Samstag, 20. Juni 2015

3D-Drucker


3D-Drucker

Author D.Selzer-McKenzie

Video: http://youtu.be/ZxQpzXpytDE

Am schlimmsten, wenn am Tag, bevor die Gäste kommen, einer der sechs benötigten Teller in Scherben fällt. Was dann? Dann warten wir auf den Techniker, schieben zur Fahrradwerkstatt, suchen im Kaufhaus hektisch nach einem Teller in ähnlichem Design.

Jedenfalls heute noch.

In ein paar Jahren aber nehmen wir den kaputten Knopf, das noch vorhandene Pedal und einen der noch heilen Teller und gehen zum 3DDruckshop um die Ecke. Dort schiebt ein freundlicher Mitarbeiter unsere Mitbringsel in den RundumScanner, repariert am Computerbild noch schnell die am Herdknopf abgebrochene Halterung  und gibt uns einen Abholtermin. In ein paar Stunden seien die Sachen fertig gedruckt. Der Knopf geht schnell, weil er nur aus Kunststoff besteht; Metall und Keramik dauern länger.

ScienceFiction? Ein Fall für Captain Picard? Keineswegs. Nur die gedachte Fortsetzung dessen, was um uns herum längst im Entstehen begriffen ist.

Denn das Drucken in der dritten Dimension hat in nur wenigen Jahren eine furiose Entwicklung durchgemacht: aus den Hobbykellern der Computertüftler bis in die industrielle Produktion. Von der im wackligen Heimdrucker selbst produzierten Plastikkaffeetasse hin zum Bau von Architekturmodellen, von DesignPrototypen für die Automobilindustrie, von medizinischen Prothesen.

 

Museen fertigen mit dieser Techn schon Repliken ihrer wertvollsten Stücl an, Archäologen rekonstruieren damit d: Physiognomie von Menschen, die se Jahrtausenden tot sind. Jüngst schaffte ch NASA ein solches Gerät sogar auf die Ir ternationale Raumstation, um benötigt Ersatzteile und Werkzeuge gleich an 0: und Stelle herstellen zu können. Und d2 USRaumfahrtunternehmen SpaceX de Erfinders Elon Musk baut sogar di Brennkammern für die Triebwerke eine neuen Raumkapsel im 3DDrucker.

Inzwischen findet man auch kaur noch einen Stoff, der sich nicht zum Dru cken eignete. Das können Flüssigkeite: sein, die schichtweise zu Kunststoffe: ausgehärtet werden. Oder Bruchteile vu Millimetern dünne Schichten aus PlastikGips oder Keramikpulver, die mit einen Druckkopf Lage um Lage aufgebracht un( dann an vorgegebenen Stellen mit Binde mittel verfestigt werden. Es klappt auc] mit flüssigem Ton oder mit Leichtbauze ment, der aus einer Düse wie aus eine Sahnespritze Schicht um Schicht über einandergepackt wird. Oder mit Metall staub, der, in der Hitze eines Laserstrahl geschmolzen, sofort darauf wieder er starrt (Näheres in den Kästen auf diese: Seiten). Sogar gedruckten Goldschmuc' gibt es schon zu kaufen  in Designs wie sie kein Goldschmied handwerklicl je herstellen könnte.

Der rasante Vormarsch dieser Tech nologie verblüfft Forscher und Politike gleichermaßen. „Eine neue digitale Reve lution" etwa sieht da Neil Gershenfeli heraufziehen, Professor am Massachu setts Institute of Technology (MIT) i: Cambridge. Das Londoner Weltmagazi: „The Economist" bejubelte den 3D Druck als den Beginn „einer dritten in dustriellen Revolution", und USPräsider Barack Obama sprach von einer Revolution in der Methode, „wie wir fast alle unsere Dinge herstellen".

Selbst der Washingtoner Thinktank Atlantic Council, der die USRegierung üblicherweise in außenpolitischen Fragen berät, nahm sich die „strategischen Veränderungen" vor, die der Druck in drei Dimensionen mit sich bringe. Unter anderem fürchten die Regierungsberater, ein künftig geringerer Bedarf an Arbeitskräften „könnte in Ökonomien, deren Arbeiterschaft zu einem großen Prozentsatz in produzierenden Industrien beschäftigt ist, politisch destabilisierend wirken".

Wirklich? Kann diese neue Technik, wie das Atlantic Council fragt, „die Welt verändern"? Tatsächlich stellt sie die Art und Weise, wie wir Gegenstände des täglichen Bedarfs herstellen, geradezu auf den Kopf.

So sprechen Experten, wenn sie den 3DDruck meinen, auch lieber von „additiver Fertigung"  weil damit das genaue Gegenteil dessen beschrieben ist, was wir heute als übliches mechanisches Produktionsverfahren kennen. Denn beim Drehen, Bohren, Stanzen oder Fräsen wird aus einem Werkstück so lange Material entfernt, bis die gewünschte Form erreicht ist. Das ist die „subtraktive" Methode, und sie hat sich seit der Steinzeit nicht verändert. Auch Faustkeile wurden schon so hergestellt.

Additive Fertigung hingegen heißt: Ein Gegenstand entsteht, indem er aus einem Material nach und nach aufgebaut wird. Gegenüber den subtraktiven Verfahren hat sie mehrere Vorteile. Einer der wichtigsten: Es fällt fast kein Abfall mehr an. Überschüssiges Material, das im Druckprozess nicht verhärtet wurde, kann nahezu vollständig und ohne große Aufbereitung wiederverwertet werden.

D

en Anfang dessen, was heute eine Revolution genannt wird, machte im Jahr 1983 eine Tüftelei. Damals suchte der Ingenieur Charles „Chuck" Hull aus dem kalifornischen Städtchen Arcadia nach einem Weg, am Computer entworfene Designs schnell in brauchbare Prototypen zu verwandeln. Fündig wurde er, als er mit einer flüssigen Kunststoffkomponente experimentierte, die unter UVLicht fest wird. „Stereolithografie" räumliches Drucken  nannte Hull seine Erfindung, drei Jahre später wurde ihm darauf das Patent erteilt.

Dann kamen die Bastler und die Nerds, die „Maker" (Macher), die Programme und Technik entwickelten und DruckerBausätze für den Hausgebrauch kreierten. Bis heute bilden sie eine in aller Welt höchst agile Community von 3DDruckPionieren. Sie drucken für sich Schmuck, Figuren und Werkzeug, sogar fertige Kugellager inklusive beweglicher Kugeln  in einem einzigen Arbeitsgang. Es ist die digitaltechnische Variante dessen, was seit den 195oer Jahren „DoityourselfBewegung" heißt. Das Credo der Maker ist es, alles öffentlich zu teilen: neue technische Ideen, neue Programme, neue Modelle zum Selberdrucken. Die Ergebnisse präsentieren sie in InternetForen und auf eigenen Messen.

Und zunehmend werden daraus Geschäftsmodelle.

In 3DDruckStudios in zahlreichen Städten können sich Kunden schon Abbilder ihrer selbst fertigen lassen  und dabei je nach Geldbeutel zwischen BarbiepuppenFormat und Lebensgröße wählen. Ein Hersteller von Konzeptautos in Phoenix, Arizona, druckte jüngst in 44 Stunden und in knapp 5o Einzelteilen einen echten Roadster aus dem Material, aus dem die LegoSteine sind. Höchstgeschwindigkeit: 8o km/h. Hinzugekauft wurden nur Räder, Elektromotor, Windschutzscheibe, Ledersitze und ein bisschen Technik. Ziel sei es, in ein paar Jahren das nach Kundenwunsch maßgeschneiderte Auto anbieten zu können, erläutert einer der beteiligten Ingenieure.

Das Beispiel belegt einen weiteren Paradigmenwechsel: 3DDruck ermöglicht die individuelle Anpassung von Konsumgütern an die Vorstellungen der Kunden. Denn Vorlage für ein dreidimensional gedrucktes Produkt ist immer ein digitales 3DModell  und das ist ohne Aufwand am Rechner beliebig veränderbar. Bei Fließbandproduktion wäre das ein äußerst schwieriges Unterfangen, weil sich Stanz oder Gussformen nicht jedes Mal individuell anpassen lassen.

„Beim 3DDruck haben wir es zum ersten Mal mit einer Produktionstechnologie zu tun, bei der die Hobbyisten inzwischen der Industrie voraus sind", sagt Frank Piller, Innovationsforscher an der RheinischWestfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen. ,Yiele Innovationen auf diesem Gebiet kommen mittlerweile von den Heimanwendern."

Piller, der vom MIT in Cambridge nach Aachen wechselte, sieht in der neuen Technik eine „Demokratisierung der Werkzeuge". Denn der 3DDruck werde es künftig möglich machen, dass nahezu jeder Mensch jedes gewünschte Teil  den Plastikständer für den TabletComputer genauso wie die zerbrochene Porzellantasse aus dem geerbten Familiengeschirr selbst entwerfen oder digital reproduzieren und ohne große Kosten herstellen (lassen) kann.

Im Jahr 2013 verglichen Wissenschaftler der Michigan Technological University die Kauf mit den Druckkosten für 20 Alltagsgegenstände, deren Designs     unter inzwischen mehr als ioo 000 anderen frei im Internet verfügbar sind. Resultat: Im Handel kosteten alle Teile zusammen bis zu 1944 Dollar  aber nur „i8 Dollar, wenn ein Konsument sie an einem Wochenende selbst herstellt". Allerdings verwendeten sie für ihre Untersuchung auch nur einen ausgesprochen simplen Selbstbaudrucker. Aber angesichts solcher Differenzen amortisierten sich die Anschaffungskosten für den familieneigenen 3DDrucker innerhalb kurzer Zeit, schreiben die Forscher. Sie erwarten daher einen Boom bei den privaten Geräten.

Andere Experten sind da weniger optimistisch. „Die Heimanwendung in großem Stil sehe ich eher kritisch", sagt etwa Ben Jastram, der im 3DLabor der Technischen Universität Berlin die Technik und ihre Möglichkeiten erforscht. Unter anderem aus Preisgründen, der Kunststofffür die gängigen Heimdrucker kann, je nach Druckertyp, leicht bis zu 36 Euro pro Kilogramm kosten.

Ben Jastram sieht  wie auch Frank Piller von der RWTH  die Zukunft der additiven Fertigung in einem viel radikaleren Eingriff ins Wirtschaftsgeschehen. In der herkömmlichen Wirtschaftswelt muss immer, bevor ein Produkt auf den Markt kommt, ein Unternehmen den Bedarf erkennen, investieren und produzieren  mit dem Risiko, sich womöglich verkalkuliert zu haben. „In der neuen Welt brauche ich für vieles keine klassischen Unternehmen mehr", sagt Piller. „Wenn findige Konsumenten einen Bedarf haben, dann stehen ihnen über das Internet die Produktionsmittel zur Verfügung, um die Dinge selber zu machen." Und Kopien davon dann anderen Interessenten zum Kauf anzubieten  oder eben auch nur das Design oder den Bauplan.

Was absehbar zu einer kniffligen Frage führt: Wenn alles beliebig reproduzierbar ist  welchen Wert besitzen dann noch Urheber und Patentrecht? Ein Recht, so Frank Piller, sei schließlich nur dann etwas wert, „wenn ich es auch mit einiger Aussicht auf Erfolg einklagen kann". Wie verhindert man die 3DRaubkopie einer neuen AlessiSchale oder eines KopfhörerDesigns von Philippe Starck? Geht das überhaupt?

Noch hat niemand auf diese Frage eine klare Antwort. Vielleicht, überlegt etwa Piller, „ist der Gedanke, dass man alle Dinge schützen lassen muss, auf Dauer einfach überholt  und es wird irgendwann sinnvoller, Patent und Urheberrecht auf nur wenige Bereiche zu reduzieren". Zum Beispiel auf die pharmazeutische Forschung oder auf Erfindungen in Material und Prozesstechnik.

Eine andere Folge der 3DTechnologie ist genauso absehbar: dass in vielen Wirtschaftssektoren, etwa in der Automobilindustrie, die Kosten für Ersatzteilproduktion und Lagerhaltung drastisch sinken werden. „Das gilt für die OldtimerStoßstange genauso wie für die Turbinenschaufel im 3o Jahre alten SiemensKraftwerk", sagt Piller. Und lange Lieferzeiten für im Ausland gefertigte Einzelteile seien dann auch passe. Schließlich müsse man ja nicht erst auf Ersatz aus China oder Korea warten, wenn der im eigenen Land viel schneller zu erhalten sei. „Was spricht also dagegen, dass zukünftig der Autovertragshändler vor Ort die Ersatzteile seltener Modelle mit zertifizierten Druckanlagen direkt fertigt?", fragten auch Experten des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI) in einem kürzlich veröffentlichten Report über die Chancen additiver Fertigung.

Sie verzichten auf die Antwort  es ist eine rhetorische Frage fotografieren 115 Kameras, aus deren Bildern erst ein Rundumfoto entsteht und daraus eine druckfähige Datei

 

L

angfristig könnte all das an einer der Grundfesten der Weltwirtschaft rütteln: der global organisierten Arbeitsteilung. „Dass wir in einigen Län

dern denken und in anderen billig produzieren, das wird sich möglicherweise

bald ändern", sagt Professor Piller. Die Produktion rücke wieder näher an den Konsumenten, wenn sich anstelle der Produkte nur noch die Designs um die Welt bewegen müssen  und zwar via Internet, nicht via Container.

Immerhin befuhren Anfang 2013 fast 5100 Containerschiffe die Weltmeere, sie transportieren rund 1,5 Milliarden Tonnen Güter  die meisten davon aus den Herstellerländern in Fernost nach Europa und Amerika.

Und in Zukunft?

Schon ein um zs Prozent verringertes Frachtaufkommen würde allein die Treibhausgasemissionen in der Containerschifffahrt um mehr als so Millionen Tonnen pro Jahr senken. Das ist die gute

 

Nachricht. Die schlechte betrifft die Schwellenländer, und das Atlantic Council formuliert sie so: „Die Entwicklungsländer könnten Nutznießer der additiven Fertigung sein  aber ebenso gut die Verlierer." Denn zu rechnen sei mit „einem signifikanten Verlust von Arbeitsplätzen in der Produktion".

Wenn zum Beispiel in wichtigen Branchen das eintritt, was der amerikanische Sportschuhhersteller Nike erklärtermaßen als Perspektive ausgegeben hat:

Nike brachte im vorletzten Jahr einen Laufschuh in die Läden, der vollständig im 3DVerfahren entsteht: Die Sohle wird additiv gefertigt, also gedruckt, und das Oberteil wird aus Synthetikfasern auf 3DStrickmaschinen hergestellt. Den 3DStrick nach digitalen Vorgaben hat das Unternehmen schon länger im Programm  das Verfahren reduziert die Produktion von 37 Einzelteilen auf nur noch zwei. Und ermöglicht es der Firma, in naher Zukunft auch die Form der Schuhe

 

individuell an die Anatomie der Kundezfüße anzupassen. „Das Verfahren verizdert alles", erklärte 2013 der damalige NikeChef Charlie Denson: Der Prozess reduziere die Kosten derart, „dass wir irgendwann diese Schuhe an jedem Ort der Welt herstellen können". Also direkt dort, wo sie nachgefragt werden.

Für Schuhmacher in China sind das keine guten Nachrichten.

Eine zunehmend größere Rolle spielt die additive Fertigung bereits in der Medizintechnik, wo eine solch individuelle Passung den Patienten viel Leid ersparen kann. Hochpräzise industrielle 3DDrucker stellen beispielsweise schon seit Jahren Brücken und Zahnkronen her und lösen immer mehr die zahntechnische Handarbeit ab. „Innerhalb von 24 Stunden können unsere Spezialdrucker bis zu 4so ZahnersatzEinheiten fertigen", verlautbart ein Druckmaschinenhersteller in München. Und die Firma Materialise mit Sitz im belgischen Leuven druckt neben Gussformen für die Maschinenbauindustrie und Designermöbeln auch Hilfsmittel für den Einsatz in der Chirurgie. Für „monatlich etwa 5000 bis 6000 Patienten", erklärt der stellvertretende Direktor Bart Van der Schueren, fertige das Unternehmen auf Basis von Daten aus Computer und Magnetresonanztomografie exakte Modelle und Schablonen zur besseren Vorausplanung von Operationen und zur Herstellung passgenauer Implantate. Außerdem pro Monat mehrere Hüftprothesen, aufgebaut aus pulverisiertem Titan und exakt auf die Anatomie der Patienten abgestimmt.

„Unser Vorteil ist, dass der 3DDruck Strukturen erlaubt, wie sie mit konventioneller Technik gar nicht machbar wären", so Van der Schueren. „Wir drucken zum Beispiel am Übergang zwischen Hüftimplantat und Knochen eine Netzstruktur aus Titan, die absolut genau passt. Da kann Knochensubstanz hineinwachsen und die neue Hüfte langfristig mit dem Skelett verbinden."

Ja, das ist zurzeit noch eine kostspielige Methode. Aber ein gedrucktes Körperersatzteil reduziere auch mögliche Folgeschäden, verglichen mit einem, das von der Stange kommt. Und wenn die Druckverfahren schneller und billiger würden, „wird das auch für den Massenmarkt interessant", versichert der Belgier. Er meint: für die Krankenversicherungen.

Im 3DLabor der TU Berlin, in einem jener Gebäude der Universität, die sich entlang der Straße des 17. Juni verteilen, wickelt Ben Jastram vorsichtig eine fragil wirkende Netzstruktur aus Kunststoff aus der Schutzfolie. „Diese Herzklappe ist einer unserer Prototypen", erläutert der Diplomingenieur sichtlich stolz. „Wir haben

 

sie in einem eigens entwickelten Drucker hergestellt."

Das 3DLabor der TU ist eines der größten Innovationszentren in Deutschland, wenn es um additive Fertigung geht. So arbeitet hier unter anderem ein kleines Team in Kooperation mit dem Deutschen Herzzentrum an einer medizinischen Revolution: an einem Herzklappengerüst aus Biokunststoff. „Es hat exakt dieselbe Form wie die Herzklappe des Patienten und wird im Labor auch mit seinen eigenen Zellen besetzt", sagt Jastram. „Diese wachsen in die Netzstruktur hinein  und bauen den Biokunststoff dann nach und nach ab." Übrig bleibt eine voll funktionsfähige Herzklappe, anatomisch identisch mit jener, die auszutauschen ist. Das ist der Plan.

Es wäre das Ende einer jeden Abstoßungsreaktion nach einer Herzoperation, kein Schwein müsste mehr für eine menschliche Herzklappe sein Gewebe geben. Selbst Kindern mit Herzfehlern könnte geholfen werden: Wächst ihr Herz, wird ihre Herzklappe durch eine neue ersetzt. „Wir stehen noch am Anfang", sagt Jastram. „Aber ich könnte mir vorstellen, dass das Verfahren in vielleicht 15 Jahren genehmigt ist."

Schneller wird sich die Entwicklung vermutlich in einigen anderen Bereichen vollziehen. Im November 2014 veröffentlichte die Europäische Weltraumorganisation ESA eine VideoAnimation, in der man rollenden Robotern auf dem Mond bei der Arbeit zuschauen kann: Sie bauen eine Forschungsstation, deren Außenwände Schutz gegen Strahlung und Meteoriten bieten. Im 3DDruckverfahren wird dabei der Mondstaub Regolith zu festen Bauteilen geschichtet. Partner der ESA bei dem ambitionierten Projekt ist das Büro des renommierten britischen Architekten Norman Foster, der unter anderem die Glaskuppel des Berliner Reichstags schuf. Aber gedruckte Häuser aus Pulver, als Zukunftsmusik der bemannten Raumfahrt?

Auf der Erde funktioniert das bereits.

A

msterdamNoord, vom Anleger am Hauptbahnhof in wenigen Minu

ten mit der Fähre erreichbar, ist Stadtentwicklungsgebiet. Hier entstehen neue Wohnblocks und Gewerbebauten in Serie. Der leer stehende ShellTower wird zum Hotel umgerüstet, daneben erstreckt sich der futuristische Bau des Niederländischen Filmmuseums. Und dort, wo eine Brücke den Buiksloterkanaal quert, hat sich in einigen weißen Bürocontainern die Firma DUS Architects eingerichtet, ein Team aus drei jungen Architekten und acht Mitarbeitern.

Ihr Geld verdienen sie unter anderem im kommunalen Wohnungsbau und am Flughafen Schiphol. Aber zu weltweiter Bekanntheit verhalf ihnen ein Projekt, das seit etwa einem Jahr sichtbar Formen annimmt: der Druck eines 15 Meter hohen Gebäudes mit 13 Zimmern nach dem Vorbild eines traditionellen Amsterdamer Grachtenhauses.

„3D Print Canal House" prangt in großen, weißen Lettern an einem Gerüst. DUS Architects zählen zu einer Handvoll Enthusiasten weltweit, die mit unterschiedlichsten Materialien den Druck ganzer Gebäude erproben. In den USA und China experimentieren einige Pioniere mit Leichtbauzement, eine Gruppe in Italien versucht es mit Lehm, eine andere in Großbritannien mit Sand. Die Amsterdamer verwenden einen Biokunststoff der deutschen Firma Henkel.

Neben dem Bürotrakt steht auf einem kleinen Platz ein Türmchen, der „Kamer

 

Maker", der „Zimmermacher": ein senkrecht gestellter 20FußContainer, sechs Meter hoch. Darin wird gedruckt.

„Wir haben die Blechkiste für 600 Euro bei eBay gekauft", sagt Hedwig Heinsman, eine von zwei DUSArchitektinnen (Nummer drei ist ein Mann), „und da hinein dann einen großen Drucker bauen lassen." Dessen 3DDruckkopf lässt nun Schicht um Schicht aus dem recycelbaren Kunststoff in wabenförmigen Strukturen die Wände wachsen.

„Das fertige Haus wird aus diesen vorgefertigten Elementen bestehen, exakt nach dreidimensionalen Vorlagen aus dem Computer gedruckt, die wir am Schluss zusammensetzen", erklärt die Architektin. Die einzelnen Bauteile werden dann nur noch mit Beton ausgefüllt und verputzt. In zweieinhalb Jahren, sagt Hedwig Heinsman, wolle man fertig sein. Der Zeitplan ist sportlich. Ein zweiter Drucker wird gerade zusammengebaut.

Aber wieso gerade ein gedrucktes Haus? Was ist der Vorteil?

„Wir wollen Innovationen anzetteln", erklärt die Architektin. „3DDruck hat für uns Architekten den Vorteil, dass alle Formen leicht zu verändern sind, an neue Wünsche angepasst werden können. Und dass diese Technik überall einsetzbar ist."

Um diese Mobilität zu zeigen, haben DUS Architects den Drucker auch in einem Container platziert.

„Stellen Sie sich vor", sagt Hedwig Heinsman, „man könnte damit künftig,

wo immer es nötig ist, feste Häuser für

Menschen bauen, die dringend eine Unterkunft brauchen." Für Kriegsflüchtlinge

etwa oder für Katastrophenopfer. Dann müssten keine großen Zeltstädte mehr eingeflogen werden.

Sondern nur noch Container mit 3D

Druckern.

           























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