Donnerstag, 11. Juni 2015

Günstig zu Immobilien


Günstig zu Immobilien

Author D.Selzer-McKenzie

Rekordtiefe Zinsen und zahlreiche Übernahmen rücken Immobilienaktien verstärkt in den Fokus. Eine breit gestreute — und günstige — Investment¬möglichkeit bieten dabei Immobilien-ETE

Die Meldungen sorgten freilich für reichlich Schlagzeilen, so¬wohl in Deutschland als auch in Österreich. In den vergangenen Mona¬ten drehte sich das — grenzüberschrei¬tende — und nicht immer geglückte Übernahmekarussell immer schneller. Zuletzt scheiterte Deutsche Wohnen mit dem Übernahmeversuch des öster-reichischen Konkurrenten Conwert. Da war offenbar im Frühjahr die Deutsche Annington mit dem Kauf von Gagfah ein wenig erfolgreicher.

Und damit ist vermutlich längst nicht Schluss. Marcus Russ, Senior Fondsma¬nager bei Veritas Investment, zeigt auf: „Die meisten Analysten gehen davon aus, dass die Immobilienunternehmen in Deutschland und Österreich noch weiter zusammenrücken werden." Die Deutsche Annington könne z.B. die LEG Immobilien oder die Deutsche Wohnen übernehmen. „Es könnte aber auch die Deutsche Wohnen einen an¬deren Konkurrenten übernehmen, um nicht selbst geschluckt zu werden."

Doch worin liegt aktuell eigentlich der Reiz an den Deals? Die Gründe liegen freilich auf der Hand. Die Wirtschaft wächst inzwischen auch in der Eurozo¬ne. Allein im 1. Quartal 2015 wurde der

 

schnellste Zuwachs beim BIP (Bruttoin¬landsprodukt) verzeichnet, das annuali-sierte Plus lag bei ein Prozent. In vielen deutschen und österreichischen Bal¬lungszentren etwa boomt vor allem der Wohnsektor. Und die Einkaufszentren erleben einen Zuwachs in zahlreichen europäischen Regionen. Da hilft freilich das tiefe Zinsniveau (es verbilligt die Fi-nanzierung), auch wenn zumindest die langfristigen Zinsen zuletzt erstmals wieder zugelegt haben. Allerdings hat-te das vielmehr die US-amerikanischen Branchenaktien aufgewirbelt — dort rechnen Anleger noch am ehesten mit einer Leitzins-Anhebung, dieser Satz ist schließlich für Darlehen maßgeblich. Und auch in Asien legt der Immobilien¬sektor weiter zu, zumal allein China freilich ein wenig mit Zinssenkungen nachgeholfen hatte.

GESETZLICHE BESONDERHEITEN

Allerdings sind nicht alle Immobilien-konzerne reguläre Aktiengesellschaf-ten. Viele sind sogenannte REITs (Real Estate Investment Trust), sie zahlen keine Körperschaftsteuer. Und dann gibt es noch eine Besonderheit. REITs sind gesetzlich zu einer hohen Mindest-ausschüttungsquote verpflichtet. In Australien beträgt diese sogar 100 Pro¬zent. Ähnlich in den USA, hier muss die

 

Gesellschaft zumindest 90 Prozent des ausschüttungsfähigen Einkommens als Dividende auszahlen. Auch müssen z.B. 75 Prozent des Anlagevermögens in Immobilien veranlagt sein. Immerhin erreichte die durchschnittliche Dividen¬de von US -REITs zu Jahresbeginn rund 3,4 Prozent, für viele Anleger damit zu-nehmend ein Anleiheersatz, zumal die Ausschüttungen aufgrund gesetzlicher Vorgaben ja auch stetig sind.

Allein schon aufgrund der Vielfalt— aber auch der Schnelllebigkeit des Mark¬tes — wird damit schnell klar, dass ein breit gestreutes Investment, etwa mit einem Immobilien-ETF, durchaus Sinn machen kann. Bahram Sadighian, Ver¬triebsleiter für Österreich und CEE bei iShares, über die Chancen — aber auch die Risiken: „Innerhalb des Immobilien¬segments entwickeln sich einzelne Bereiche wie etwa Büro- oder Wohnim¬mobilien teils ganz unterschiedlich, je nach aktuellem Konjunkturzyklus." Mit einer entsprechenden Streuung gebe es gute Chancen, in diversen Phasen der globalen Wirtschaftsentwicklung von der Immobilienbranche zu profitieren. Sadighian: „Allerdings sind diese In-vestments auch nicht ganz ohne Risiko, wie allein das Platzen der US-Immobi¬lienblase im Jahr 2007 zeigte." BREIT UND GÜNSTIG GESTREUT

Immerhin, ein guter Grund, sich die weiteren Eigenschaften anzuschauen, etwa im Vergleich zu anderen Immo-bilienprodukten, wo Immo-ETF mit einigen Vorteilen punkten können, etwa gegenüber klassischen Immobi-lienfonds. „Hier wäre allen voran die höhere Liquidität zu nennen. Da hat¬ten in den vergangenen Jahren viele Immobilienfonds enorme Probleme", resümiert Günther Stibbe, Analyst bei Avana Invest. Weil Immobilien-ETF in börsennotierte Gesellschaf¬ten investieren, können auch größere Rückgaben von Anlegern ohne Proble-me bewältigt werden. Stibbe: „Immo-bilienverkäufe, die dann häufig mit hohen Preisabschlägen einhergehen, sind bei größeren Rückgaben im Im-mobilien-ETF nicht notwendig."

Auch gegenüber aktiv verwalteten Fonds gibt es Vorzüge. „Gerade in sehr spezialisierten Märkten, wie es die Immobilienbranche ist, gehen vie¬le Anleger davon aus, dass aufgrund von Informationsineffizienzen aktive Manager gute Chancen auf eine Out-performance gegenüber dem Markt haben", so Stibbe. In der Realität sei dieser Vorteil aber oftmals nicht fest-zustellen. Ein Hauptgrund sei die geringere Kostenbelastung der ETF. Dabei rechnet der Avana-Experte vor: In einem Vergleich von 18 aktiv ver-walteten Fonds für europäische Immo-

 

bilienaktien liegt z.B. der beste Fonds in einem FürAahreszeitraum bei rund 18,6 Prozent.

Ein entsprechender ETF auf europäi-sche Immobilienaktien brachte es im selben Zeitraum auf knapp 16 Pro¬zent. In der Vergleichsgruppe läge er damit an vierter Stelle. Stibbes Fazit: „Ein Anleger muss sich auch bei einem ineffizienten Markt die Frage stellen, ob er es sich zutraut, den Manager zu finden, der in den kommenden Jah¬ren besser abschneidet als der Markt. Dazu muss er sich sehr intensiv mit den verschiedenen Investmentkonzep¬ten auseinandersetzen." Und das kann durchaus seine Zeit in Anspruch neh-men. Bis dahin kann sich der Markt aber komplett verändert haben. „ETF bieten damit auch den Vorteil, eine ge-troffene Anlageentscheidung schnell und effizient umzusetzen."

WÄHRUNG UND DOMIZIL WICHTIG Anleger, die nicht nur „vor der Haus-türe" investieren möchten, können mit Immo-ETF relativ einfach gezielt in bestimmte Regionen investieren. Stibbe: „Wer etwa auf den Boom im Asienraum setzen will, kann beispiels-weise den FTSE EPRA/ NAREIT Asia Property Yield Fund von iShares im Auge behalten." Wobei gerade aber im asiatischen Raum der Anleger darauf achten sollte, in welcher Währung der ETF anlegt.

 

Zudem sollte man nicht übersehen, dass sich regionale Immo-Indizes aus jenen Titeln zusammensetzen, die in den je¬weiligen Ländern beheimatet sind. Die Immobilienportfolios der Gesellschaf¬ten können aber wiederum in ganz un¬terschiedlichen Regionen liegen. Dann würde man eigentlich von der Entwick¬lung der Immobilienmärkte in anderen Teilen der Welt partizipieren. Auch gilt es, die „Feinheiten" je nach ETF-Anbie-ter zu beachten. So kommen beispiels¬weise bei jenen Immo-ETFs von iSha-res, die mit dem Zusatz „Dividend +" versehen sind, nur jene REITs infrage, bei denen eine Dividendenrendite von zumindest zwei Prozent bezahlt wird.

Russ von Veritas Investment zeigt wei-ters auf: „Immo-ETF weisen zumindest kurz- und mittelfristig eine sehr aktien¬marktnahe Volatilität auf." Wer also in die Anlageklasse Immobilien mittels Immo-ETFs investieren möchte, dem sollte klar sein, dass Immo-ETFs nur in der langfristigen Betrachtung „den Wert von Immobilien und die ent-sprechenden Immobilienmarktzylden abbilden". Was aber lange noch nicht heißt, dass man bei Veritas Invest¬ment auf diese Anlageldasse verzichtet. Schließlich trage der Baustein „Liquide Immobilien" gerade bei Multi-Asset-Fonds zur Diversifikation bei, so Russ. In welchem Ausmaß andere Anleger dies ebenfalls umsetzen wollen, muss freilich jeder selbst entscheiden.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.