Donnerstag, 11. Juni 2015

Konsequent und geduldig investieren


Konsequent und geduldig investieren

Author D.Selzer-McKenzie

Wertorientierte Geldanlagen eröffnen gerade in Zeiten erhöhter Kursschwankungen aussichtsreiche Ertragschancen. Es wird nur in ausgewählte, unterbewertete Aktien investiert. Privatanleger können so reale Erträge erzielen — und müssen sich nicht mehr über die Minizinsen ihrer Hausbank ärgern.

Mit der Aktienkultur ist es in Deutschland nicht weit her. „Zu risikoreich und zu spe¬kulativ" urteilen viele Privatanleger über einen Einstieg an der Börse. Tat-sächlich trifft dies aber nur auf solche Zocker zu, die Aktien kaufen und zügig verkaufen, um schnell Kursgewinne zu erzielen. Wer qualitativ hochwertige Wertpapiere dagegen über Jahre hält, investiert sein Kapital in Unterneh¬men und nimmt an deren Gewinn¬chancen teil. Dabei lassen sich deutlich höhere Ertragschancen realisieren, als es in diesen Zeiten anhaltender Mini-Zinsen mit Spareinlagen möglich ist. Allerdings stellt sich für Privatanleger dann vor allem eine Frage: Wie finde ich die „richtigen" Aktien und wann ist der „richtige" Zeitpunkt, sie zu kaufen oder zu verkaufen?

Eine praxisbewährte Lösung bietet das wertorientierte Investieren oder Value-Investing. Mitte der 1930er Jahre legte der britische Wirtschafts-wissenschaftler Benjamin Graham mit der fundamentalen Wirtschaftsanalyse die Grundlage für diese Anlagestrate-gie. Im Kern lässt sich die Strategie so beschreiben: Jedes Unternehmen hat

 

einen realwirtschaftlichen Wert. Die¬sen sogenannten „fairen oder inneren Wert" sind Investoren bereit, an der Börse zu bezahlen. Value-Investoren gehen davon aus, dass der Börsenkurs einer Aktiengesellschaft auf längere Sicht genau diesem Wert entspricht. Bekanntermaßen gilt dies aber nicht immer und zu jeder Zeit.

Fakt ist, dass die Börse zu einem Gro߬teil durch Psychologie bestimmt wird. In Hausse-Phasen, wie in den zurück¬liegenden Monaten, laufen die Aktien-

 

kurse den realwirtschaftlichen Ent-wicklungen davon und die Aussichten nach stetig steigenden Kursgewinnen nähren die Gier nach mehr. Entge-gengesetzt ist es in Baisse- oder gar Crash-Phasen wie beim Ausbruch der Finanzkrise. Dann sorgen Panik und Verlustängste dafür, dass immer mehr Anleger ihre Aktien verkaufen und aus der Börse aussteigen. Kursschwankun-gen sind aber ebenso das Resultat von Unternehmensentwicklungen. So kön-nen die Kurse z. B. durch Übernahmen und Produktinnovationen steigen bzw. durch Gewinnwarnungen, Manage-mentfehler u. a. fallen.

Den Value-Investor interessiert indes nur eines: Liegt der Aktienpreis un-terhalb des „fairen Wertes"? Voraus-gesetzt, der Kurs unterschreitet dabei eine zuvor definierte Sicherheitsmar¬ge, kommt ein Investment in Frage. Je größer diese Preisdifferenz ausfällt, desto geringer ist das Risiko, mit dem Aktienkauf Verluste zu erleiden. Über-schreitet die gekaufte Aktie dann im Zeitverlauf diesen „fairen Wert", heißt es Abschied nehmen — es sei denn, die¬ser Wert ist parallel zum Aktienkurs ebenfalls gestiegen. Dann sind die Voraussetzungen für weiteres Kurspotenzial gegeben, sodass der Value-Investor investiert bleiben kann.

Schon hier offenbart sich, dass die prak¬tische Umsetzung einiges von Privat¬anlegern abfordert. Ohne Geduld und Anlagedisziplin lässt sich dieser Pro¬zess nicht durchhalten. Hinzu kommt, dass jeder potenzielle Kaufkandidat zuvor analysiert und bewertet werden muss. Eine aufwändige Sache. Deshalb dürften die meisten Privatanleger mit einem Fondseinstieg besser fahren als mit einem Direktinvestment.

Angefangen bei der Titelauswahl über die Höhe der Sicherheitsmarge bis hin zur Umsetzung der Anlagestrategie gibt es allerdings auch unter den Value-Fonds diverse Unterschiede. Während hier individuelle Anlageprä-ferenzen den Ausschlag geben, erschei-nen zwei Anforderungen bei jedem Value-Investment unerlässlich: Das Fondsmanagement sollte eine klare Strategie mit großer Konsequenz ver-folgen, losgelöst von sich wechselnden Börsentrends. Das ist leichter gesagt als getan. Vielfach sind hiermit anti-zyklische Entscheidungen verbunden, die oftmals ein großes Maß an Geduld und Beharrlichkeit erfordern. Zweitens sollte das Fondsmanagement seinen Anlageerfolg möglichst über einen Bör¬senzyklus hinweg unter Beweis stellen können.

 

  

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