwischen 0,5 und 0,8 Sekunden. Dadurch - und durch die dank des Profils geringere Reibung - absolviert die Kugel mehr Umläufe. Tabelle 4.1 veranschaulicht die Unterschiede.
Nun betrachten wir den zurückgelegten Scheibenweg bei einer Vier-Sekunden-Scheibe während der elf Kugelumläufe im Caro-Kessel (Tab. 4.2).
In dieser Zeit (rund 15 Sekunden) ist die Scheibe rund 140 Nummern-fächer weitergelaufen, hat also ca. 3,75 Umläufe absolviert - bzw. insgesamt 3/4 eines Umlaufs oder 28 Nummernfächer, wenn wir die Anzahl komplet¬ter Scheibenumläufe abziehen.
Es ist nicht notwendig, sich diese Daten für ein gegebenes Kessel-Kugel-Ensemble genau zu merken; wohl aber ist es nützlich, eine gute Vorstellung davon zu haben, schon mal um die Durchführungsbedingungen gut beurtei¬len zu können.
Interessant sind allemal die zurückgelegten Bruchteile eines Scheiben-umlaufs im Laufe der sukzessiven Kugelumläufe: Die beginnen im obigen Beispiel bei 1/5, werden größer, passieren die Werte 1/4, dann 1/3 und am Ende schließlich 1/2 (ein potentieller Vis-ä-vis-Effekt lässt grüßen).
Bis zum dritten oder vierten Kugelumlauf gehören alle Daten zu den An¬fangsbedingungen, auf die die Prognose beruht. Das heißt aber, dass wir un¬sere Prognose bereits erstellt haben sollten, wenn der zurückgelegte Bruchteil
Viele Lernspiele und einfachste Prognosen. Im Extremfall ist sogar eine Lösung ohne physikalischen Algorithmus möglich! Angenommen, wir hätten keinerlei oder kaum Ahnung von den möglichen Gesetzen und Effekten, die die Roulette-Ergebnisse beeinflussen. Wir erin¬nern uns höchstens an die vier Grundrechenarten der Schule, an ein paar elementare Begriffe wie Häufigkeit, Mittelwert, und wir erinnern uns an ein paar Coups von dem einen oder anderen Croupier. Zu unserer Verfügung hätten wir einen ganz gewöhnlichen PC (mit der Möglichkeit einer integ-rierten Zeitmessung). Die Frage, die sich stellt: Wie könnten wir damit einer rationalen Prognose im Roulette kommen?
Eigentlich ganz einfach: Wenn wir so gut wie gar nichts wissen, um Pro-gnosen zu erstellen, dann überlassen wir diese Prognosen einfach dem Com-puter. Voraussetzung ist lediglich, dass wir ihm ausreichend viele Lernspiele geben, damit er sich orientieren kann und spezielle rationale Prognose:: vorschlagen kann. Die zu erfassenden Eckdaten der Lerncoups bilden die individuellen Anfangs- oder Ausgangsdaten des Coups sowie die gefallene Nummer am Schluss. Die drei Ausgangsdaten sind die folgenden:
•             der Abwurfort der Kugel (AO),
•             eine oder ein paar — etwa bis zu drei — Kugelumlaufzeiten, jedoch srez gleich viele (TUK: Zeit Umlauf/Umläufe Kugel),
•             eine Scheibenumlaufzeit (TUS: Zeit Umlauf Scheibe).
des Scheibenwegs während eines Kugelumlaufs etwa 1/4 ausmacht — den - wir müssen ja noch setzen, bevor die Spielabsage kommt.
Grundsätzliches (1): Viele Lernspiele und einfachste Prognosen. Im Extremfall ist sogar eine Lösung ohne physikalischen Algorithmus möglich Angenommen, wir hätten keinerlei oder kaum Ahnung von den möglichen Gesetzen und Effekten, die die Roulette-Ergebnisse beeinflussen. Wir erin-nern uns höchstens an die vier Grundrechenarten der Schule, an ein paar elementare Begriffe wie Häufigkeit, Mittelwert, und wir erinnern uns an ein paar Coups von dem einen oder anderen Croupier. Zu unserer Verfügung hätten wir einen ganz gewöhnlichen PC (mit der Möglichkeit einer inte-rierten Zeitmessung). Die Frage, die sich stellt: Wie könnten wir damit ..mik einer rationalen Prognose im Roulette kommen?
Eigentlich ganz einfach: Wenn wir so gut wie gar nichts wissen, um Pro-gnosen zu erstellen, dann überlassen wir diese Prognosen einfach dem Com¬puter. Voraussetzung ist lediglich, dass wir ihm ausreichend viele Lernspiele geben, damit er sich orientieren kann und spezielle rationale Prognosen vorschlagen kann. Die zu erfassenden Eckdaten der Lerncoups bilden dir individuellen Anfangs- oder Ausgangsdaten des Coups sowie die gefallene Nummer am Schluss. Die drei Ausgangsdaten sind die folgenden:
•             der Abwurfort der Kugel (AO),
•             eine oder ein paar — etwa bis zu drei — Kugelumlaufzeiten, jedoch sten gleich viele (TUK: Zeit Umlauf/Umläufe Kugel),
•             eine Scheibenumlaufzeit (TUS: Zeit Umlauf Scheibe).
Der Computer legt Listen von Lerncoups an und ordnet sie nach AO, TUS und TUK; und er ordnet jedem solchen Tripel die gefallene Nummer (z) zu:
AO, TUS, TUK) z.
Natürlich braucht er sehr viele solche Lerncoups, um irgendwann auf die¬ser Basis Prognosen erstellen zu können. Wenn es aber soweit ist, können wir ihn nach Eingabe des speziellen Anfangstripels (AO', TUS', TUK') veranlassen, uns eine Prognose zu geben — wenn möglich. Dazu veranlas-sen wir ihn, ganz einfach in der gespeicherten Lernliste nach einem Tripel AO, TUS, TUK) zu suchen, das dem speziellen Anfangstripel (AO', TUS', TUK') möglichst gleicht ... und uns als Prognose die dort gespei¬cherte, zugeordnete gefallene Nummer, etwa m, vorzuschlagen. Findet der Computer in der Liste der Lerncoups kein Wertetripel (AO, TUS, TUK), das hinreichend nahe bei (AO', TUS', TUK') liegt, dann braucht er es nur kurz zu melden.
Macht der Computer Prognosen auf dieser Basis — wobei die allgemeinen Bedingungen (gleicher Kessel, gleiche Kugel) unverändert bleiben —, dann sind die Gewinnaussichten dafür jedenfalls nicht schlechter, meistens jedoch besser als für Prognosen, die einer Zufallsauswahl entsprechen.
Grundsätzliches (2): Ökonomie und Effizienz durch Normierungen. Bis¬her benötigten wir sehr viele Lernspiele, da wir drei voneinander unabhän¬gige Variable haben (AO, TUS und TUK). Dabei könnten wir mit weniger Variablen auskommen — wenn wir den Computer zum Beispiel veranlassten, alle Lerncoups nach einem einzigen Abwurfort zu normieren. Dann wären alle Lernspiele etwas besser direkt vergleichbar und ihre Anzahl wesentlich reduziert. Die Lernliste würde sich wie folgt wandeln:
[(AO, TUS, TUK) z]          [(A0n., TUS, TUK) zi].
und in der kleineren Liste wäre jetzt der Abwurfort keine Variable mehr, sondern eine Konstante: AOnormUnd, nicht zu vergessen, wir würden in der Regel jetzt häufigere und auch effizientere Prognosen erhalten. Wirklich? la doch: Angenommen, der Computer erfasst ein spezielles Anfangstripel AO', TUS', TUK'), für das er in der ursprünglichen, nicht normierten Liste keinen entsprechenden AO-Wert hat — wohl aber die anderen Werte; dann kann er keine Prognose finden. In der nach AO. normierten Liste kann er hingegen durchaus eine passende Prognose vorschlagen. Oder einem speziel¬len Anfangstripel (AO', TUS', TUK') steht eine Prognose mit gleichen An-fangsdaten gegenüber; bei Normierung des Abwurfortes könnten sich aber andere, bessere Prognosen offenbaren. Ohne Normierung sind die Lerndaten einfach nicht vergleichbar.
Haben wir eine nach einem speziellen Abwurfort normierte Liste vor¬liegen, dann muss auch das spezielle Anfangstripel (AO', TUS', TUK'), für das wir eine Prognose erhalten möchten, nach der Eingabe in gleicher Weise normiert werden, damit ein sinnvoller Vergleich mit den gespeicherten Lern¬spielen möglich ist. Hat der Computer dann eine Prognose vorzuschlagen. muss er sie vor der Ausgabe „entnormieren", sie also wieder an die Gegeben¬heiten des aktuellen Coups anpassen.
Auch die Erfassung weiterer Daten ist denkbar; damit würden wir even-tuell zu einer noch effizienteren Prognose kommen. Statt bei den Lern¬spielen nur das Ergebnis des Coups (z) einzugeben, könnten wir zusätzlich die Kugelrestlaufzeit (KRLZ) messen und in die Lernliste integrieren; die Kugelrestlaufzeit KRLZ ist definiert als das Zeitintervall zwischen dem Ende der Kugelumlaufzeit(en) (TUK, TUK2 oder TUK3) und dem (ersten) Kol-lisionszeitpunkt. Der Eintrag eines Coups in der Lernliste würde dann wie folgt aussehen:
(AO, TUS, TUK) -> (KRLZ, z).
Wir hätten zwar für jeden Coup eine Information mehr in dieser Lernlis¬te, nämlich KRLZ, aber diese Information ist eine physikalisch relevante_ In der Tat: Aufgrund der gleichmäßig stetigen Scheibenbewegung kann jedem Kollisionszeitpunkt eine sogenannte Kollisionszahl k zugeordnet werden, das ist die Nummer, die sich im Kollisionszeitpunkt auf Höhe der Kollisionsraute (R) befindet. Und das kann der Computer recht wirksam  nutzen. Denn der (in Kugellaufrichtung genommene) Abstand oder Bogen zwischen k und z ist nichts anderes als die Sprung- oder Streuweite (s) dieses Coups, wie Abbildung 4.1 zeigt (diese Abbildung ist eine Wiederholung der Abbildung 3.7).
Wir können den Computer veranlassen, über diese individuellen Streu-weiten eine Zusatzliste zu führen, und bei jeder Suche nach der besten Prognose in einem Unterprogramm nachzuprüfen, ob der eine oder andere Kandidat für. die Prognose nicht vielleicht eine Streuweite hat, die sich als Ausreißer entpuppt — der müsste eliminiert werden (und etwa durch die mittlere Streuweite der anderen Kandidaten ersetzt werden). Denn Sprung-oder Streuweiten schwanken naturgemäß viel mehr um ihren Mittelwert als etwa die Kugelrestlaufzeiten KRLZ (oder gleichwertig, die Kollisionszahlen k). Schließlich sind die Kugelrestlaufzeiten eine einfache und stetige, stück¬weise differenzierbare und empirisch leicht zu ermittelnde Funktion der anfänglichen Kugelumlaufzeit(en), wie wir noch sehen werden:
Die Erfassung der Kugelrestlaufzeiten hat noch einen anderen, gewichtigen Vorteil: wir können das Spiel mit der Normierung weitertreiben. Jetzt, da wir die Kugelrestlaufzeit haben, hindert uns nichts daran, die Coups auch noch nach einer Scheibenumlaufzeit TUSnorm zu normieren. Denn die Kugel dreht ja ihre Runden im starren Kesselteil und hat währenddessen keinerlei Wechselwirkung mit der Scheibe. Erst nach der Kollision mit der einen oder anderen Raute stürzt die Kugel zur Scheibe und zum Nummernkranz hin-unter. Dieses Sprung- und Streuverhalten der Kugel ändert sich bei den üb-lichen Scheibengeschwindigkeiten kaum.108 Wir müssen nur den Computer (durch eine richtige Programmierung) veranlassen, dass er jetzt seine Lern-spiele nicht nur nach einem speziellen Abwurfort, sondern auch nach einer speziellen Scheibenumlaufzeit normiert und abspeichert. Die ursprüngliche Lernliste würde sich wiederum wandeln:
wobei wir hier die Kugelrestlaufzeit lediglich zur Bestimmung einer normier-ten Scheibenumlaufzeit verwenden.
In dieser nochmals verkleinerten Liste hätten wir die drei Anfangsvariab-len auf eine einzige Anfangsvariable, nämlich TUK, reduziert. Wiederum er- halten wir aus der kleineren Lernliste häufigere und auch bessere Progno: denn bei Eingabe eines TUS-Wertes, der in der ursprünglichen Liste n nicht vorhanden war, wird jetzt dieser TUS-Wert normiert — womit der n Coup jetzt mit den anderen in der Lernliste voll vergleichbar wird.
Hat der Computer nun eine Prognose vorzuschlagen, muss er sie der Ausgabe zweimal „entnormieren", sie also wieder an die speziellen gebenheiten des aktuellen Coups anpassen. Jede der beiden Normierun entspricht einer Scheibendrehung jeweils um einen gewissen Winkel, entspricht die „Summe" oder Hintereinanderausführung dieser Normier gen auch nur einer Scheibendrehung um einen gewissen Winkel. Folg] bewirkt die Umkehrung dieses Winkels die zweifache Entnormierung Prognose vor der Ausgabe.
Durch die beiden Normierungen hat sich unsere ursprüngliche drei mensionale Liste (mit den eben drei unabhängigen Anfangsvariablen) in e ganz simple, eindimensionale Liste mit einer einzigen Variablen, näml TUK, reduziert.
Allein die Ökonomie der Normierungen auf einen Abwurfort und e Scheibenumlaufzeit ist enorm. Gehen wir von ursprünglich zwölf gröbe. Abwurforten, 20 Scheibenumlaufzeiten, 20 anfänglichen Kugelumlaufzei und von durchschnittlich fünf Lerncoups pro Kombination AO-TUS-Tl aus, so hätte die Lernliste 12.20-20-5 = 24 000 Zellen, die erst gefüllt werc müssten. Durch die Normierungen reduziert sich die Liste auf 20.5 = 1 Zellen. Die zusätzlichen Zellen für die Kugelrestlaufzeiten sowie die p Programmierbefehle für Normierung und Entnormierung fallen da kai ins Gewicht. Und, wie schon erwähnt, erhalten wir auch frühere und bess Prognosen, da nicht nur alle Lernspiele untereinander, sondern auch erfassten Anfangsdaten eines zu prognostizierenden Coups mit allen Le spielen uneingeschränkt vergleichbar sind.
Wir können es aber noch einen Tick anschaulicher machen. Angeno men, die Kugel kreist im Uhrzeigersinn, wir legen den normierten Abw fort auf „Zero" fest und haben die folgenden drei Lernspiele in unse genormten Liste:
(AOnorm = Zero, TUSnorm, TUK = 1,02) --> 27,
(AOnorm = Zero, TUSnorm, TUK = 0,99) —> 6 und
(AOnorm = Zero, TUSnorr,„ TUK = 1,00) --> 34.
Wenn wir die Orte der Nummern im Kessel nicht kennen, scheinen dies c beliebige Nummern zu sein. Das sind sie aber ganz und gar nicht. Denn und 34 sind die unmittelbaren Nachbarn der sechs auf dem Nummernkra Was veranschaulicht also besser die Ähnlichkeit von Ergebnissen unter äl lichen Ausgangsbedingungen als die Ersetzung der Nummern durch
Das sind nicht gerade wenige Definitionen, Begriffe und Ideen, die ab im Laufe dieses Kapitels wieder aufgefrischt werden. Es ist immerhin e staunlich, wie weit man ins Detail gehen und analysieren kann, wenn Pf12 über die Anatomie eines Coups nur ganz wenig Wissen voraussetzt. Dam und mit einem PC ist man sogar imstande, rationale Prognosen zu erstell( — und diese
Grundsätzliches (3): Rückwärtsrechnen wie Hinterglasmalerei. Heu sind Computer in den Casinos schon längst verboten. Und früher, vor etv 25 bis 35 Jahren, in der Blütezeit der Kesselgucker in Deutschland, waren s noch lange nicht so klein, kompakt und universell einsetzbar wie heute; I112 war darauf angewiesen, entweder teure Mikroprozessorsysteme entwicke zu lassen, oder, wie die meisten Kesselgucker, auf die eigene Beobachtungsf higkeit und Geschicklichkeit zu vertrauen. Worauf bauten viele Kesselguck ihre Prognosen auf?
Die Kesselgucker gingen von einfachen, leicht beobachtbaren Faktor( und Mustern aus, die es ihnen ermöglichten, eine einfache Systematik d Zuordnung zu den Sektoren zu entwickeln. Im Grunde genommen ist d physikalische Situation ziemlich elementar und kann mittels ein paar allg meingültiger Regeln beschrieben werden. Die folgenden Regeln fußen a einfachen physikalischen Gesetzen und sind — als Näherungen — gültig f alle vorkommenden Roulettes:
•             Regel 1: Die Kugel verlangsamt sich von Umlauf zu Umlauf. Allerdin erfährt sie auch eine Beschleunigung, nachdem sie sich vom Kesselrar gelöst hat und nun in Richtung Rauten und Scheibe hinunterrollt.
•             Regel 2: Die Scheibengeschwindigkeit kann während eines Coups konstant angenommen werden. Zwar verlangsamt sich die Scheibe a mählich, aber dieser Bremseffekt ist wegen der Trägheit der großen r tierenden Masse relativ klein. Eine Ausnahme von dieser Regel wäre e Rotor mit ziemlich starken Friktionen.
Regel 3: Die Kugel verlässt den Kesselrand stets mit der gleichen Geschwi digkeit, und zwar dann, wenn die Fliehkraft beginnt, kleiner zu werd( als die Schwerkraft. Auch diese Geschwindigkeit variiert in Wirklichk( geringfügig von Coup zu Coup, abhängig von kleinen Unregelmäßigk(
•             Regel 4: Die Geschwindigkeit der Kugel in ihrem Umlauf, der einer be-stimmten Anzahl restlicher Umläufe vorangeht, ist von Coup zu Coup die gleiche. Klar: Aus Regel 3 folgt, dass die Kugel ihren letzten Umlauf stets im gleichen Zeitintervall absolviert — unabhängig von ihrem Impuls zu Beginn des Coups. Folglich muss sie auch für ihren vorletzten Umlauf von Coup zu Coup die gleiche Zeit benötigen usw.
Einige Kesselgucker hatten ihre Prognosen tatsächlich darauf aufgebaut, dass sie versuchten, den vierten Kugelumlauf vor dem Loslösepunkt vom Kesselrand zu identifizieren. Bei gegebener Scheibenumlaufzeit konnten sie dann durch gesetzmäßige dynamische Zuordnungen den konkreten Prog-nosebereich erspähen und noch ihren Einsatz anbringen. Rückwärtsrechnen Kam mir immer so vor wie schwierige Hinterglasmalerei. Wenn die Kugel dann doch einen Umlauf mehr oder weniger absolvierte — was immer wieder durch einen der möglichen Effekten° vorkam —, sprachen die Kesselgucker von einem „Umdrehungsirrtum".
Wurde die Spielabsage früher gemacht, konnte natürlich nicht mehr gesetzt werden. Da dies — vermutlich zur Abwehr der hoch setzenden Kes¬selgucker — immer häufiger der Fall war, gingen einige dieser Spieler dazu über, Prognosemethoden zu versuchen, mit denen sie früher setzen konnten. Genau das hatte ich von Anfang an im Sinn.
ners eine Nummer des von mir vermuteten Sektors. Da musste ich unweige lich an jene „Rhythmikspieler" denken, die — bereits vor Jahrzehnten — de „einarmigen Banditen" durch ihre Geschicklichkeit den Jackpot entlockten.
Es bildeten sich im Laufe der Zeit einige Rhythmen heraus, die ich Klan( erkannte und denen ich sofort einen bestimmten Sektor des Nummer] kranzes zuordnen konnte. Es wunderte mich, dass ich nicht nur schnell zu einem Ergebnis kam als der Ballistikrechner, wenn ich einen Rhythmi erkannte, sondern dass es meistens auch noch stimmte. Bei Überlegung( und Erklärungsversuchen wurde mir klar, dass meine Ahnung prinzipi( nicht anders zustande kam als das Rechnerergebnis: Gleiche Bedingung( — folglich gleiche Messrhythmen — wurden mit dem gleichen Sektor asso2 iert. Es gab jedoch einen wesentlichen Unterschied: Das Programm konn in seiner digitalen Welt nicht nur allen bereits erfassten Bedingungen ein( Sektor zuordnen, sondern besaß darüber hinaus noch eine Interpolationsgal die es ihm erlaubte, kleinste fehlende Bruchstücke zu ergänzen — während i( als plumpe „Analogmaschine" die meisten Bedingungen beziehungswei Rhythmen doch nicht zu deuten wusste.
Es musste außer diesen Rhythmen einfache, leicht fassbare Faktoren ur Muster der Würfe geben, die es ermöglichten, eine einfache Systematik d Zuordnung zu den Sektoren zu entwickeln. Vielleicht ging es um die dyn mische Zuordnung zweier zu beobachtender Folgen von Momentaufnahm( des Rotor-Kugel-Paares?
Ein Ansatz zur Lösung des Kesselguckens wurde mir fast zur Obsession
Die sukzessiven Kreuzungsnummern, auf die die rotierende Kugel an einer Refe. renzraute von Umlauf zu Umlauf zeigt, sind über den gesamten Nummernkram verteilt. Darunter muss wohl eine sein, die unter bestimmten, vorher erkennbarer Bedingungen systematisch bzw. gesetzmäßig den wahrscheinlichsten späterer Einfallbereich der Kugel kennzeichnet. Anders gesagt: Genau eine der Kreuzungs nummern, auf die die Kugel von Umlauf zu Umlauf an einer Referenzraute zeigt, ist bei gleichen Bedingungen stets die beste Prognose.
Die diesbezüglichen Untersuchungen schob ich damals auf später — ich h2 te ja den Roulette-Computer. Mir war aber klar, dass ich das umständlic] Rückwärtsrechnen vermeiden wollte — obwohl ich gewohnt war, alle Cou meiner Filmaufnahmen auch rückwärtslaufen zu lassen. Vorwärtsrechm war die Zukunft — denn schließlich sind die Kugelrestlaufzeiten eine rec einfache und empirisch leicht zu ermittelnde Funktion der anfänglich) Kugelumlaufzeiten.
In den nächsten beiden Kapitelteilen (4.2 und 4.3) werden wir alle Ba steine
Kugelverhalten; Rauten (Kessel ohne Tilt)
Solange die Kugel ihre Runden am Kesselrand dreht, gleichmäßig und langsa-mer werdend, während die schwere Scheibe in entgegengesetzter Richtung noch gleichmäßiger rotiert, scheint einer leichten Berechenbarkeit dieser Bewegun¬gen nichts oder nur wenig im Wege zu stehen. Das betrifft, wie wir bereits zu Beginn von Kapitel 3.3 festgestellt haben, die laminare Phase des Kugellaufs.
Sobald die Kugel jedoch eine der Rauten antippt oder mit ihr voll kol¬lidiert und in alle Richtungen springt und gestreut wird, findet die zweite, :haotische Phase statt — von der jeder Zuseher den Eindruck hat, sie ist schlicht nicht berechenbar. Folglich kann der gesamte Coup ja auch nicht mehr berechenbar sein, denkt der Zuseher; denn eine Kette ist ja nicht stärker als ihr schwächstes Glied.
An verschiedenen Stellen habe ich bereits erwähnt, dass diese chaotische Phase durchaus berechenbar ist, und zwar in einem statistischen Sinn — weil eben die Streuweiten der Kugel über den gesamten Nummernkranz nicht zieichmäßig verteilt sind. Jetzt ist der Augenblick gekommen, hier näher hin-lusehen.
Das Kugelstreuverhalten
Die Streuweitenverteilung als Sprungverhalten der Kugel. Um unser Augenmerk auf das Wesentliche richten zu können, werfen wir einige hun¬dert Mal die Kugel, zuerst bei stillstehender Scheibe. Das ist natürlich nur eine erste Annäherung an die Wirklichkeit. Dabei fertigen wir eine einfache Strichliste an: Ausgehend von der jeweiligen Kollisionsraute, tragen wir bei ':dem Coup die Streuweite auf, das heißt die Anzahl der Nummernfächer in Kugellaufrichtung) zwischen der Kollisionsraute und dem Fach, in dem die Kugel schließlich zu liegen kommt. Nach wenigen Würfen wird uns klar: im Einzelfall ist die Streuweite weitgehend zufällig, aber im Laufe der Würfe Kommen bestimmte Streuweitenbereiche weit häufiger vor als andere. Die Streuweiten sind also weit davon entfernt, gleich verteilt zu sein. Um zu se¬hen, wie ihre empirische Verteilung aussieht, brauchen wir nur die Strichliste graphisch darzustellen. Abbildung 4.2 stellt eine solche Verteilung dar.
Wäre ein Spieler bei stillstehender Scheibe in der Lage, die Kollisionsraute mit Sicherheit richtig vorherzusagen, so wäre dieser Spieler in der Lage, eine Umsatzrendite von über. 100% zu erzielen: Er bräuchte nur im Bereich der maximalen Streuweitenverteilung Einsätze zu tätigen. Und selbst wenn es dem Spieler nur in zwei von drei Fällen gelänge, die richtige Kollisionsraute vorherzusagen, betrüge seine Umsatzrendite noch mindestens die fünfzehn¬fache Umsatzrendite der Spielbank.
Abflacht und dass sie ihren maximalen Bereich etwas nach rechts, also in Ku-zellaufrichtung, verschiebt. Denn die Streuweiten können durch die gegen-läufige Scheibe im Mittel nur etwas länger werden, und zwar um etwa den Weg, den die Scheibe zurücklegt, während die Kugel streut. Bei langsamer Szheibe wird die Verteilung ihr Aussehen nur unwesentlich verändern, bei sehr schneller Scheibe dagegen wird sie sich schließlich derart abflachen, dass sie näherungsweise die Gestalt einer Gleichverteilung annimmt. Eine völlige Gleichverteilung der Streuweiten bietet aber keine Möglichkeit mehr, eine .1-löhere als die übliche Trefferwahrscheinlichkeit zu erzielen, und zwar auch dann nicht, wenn der deterministische Teil des Kugellaufes bekannt wäre.
Das Aussehen der Streuweitenverteilung hängt im Wesentlichen nur von der Scheibengeschwindigkeit ab, und in zweiter Linie natürlich auch von der Beschaffenheit der Kugel und dem Kesselfabrikat. Die Hersteller dieses Spielgeräts experimentieren schon lange mit flacheren Kesselkonstruktionen und mit Kugelmaterialien, die der chaotischen Phase der Coups einen deut-lich höheren Zufälligkeitsgrad verleihen.
Die grundlegendste Voraussetzung für eine positive Erwartung mittels der Ballistik ist, dass die Streuweitenverteilung nicht zu nahe an eine Gleichver-:eilung herankommt, das heißt letztlich, dass die Scheibengeschwindigkeit nicht zu groß wird, beziehungsweise ihre Umlaufzeit nicht zu klein. Das ist Aber nicht zu befürchten, da bei kleineren Umlaufzeiten als 2 Sekunden die Nummern für den Spieler kaum mehr lesbar wären. Weitere Voraussetzun-zen für eine positive Erwartung werden wir später noch kennenlernen.
In Abbildung 4.4 sehen Sie zwei Strich- oder besser Kreuzlisten von Streuweiten im Vergleich: auf einem klassischen Caro-Kessel mit Dreh¬kreuz, größerer Elfenbeinkugel und moderaten Scheiben- und Kugelge-schwindigkeiten, sowie auf einem Huxley-Kessel ohne Drehkreuz, kleinerer Kunststoffkugel und höheren Scheiben- und Kugelgeschwindigkeiten. (Die Ursachen der typischen Geschwindigkeitsunterschiede sind durch die unter-schiedlichen Kesselprofile für die Kugellaufflächen begründet und werden in Kapitelteil  erläutert.)

                Ein paar Eigenheiten der Kugelstreuung. Nachdem ich gesehen hatte, dass die Streuweitenverteilung unter den üblichen Bedingungen weit davon entfernt war, eine Gleichverteilung zu sein, untersuchte ich das Streuverhal¬ten näher. Wie im Casino, so war neben dem mehr oder weniger regulärem Streuverhalten auch eine Menge exotischer Streuungen zu beobachten: hauptsächlich Roller, Rücksprünge und Mehrfachkollisionen.
Ein Roller findet statt, wenn die Kugel nach der Kollision mindestens einen Umlauf rollend auf dem Nummernkranz absolviert. Die Ursache hierfür ist, dass die Kugel nach erfolgter Kollision mit einer bestimmten
Geschwindigkeit einen tangentialen Winkel zum Nummernkranz einnimmt. Bei meinem alten Kessel war das in 20% aller Würfe der Fall. Üblicherweise sind nur etwa 10% aller Würfe Roller. Mit ihnen wird man nur die übliche Trefferwahrscheinlichkeit erwarten dürfen; doch es gibt Ausnahmebedin-zungen, zum Beispiel gewisse physikalische Werte der Kugelmasse etwa, die iuf sonderbare Weise bewirken, dass die Rollweiten überdurchschnittlich läufig einen Wert im Bereich des ersten oder zweiten Maximums der Vertei-ing einnehmen.
Rücksprünge geschehen, wenn die Kugel im letzten Teil ihres Laufes durch eine Stegwand des (entgegenkommenden) Fächerkranzes so zurückgeworfen wird, dass die Streuweite sehr klein oder gar negativ ist. Dies sind haupt-richlich die Streuweiten 33, 34, 35, 36, 0, 1, 2, 3 und 4 (die Streuweiten 3 und —4 sind identisch). Rund 8% aller Streuungen waren Rücksprünge. Sei kleineren Kunststoffkugeln kann dieser Prozentsatz bis zu etwa 30% inwachsen, wie ich später feststellen musste. Rücksprünge sind oft Verluste, .venn der deterministische Ablauf (die laminare Phase) richtig berechnet _ind der Streuweitenmittelwert richtig gewählt wurde. Eine Chance besteht illerdings noch durch den Vis-ä-vis-Effekt. Hat man es mit einer kleinen, -ehr elastischen Kunststoffkugel zu tun, mit häufigen Streuweiten zwischen —4 und +4, dann sollte man auch einen Streuweitenmittelwert aus diesem 3ereich wählen und sehen, wie groß die empirische Erwartung ist.
Bei Mehrfachkollisionen kollidiert die Kugel an verschiedenen, auch waag--echten Rauten nacheinander. Das kommt vor, wenn sie zuerst eine Raute - dr leicht antippt und mit einer der nächsten Rauten voll kollidiert. In die->cm Fall ist es ratsam, die zuerst leicht angetippte Raute als Kollisionsraute _r_zusehen, da die Kugel bei ihrer letzten Kollision oft zurückgeworfen wird. Die Mehrfachkollision hat die Tendenz, die Streuweite zu vergrößern, die frzte Kollision verkleinert sie meistens durch den Rückwurf wieder, so dass ezüglich der zuerst angetippten Raute eine ganz reguläre Streuweite ent--eht. Mehrfachkollisionen sind sehr oft von den regulären Würfen kaum zu _-:rerscheiden, was die Erwartung betrifft. Auf meinem Kessel waren rund 2'Dc) aller Streuungen Mehrfachkollisionen (Abb. 4.5).
Ein relativ häufig vorkommendes Streuverhalten wirkt sich noch ungüns-- -_-_ aus, und zwar wenn die Kugel quer über den Scheibenmittelteil rollt. Ich znne dies den Schlittschuheffekt, weil mir diese Assoziation beim Betrachten Vorgangs zuerst in den Sinn kam. Oft hat dieser Schlittschuheffekt die _ ,iche Wirkung wie der Vis-ä-vis-Effekt. Soweit die wichtigsten Arten des
Ein ausgesprochen reguläres Streuverhalten zeigten rund 60% aller Coups. Aber auch hier kamen alle möglichen Streuweiten vor. Doch 40% chaotische Streuweiten können 60% reguläre — mit ausgeprägten Maxima — nicht wie-
der zu nichte machen. Dazu müssten sie eine Ungleichverteilung haben, ci:e die Ungleichverteilung der regulären Streuweiten im Mittel exakt wieder aufheben würde; doch das ist nicht der Fall — auch wegen der zahlreichen Kompensationseffekte, die bei den Kugelläufen häufig stattfinden. Im nächs-ten Kapitelteil werden wir sie näher kennenlernen und darüber nachdenker_ wie und warum sie „funktionieren".
Unregelmäßigkeiten der Kugelläufe vor der Kollision kommen auch häu¬fig vor, also im vorwiegend deterministischen Teil — in der laminaren Phase Gewiss können die Croupiers die Kugel zu Beginn des Wurfs in beliebiEe Eigenrotationen versetzen, was oft als „Effet" bezeichnet wird. Aber eine ideal runde und homogene Kugel wird sich in einem idealen Kessel nada
ein paar Umläufen durch die herrschenden gleichmäßigen Reibungsverhält-nisse gleichgerichtet und ihren Lauf normalisiert haben, so dass sie nur mehr reguläre, wenn auch relativ komplizierte Rollbewegungen ausführen wird. (Ich habe die Eigendrallbewegungen von künstlich gestreiften Kugeln hfl Zeitlupenaufnahmen studiert: Es ist aussichtslos, diese Effekte berechnen. geschweige denn vorausberechnen zu wollen. Außerdem hätte man in der Praxis nie die Möglichkeit, so ein System unter die Lupe zu nehmen. Hier hilft wieder nur die Statistik weiter, um das häufigste, wahrscheinlichste Ver-halten zu entdecken.)
Laufzeiten der Kugel und die elementaren Effekte
KRLZ = KRLZ(TUK) oder: Die Kugelrestlaufzeit in Abhängigkeit da Kugelumlaufzeit. Im letzten Abschnitt (Seite 312) haben wir die „Kued-restlaufzeit" KRLZ kennengelernt: Die Kugelrestlaufzeit KRLZ ist definier
wesentlichs-:cn Vorteil der Kugelrestlaufzeit (gegenüber der Kollisionszahl etwa) haben wir darin gesehen, dass wir damit die Scheibenumlaufzeit normieren und somit alle gelernten Coups direkt vergleichbar machen können.
Bereits zu Beginn der ballistischen Betrachtungen ist uns klar geworden, dass der funktionale Zusammenhang zwischen Kugelumlaufzeit und Ku-gelrestlaufzeit ein Schlüssel für eine brauchbare Vorhersage ist. In diesem Abschnitt sehen wir uns die Struktur dieser funktionalen Abhängigkeit was näher an. Durch einfache Beobachtung weiß jeder, dass die Restlauf-der Kugel bei zunehmenden Einzelumlaufzeiten abnehmen. Wird die Kugel schnell geworfen, wird sie länger kreisen und später abstürzen; wird langsamer geworfen, dauert es bis zur Kollision mit einer Raute nicht so _nge.
Machen wir folgendes Experiment: Mithilfe einer Stoppuhr, die eine Zwischenzeit speichern kann, messen wir das Zeitintervall zwischen einem - :liebigen Passieren der Kugel an einer bestimmten Kesselstelle und dem .:.--ollisionsaugenblick, wobei wir die erste Kugelumlaufzeit TUK ab Beginn Messung als Zwischenzeit stoppen und speichern. Ziehen wir vom __-_.samten Zeitintervall diese Kugelumlaufzeit TUK ab, erhalten wir die Kugelrestlaufzeit KRLZ. Damit erhalten wir Daten, wie sie in Tabelle 4.3 dargestellt sind.
Dies sind also 20 Messungen. Wir fassen die Kugelrestlaufzeit KRLZ als Funktion der Kugelumlaufzeit TUK auf. Um nun ein Schaubild dieses funk--_onalen Zusammenhangs zu erhalten, tragen wir die Paare (TUK, KRLZ) als Punkte in ein rechtwinkliges Koordinatensystem ein
zeigt. Bei den KRLZ kommen vier Werte vor, die wir vorerst als Ausreißer ansehen und in der Graphik in Klammern setzen.
Die übrigen 16 Wertepaare bilden einen länglichen, abfallenden Punkur-schwarm, der in den gemessenen Bereichen linear erscheint und durch dem wir uns leicht eine Gerade gezogen denken können, wie in der Abbildung eingezeichnet. Um die Parameter für diese Gerade zu erhalten, gibt es eia elementares Verfahren, das die Methode der kleinsten Quadrate genanza wird. Diese ermittelt diejenige Gerade, von der die Summe der quadrierten Abstände aller Punkte ein Minimum bildet. In vielen wissenschaftlichen Ta-schenrechnern ist das Verfahren einprogrammiert, so dass nur die Wertpaare nacheinander eingegeben werden müssen, um die Parameter der gesuchten Regressionsgeraden zu erhalten.
Als Parameter dieser Geraden erhalten wir zwei Zahlen: den Steigune. faktor m (= AKRLZ/ATUK) und den Schnittpunkt s mit der Ordinate. ea = KRLZ(TUK = 0)). Wir erhalten für die 16 Wertepaare die Parameter rn —4,34 und s= 13,15, womit die Gleichung der Regressionsgeraden
KRLZ = —4,34•TUK + 13,15
lautet. Setzen wir für TUK einen beliebigen Wert (zwischen 0,8 und 11 ein, so erhalten wir den dazugehörigen Funktionswert KRLZ(TUK) arl Geraden. Auch wenn dieser TUK-Wert noch nicht konkret gemessen wuuk
erhalten wir einen dazugehörigen KRLZ-Wert; Interpolation wird diese ein-fache Methode genannt.
KRLZ und TUK sind negativ korreliert (negativ wegen des negativen Steigungsfaktors der Geraden), und der Korrelationskoeffizient, der ebenfalls von den meisten wissenschaftlichen Taschenrechnern abgerufen werden kann, beträgt in unserem Fall —0,93.111
Man kann sich sehr gut vorstellen, dass ein anderes Kessel-Kugel-System zu einer anderen Regressionsgeraden führt. Deshalb ist es unerlässlich, bei Kessel- oder Kugelwechsel diese Korrelation quantitativ neu zu bestimmen.
Diese Methode reicht für eine erste, grobe quantitative Erfassung der funktionalen Abhängigkeit zwischen Restlaufzeiten und Einzelumlaufzeiten der Kugel, doch sie genügt nicht für eine differenziertere und genauere Pro-gnoseerstellung.
Tatsächlich schrieb ich im Frühjahr 1977 mein erstes Programm zur Vorausberechnung des wahrscheinlichsten Einfallbereiches der Kugel unter Verwendung dieser Regressionsgeraden. Insgesamt befriedigten mich die damit erzielten Ergebnisse aber nicht, obgleich sie gelegentlich ganz gut ausfielen.
Das Problem mit den Durchschnittswerten. Der Schwachpunkt bei der Methode der kleinsten Quadrate war zweifellos die systematische Bildung von Durchschnittswerten. Man kann nicht alle auftretenden Besonderheiten vereinfachen dadurch, dass man statt der vielen individuellen Werte Durch-schnittswerte nimmt. Man könnte es, aber man würde damit die Beschrei-bung der Abläufe, Ereignisse und Ergebnisse verfälschen. Ein ganz wichtiger Grundsatz lautet nämlich: Bei diskreten Werten und bei allgemeinen, speziell i.itch mehrgipfligen Verteilungen dürfen nicht ohne weiteres Mittelwerte gebildet u'erden!
Der Diskretisierungseffekt durch die Rauten. Bei völlig austariertem Kes-sel wird jede (in der Regel senkrechte) Raute im Laufe der Zeit in etwa gleich oft von der Kugel getroffen — natürlich nur, wenn die Rauten geometrisch-physikalisch perfekt (exakt gleiche Abmessungen und Beschaffenheit) und
auch im Kessel geometrisch perfekt angeordnet sind (exakt radial ausgerich. tet, auf der gleichen Höhe usw.).
Tragen wir die Kugelrestlaufzeit als Funktion der Kugelumlaufzeit mii ausreichender Präzision in ein Koordinatensystem ein, dann werden wir füi die Kugelrestlaufzeit KRLZ statt der groben Regressionsgeraden der Abbil¬dung 4.5 eine (absteigende) Treppenfunktion erhalten: Die Kugelrestlaufzeit für eine ganze Reihe von ausreichend benachbarten Kugelumlaufzeiten wird jeweils nahezu gleich und damit konstant bleiben. Erst bei Änderung der Kugelumlaufzeit um einen gewissen Betrag wird die Kugel die benachbarte Raute treffen und somit die Kugelrestlaufzeit sich ändern. Während sich also die Kugelumlaufzeit stetig ändern kann, bewirken die Rauten, dass die Ku-gelrestlaufzeiten in etwa gleich bleiben oder aber, dass sie sich sprunghaft än-dern und nur bestimmte Werte annehmen. Die graphische Darstellung einer solchen Funktion hat die typische Form einer Treppenfunktion (Abb. 4.7). Die Kugel kann nur an bestimmten Stellen mit einer senkrechten Raute kollidieren — und nicht dazwischen. Je enger die möglichen Kollisionsrauten beisammen sind, das heißt, je mehr davon im Kessel angebracht sind, desto gleichmäßig stetiger wird die KRLZ-Funktion sein.
Die Konsequenzen dieses Diskretisierungseffekts lässt die Rolle der Rau¬ten in einem für die Prognoseerstellung günstigen Licht erscheinen:

Der Diskretisierungseffekt führt zu einer „Kanalisierung" der Kugelbahnen. Inso¬fern haben die Rauten für die Kugelbahnen eine Art „Gleichrichterfunktion".
Aber auch das ist nur die ungefähre (und weitgehend theoretische) Form der Treppenfunktion KRLZ. In Wirklichkeit sind die KRLZ-Werte chaotischer, zerklüfteter, und zwar vor allem wegen des roll-chaotischen Kollisionseffekts. Erst dieser Effekt liefert eine Erklärung für die chaotische Mikrobeschaf¬fenheit der Kugelrestlaufzeit — und für den schon oft erwähnten Vis-ä-vis-Effekt.
Der roll-chaotische Kollisionseffekt. Bei genauer Betrachtung ist das freie Rollverhalten der Kugel auf der schiefen Bahn zwischen ihrer Loslösung vom Kesselrand und ihrer Kollision mit einer Raute gekennzeichnet durch kleine Perioden der Beschleunigung (runter) und der Abbremsung (rauf).
Das kann aber bei sehr ähnlichen Kugelbahnen sehr verschiedene Auswir-kungen haben: Einmal kollidiert die Kugel mit einer bestimmten Raute, und einmal kommt sie an ihr gerade noch vorbei —
Bei einem vollkommen austarierten Kessel wird bei Lauf 2 die nächste Raute die wahrscheinlichste Kollisionsraute — der Diskretisierungseffekt durch die Rauten.
Dennoch ist der roll-chaotische Effekt nicht mit dem Diskretisierungs-..-ffekt gleichzusetzen. Während der Diskretisierungseffekt durch die Rauten m Prinzip völlig berechenbar ist, ist es der roll-ch elektronik oder hochpräziser Akustik, weil hier kleinste Störungen zu eben nicht so kleinen Auswirkungen führen. Innerhalb gewisser Toleranzgrenzt:: sind aber die praktischen Auswirkungen der beiden Effekte dieselben. Des¬halb wollen wir keine Haarspalterei betreiben, sondern uns pragmatisch an den jeweiligen Auswirkungen orientieren. Ich werde auch die beiden Effek:e schlicht als die elementaren Effekte bezeichnen.112
Die wichtigste Auswirkung des roll-chaotischen Kollisionseffekts besteh: darin, dass die Funktion KRLZ mehrdeutig ist, das heißt, für ein und demse_-ben TUK-Wert kann es verschiedene KRLZ-Werte geben.
Obwohl nun der roll-chaotische Kollisionseffekt praktisch kaum bere¬chenbar ist, kann man ihn in den Griff bekommen — zumindest bis zu einen: gewissen Grad. Wenn nämlich für jeden engeren TUK-Bereich mehren diskrete KRLZ Werteals Grüppchen (Cluster) vorhanden sind, entscheicir:: man sich bei der Erstellung einer Prognose für das umfangreichste oder figste KRLZ-Cluster. Dann hat man auch die besten Chancen, eine richtE,z Prognose zu erstellen.
Kugelrestlaufzeiten bei den elementaren Effekten. Da die praktischen Auswirkungen des Diskretisierungseffekts und des roll-chaotischen Kollisi-onseffekts innerhalb gewisser Toleranzgrenzen dieselben sind, werden wir sie als die elementaren Effekte bezeichnen.
Obwohl gleiche Kugelumlaufzeiten nicht nur nicht zu exakt gleichen Restlaufzeiten (oder Kollisionszeitpunkten) führen, sondern zu ganz unter-schiedlichen, kann jeder Kugelumlaufzeit eine ganze Verteilung von Kollisi-onszeiten zugeordnet werden, wie Abbildung 4.9 zeigt, aus denen man das aussichtsreichste lokale Grüppchen (Cluster) für eine konkrete Prognose heranziehen wird.
Dabei darf man natürlich keine Mittelwerte über die verschiedenen K_ gelrestlaufzeiten bilden, denn diese (theoretischen) Mittelwerte würden_ der Praxis signifikant weniger oft vorkommen als die diskreten, konkre:_-Werte.
Die Daten in der Praxis sind nicht so schön geordnet und sehen komr_,_-zierter aus. In der Tat ist zu erwarten, dass sich in der Praxis alle möglich= Einzeleffekte überlagern und ein eher chaotisches Bild abgeben.
Um die resultierenden Daten eines real existierenden Roulettes besser na verstehen, fing ich an, die Summe dreier aufeinanderfolgender Kugelurn-
laufzeiten TUK3 zu betrachteten, da ich die Auswirkungen von Messfehlern möglichst klein halten wollte. Die Wertepaare (TUK3, KRLZ) wurden nur dann aufgeschrieben, wenn die Kugel mit einer der Rauten 1 oder 2 kolli¬dierte, wobei die Rauten in Kugellaufrichtung durchnummeriert wurden. Abbildung 4.10 stellt die Graphik dar.
Interessant ist, dass wir auf dieser Abbildung die Überlagerung des Dis-kretisierungseffekts mit dem roll-chaotischen Kollisionseffekt beobachten können; man sieht es sowohl an den verschiedenen Beträgen der Kugelum¬laufzeiten TUK3 als auch an denen der Kugelrestlaufzeiten KRLZ, wie man leicht interpretiert. Und die größeren senkrechten Abstände von KRLZ-Werten bei teilweise gleichen TUK3 Werten illustrieren sogar den Vis-ä-vis-Effekt.
Bei der Analyse eines real existierenden Roulettes kommt man sich vor wie ein Arzt, der bei einem Patienten zahlreiche Symptome verschie¬dener Krankheiten diagnostiziert. Auch hier ist eine gesunde Mischung aus Wissen und Kunst erforderlich, um den Durch- und Überblick zu bewahren.
Die Scheibenposition am Ende der Kugellaufzeit ist sehr leicht zu be¬rechnen, da sich der schwere Rotor sehr gleichmäßig bewegt. Die Kunst einer guten Prognose wird darin liegen, gute Kriterien für die Auswahl der besten Kugelrestlaufzeit zu haben, sowie für das häufigste Kugelstreuverhal-ten (speziell unter Berücksichtigung der Kompensationseffekte, die wir in Kapitelteil 4.3 kennenlernen werden).

Tilt: Rauteneffekt; Vis-ä-vis-Effekt;
Kompensationen
Zu Beginn meiner Untersuchungen, vor Jahrzehnten, tarierte ich meinen Kessel aus, so gut es ging. Trotzdem konnte ich nicht verhindern, dass die Kugel mit einigen Rauten signifikant häufiger kollidierte als mit anderen. Dabei fiel mir auf, dass die häufigsten Kollisionsrauten meistens unmittelbar benachbart waren. Zuerst führte ich diesen Vorfall auf die starke Abnutzung meines alten Kessels zurück. Dann fragte ich mich, wie denn das mit den anderen Kesseln in den Casinos so sei. Also fuhr ich zur nächsten Spielbank und fertigte so viele Kollisionsstrichlisten der Rauten an, wie Tische in Betrieb waren. Und siehe da: Alle hatten den gleichen, mehr oder weniger ausgeprägten Tick, den ich Rauteneffekt nannte.
Die Ursache für einen Rauteneffekt bei idealen und ideal angeordne¬ten Rauten kann nur eine räumliche Kesselschieflage sein, also eine nicht vollkommen horizontale Kessellage. Warum kommt das aber so häufig vor, obwohl die Kessel regelmäßig austariert werden, wie von Spielbankseite oft zu hören ist? Es dauerte nicht lange, bis mir dieser Tatbestand plausibel er-schien: Einerseits genügt eine sehr geringe Schieflage von 0,1 bis 0,2 Grad, um den Effekt hervorzurufen, und andererseits ist der Kugellauf bei einem Kesseltilt empfindlicher, als es selbst gute Wasserwaagen sind.
Für einen Tilt spricht noch: Die Kessel sind in der Regel in den Tisch eingelassen, und der Tisch steht mit seinen Füßen auf dem Teppichboden. Bei den vielen Leuten, die sich häufig auf den Tischrand stützen, um ihre Einsätze zu platzieren, kann der Tisch — und somit der Kessel — nicht lange perfekt waagrecht bleiben." 4
Der Rauteneffekt
Der Rauteneffekt als Folge geringster Kesselschieflagen. Der erste Ef-fekt, den Kesselgucker entdeckten, war der Rauten-Effekt. Sie entdeckten nämlich, dass bei den meisten Kesseln nicht alle (senkrechten) Rauten im Mittel gleich oft von der Kugel getroffen wurden. Einige Rauten in einem zusammenhängenden Kesselbereich wurden deutlich öfter getroffen als die gegenüber liegenden Rauten. Und in einigen Extremfällen kollidierte die Kugel sogar nur mit einer einzigen senkrechten Raute — ganz unabhängig davon, wie langsam oder schnell die Kugel geworfen wurde. Eine Strichliste wie in Tabelle 4.4 ist schnell angefertigt.
Da der Kessel nicht perfekt waagrecht ist, werden diejenigen Rauten voz der Kugel am häufigsten getroffen, die in der schiefen Kesselebene „am Berg¬liegen. Und das gilt ebenfalls für den Loslösepunkt der Kugel vom Kesselranc. (obgleich dieser Loslösepunkt kein „Punkt" ist, sondern über einen gewisses Bereich „verschmiert" ist). Dennoch ist dies eine relevante Information. ciie es den Kesselguckern erlaubte, ihre Prognose darauf aufzubauen: Ausgehen:. von der häufigsten Kollisionsraute bzw. vom Loslösepunkt, versuchten sat denjenigen früheren Zeitpunkt T* (am Loslösepunkt) zu erraten, der zwee_ Bedingungen erfüllte:
*             Ab dem Zeitpunkt T* macht die Kugel noch genau vier Umläufe.
*             Während dieser vier restlichen Kugelumläufe legt die Scheibe (in entge-gengesetzter Richtung) noch einen ausreichend gut abzuschätzenden Weg zurück (zum Beispiel zwei volle Umläufe).
War so ein Zeitpunkt T* am Loslösepunkt ausgemacht, würde die Scheibe —in unserem Beispiel — im Kollisionsaugenblick in der gleichen Position sein,, und der Kesselgucker bräuchte dann nur mehr die ungefähre mittlere Kuzzi-sprungweite von der Nummer unter dem Loslösepunkt in Kugellaufrichtung
auftragen, um seine Prognose abzulesen — vier Kugelumläufe vor der Kolb-sion. Und meistens reicht das zeitlich, um noch die Ansage zu machen oder gar selbst zu setzen.
Das Kollisionsdiagramm des Rauteneffekts. Statt einer Strichliste hat auch die Erstellung eines Kollisionsdiagramms (wie in Abb. 4.11) als lich erwiesen — vor allem dann, wenn zusätzlich noch die Kugeleinfallberel-che bezüglich des starren Kessels betrachtet wurde.
Die Nützlichkeit des Rauteneffekts.115 Die enormen Vorteile des Rautenef-:ekts liegen auf der Hand:
er ist schnell identifiziert und erlaubt einen zuverlässigen Rückschluss auf den Tilt des Kessels; die Zuverlässigkeit ist mindestens so groß wie die einer Präzisionswasserwaage — wobei man Letztere erst gar nicht braucht; er verstärkt sowohl den Diskretisierungseffekt als auch den roll-chaoti¬schen Kollisionseffekt zum Vis-ä-vis-Effekt — und „kanalisiert" noch stär¬ker die Kugelbahnen (wodurch zahlreiche kleine Schätz- oder Messfehler sich nicht sonderlich auswirken);
er verstärkt darüber hinaus auch einige sogenannte Kompensationseffek¬te, wie wir im nächsten Abschnitt sehen werden;
•             die Casinos bemühen sich, die Kessel regelmäßig auszutarieren; die Er-fahrung hat aber gezeigt, dass kleine Kesselschieflagen günstiger sind ab große; durch den regelmäßigen Versuch des Austarierens werden die Kes-selschieflagen also meist optimal klein gehalten.
Verstärkung der anderen Effekte
Der Vis-ä-vis-Effekt als Verstärkung elementarer Effekte. Bereits in Ka-pitelteil 3.3 habe ich von diesem Vis-ä-vis-Effekt Gebrauch gemacht. Es ist eine ganz gute Faustregel, wenn die folgenden zwei Bedingungen herrschen:
1.            der Kessel hat einen Tilt, und
2.            die Scheibenumlaufzeit ist etwa doppelt so lange wie die Kugelumlauf¬zeit in ihrem letzten Umlauf vor der Kollision mit einer Raute.
Der Diskretisierungseffekt und der roll-chaotische Kollisionseffekt, die ele-mentaren Effekte bei Kesseln ohne Tilt (Kapitelteil 4.2), haben praktisch dieselben Auswirkungen. Deshalb müssen wir als Pragmatiker zwischen ih-nen im Konkreten gar nicht unterscheiden. Doch gilt das auch bei Kesseln mit Mit?
Ja! Beide elementaren Effekte werden durch einen Kesseltilt verstärkt und münden in den Vis-ä-vis-Effekt (immer falls die Scheibenumlaufzeit etwa doppelt so lange ist wie die Kugelumlaufzeit in ihrem letzten Umlauf).116
Der Vis-ä-vis-Effekt als vermeintlicher „Umdrehungsirrtum". Kesselgu-cker sind darauf angewiesen, einen besonderen Kugelumlauf zu erkennen. immer wieder, denn der weitere Verlauf ab diesem Augenblick lässt sich ganz gut abschätzen bzw. folgern. Wenn die Kugel nun bei einem Wurf nach dem erkannten Umlauf nicht noch vier, sondern fünf Umläufe macht, glaubt ein Kesselgucker nicht selten, dass er einem „Umdrehungsirrtum" erlegen ist, d. h., dass er den Referenzumlauf der Kugel einen Umlauf zu früh ge¬schätzt hat. Obwohl dies natürlich möglich ist — was für ein Irrtum ist hier schon ausgeschlossen? —, hat er sich gar nicht geirrt, sondern es hat einfach ein Diskretisierungseffekt oder ein 1-oll-chaotischer Kollisionseffekt, jeweils bei Kesseltilt stattgefunden — und das ist ein Vis-ä-vis-Effekt. Man könnte sogar sagen: Nicht der Kesselgucker hat sich geirrt, sondern die Kugel ... In der Tat scheint dieser wichtige Aspekt bei der Prognoseerstellung den Kesselguckern
das größte dauerhafte Problem bereitet zu haben. Abbildung 4.12 veran-schaulicht den einfachen Vis-a-vis-Effekt.
Kompensationseffekte: systematisches Glück. Bedingt durch die elemen-taren Effekte, kann die Kugel bei weitgehend gleichen Anfangsgeschwindig-keiten an verschiedenen Rauten kollidieren. Kollidiert sie früher (vor der berechneten Kollisionsraute), hat sie noch eine größere Bewegungsenergie — die sie in einer im Mittel längeren Streuung abbaut. Kollidiert die Kugel dagegen später (nach der berechneten Kollisionsraute), hat sie schon eine geringere Bewegungsenergie — wodurch sie im Mittel kürzer streut. 



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