Tierzucht für die Diabetes-Forschung
Author D. Selzer-McKenzie
YoutubeVideo: https://youtu.be/GdmfMDdThTg
Die Eiforschung von Krankheitsmecha-nismen ist die
entscheidende Grundlage für die Entwicklung neuer, zielgerichte¬ter
Therapieansätze. Der Weg von der krankheitsorientierten Grundlagenfor-schung
zur klinischen Anwendung am Patienten ist jedoch langwierig und kostenintensiv.
Geeignete Tiermodelle, die Vorhersagen über die Wirksamkeit und Sicherheit
neuer Therapiestrategien erlauben, sind in diesem Prozess unver-zichtbar.
Bislang werden dafür meist Nagermodelle verwendet, die jedoch humane
Krankheitsmechanismen bzw. -phänoepen oft nicht gut genug abbil¬den, um Befunde
aus präklinischen Stu¬dien direkt auf den Menschen extrapo¬lieren zu können.
Daher werden ergän¬zend zu den Nagermodellen Großtier-modelle benötigt, die dem
Menschen in anatomischen und physiologischen Merkmalen meist ähnlicher sind
Auf¬grund der Entwicklung von Technolo¬gien für die gezielte genetische
Modifi¬kation ist es möglich, Krankheitsmecha¬nismen auf molekularer Ebene
präzise in Schweinemodellen zu rekapitulieren. Auf dieser Basis haben wir
verschiede¬ne Schweinemodelle für die Diabetesfor-schung wie auch für die
Xenotransplan-tation generiert. Im Diabetesbereich verfügen wir über Modelle, die prädia-betische
Veränderungen zeig en oder eine klinisch manifeste Diabetes-Erkran¬kung entwickeln,
sowie über transgene Schweine, die spezielle Reportergene in den Betazellen des
Pankreas exprimie-ren, um deren Reifung, Proliferation und Funktion untersuchen
zu können. Im Bereich Xenotransplantation arbei¬ten wir an der genetischen
Optimierung
von Schweinen als Spender von Pank-reasinseln. Unsere
Projekte werden im Kontext verschiedener Forschungs-verbünde, wie dem Deutschen
Zent¬rum für Diabetesforschung (DZD), dem Bayerischen Forschungsnetzwerk für
Molekulare Biosysteme (BioSys-Net) und
dem DFG-Transregio-Son-derforschungsberei eh 127 „Biologie. der xenogenen
Zell-, Gewebe- und Organ-transplantantion— von der Grundlagen¬forschung in die
Anwendung" bearbeitet.
Einleitung
Die Prävalenz von Diabetes mellitus nimmt sowohl bei
Erwachsenen als auch bei Jugendlichen stetig zu. Derzeit sind weltweit über 415
Mil¬lionen Menschen an Diabetes melli-tus erkrankt, bis zum Jahr 2040 wird ein
Anstieg auf über 642 Millionen Diabetes-Patienten prognostiziert
(http://www.idf.org/diabetesatlas).
Neben dem stetigen Anstieg an Typ 2-Diabetes, der i.d.R. mit
Adipositas assoziiert ist, wird seit langem auch ein Prävalenz-Anstieg von Typ
1-Diabetes, einer irreversiblen im-munvermittelten Zerstörung
Insu-lin-produzierender Betazellen des Pankreas (Bauchspeicheldrüse), die
bereits häufig im jugendlichen Alter auftritt, beobachtet. So wurde im Jahr
2015 die Zahl der weltweit an Typ 1-Diabetes mellitus erkrank¬ten Kinder auf
542.000 geschätzt (http://wwwdiabetesatlas.org/). Auch wenn für die
verschiedenen Formen von Diabetes mellitus zahlreiche Behandlungsoptionen
existieren, hat die Erkrankung einen progressiven
Charakter und ist mit schwerwie-genden Folgen in
verschiedensten Organsystemen, wie der diabeti-schen Nephropathie, Neuropathie,
Retinopathie sowie kardiovaskulären Erkrankungen, assoziiert. So stellt
Diabetes mellitus mit 40% die häu¬figste Ursache für chronische
Nieren¬erkrankungen mit terminaler Nieren¬insuffizienz, dar
(http://www.die-nephrologen.de/fakten.html).
Tiermodelle sind von entscheidender Bedeutung, um die
Funktion der endokrinen Zellen im Pankreas zu erforschen, Auswirkungen von
Stoff-wechselentgleisungen auf die ver-schiedensten Organsysteme in vivo zu
analysieren und die Effizienz und Sicherheit neuer Diabetesmedika-mente zu
untersuchen. Darüber hi¬naus sind Tiermodelle auch für die Entwicklung von
Biomarkem, die helfen das Kollektiv der Diabetes-Patienten zu stratifizieren
und opti-male Behandlungsstrategien für be-stimmte Subgruppen zu finden,
essentiell.
Während die klassischen Nagermo-delle oder in vitro Analysen
mit von Nagern stammenden hormonpro-duzierenden Langerhans`schen In-seln, die
fiu- die Blutzuckerregulation im Körper verantwortlich sind, wich¬tige
Einblicke in Krankheitsmecha-nismen ermöglichen, haben sie hin-sichtlich der
Vorhersagbarkeit thera¬peutischer Wirkungen im Men-schen oft nur limitierte
Aussagekraft (Übersicht: (1; 2)). Daher werden für die Entwicklung neuer
Diabetes-Therapien auch andere Spezies, wie
Kaninchen, Hunde, nicht-humane Primaten und Schweine als
Modell¬tiere verwendet (Übersicht: (3)).
Schweine sind in vielerlei Hinsicht ein sehr gut geeignetes
Modell für die translationale Diabetesforschung. In anatomischen und
physiologi-schen Merkmalen diabetesrelevanter Organsysteme, wie Pankreas,
Gas-trointestinaltrakt und Haut sind sie dem Menschen ähnlicher als andere
Modellorganismen (3). Ihre Größe erlaubt zumeist den direkten Trans¬fer von
neuartigen Medizinproduk¬ten, Operationstechniken und In-vivo-Imaging Methoden
auf den Menschen sowie die Durchführung von metabolischen Tests, wie z.B.
Glukosetoleranztests mit Blutpro-benentnahme in hoher Zeitauflö-sung. Durch
gezieltes Training der Tiere kann eine stressarme Untersu¬chung erfolgen. Im
Moment stehen vier Techniken zur Etablierung von Schweinemodellen für die
Diabetes-forschung zur Verfügung: die par¬tielle oder totale Pankreatektomie
(chirurgische Entfernung der Bauch-speicheldrüse), eine chemisch ver-mittelte
Zerstörung der Insulin-pro¬duzierenden Betazellen, diätetische Interventionen
(z.B. durch eine kalorien- und fettreiche Diät verur¬sachte Adipositas) sowie
genetische Modifikationen. Durch ein breites Spektrum von Methoden zur
geziel¬ten genetischen Modifikation kön¬nen Krankheitsmechanismen
ver-schiedener Formen des Diabetes mellitus beim Menschen auf mole¬kularer
Ebene im Schwein nachge¬ahmt werden (Übersicht: (4; 5). Die Kombination von
diätetischer Inter¬vention und genetischer Modifika¬tion scheint besonders
geeignet, um mehrere Aspekte gerade des multi-faktoriell bedingten Typ
2-Diabetes darzustellen (Ubersicht in (3)). ■
GIPR transgene Schweine als prädiabetisches Großtiermodell
Viele Typ 2-Diabetiker zeigen einen verminderten Inkretineffekt, was auf die
verminderte Wirkung des Inkre-tinhormons GIP (glucose-depen-dent insulinotropic
polypeptide) zu-
rückzuführen ist. Die Inkretinhor-mone GIP und GLP-1
(glucagon-like peptide-1) werden nach Nah-rungsaufnahme von bestimmten
endokrinen Zellen im Dünndarm sezerniert, binden an spezifische Rezeptoren der
Betazellen und potenzieren die Insulinfreisetzung. Um die Situation beim Tvp
2-Dia¬betiker nachzuahmen, haben wir transgene Schweine generiert, die einen
dominant-negativen GIP-Rezeptor (GIPIC) unter der Kont¬rolle des
Ins2-Gen-Promotors der Ratte exprimieren (6). Der GIPR bindet GIP mit gleicher
Affinität wie der intakte GIPR (ein klassi¬scher G-Protein-gekoppelter
Rezep¬tor mit 7 Transmembran-Domänen), vermittelt jedoch aufgrund einer
Deletion von 8 Aminosäuren und einem zusätzlichen Aminosäureaus-tausch in der
dritten intrazellulären Domäne keine Signaltransduktion (1). Das GIPR'
transgene Schwei¬nemodell zeigt wichtige Charakteris¬tika einer prädiabetischen
Situation, nämlich einen verminderten Inkretin-effekt, eine gestörte
Glukosetole-ranz, eine initial verzögerte und spä¬ter quantitativ reduzierte
Insulinsek-retion (Abb. 1) sowie eine Reduktion der Betazell-Masse. Aufgrund
des reproduzierbaren und progressiven Phänotyps dieses Modells war es möglich,
durch einen gezielten metabolomischen Untersuchungs-
ansatz Biomarkerkandidaten zu iden-tifizieren, deren Konzentrationen
im Blutplasma mit dem Fortschreiten von Veränderungen in der prädia-betischen
Phase assoziiert sind. Ins¬besondere wurden Signaturen von Aminosäuren und
Lipiden gefun¬den, deren Konzentrationen im Blutplasma eine hohe Korrelation
mit der Betazell-Masse aufweisen (7). Darüber hinaus haben wir das Modell
verwendet, um Wirkungen des GLP1 Rezeptor-Agonisten Liraglutide, eines in der
Klinik zur Behandlung von erwachsenen Typ 2-Diabetikern verwendeten
Medika¬ments, im juvenilen Organismus zu untersuchen (8). ■
INScs" transgene Schweine als klinisch diabetisches
Großtier-modell
Die Expression von mutanten Insu-linmolekülen kann - in
Abhängigkeit von der Art der Mutation und der Expressionshöhe - zu einem
perma¬nenten neonatalen Diabetes mellitus (auch als mutant insulin gene
indu-ced diabetes of youth - MIDY bezeichnet) fuhren (9). Wir haben transgene
Schweine generiert, die das mutierte Insulin C94Y expri-mieren (9), eine
Mutation die auch bei MIDY-Patienten gefunden wurde. Insgesamt sind beim
Men¬schen inzwischen mehr als 50 ver¬schiedene Mutationen im Insulingen
bekannt. Der Aminosäureaustausch von Cystein nach Tvrosin
(C94Y) resultiert in einer Insulin-Fehlfal-tung, einer Akkumulation von
Proin-sulin im endoplasmatischen Retiku-lum (ER) und chronischem ER-Stress, der
von intrinsischen Repara-turmechanismen, der sogenannten unfolded protein
response (UPR), nicht mehr bewältigt werden kann. Dies führt final zur
Betazell-Apoptose. MIDY-Schweine ent¬wickeln innerhalb der ersten Lebenswoche
einen diabetischen Phänotyp, der auf ein Defizit der Insulinsekretion
zurückzuführen ist, da zu diesem Zeitpunkt die Betazell-Masse noch unverändert
ist. Mit Fortschreiten der MIDY-Erkran-kung tritt ein Betazell-Verlust auf Im
Alter von 4,5 Monaten ist die Beta-zell-Masse von MIDY-Schweinen im Vergleich
zu Kontrollen bereits um mehr als 70% reduziert und die Betazellen lassen
deutliche morpho¬logische Zeichen von ER-Stress erkennen (Abb. 2). Jedoch kann
durch die exogene Substitution von
Insulin eine Normoglvkämie sowie ein beinahe normales
Körperwachs¬tum erzielt werden. MIDY-Schwei-ne sind ein wertvolles Modell für
eine Vielzahl von Anwendungen und Fragestellungen, wie die präkli-nische
Austestung von neuartigen Therapien, z.B. neue Insulinformu-lierungen,
kontinuierliche Glukose-monitoringsysteme, Insulinpumpen und Ansätze zur
Etablierung eines bioartifiziellen Pankreas, oder die Evaluierung früher
Stadien diabeti-scher Sekundärläsionen in Niere, Auge und in der
Mikrozirkulation. Bereits im Alter von 5 Monaten war bei den diabetischen
Tieren eine im Ver¬gleich zu Kontrolltieren verminderte Kapillarisierung des
Herzmuskelge-webes festzustellen, die zu einer Minderdurchblutung des
Herzmus¬kels führen kann. Eine verminderte Kapillardichte wurde ebenfalls im
Herzmuskel diabetischer Patienten nachgewiesen. Des Weiteren war in 5 Monate
alten diabetischen Schwei¬nen nach experimenteller Induktion einer ischämischen
Läsion eine ver-
mehrte Fibrose festzustellen. Eine lokale Thymosin Beta
4-Genthera¬pie, die einen neuartigen Therapie¬ansatz für ischämische
Folgeläsionen des Myokards darstellt, wies bei den diabetischen Schweinen einen
ge¬ringeren protektiven Effekt als bei Kontrollschweinen auf (10). ■
Die Munich MIDY-Pig Biobank als Ressource zum Studium
systemischer Konsequenzen von Diabetes mellitus
Um die Auswirkungen einer Insu-lin-Insuffizienz und
chronischen Hyperglykämie auf verschiedene Organe und Gewebe untersuchen zu
können, haben wir von 4 Lang-zeit-diabetischen MIDY-Schweinen und
nicht-transgenen Geschwister¬tieren im Alter von zwei Jahren eine komplexe
Biobank angelegt (siehe Bericht in (11)). Im Zuge der Etab¬lierung dieser
Biobank wurde das erste standardisierte Protokoll zur systematischen Gewinnung
und Prozessierung von Gewebeproben für porcine Krankheitsmodelle erar¬beitet
(12). Die Munich MIDY-Pig Biobank bevorratet mehr als 20.000 redundante Proben
von verschiede¬nen Körperflüssigkeiten sowie von ca. 50 unterschiedlichen
Organen bzw. Geweben, die für holistische molekulare Untersuchungen auf den
Ebenen des Transkriptoms, Pro-teoms, Lipidoms und Metaboloms, für Transkript-
und Protein-Lokali-sationsstudien sowie für qualitative und quantitative
pathohistologische Untersuchungen geeignet sind. Untersuchungen der Netzhaut
von MIDY-Schweinen ergaben Verän¬derungen, die Ähnlichkeiten zur dia-betischen
Retinopathie des Men¬schen zeigen (13). ■
Zellkulturstudien an Inseln zur Klärung der Funktion und
Maturierung von Betazellen Zum Verständnis der Heterogenität des Diabetes
mellitus ist profundes Wissen über die Funktion der endokrinen Zellen der
Langer-hans`schen Inseln notwendig. Auf¬grund der begrenzten Verfügbarkeit
Pankreasinseln gesunder und diabetischer Menschen werden für
Zellkulturstudien häufig Langer-hans`schen Inseln von Nagern ver-wendet, die
wesentliche Erkenntnis-gewinne zur Betazell-Funktion er-möglichten. Einige
therapeutische Ansätze zur Behandlung von Diabe¬tes mellitus beruhen auf der
Idee, das Regenerationspotential von Betazellen zu aktivieren und/oder die
Transdifferenzierung von pank-reatischen Vorläuferzellen oder anderen
endokrinen Zellen in Beta-zellen zu stimulieren. Aufgrund von Unterschieden im
strukturellen Auf¬bau (z.B. Verteilung der verschiede¬nen endokrinen Zellen
innerhalb der Langerhans'schen Inseln) und auf molekularer Ebene (z.B. von
Transkriptionsfaktoren von verschie¬denen endokrinen Zellen) lassen sich die an
Nager-Inseln gewonnenen Erkenntnisse nur zum Teil auf die Langerhans'schen
Inseln und Beta-zellen des Menschen übertragen. Eine Alternative sind
Untersuchun¬gen an Pankreasinseln von Schwei¬nen. Während Langerhans'sche
In¬seln von adulten Schweinen einen im Vergleich zu Nagern dem Men-schen
ähnlicheren morphologischen Aufbau aufweisen, befinden sich Insel-ähnliche
Zellcluster des Pank-reas von Ferkeln noch in der Rei-fungsphase.
Markerproteine, wie z.B. grün fluoreszierendes Protein (eGFP), ermöglichen in
vitro eine
schnelle Identifizierung eines be-stimmten Zelltyps. Wir
haben Schweine generiert, die selektiv in Betazellen das Markerprotein eGFP
exprimieren (14), womit uns ein ein¬zigartiges Tool zur Verfügung steht, um
effektiv in vitro Studien an iso¬lierten Inseln (reife Inseln oder neonatale
Inselzell-Cluster, NICCs) durchzuführen, z.B. für in vitro oder in vivo
Reifungsstudien (Abb. 3) oder für molekulare Studien an mittels
Durchflusszytometrie ge-sorteten Betazellen. ■
Genetisch veränderte Schweine als Spender für die
Xenotransplantation von
Pankreasinseln
Patienten-Zielgruppe für die xeno-gene Transplantation von
Pankreas-inseln sind in erster Linie Typ 1-Diabetiker, die schwierig mit
Insulin einzustellen sind und Gefahr laufen, in lebensbedrohliche
Unterzucker-krisen zu fallen. Für die Transplanta¬tion kommen entweder
Pankreasin-seln von adulten Spenderschweinen oder NICCs von Ferkeln in Frage.
Erstere haben den Nachteil, dass sie relativ schwierig zu isolieren sind und
dass die Spenderschweine für die Xenotransplantation über einen langen Zeitraum
unter aufwendigen designiert Pathogen-freien (DPF) Bedingungen gehalten werden
müs¬sen. NICCs sind im Vergleich zu adulten Schweineinseln relativ ein¬fach zu
isolieren. Allerdings sind die NICCs zum Zeitpunkt der Isola-tion unreif und
benötigen Zeit um zu reifen und voll funktionsfähig zu werden. Unter Verwendung
von NICCs INS-eGFP transgener Schweine kann dieser Reifungspro-zess nun in
vitro (s. oben) und in vivo nach Transplantation verfolgt werden (14).
Vor Abstoßungsreaktionen können xenotransplantierte
Schweineinseln durch Mikro- oder Makroverkap-selung (Ubersicht in (15)) oder
durch genetische Modifikationen der Spenderschweine geschützt werden. Die
notwendigen geneti-schen Modifikationen hängen vom
Transplantationsort ab. Als mögliche
Transplantationsstrategien werden u.a. die Infusion über die Pfortader in die
Leber, aber auch intraperito-neale, subkutane und intramuskuläre Applikationen
bzw. die Transplanta¬tion ins Knochenmark diskutiert.
Eine wichtige Hürde für die klini-sche
Insel-Xenotransplantation ist die T-Zell-vermittelte Abstoßung. Diese kann
durch eine systemische Blockade der Kostimulation von T-Zellen überwunden
werden. Die Aktivierung von T-Zellen erfolgt durch die Wechselwirkung des
T-Zell-Rezeptors mit einem Antigen-beladenen MHC (Major Histo-
compatibility C
omplex) -Molekül
einer Antigen-präsentierenden Zelle (APC) sowie durch ein
zweites Sig-
nal Kostimulation),
das durch die
Interaktion von kostimulatorischen Molekülen auf der
Oberfläche von T-Zellen und APCs induziert wird. Ein solches Paar von
kostimulatori-schen Molekülen ist CD28 auf T-Zellen und CD80/CD86 auf APCs
(Abb. 4). Deren Interaktion kann durch lösliche Moleküle, wie CTLA4-Ig oder
seine Variante LEA29Y, die CD80/CD86 mit höherer Affinität bindet, blockiert
werden, wodurch die Aktivierung von T-Zellen verhindert wird. Diese
Kostimulation-blockierenden
Moleküle wurden bislang meist systemisch verabreicht. Die
geneti-sche Modifikation der Spender-schweine ermöglicht jedoch auch deren
lokale Expression im Trans-plantat. Dies bietet die Chance, das
Xenotransplantat vor der T-Zell-vermittelten Abstoßung zu schüt-zen, ohne eine
systemische Blocka-de der T-Zell-Aktivierung zu verur-sachen. Um diese
Hypothese in Bezug auf die Insel-Xenotransplan-tation zu testen, haben wir
transge-ne Schweine generiert, die LEA29Y unter der Kontrolle des porcinen
Insulin-Promotors spezifisch in den Betazellen des Pankreas exprimie-ren (16).
Nach Transplantation in diabetische, immundefiziente Mäuse waren isolierte Pankreasinseln
von diesen transgenen Schweinen, aber
auch die von nicht-transgenen Schweinen in der Lage, den
Blut-zuckerspiegel der Mäuse zu norma¬lisieren. Nach einer anschließenden
Behandlung der Mäuse mit mensch¬lichen Immunzellen wurden jedoch die Wildtyp-Inseln
abgestoßen, während die LEA29Y-transgenen Inseln vor der Abstoßung geschützt
waren (Abb. 4). Dabei waren nur sehr niedrige Konzentrationen von LEA29Y im
Blut der transplantier¬ten Mäuse nachweisbar, was die Möglichkeit der lokalen
Hemmung der T-Zell-vermittelten Abstoßung unterstreicht (16). ■
Neues Forschungszentrum für die Generierung, Charakteri-
sierung und Implementierung genetisch maßgeschneiderter
Schweinemodelle für die
medizinische Forschung
Durch Förderung des Bayerischen Staatsministeriums für
Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst konnten wir das Center for
Innova¬tive Medical Models (CiMM) etab-lieren (Abb. 5), das die Generierung und
Haltung von Schweinemodel¬len für die medizinische Forschung nach neuesten
Erkenntnissen und Richtlinien ermöglicht. Der Betrieb von CiMM wurde Ende 2016
mit dem Import von trächtigen Mutter¬schweinen aus einem krankheitsfrei¬en
Betrieb gestartet. Die inzwischen geborenen Nachkommen dienen als Ammen für die
Einschleusung unse¬rer genetisch modifizierten Linien über Embrvonentransfer.
Dadurch kann sichergestellt werden, dass keine Krankheitserreger eingeschleppt
werden und die neue Anlage unter hygienisch höchsten Anforderungen betrieben
werden kann. Durch die Einrichtung eines umfangreichen Operations- und
Behandlungstrakts können in CiMM zukünftig transla-tionale Forschungsprojekte
gemein¬sam mit hurnanmedizinischen Ein-richtungen durchgeführt werden. Dies
betrifft nicht nur Projekte im Bereich Diabetesforschung und
Xenotransplantation, sondern auch monogene Erbkrankheiten, wie die
Mukoviszidose oder die Duchenne-
luskeldystrophie, für die wir bereits entsprechende
Schweinemodelle ge¬
neriert haben (17; 18). Darüber hi¬naus haben wir zur
Integration unserer Aktivitäten im europäischen Kontext die EU COST Action
BM1308 „Sharing Advances an Large Animal Models — SALAAM" initiiert, an
der 24 Länder beteiligt sind (siehe http://www.salaam.genzen-trum.lmu.de/).
Zudem besteht ein intensiver Austausch mit dem Meiji Universe International
Institute for Bio-Resource Research (MULLBR) in Japan, das ebenfalls eine Reihe
sehr interessanter Schweinemodelle ge¬neriert hat. Über CiMM können diese
Modelle auch für Wissen¬schaftler im Großraum München und darüber hinaus im
Rahmen einer Kooperation verfügbar ge¬macht werden.
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