Fibonaccxi Der goldene Schnitt
Author D.Selzer-McKenzie
Video: http://youtu.be/TMuZHHsb3Sw
Die Fibonacci-Zahlen 1, 2, 3, 5, 8, 13, 21, ... findet man an
überraschenden Stellen in der Natur. Der goldene Schnitt wurde schon von den
alten griechischen Mathematikern beschrieben und später als Prinzip in der
künstlerischen Gestaltung erklärt. Diese zunächst ganz verschiedenen Dinge sind
durch einen mathematischen Zusammenhang verbunden.
2. DIE KANINCHENAUFGABE
Im Jahre
1202 veröffentlichte Leornardo Fibonacci sein „Liber Abaci“ (Rechenbuch), eines
der einflussreichsten Mathematikbücher. Es enthält folgende Aufgabe:
Jemand setzte ein Kaninchenpärchen in einen gewissen Ort, der allseits mit
Wänden umgrenzt war. Man wünscht zu wissen, wieviele Nachkommen dieses Paares
in einem Jahr erzeugt werden.
Dabei seien sie so beschaffen, dass sie in
jedem Monat ein neues Paar erzeugen; und ab dem zweiten Monat nach ihrer Geburt
sind auch die jungen fruchtbar.
Quidam posuit unum par cuniculorum
in quodam loco, qui erat undique pariete circun-datus, ut sciret, quot ex eo
paria germinaren-tur in uno anno:
cum natura eorum sit per singulum mensem
aliud par germinare; et in secundo mense ab eorum natiuitate germinant.
3
Das oben beschriebene Paar wirft im ersten Monat
Junge, verdoppelt sich selbst, so dass es zwei Pärchen in einem Monat sind. Von
diesen verdoppelt sich eines, nämlich das erste, im zweiten Monat; und so sind
im zweiten Monat 3 Pärchen; von diesem werden in einem Monat zwei schwanger;
und es entstehen im dritten Monat 2 neue Pärchen; und so sind es 5 Pärchen in
diesem Monat; von diesen werden 3 Pärchen schwanger; so dass es im vierten
Monat 8 Pärchen sind; von diesen erzeugen 5 Pärchen weitere 5 Pärchen: Diese
werden zu den 8 Pärchen hinzugefügt, was 13 Pärchen im fünften Monat ergibt;
von diesen werden jene 5, die in diesem Monat geboren wurden, nicht schwanger
in diesem Monat, aber die anderen 8 werden es; und so sind es im sechsten
Monat 21 Pärchen;
dazu kommen 34 Pärchen, die sich im neunten Monat verdoppeln, so dass es in
diesem 89 Pärchen werden; zu diesen werden wiederum 55 Pärchen addiert, die
sich im zehnten Monat verdoppeln, das sind 144; dazu kommen wieder 89 Pärchen,
die sich im elften Monat verdoppeln, das sind in diesem 233 Pärchen.
Zu diesen werden noch 144 Pärchen addiert, die im letzten Monat geboren
werden, das sind 377 Pärchen; und alle Pärchen stammen von dem oben
beschriebenenen Pärchen im bereitgestellten Ort während eines Jahres.
Ihr könnt am Rand sehen, wie wir dir Rechnung ausgeführt haben, wir haben
nämlich die erste Zahl mit der zweiten vereinigt, also 1 mit 2; und die zweite
mit der dritten; und die dritte mit der vierten; und die vierte mit der
fünften, und so fort, bis wir zur zehnten die elfte addiert haben, nämlich zu
144 die 233; und wir bekommen die oben erwähnte Summe der Kaninchen, nämlich
377; und so könnt Ihr es nach der Reihe mit einer unendlichen Zahl von Monaten
machen.
Quia suprascriptum par in primo mense germinat,
duplicabis ipsum, erunt paria duo in uno mense. Ex quibus unum, sci-licet
primum, in secundo mense geminat; et sic sunt in secundo mense paria 3; ex
quibus in uno mense duo pregnantur; et geminantur in tercio mense paria 2
coni-culorum ; et sic sunt paria 5 in ipso men-se; ex quibus in ipso pregnantur
paria 3; et sunt in quarto mense paria 8; ex quibus paria 5 geminant alia paria
5: quibus ad-ditis cum parijs 8, faciunt paria 13 in quin-to mense; ex quibus paria
5, que geminata fuerunt in ipso mense, non concipiunt in ipso mense, sed alia 8
paria pregnantur; et sic sunt in sexto mense paria 21;
cum quibus additis parjis [sic] 34, que
ge-minantur in nono mense, erunt in ipso paria 89; cum quibus additis rursum
pa-rijs 55, que geminantur in decimo mense 144; cum quibus additis rursum
parijs 89, que geminantur in undecimo mense, er-unt in ipso paria 233.
Cum quibus etiam additis parijs 144 , que geminantur in ultimo mense, erunt
pa-ria 377; et tot paria peperit suprascriptum par in prefato loco in capite
unius anni.
Potes enim uidere in hac margine, quali-ter hoc
operati fuimus, scilicet quod iun-ximus primum numerum cum secundo, uidelicet 1
cum 2; et secundum cum ter-cio; et tercium cum quarto; et quartum cum quinto,
et sic deinceps, donec iun-ximus decimum cum undecimo, uideli-cet 144 cum 233;
et habuimus suprascrip-torum cuniculorum summam, uidelicet 377; et sic posses
facere per ordinem de infinitis numeris mensibus.
Übung:
(1)
Erkläre die Kaninchenaufgabe mit eigenen
Worten. Eine Tabelle, in der die Monate mit den dazugehörenden Anzahlen der
Kaninchenpärchen aufgelistet sind, hilft dabei.
(2)
Sind die Angaben über die Kaninchenaufgaben
realistisch?
3. LEONARDO FIBONACCI
Leonardo
Fibonacci, auch Leonardo Pisano (Leonardo aus Pisa) genannt, lebte etwa von
1170 bis nach 1240 und stammte wahrscheinlich aus Pisa in Italien.
FIBONACCI UND DER GOLDENE SCHNITT 4
|
Weil sein Vater Handelsbeziehungen mit Nordafrika hatte, reiste auch er
zunächst dorthin, später auch nach Syrien, Griechenland, Sizilien und in die
Provence. Auf den Reisen lernte er die Mathematik kennen, wie sie von den
Arabern gepflegt wurde. Die Mohammedaner hatten die Tradition der
babylonischen und griechischen Mathematiker und Astronomen weitergeführt,
die damals im christlichen Abendland unbekannt waren. Die Naturwissenschaften
erhielten nach 1200 auch durch Kaiser Friedrich II einen erste Aufschwung.
Friedrich II schrieb selbst ein Buch über die Vogelzucht und förderte
Wissenschaftler wie Fibonacci persönlich.
|
Fibonaccis „Liber abaci“ war auch deshalb sehr folgenreich, weil er darin
die arabischen Ziffern (1,2,3,4,5,...) als die beste unter den ihm bekannten
Zahlsystemen empfahl. Damals, und noch lange danach, wurden vorwiegend die
römischen Zahlen (I,II,III,IV,V,...) benutzt. Leonardo hatte auf seinen Reisen
verschiedene Systeme kennengelernt, wie man Zahlen notieren kann, unter anderem
das der Babylonier. Er erkannte die Vorteile der indischen Methode. Wir nennen
die indischen Ziffern heute arabische Ziffern bezeichnen, weil sie im Westen
über die Araber bekannt wurde.
4. DIE FIBONACCI-ZAHLEN
Definition. Die Folge 1,
1, 2, 3, 5, 8, 13, 21, 34, ... heißt die Fibonacci-Folge. Dabei erhält man das
nächste Glied der Folge, indem man die zwei davor stehenden Zahlen addiert.
Bemerkung: Ausführlicher
schreibt man F1 =--------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- 1,
F2 = 1, F3 = 2, F4 = 3, F5 = 5, F6 = 8, .... Dabei
gilt F1
+ F2 = F3, F2 + F3 = F4, F3 + F4 = F5, .... Für diese Regeln schreibt man allgemein:
F1 = 1
F2 = 1
Fn + Fn+1 = Fn+2
Bemerkungen.
·
Der französische Mathematiker Edouard Lucas
gab im 19. Jahrhundert dieser Folge den Namen Fibonacci-Folge.
·
Die Art der Definition, bei der man die
Folgenglieder nacheinander bekommt, nennt man rekursiv; im Gegensatz zu einer expliziten
Definition, bei der man das Folgenglied direkt angeben kann.
Beispiel: Die
Quadratzahlen können explizit definiert werden:
Qn = n2 = n · n
Sie können aber auch rekursiv definiert
werden:
12 = 1, 22 = 12 + 3, 32 = 22 + 5, 42 = 32 + 7, 52 = 42 + 9, 62 = 52 + 11, ...
d.h. man
bekommt die nächste Quadratzahl, indem man zur vorherigen eine ungerade Zahl
addiert, was man leicht im folgenden Bild sieht.
0
|
0
|
0
|
0
|
0
|
|
|
|
|
|
|
|
|
·
•
|
•
|
•
|
0
|
|
|
|
|
|
|
|
x
|
x
|
x
|
•
|
0
|
1
|
+ 3
|
+ 5
|
+ 7
|
+ 9
|
=
|
5 • 5
|
|
+ +
|
x
|
•
|
0
|
|
|
|
|
|
|
|
|
? +
|
x
|
•
|
0
|
|
|
|
|
|
|
|
5.
BLATTSTELLUNG
5.1. Beispiele. Die
Kaninchenaufgabe ist kaum eine realistische Beschreibung von Vorgängen, die so
in der Natur vorkommen. (Trotzdem werden wesentliche Merkmale von Wachstumsprozessen
beschrieben). Überraschenderweise kann man in der Blattstellung (Phyllotaxis)
von vielen Pflanzen auch die Fibonacci-Zahlen finden. Die Fruchtstände sind
dann so angeordnet, dass man Spiralen erkennt, die sich kreuzen. Die Anzahl der
Spiralen sind oft Fibonacci-Zahlen, wobei es rechtsherum eine andere Zahl als
linkherum ist. Beispiele sind Tannenzapfen, Sonnenblumen, Ananas usw.
5.2. Sind die Blattstellungs-Spiralen Zufall? Anders gefragt: Wo lernt eine Pflanze bis 13 zählen?
Wenn man Gesetzmäßigkeiten in der Natur erkennt, muss man nämlich sehr
vorsichtig sein. Menschen neigen nämlich sehr schnell dazu, Zusammenhänge und
Ursachen zu erkennen, und sie glauben ungern an so etwas wie Zufall. Das ist
sicher oft eine Stärke des menschlichen Geistes, aber Beispiele für den Glauben
an unbegründete Zusammenhänge findet man genug. Man mag den Zweck der
Naturwissenschaft darin sehen, dass sie Zusammenhänge (Naturgesetze) entdeckt.
Andererseits sind die Meilensteine in der Naturwissenschaft oft dadurch
entstanden, dass ein allgemein anerkanntes Gesetz als falsch erkannt wurde,
z.B.
·
die Sonne dreht sich
nicht um die Erde
·
ein bewegter Körper
kommt nicht von selbst in den Ruhezustand (Galilei)
·
die Bahn der Planeten
sind keine Kreise (Kepler)
·
was „gleichzeitig“ bedeutet, ist nicht für
alle Beobachter das gleiche. (Einstein)
Im Internet findet man auf den Seiten von
gewissen Fibonacci-Zahlen-Fans Beispiele wie
·
Der Mensch hat 1 Kopf, 2 Arme, 3 Fingergelenke, 5 Finger – alles
Fibonacci-Zahlen.
Das hier die Fibonacci-Zahlen rein gar nichts
erklären, sieht man schnell ein. Die „kleinen“ Fibonacci-Zahlen stehen unter
dem Verdacht, reiner Zufall zu sein. Denn unter den 8 Zahlen von 1 bis 8 gibt
es 5 Fibonacci-Zahlen. Man
hat also eine gute Chance, ganz zufällig auf eine zu stoßen. Das Verhältnis von
Fibonacci-Zahlen zum Rest der ganzen Zahlen ändert sich aber dramatisch, wenn
man einen größeren Zahlenabschnitt betrachtet. Wenn man in der Sonnenblume
gleich zwei verschiedene „große“ Fibonacci-Zahlen findet, wird man schon ganz
schön neugierig, wie das zustande kommt. Und es haben immer wieder auch
berühmte Mathematiker wie Alan Turing und H. S. M. Coxeter darüber Artikel
geschrieben.
5.3. Mathematische Modelle. .
Wenn wir das Bild"Abwicklung 1" ausschneiden und als Röhre
zusammenkleben, erhalten wir ein Modell einer Pflanze oder eines
Fruchtstandes, wobei die Kreise für Blattansätze stehen. Nach dem
Zusammenkleben kann man 2 Schraubenlinien von unten links
nach oben rechts erkennen, sowie 3 Schraubenlinien von oben links
nach unten rechts. Außerdem erkennt man 5 senkrechte Linien.
In welcher Reihenfolge wachsen die
Blattansätze?
Wenn wir
das Modell so wählen, dass die Anzahl der Schraubenlinien
aufeinanderfolgende Fibonacci-Zahlen sind, liegen alle Blattansätze auf
unterschiedlichen Höhen. (Das ist z.B. gar nicht so, wenn die Anzahl
rechtsherum und linksherum gleich gewählt wird.)
|
|
Wenn die
Blattansätze der Höhe nach entstehen, entstehen benachbarte Blattansätze
nicht direkt nacheinander. Denn es gibt einen Ansatz, der niedriger liegt als
die direkten Nachbarn. Im
|
Abwicklung 1
|
FIBONACCI
UND DER GOLDENE SCHNITT 6
Bild sind die Kreise der
Höhe nach nummeriert. Die Differenzen
der Nummern zu den nächsten Nachbarn sind entweder
2, 3 oder 5. In unserem Beispiel ist der nächste Ansatz jeweils um 3 senkrechte
Reihen versetzt, also um 3/5 des Kreisumfangs versetzt.
5.3.1. Wie konstruiert man eine Abwicklung mit anderen Schraubenlinien? Eine
Methode ist naheliegend: Man konstruiert senkrechte und schräge Geraden wie im
Bild, nur mit anderen Anzahlen und Ganghöhen.
Eine aufschlussreichere
Methode bekommt man, wenn man folgendes bemerkt:
Von einem zum nächstes wachsenden Blattansatz muss
man immer denselben Weg zurücklegen. Im Bild sieht man sofort, dass der Weg von
0 nach 1 genau dem von 2 nach 3 entspricht. Dass das auch für den Weg von 3
nach 4 gilt, sieht man erst, wenn man das Modell zu einem Zylinder
zusammengeklebt hat.
Im Beispiel musste man von einem Ansatz zum
nächsten um 3 senkrechte Linien nach rechts weitergehen, das entspricht 3/5 des
Kreisumfanges. Auch nach oben muss man immer um dieselbe Höhe weitergehen. Mit
dem Geometrie-Programm kseg kann man schneller als mit Papier und Bleistift
nachsehen, was passiert, wenn man statt 3/5 andere Zahlen aus der
Fibonacci-Folge nimmt, z.B. 5/8 oder 8/13.
Der Erfolg stellt sich ein, wenn man
auch den Höhenabstand ein bisschen ändert.
Abwicklung 2 Abwicklung 3
Es fällt auf, dass manche Nachbarschaften von den Kreisen in den Bildern in
etwa erhalten bleiben, so ist z.B. die Folge der Kreise mit den Nummern 2 · 7 · 12 · 17 in allen
drei Abbildungen zu finden.
Wir betrachten den Abstand zwischen zwei
nacheinander wachsenden Kreisen (, der immer gleich dem Abstand zwischen den
beiden Kreisen 0 und 1 ist). Im ersten Bild beträgt der Abstand 3 senkrechte
Linien, im zweiten 5, im dritten 8. Das entspricht 3/5, 5/8 bzw 8/13 des
gesamten Umfangs der Pflanzen, weil es dort insgesamt 5, 8 bzw. 13 senkrechte
Linien gibt.
Wenn man das als Dezimalzahlen
ausrechnet, macht man eine interessante
Entdeckung:
F2
q73 =
F3
F3
q74 = =
F4
F4
q75 = =
F5
F5
q76=
F6
|
=
3 5
5 8
=
|
2 3 = = 0, = 0, 813=
|
0, 6666... 6
625
0,61538...
|
FIBONACCI
UND DER GOLDENE SCHNITT 7
Diese Zahlen pendeln hin und her und der
Unterschied zwischen einer zur nächsten wird immer geringer.
5.3.2. Gibt es
einen Grenzwert der Folge 2/3, 3/5, 5/8, 8/13, ...? Wir diskutieren jetzt
nicht die Frage, was der Begriff „Grenzwert“ genau heißen soll, sondern
pirschen uns auf einem Umweg an einen Grenzwertkanditaten heran:
Die Strecke AB habe die Länge 1.
Wenn wir die Strecke um das Pflanzenmodell herumlegen, sodass der Punkt A im
Mittelpunkt des Kreises 0 beginnt und der Punkt B auch dort wieder endet, so
soll der Punkt C die Stelle markieren, über der der Mittelpunkt des Kreises 1
liegt. Dann haben wir in den obigen 3 Bildern folgende Verhältnisse:
A C 3 C B 2
Abwicklung 1 : AB = AC =
5 3
C B 5 C B 3
Abwicklung 2 : AC = AC =
8 5
A C 8 C B 5
Abwicklung 3 : AB =
_____ AC =
13 8
Je größer die Zahlen werden, desto mehr gilt
AC CB
AB ≈ AC
AB ≈ AC
Frage: Kann man den Punkt C so finden, dass
AC AB =
|
CB AC ?
|
Wegen der besseren Übersicht bezeichnen wird die Länge AC mit q. Wegen AB = 1, CB = 1 − AC lautet die Bedingung
q 1 − q
1 q
Durch Multiplikation beider Gleichungsseiten
mit q bekommt man die Gleichung
q2 = 1 − q
Diese quadratische Gleichung hat 2
Lösungen: (−v"5 − 1)/2 und (v"5 − 1)/2. Weil wir
eine Zahl zwischen 0 und 1 gesucht haben, bleibt nur eine übrig:
Diese Zahl nennt man den
Goldenen Schnitt.
5.4. Blattstellung mit Goldenem
Schnitt als Winkel zwischen aufeinanderfolgenden Blattansätzen. Was
passiert wenn der Winkel x von einem zum nächsten wachsenden
Blatt immer genau vom Goldenen Schnitt bestimmt ist?
x = q · 360° = 222,492...°
Computermodelle zeigen, dass dann die Anzahl der sichtbaren Spiralen zu jeder beliebigen Fibonacci-Zahl gemacht
werden kann. Dazu muss man nur den Dichte der Blattansätze in Wachstumsrichtung
ändern.
FIBONACCI UND DER GOLDENE SCHNITT 8
In diesen 3 Abbildungen sind die waagerechten Positionen der
Kreismittelpunkte mit den gleichen Nummern gleich. Nur senkrecht sind sie
unterschiedliche dicht zusammen geschoben. Die Kreise haben einen anderen
Durchmesser, damit man die schrägen Linien besser erkennen kann.
Aus der Frage
„Wo lernt eine Pflanze bis 34 zählen¿‘
ist die Frage
„Wie weiß eine Pflanze den Winkel α so genau¿‘
geworden.
Das Rätsel
der vielen Fibonacci-Zahlen hat sich auf das Rätsel eines Winkels reduziert.
Aber wir sind mit diesem Winkel als Antwort auf das Geheimnis der
Blattstellung eigentlich immer noch unzufrieden.
Einen anderen Aspekt zeigen die Computermodelle: Egal wie man den Abstand
der Schraubenlinien wählt, mit dem Goldenen Schnitt als Grundlage erscheinen
die Blattansätze immer gleichmäßig dicht gepackt, d.h. es treten keine größere
Lücken oder Klumpen von Blattansätzen auf.
Man ist geneigt, die Umkehrung dieser Aussage
zu vermuten:
Vermutung: Wenn die
Blattansätze dicht gepackt sein wollen, rutschen sie natürlicherweise so
zusammen, dass ungefähr der Winkel α zwischen zwei Blattansätzen erscheint.
Man stellt sich für das Prinzip der
„dichtesten Packung“ folgendes vor:
(1)
Die Blattansätze entstehen nacheinander,
während die Pflanze wächst, wobei an der jüngsten Spitze selbst kein
Blattansatz wächst. (Andernfalls könnte die Pflanze in diese Richtung nicht
mehr weiterwachsen.)
(2)
Der nächste Blattansatz entsteht dort, wo der
meiste Platz ist, d.h. wo im neue gewachsenen Abschnitt der eine Stelle mit
dem größten Abstand zur Spitze und zu den bereits exisitierenden Blattansätzen
ist.
Wenn nun bereits ein oder zwei Runden von Blattansätzen nach dem Prinzip
des Goldenen Schnittes gewachsen sind, setzt sich das System von selbst fort;
denn man sieht in den obigen Beispielbildern, dass die Stelle mit dem nächsten
größten Platz immer dort ensteht, wo auch der Winkel α hinweist.
Stellen wir uns vor, es sei ein Anfang mit Schraubenlinien gemacht, die mit
kleinen Fibonacci-Zahlen gezählt werden. Daraus entsteht von selbst ein System
mit größeren Fibonacci-Zahlen, indem bloß die exisitierenden Blattansätze
dichter in Wachstumsrichtung zusammengeschoben werden, oder - was auf den
gleichen Effekt hinaus läuft - indem die Ansätze durch das Breitenwachstum auf
dem Umfang der Pflanze mehr Platz bekommen und in dieser Richtung deshalb
auseinanderrücken können. Das kann man an den obigen mathematischen Modellen
gut beobachten.
9
Nach diesen Überlegungen bleibt nur noch
folgende Frage übrig:
Wie kommt das System der
Fibonacci-Schraubenlinien am Anfang in Gang? Genauer: Wie ordnen sich die
ersten 3 Blattansätze?
Dass es hier keine zwangsläufige Entwicklung gibt, ist klar, weil es ja
genügend Pflanzen gibt, die nicht nach diesem System wachsen. Aber trotzdem
kann man sich auch den Anfang recht unkompliziert vorstellen: Der Blattansatz 0
wächst irgendwo. Nachdem die Pflanze ein Stück gewachsen ist, entsteht der
meiste Platz genau gegenüber, sodass sich Blattansatz 1 zunächst um 180ˇr
versetzt befindet. Blattansatz 2 entsteht zufällig in der rechten oder linken
Hälfte (vielleicht da, wo die Sonne mehr geschienen hat) und wird dichter an
Blattansatz 0 liegen, weil Blattansatz 0 weiter weg von der Spitze der Pflanze
liegt als Blattansatz 1. Nun wird Blattansatz 2, wenn er größer wird, den
dichter an ihm liegenden Blattansatz 1 etwas zur Seite drücken, so dass dieser
dann dem Blattansatz 0 näher kommt. Damit ist der Anfang gemacht.
6. DER GOLDENE SCHNITT
Der goldene
Schnitt war bereits den Pythagoräern im 4. Jahrhundert v.Chr. bekannt. Er ist
als die Unterteilung einer Strecke definiert, bei der das Verhältnis des
kleineren zum größeren Teil gleich dem Verhältnis des größeren Teils zur ganzen
Strecke ist. (Da ist doch eine Gleichung und eine Skizze leichter zu verstehen
als der letzte Satz!).
Ein Rechteck, dessen eine Seite die
andere Seite im goldenen Schnitt teilt, nennt man goldenes Rechteck.
Aus der Grundgleichung
(6.1) P2 + P = 1
P= AB AC = 2
AC CB √5 − 1
= = 0, 6180339887
...
können wir einen Reihe
von interessanten Folgerungen ziehen. Durch Multiplikation mit P folgt
(P2 + P) · P = P
(6.2) P3 + P2 = P
Durch Wiederholung der Multiplikation erhält man
Durch Wiederholung der Multiplikation erhält man
(6.3) P4 + P3 = P2
P5 + P4 = P3
usw. Allgemein geschrieben
Pn+2 + Pn+1 = Pn
Man kann diese Formeln im wiederholt unterteilten Goldenen Rechteck
anschaulich machen. Vom Rechteck mit den Seitenlängen 1 und P wird das große
Quadrat abgeschnitten. Es bleibt ein Rechteck mit den Seitenlängen P und P2übrig,
was wieder ein Goldenes Rechteck ist, weil das Verhältnis der Seitenlängen P2/P
= P wieder der Goldenen Schnitt ist. Von diesem
kleineren Rechteck schneiden wir wieder ein Quadrat ab, so dass ein Rechteck
mit den Seitenlängen P2 und P3übrig bleibt. Und
so geht es weider. Man findet die obigen Gleichungen in der folgenden Skizze
wieder.
In jedem Quadrat kann man ein Kreisviertel
zeichnen, so dass sich eine spiralenartige Figur ergibt. (Eine richtige Spirale
besteht nicht aus Kreisabschnitten, sondern ändert den Radius ständig.)
Im Blattstellungs-Modell kommt ein
neuer Blattansatz immer im Goldenen Schnitt zwischen 2 alten Ansätzen zu
liegen. (Das ist etwas knifflig zu beweisen.)
6.1. Zum Zusammenhang
zwischen dem Goldenen Schnitt und den Fibonacci-Zahlen. Dass der Goldene
Schnitt ϕ und die
Fibonacci-Zahlen zusammenhängen, konnte man – mit Erstaunen
– in den geometrischen Modellen zur Blattstellung
sehen. Dass dieser Zusammenhang auch rein rechnerisch bestätigt werden kann,
soll in diesem Abschnitt gezeigt werden.
Doch vor den blanken Zahlen erst nochmal ein Bild
|
Die
Konstruktion beginnt ganz innen mit zwei Quadrat mit der Seitenlänge 1, daran
wird ein Quadrat mit der Seitenlänge 2 angefügt, dann weiter mit den
Seitenlängen 3,5,8,13,...
Während die
Unterteilung des Goldenen Rechtecks nach innen kein Ende findet, gibt es hier
die beiden kleinsten Quadrate, mit denen alles anfängt.
|
Nun aber die versprochenen Zahlen.
Theorem. Folgende Zeilen gelten
unendlich fortgesetzt:
FIBONACCI
UND DER GOLDENE SCHNITT 11
1 .V5 1
1 p 2
1 = runde(p1 ) = runde(0, 7236) 1 − 1p = +q,2
1 = runde( __ ,1\/5) = runde(1,1708) 1 − 2p = −p32 1 = p−2 1 = P−= p + 0,381...
p3 = p − 0,118...
e ·
|
) = runde(1 8944) 2 − 3p = +p4 2 = p + 3p4 = p + 0 048...
|
2 = runde(1 p3 ·Nt5 3
−
|
|
|
|
|
8 p7
= runde(8,0249) 8 − 13p = −p7 = − = p− 0,002...
p6 · √5) p
13 13
p 3
5
5 = runde( p5 1
\/5 8 8
0,006...
) = runde(4,9596) 5 − 8p = +p65 p = p
+ = p +
·
8 = runde(1
13 p18
p7 · √5,21 2
) = runde(12984) 13 − 21p = +p8 = p +
___ = p + 0,001...
Bevor wir diese Gleichungen beweisen, erst ein paar Bemerkungen:
Bevor wir diese Gleichungen beweisen, erst ein paar Bemerkungen:
·
Mit den Gleichungen in
der erste Spalte kann man eine Fibonaccizahl sofort mit dem Taschenrechner
ausrechnen, ohne dass man erst einmal alle vorherigen Fibonaccizahlen nächst p und √5 auf genügend viele Stellen berechnet werden. Man spart in Wirklichkeit ausrechnen
muss. Man freue sich aber nicht zu früh: Damit es funktioniert, müssen zu-
keine Rechenarbeit.
·
Weil die Zahlen p2, p3, p4, p5, p6, ...immer
kleiner werden („so klein wie man will“), bedeuten die Gleichungen in der
zweiten Spalte, dass die Zahlen 2p, 3p,
5p, 8p, 13p,
... immer dichter an den ganzen Zahlen 3, 5, 8, 13, 21,... liegen. Das
entspricht der Beobachtung, dass in den Bildern aus Abschnitt 5.4 diejenigen
Punkte, die mit Fibonaccizahlen nummeriert sind, immer dichter am Rand zu
liegen kommen.
·
Die 3. Spalte ist eine exakte Bestätigung der
Vermutung aus Abschnitt 5.3.2: Die Brüche aus zwei aufeinanderfolgenden
Fibonaccizahlen kommen dem Goldenen Schnitt p sehr nahe.
Man sagt: p ist der Grenzwert der
Fibonacci-Brüche.
Am einfachsten sind die Gleichungen in der
mittleren Spalte zu beweisen: Beweis. Die
Grundgleichung (6.1) kann man umschreiben in
(6.4) 1
− p = +p2
Wenn man auf beiden Seiten p
abzieht und (6.2) anwendet, entsteht
1 − 2p = p2 − p = −p3
Also
(6.5) 1
− 2p = −p3
Addiere jetzt die Gleichungen (6.4) und (6.5) :
Addiere jetzt die Gleichungen (6.4) und (6.5) :
2 − 3p = p2 − p3
Wegen (6.3) ist das.
(6.6) 2
− 3p = +p4
Durch Addition von (6.5) und (6.6) folgt jetzt ähnlich.
Durch Addition von (6.5) und (6.6) folgt jetzt ähnlich.
3 − 5p = −p5 5 − 8p = +p6
FIBONACCI UND DER GOLDENE SCHNITT 12
Und so geht es weiter, es erscheinen
nacheinander Fibonacci-Zahlen in der allgemeinen Form:
Fn−1 − Fn · p = (−p)n
Jetzt folgt der Beweis der letzten Spalte des
Theorems:
Beweis. Die
Gleichungen (6.4) , (6.5), (6.6) usw. kann man umschreiben:
1 = 1p + p2
1 = 2p − p3
2 = 3p + p4
3 = 5p − p5 5 = 8p + p6
Um die rechte Spalte des Theorems zu erhalten, muss man die 1. Gleichung
durch 1 dividieren, die 2. durch 2, die 3. durch 3, die 4. durch 5, die 5.
durch 8, usw. Allgemein kann man schreiben:
Fn+1 Fn
|
(−p)n
|
= p + Fn
|
Obwohl die erste Spalte des Theorems am
leichtesten zu verstehen ist, ist der Beweis dafür am längsten. Es ist dazu
nötig, das folgenden zu beweisen.
Theorem. Die Formeln von Binet:
1 1 1
1 = V5(p1 + p )
1 1 2
(2p ) V5 p 1
V5( 1 + p3)
1 1p
4
(4− p)
V5
1
•
5
1
|
|
|
|
|
|
|
pBemerkung. Die Formeln werden
nach dem französischen Mathematiker J. P. M. Binet (17861856) benannt. Sie
wurden aber auch schon von A. de Moivre (1667-1754) aufgestellt, was lange in
Vergessenheit geriet.
Das zeigt einen weiteren Zusammenhang zwischen den Fibonacci-Zahlen und dem
Goldenen Schnitt: Man kann die Fibonacci-Zahlen direkt und exakt aus dem
Goldenen Schnitt berechnen. Die erste Spalte von Theorem 6.1 folgt aus diesen
Gleichungen sofort, indem man die Terme ganz rechts in den Gleichungen
weglässt, denn sie sind klein genug, dass sie beim Runden der
Zahlen keine Rolle spielen:
1
1 6 )
V 5 p = 0, 27.. < 0.5
1 · p2
V5 = 0,17.. <0.5
usw.
Beweis. Es sei 0 = (−V5 − 1)/2 = −1,6180339887 ... die andere Lösung der Grundgleichung
p2 + p = 1
aus Abschnitt 5.3.2. Weil nun die mittlere Spalte des
Theorems 6.1 nur mit Hilfe der Grundgleichung bewiesen wurden, kann man den
ganzen Beweis nochmal benutzen um die folgenden entsprechenden Zeilen zu
erhalten:
|
1 − 1p = +p2
|
1
|
− 10
|
=
|
+02
|
|
1 − 2p = −p3
|
1
|
− 20
|
=
|
−03
|
|
2 − 3p = +p4
|
2
|
− 30
|
=
|
+04
|
|
3 − 5p = −p5
|
3
|
− 50
|
=
|
−05
|
|
5 − 8p = +p6
|
5
|
− 80
|
=
|
+06
|
8
|
− 13p = −p7
|
8
|
− 130 =
|
−07
|
|
13
|
|
|
|
||
|
− 21p = +p8
|
13 − 210
|
= +08
|
Wenn man die beiden Gleichungen in der ersten
Zeile subtrahiert, bekommt man:
1 − 10 = +02
1 − 1p = +p2
1(−0 + p) = +02 − p2 | /(p − 0)
0 2 − p2
1 =
p
Aus den
Zeilen 2, 3, ... ergibt sich auf dieselbe
2 =−03
|
−
0 Weise
− p3
|
p − 0
04 − p4
|
3 = + p
− 0
5 = −05
− p5
8 = +
|
p − 0
06 − p6
|
|
p − 0
usw. Den Nenner kann man vereinfachen
V5 − 1 −V5 − 1 V5 + V5 − 1 + 1 p − 0 = 2 −
= 2 V
2 = 5
Wenn man in den Zählern der obigen Gleichungen
auch
noch 0 durch −1/p ersetzt, ergeben
sich
die gewünschten Formeln von Binet.
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