Konsequent und geduldig investieren
Author D.Selzer-McKenzie
Wertorientierte Geldanlagen eröffnen gerade in Zeiten
erhöhter Kursschwankungen aussichtsreiche Ertragschancen. Es wird nur in
ausgewählte, unterbewertete Aktien investiert. Privatanleger können so reale
Erträge erzielen — und müssen sich nicht mehr über die Minizinsen ihrer
Hausbank ärgern.
Mit der Aktienkultur ist es in Deutschland nicht weit her.
„Zu risikoreich und zu spe¬kulativ" urteilen viele Privatanleger über
einen Einstieg an der Börse. Tat-sächlich trifft dies aber nur auf solche
Zocker zu, die Aktien kaufen und zügig verkaufen, um schnell Kursgewinne zu
erzielen. Wer qualitativ hochwertige Wertpapiere dagegen über Jahre hält,
investiert sein Kapital in Unterneh¬men und nimmt an deren Gewinn¬chancen teil.
Dabei lassen sich deutlich höhere Ertragschancen realisieren, als es in diesen
Zeiten anhaltender Mini-Zinsen mit Spareinlagen möglich ist. Allerdings stellt
sich für Privatanleger dann vor allem eine Frage: Wie finde ich die
„richtigen" Aktien und wann ist der „richtige" Zeitpunkt, sie zu
kaufen oder zu verkaufen?
Eine praxisbewährte Lösung bietet das wertorientierte
Investieren oder Value-Investing. Mitte der 1930er Jahre legte der britische
Wirtschafts-wissenschaftler Benjamin Graham mit der fundamentalen
Wirtschaftsanalyse die Grundlage für diese Anlagestrate-gie. Im Kern lässt sich
die Strategie so beschreiben: Jedes Unternehmen hat
einen realwirtschaftlichen Wert. Die¬sen sogenannten „fairen
oder inneren Wert" sind Investoren bereit, an der Börse zu bezahlen.
Value-Investoren gehen davon aus, dass der Börsenkurs einer Aktiengesellschaft
auf längere Sicht genau diesem Wert entspricht. Bekanntermaßen gilt dies aber
nicht immer und zu jeder Zeit.
Fakt ist, dass die Börse zu einem Gro߬teil durch
Psychologie bestimmt wird. In Hausse-Phasen, wie in den zurück¬liegenden
Monaten, laufen die Aktien-
kurse den realwirtschaftlichen Ent-wicklungen davon und die
Aussichten nach stetig steigenden Kursgewinnen nähren die Gier nach mehr.
Entge-gengesetzt ist es in Baisse- oder gar Crash-Phasen wie beim Ausbruch der
Finanzkrise. Dann sorgen Panik und Verlustängste dafür, dass immer mehr Anleger
ihre Aktien verkaufen und aus der Börse aussteigen. Kursschwankun-gen sind aber
ebenso das Resultat von Unternehmensentwicklungen. So kön-nen die Kurse z. B.
durch Übernahmen und Produktinnovationen steigen bzw. durch Gewinnwarnungen,
Manage-mentfehler u. a. fallen.
Den Value-Investor interessiert indes nur eines: Liegt der
Aktienpreis un-terhalb des „fairen Wertes"? Voraus-gesetzt, der Kurs
unterschreitet dabei eine zuvor definierte Sicherheitsmar¬ge, kommt ein
Investment in Frage. Je größer diese Preisdifferenz ausfällt, desto geringer
ist das Risiko, mit dem Aktienkauf Verluste zu erleiden. Über-schreitet die
gekaufte Aktie dann im Zeitverlauf diesen „fairen Wert", heißt es Abschied
nehmen — es sei denn, die¬ser Wert ist parallel zum Aktienkurs ebenfalls
gestiegen. Dann sind die Voraussetzungen für weiteres Kurspotenzial gegeben,
sodass der Value-Investor investiert bleiben kann.
Schon hier offenbart sich, dass die prak¬tische Umsetzung
einiges von Privat¬anlegern abfordert. Ohne Geduld und Anlagedisziplin lässt
sich dieser Pro¬zess nicht durchhalten. Hinzu kommt, dass jeder potenzielle
Kaufkandidat zuvor analysiert und bewertet werden muss. Eine aufwändige Sache.
Deshalb dürften die meisten Privatanleger mit einem Fondseinstieg besser fahren
als mit einem Direktinvestment.
Angefangen bei der Titelauswahl über die Höhe der
Sicherheitsmarge bis hin zur Umsetzung der Anlagestrategie gibt es allerdings
auch unter den Value-Fonds diverse Unterschiede. Während hier individuelle
Anlageprä-ferenzen den Ausschlag geben, erschei-nen zwei Anforderungen bei
jedem Value-Investment unerlässlich: Das Fondsmanagement sollte eine klare
Strategie mit großer Konsequenz ver-folgen, losgelöst von sich wechselnden
Börsentrends. Das ist leichter gesagt als getan. Vielfach sind hiermit
anti-zyklische Entscheidungen verbunden, die oftmals ein großes Maß an Geduld
und Beharrlichkeit erfordern. Zweitens sollte das Fondsmanagement seinen
Anlageerfolg möglichst über einen Bör¬senzyklus hinweg unter Beweis stellen
können.
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