Donnerstag, 11. Juni 2015

Ende der Ambivalenz


Ende der Ambivalenz

Author D.Selzer-McKenzie

Googelt man den Begriff der

Ambivalenz, dann bekommt

man bei Wikipedia folgende Definition: „Unter Ambivalenz (lat. ambo „beide" und valere „gelten") wird in der Psychologie, Psychothe-rapie, Psychiatrie und Psychoanalyse das Nebeneinander von gegensätzli-chen Gefühlen, Gedanken und Aussa-gen verstanden." Diese Beschreibung charakterisiert die Verfassung der Immobilienfondsmärkte wohl nach wie vor recht gut. Schauen wir uns diese Ambivalenzfelder doch einmal nacheinander an:

EXTREM STARKE NACHFRAGE NACH DIREKTINVESTMENTS VS. EHER VERHALTENE NACHFRAGE NACH OFFENEN IMMOBILIENFONDS Mario Draghi und seine EZB bleiben die besten Promoter für Sachwert-

 

anlagen. So öffnete die EZB jüngst erneut die Schleusen und flutete die Märkte mit Liquidität, um das Zinsni-veau weiterhin extrem niedrig zu hal-ten. Die Folgen sind unübersehbar: so titelte jüngst die Immobilien-Zeitung ‚viel Geld für Alles" und zitierte Frank Pörschke, Chef des Maklerhauses Jones LangLaSalle, mit den Worten: „Wir suchen händeringend Produk¬te." Gäbe es mehr Angebote, hätten im ersten Quartal dieses Jahres bei Gewerbeimmobilien in Deutschland mehr als die sehr hohen 9,5 Mrd. Euro Transaktionsvolumen erreicht werden können. Die Hälfte davon steuerten ausländische Investoren bei, darun¬ter immer stärker Geldgeber aus Chi¬na. Auf sie entfielen von Januar bis März etwa 280 Mio. Euro. Aber auch ausländische Staatsfonds mischen immer stärker mit und treiben die

 

Preise. Trotzdem verharrt der saldier¬te Mittelzufluss im Publikums- und Spezialfondssegment aber noch weit unter langjährigen Höchstwerten. Der Fonds als Investment-Vehikel scheint durch die rechtlichen und faktischen Unsicherheiten — man denke zum Bei¬spiel an die holprige Einführung des KAGB — gegenüber der Direktanlage bzw. Investment-Clubs ins Hintertref¬fen geraten zu sein.

NACHFRAGE INSTITUTIONELLER INVESTOREN BISLANG STÄRKER ALS DIE NACHFRAGE VON PRIVATINVESTOREN

Im Jahr 2002 setzten die offenen Pu-blikumsfonds fast 15 Mrd. Euro ab. Dieser historische Höchstwert wurde seitdem nie mehr erreicht, der Zufluss pendelte sich bei 2 bis 3 Mrd. € Netto-mittelzufluss pro Jahr ein. Die Spezialfonds hingegen sammelten in den letzten Jahren kontinuierlich mehr Geld ein als die Produkte für die breite Masse. Haben die institutionel-len Anleger die Bedeutung der Nied-rigzinsphase und die Notwendigkeit zur Steigerung der Immobilienquoten deshalb schon besser verstanden als die Privatkunden? Sicherlich ist das ein Teil der Erklärung, bestimmt aber führen Asset-Liability-Studien zu der Erkenntnis, dass die Immobilie ein gutes Instrument zur Gewährleistung der erforderlichen Ausschüttungen an die Versicherten darstellt. Bei Pri-vatkunden und deren Beratern erwar¬ten wir das Verständnis nachgelagert, spätestens, wenn Wiederanlagen an-stehen oder die Jahresdepotauszüge verschickt worden sind.

PUBLIKUMSFONDS-SEGMENT LEIDET NOCH IMMER UNTER DEN ABWICK-LUNGEN BEI UNGEBROCHENER BELIEBTHEIT IM BANKENSEGMENT Relativ ruhig wurde es zuletzt um die Abwicklung der offenen Immobilien¬fonds, nun gibt es aber wieder News: Die Drescher & Cie Immo Consult AG

 

prüft einmal jährlich den Fortschritt der Abwicklungsaktivitäten. Um es vorwegzunehmen: es gibt Gesell-schaften, die sich mit der Abwicklung weiterhin recht schwer tun.

Es gibt aber auch einige Lichtblicke. Fondsmanager, die in einer schwieri¬gen Situation das Beste für ihre Anleger und Vermittler geben. Für die Fonds wurde unter anderem die Kennziffer „Cash-Burn-Rate" (CBR) analysiert. Die Tabelle zeigt den Substanzverlust, der je Fonds seit dem 31.12.2007 - mithin seit Ausbruch der Finanzmarktkrise ¬eingetreten ist. Klar ist, dass insbeson¬dere der konzernungebundene Vertrieb als einstmals wesentlicher Vermittler dieser Fonds daran noch eine Weile zu kauen hat.

In den Konzernvertrieben sieht es allerdings ganz anders aus: die gro¬ßen Profiteure des Mittelzuflusses der letzten Jahre sind Union, Deka, Deutsche Asset & Wealth sowie die Commerzreal. Sie vereinigen rund 90 Prozent der Mittelzuflüsse bei Publi-kumsfonds auf sich.

 

NEBENEINANDER ALTER FLAGG-

SCHIFFE MIT NEUEN PRODUKTEN Dabei verkörpern die großen Altfonds gelebte Ambivalenz: sie vereinigen zwei unterschiedliche Anlegerrechte. Altkunden können nach wie vor mit¬tels ihrer Freibeträge börsentäglich über ihre Fondsanlagen verfügen, während Neuinvestoren grundsätz¬lich Kündigungssperrfrist und Kün¬digungsfrist einzuhalten haben. Aber mit jeder Ausschüttung und Verfügung nimmt der Anteil der Altanleger ab. Bleibt trotzdem ein Vorteil für neue Produkte, die nur gleiche Anlegerrech¬te aufweisen und keine Altlasten mit sich herumschleppen. Aber so einfach ist es nicht: Die RREEF (Immobilien-Investments im Asset Management der Deutschen Bank) sammelte zwar seit Auflage ihres neuen Deutschland-Fonds über 300 Mio. Euro ein, konnte sich bislang aber erst eine Investition in Stuttgart sichern. Deswegen kommt der Fonds performanceseitig derzeitig noch nicht vom Fleck. Und KanAm schließt für den Leading Cities gerade zwar ihren vierten Cash-Call ab, kämpft aber immer noch mit der Bürde der Abwicklung des KanAm grundinvest. Zuletzt: die angekündigte Auflage von zwei neuen Publikumsfonds seitens der SEB verschiebt sich aufgrund deren Übernahme wohl auf den Sankt-Nim-merleins-Tag.

NTES FAZIT

Die Ambivalenz wird noch eine Zeit lang zum Immobilienfondssegment gehören. Aber die Spannbreite zwi-schen den Polen wird dabei konti-nuierlich abnehmen. Der Direkt¬trend wird unseres Erachtens vor der Fondsanlage nicht Halt machen. Vermittler und Kunden brauchen jedoch noch Zeit für das Reifen dieser Einsicht. Dann werden die Absatzzahlen im Publikumsfonds wieder anziehen. Das wird mittel¬bar wieder neue Player schaffen, die diesen Raum ausfüllen werden. Hoffentlich ist der Immobilienzyk¬lus dann nicht schon wieder viel zu weit gelaufen.

 

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