Dienstag, 28. November 2017

Tierzucht für die Diabetes-Forschung Author D. Selzer-McKenzie YoutubeVideo: https://youtu.be/GdmfMDdThTg Die Eiforschung von Krankheitsmecha-nismen ist die entscheidende Grundlage für die Entwicklung neuer, zielgerichte¬ter Therapieansätze. Der Weg von der krankheitsorientierten Grundlagenfor-schung zur klinischen Anwendung am Patienten ist jedoch langwierig und kostenintensiv. Geeignete Tiermodelle, die Vorhersagen über die Wirksamkeit und Sicherheit neuer Therapiestrategien erlauben, sind in diesem Prozess unver-zichtbar. Bislang werden dafür meist Nagermodelle verwendet, die jedoch humane Krankheitsmechanismen bzw. -phänoepen oft nicht gut genug abbil¬den, um Befunde aus präklinischen Stu¬dien direkt auf den Menschen extrapo¬lieren zu können. Daher werden ergän¬zend zu den Nagermodellen Großtier-modelle benötigt, die dem Menschen in anatomischen und physiologischen Merkmalen meist ähnlicher sind Auf¬grund der Entwicklung von Technolo¬gien für die gezielte genetische Modifi¬kation ist es möglich, Krankheitsmecha¬nismen auf molekularer Ebene präzise in Schweinemodellen zu rekapitulieren. Auf dieser Basis haben wir verschiede¬ne Schweinemodelle für die Diabetesfor-schung wie auch für die Xenotransplan-tation generiert. Im Diabetesbereich verfügen wir über Modelle, die prädia-betische Veränderungen zeig en oder eine klinisch manifeste Diabetes-Erkran¬kung entwickeln, sowie über transgene Schweine, die spezielle Reportergene in den Betazellen des Pankreas exprimie-ren, um deren Reifung, Proliferation und Funktion untersuchen zu können. Im Bereich Xenotransplantation arbei¬ten wir an der genetischen Optimierung von Schweinen als Spender von Pank-reasinseln. Unsere Projekte werden im Kontext verschiedener Forschungs-verbünde, wie dem Deutschen Zent¬rum für Diabetesforschung (DZD), dem Bayerischen Forschungsnetzwerk für Molekulare Biosysteme (BioSys-Net) und dem DFG-Transregio-Son-derforschungsberei eh 127 „Biologie. der xenogenen Zell-, Gewebe- und Organ-transplantantion— von der Grundlagen¬forschung in die Anwendung" bearbeitet. Einleitung Die Prävalenz von Diabetes mellitus nimmt sowohl bei Erwachsenen als auch bei Jugendlichen stetig zu. Derzeit sind weltweit über 415 Mil¬lionen Menschen an Diabetes melli-tus erkrankt, bis zum Jahr 2040 wird ein Anstieg auf über 642 Millionen Diabetes-Patienten prognostiziert (http://www.idf.org/diabetesatlas). Neben dem stetigen Anstieg an Typ 2-Diabetes, der i.d.R. mit Adipositas assoziiert ist, wird seit langem auch ein Prävalenz-Anstieg von Typ 1-Diabetes, einer irreversiblen im-munvermittelten Zerstörung Insu-lin-produzierender Betazellen des Pankreas (Bauchspeicheldrüse), die bereits häufig im jugendlichen Alter auftritt, beobachtet. So wurde im Jahr 2015 die Zahl der weltweit an Typ 1-Diabetes mellitus erkrank¬ten Kinder auf 542.000 geschätzt (http://wwwdiabetesatlas.org/). Auch wenn für die verschiedenen Formen von Diabetes mellitus zahlreiche Behandlungsoptionen existieren, hat die Erkrankung einen progressiven Charakter und ist mit schwerwie-genden Folgen in verschiedensten Organsystemen, wie der diabeti-schen Nephropathie, Neuropathie, Retinopathie sowie kardiovaskulären Erkrankungen, assoziiert. So stellt Diabetes mellitus mit 40% die häu¬figste Ursache für chronische Nieren¬erkrankungen mit terminaler Nieren¬insuffizienz, dar (http://www.die-nephrologen.de/fakten.html). Tiermodelle sind von entscheidender Bedeutung, um die Funktion der endokrinen Zellen im Pankreas zu erforschen, Auswirkungen von Stoff-wechselentgleisungen auf die ver-schiedensten Organsysteme in vivo zu analysieren und die Effizienz und Sicherheit neuer Diabetesmedika-mente zu untersuchen. Darüber hi¬naus sind Tiermodelle auch für die Entwicklung von Biomarkem, die helfen das Kollektiv der Diabetes-Patienten zu stratifizieren und opti-male Behandlungsstrategien für be-stimmte Subgruppen zu finden, essentiell. Während die klassischen Nagermo-delle oder in vitro Analysen mit von Nagern stammenden hormonpro-duzierenden Langerhans`schen In-seln, die fiu- die Blutzuckerregulation im Körper verantwortlich sind, wich¬tige Einblicke in Krankheitsmecha-nismen ermöglichen, haben sie hin-sichtlich der Vorhersagbarkeit thera¬peutischer Wirkungen im Men-schen oft nur limitierte Aussagekraft (Übersicht: (1; 2)). Daher werden für die Entwicklung neuer Diabetes-Therapien auch andere Spezies, wie Kaninchen, Hunde, nicht-humane Primaten und Schweine als Modell¬tiere verwendet (Übersicht: (3)). Schweine sind in vielerlei Hinsicht ein sehr gut geeignetes Modell für die translationale Diabetesforschung. In anatomischen und physiologi-schen Merkmalen diabetesrelevanter Organsysteme, wie Pankreas, Gas-trointestinaltrakt und Haut sind sie dem Menschen ähnlicher als andere Modellorganismen (3). Ihre Größe erlaubt zumeist den direkten Trans¬fer von neuartigen Medizinproduk¬ten, Operationstechniken und In-vivo-Imaging Methoden auf den Menschen sowie die Durchführung von metabolischen Tests, wie z.B. Glukosetoleranztests mit Blutpro-benentnahme in hoher Zeitauflö-sung. Durch gezieltes Training der Tiere kann eine stressarme Untersu¬chung erfolgen. Im Moment stehen vier Techniken zur Etablierung von Schweinemodellen für die Diabetes-forschung zur Verfügung: die par¬tielle oder totale Pankreatektomie (chirurgische Entfernung der Bauch-speicheldrüse), eine chemisch ver-mittelte Zerstörung der Insulin-pro¬duzierenden Betazellen, diätetische Interventionen (z.B. durch eine kalorien- und fettreiche Diät verur¬sachte Adipositas) sowie genetische Modifikationen. Durch ein breites Spektrum von Methoden zur geziel¬ten genetischen Modifikation kön¬nen Krankheitsmechanismen ver-schiedener Formen des Diabetes mellitus beim Menschen auf mole¬kularer Ebene im Schwein nachge¬ahmt werden (Übersicht: (4; 5). Die Kombination von diätetischer Inter¬vention und genetischer Modifika¬tion scheint besonders geeignet, um mehrere Aspekte gerade des multi-faktoriell bedingten Typ 2-Diabetes darzustellen (Ubersicht in (3)). ■ GIPR transgene Schweine als prädiabetisches Großtiermodell Viele Typ 2-Diabetiker zeigen einen verminderten Inkretineffekt, was auf die verminderte Wirkung des Inkre-tinhormons GIP (glucose-depen-dent insulinotropic polypeptide) zu- rückzuführen ist. Die Inkretinhor-mone GIP und GLP-1 (glucagon-like peptide-1) werden nach Nah-rungsaufnahme von bestimmten endokrinen Zellen im Dünndarm sezerniert, binden an spezifische Rezeptoren der Betazellen und potenzieren die Insulinfreisetzung. Um die Situation beim Tvp 2-Dia¬betiker nachzuahmen, haben wir transgene Schweine generiert, die einen dominant-negativen GIP-Rezeptor (GIPIC) unter der Kont¬rolle des Ins2-Gen-Promotors der Ratte exprimieren (6). Der GIPR bindet GIP mit gleicher Affinität wie der intakte GIPR (ein klassi¬scher G-Protein-gekoppelter Rezep¬tor mit 7 Transmembran-Domänen), vermittelt jedoch aufgrund einer Deletion von 8 Aminosäuren und einem zusätzlichen Aminosäureaus-tausch in der dritten intrazellulären Domäne keine Signaltransduktion (1). Das GIPR' transgene Schwei¬nemodell zeigt wichtige Charakteris¬tika einer prädiabetischen Situation, nämlich einen verminderten Inkretin-effekt, eine gestörte Glukosetole-ranz, eine initial verzögerte und spä¬ter quantitativ reduzierte Insulinsek-retion (Abb. 1) sowie eine Reduktion der Betazell-Masse. Aufgrund des reproduzierbaren und progressiven Phänotyps dieses Modells war es möglich, durch einen gezielten metabolomischen Untersuchungs- ansatz Biomarkerkandidaten zu iden-tifizieren, deren Konzentrationen im Blutplasma mit dem Fortschreiten von Veränderungen in der prädia-betischen Phase assoziiert sind. Ins¬besondere wurden Signaturen von Aminosäuren und Lipiden gefun¬den, deren Konzentrationen im Blutplasma eine hohe Korrelation mit der Betazell-Masse aufweisen (7). Darüber hinaus haben wir das Modell verwendet, um Wirkungen des GLP1 Rezeptor-Agonisten Liraglutide, eines in der Klinik zur Behandlung von erwachsenen Typ 2-Diabetikern verwendeten Medika¬ments, im juvenilen Organismus zu untersuchen (8). ■ INScs" transgene Schweine als klinisch diabetisches Großtier-modell Die Expression von mutanten Insu-linmolekülen kann - in Abhängigkeit von der Art der Mutation und der Expressionshöhe - zu einem perma¬nenten neonatalen Diabetes mellitus (auch als mutant insulin gene indu-ced diabetes of youth - MIDY bezeichnet) fuhren (9). Wir haben transgene Schweine generiert, die das mutierte Insulin C94Y expri-mieren (9), eine Mutation die auch bei MIDY-Patienten gefunden wurde. Insgesamt sind beim Men¬schen inzwischen mehr als 50 ver¬schiedene Mutationen im Insulingen bekannt. Der Aminosäureaustausch von Cystein nach Tvrosin (C94Y) resultiert in einer Insulin-Fehlfal-tung, einer Akkumulation von Proin-sulin im endoplasmatischen Retiku-lum (ER) und chronischem ER-Stress, der von intrinsischen Repara-turmechanismen, der sogenannten unfolded protein response (UPR), nicht mehr bewältigt werden kann. Dies führt final zur Betazell-Apoptose. MIDY-Schweine ent¬wickeln innerhalb der ersten Lebenswoche einen diabetischen Phänotyp, der auf ein Defizit der Insulinsekretion zurückzuführen ist, da zu diesem Zeitpunkt die Betazell-Masse noch unverändert ist. Mit Fortschreiten der MIDY-Erkran-kung tritt ein Betazell-Verlust auf Im Alter von 4,5 Monaten ist die Beta-zell-Masse von MIDY-Schweinen im Vergleich zu Kontrollen bereits um mehr als 70% reduziert und die Betazellen lassen deutliche morpho¬logische Zeichen von ER-Stress erkennen (Abb. 2). Jedoch kann durch die exogene Substitution von Insulin eine Normoglvkämie sowie ein beinahe normales Körperwachs¬tum erzielt werden. MIDY-Schwei-ne sind ein wertvolles Modell für eine Vielzahl von Anwendungen und Fragestellungen, wie die präkli-nische Austestung von neuartigen Therapien, z.B. neue Insulinformu-lierungen, kontinuierliche Glukose-monitoringsysteme, Insulinpumpen und Ansätze zur Etablierung eines bioartifiziellen Pankreas, oder die Evaluierung früher Stadien diabeti-scher Sekundärläsionen in Niere, Auge und in der Mikrozirkulation. Bereits im Alter von 5 Monaten war bei den diabetischen Tieren eine im Ver¬gleich zu Kontrolltieren verminderte Kapillarisierung des Herzmuskelge-webes festzustellen, die zu einer Minderdurchblutung des Herzmus¬kels führen kann. Eine verminderte Kapillardichte wurde ebenfalls im Herzmuskel diabetischer Patienten nachgewiesen. Des Weiteren war in 5 Monate alten diabetischen Schwei¬nen nach experimenteller Induktion einer ischämischen Läsion eine ver- mehrte Fibrose festzustellen. Eine lokale Thymosin Beta 4-Genthera¬pie, die einen neuartigen Therapie¬ansatz für ischämische Folgeläsionen des Myokards darstellt, wies bei den diabetischen Schweinen einen ge¬ringeren protektiven Effekt als bei Kontrollschweinen auf (10). ■ Die Munich MIDY-Pig Biobank als Ressource zum Studium systemischer Konsequenzen von Diabetes mellitus Um die Auswirkungen einer Insu-lin-Insuffizienz und chronischen Hyperglykämie auf verschiedene Organe und Gewebe untersuchen zu können, haben wir von 4 Lang-zeit-diabetischen MIDY-Schweinen und nicht-transgenen Geschwister¬tieren im Alter von zwei Jahren eine komplexe Biobank angelegt (siehe Bericht in (11)). Im Zuge der Etab¬lierung dieser Biobank wurde das erste standardisierte Protokoll zur systematischen Gewinnung und Prozessierung von Gewebeproben für porcine Krankheitsmodelle erar¬beitet (12). Die Munich MIDY-Pig Biobank bevorratet mehr als 20.000 redundante Proben von verschiede¬nen Körperflüssigkeiten sowie von ca. 50 unterschiedlichen Organen bzw. Geweben, die für holistische molekulare Untersuchungen auf den Ebenen des Transkriptoms, Pro-teoms, Lipidoms und Metaboloms, für Transkript- und Protein-Lokali-sationsstudien sowie für qualitative und quantitative pathohistologische Untersuchungen geeignet sind. Untersuchungen der Netzhaut von MIDY-Schweinen ergaben Verän¬derungen, die Ähnlichkeiten zur dia-betischen Retinopathie des Men¬schen zeigen (13). ■ Zellkulturstudien an Inseln zur Klärung der Funktion und Maturierung von Betazellen Zum Verständnis der Heterogenität des Diabetes mellitus ist profundes Wissen über die Funktion der endokrinen Zellen der Langer-hans`schen Inseln notwendig. Auf¬grund der begrenzten Verfügbarkeit Pankreasinseln gesunder und diabetischer Menschen werden für Zellkulturstudien häufig Langer-hans`schen Inseln von Nagern ver-wendet, die wesentliche Erkenntnis-gewinne zur Betazell-Funktion er-möglichten. Einige therapeutische Ansätze zur Behandlung von Diabe¬tes mellitus beruhen auf der Idee, das Regenerationspotential von Betazellen zu aktivieren und/oder die Transdifferenzierung von pank-reatischen Vorläuferzellen oder anderen endokrinen Zellen in Beta-zellen zu stimulieren. Aufgrund von Unterschieden im strukturellen Auf¬bau (z.B. Verteilung der verschiede¬nen endokrinen Zellen innerhalb der Langerhans'schen Inseln) und auf molekularer Ebene (z.B. von Transkriptionsfaktoren von verschie¬denen endokrinen Zellen) lassen sich die an Nager-Inseln gewonnenen Erkenntnisse nur zum Teil auf die Langerhans'schen Inseln und Beta-zellen des Menschen übertragen. Eine Alternative sind Untersuchun¬gen an Pankreasinseln von Schwei¬nen. Während Langerhans'sche In¬seln von adulten Schweinen einen im Vergleich zu Nagern dem Men-schen ähnlicheren morphologischen Aufbau aufweisen, befinden sich Insel-ähnliche Zellcluster des Pank-reas von Ferkeln noch in der Rei-fungsphase. Markerproteine, wie z.B. grün fluoreszierendes Protein (eGFP), ermöglichen in vitro eine schnelle Identifizierung eines be-stimmten Zelltyps. Wir haben Schweine generiert, die selektiv in Betazellen das Markerprotein eGFP exprimieren (14), womit uns ein ein¬zigartiges Tool zur Verfügung steht, um effektiv in vitro Studien an iso¬lierten Inseln (reife Inseln oder neonatale Inselzell-Cluster, NICCs) durchzuführen, z.B. für in vitro oder in vivo Reifungsstudien (Abb. 3) oder für molekulare Studien an mittels Durchflusszytometrie ge-sorteten Betazellen. ■ Genetisch veränderte Schweine als Spender für die Xenotransplantation von Pankreasinseln Patienten-Zielgruppe für die xeno-gene Transplantation von Pankreas-inseln sind in erster Linie Typ 1-Diabetiker, die schwierig mit Insulin einzustellen sind und Gefahr laufen, in lebensbedrohliche Unterzucker-krisen zu fallen. Für die Transplanta¬tion kommen entweder Pankreasin-seln von adulten Spenderschweinen oder NICCs von Ferkeln in Frage. Erstere haben den Nachteil, dass sie relativ schwierig zu isolieren sind und dass die Spenderschweine für die Xenotransplantation über einen langen Zeitraum unter aufwendigen designiert Pathogen-freien (DPF) Bedingungen gehalten werden müs¬sen. NICCs sind im Vergleich zu adulten Schweineinseln relativ ein¬fach zu isolieren. Allerdings sind die NICCs zum Zeitpunkt der Isola-tion unreif und benötigen Zeit um zu reifen und voll funktionsfähig zu werden. Unter Verwendung von NICCs INS-eGFP transgener Schweine kann dieser Reifungspro-zess nun in vitro (s. oben) und in vivo nach Transplantation verfolgt werden (14). Vor Abstoßungsreaktionen können xenotransplantierte Schweineinseln durch Mikro- oder Makroverkap-selung (Ubersicht in (15)) oder durch genetische Modifikationen der Spenderschweine geschützt werden. Die notwendigen geneti-schen Modifikationen hängen vom Transplantationsort ab. Als mögliche Transplantationsstrategien werden u.a. die Infusion über die Pfortader in die Leber, aber auch intraperito-neale, subkutane und intramuskuläre Applikationen bzw. die Transplanta¬tion ins Knochenmark diskutiert. Eine wichtige Hürde für die klini-sche Insel-Xenotransplantation ist die T-Zell-vermittelte Abstoßung. Diese kann durch eine systemische Blockade der Kostimulation von T-Zellen überwunden werden. Die Aktivierung von T-Zellen erfolgt durch die Wechselwirkung des T-Zell-Rezeptors mit einem Antigen-beladenen MHC (Major Histo- compatibility C omplex) -Molekül einer Antigen-präsentierenden Zelle (APC) sowie durch ein zweites Sig- nal Kostimulation), das durch die Interaktion von kostimulatorischen Molekülen auf der Oberfläche von T-Zellen und APCs induziert wird. Ein solches Paar von kostimulatori-schen Molekülen ist CD28 auf T-Zellen und CD80/CD86 auf APCs (Abb. 4). Deren Interaktion kann durch lösliche Moleküle, wie CTLA4-Ig oder seine Variante LEA29Y, die CD80/CD86 mit höherer Affinität bindet, blockiert werden, wodurch die Aktivierung von T-Zellen verhindert wird. Diese Kostimulation-blockierenden Moleküle wurden bislang meist systemisch verabreicht. Die geneti-sche Modifikation der Spender-schweine ermöglicht jedoch auch deren lokale Expression im Trans-plantat. Dies bietet die Chance, das Xenotransplantat vor der T-Zell-vermittelten Abstoßung zu schüt-zen, ohne eine systemische Blocka-de der T-Zell-Aktivierung zu verur-sachen. Um diese Hypothese in Bezug auf die Insel-Xenotransplan-tation zu testen, haben wir transge-ne Schweine generiert, die LEA29Y unter der Kontrolle des porcinen Insulin-Promotors spezifisch in den Betazellen des Pankreas exprimie-ren (16). Nach Transplantation in diabetische, immundefiziente Mäuse waren isolierte Pankreasinseln von diesen transgenen Schweinen, aber auch die von nicht-transgenen Schweinen in der Lage, den Blut-zuckerspiegel der Mäuse zu norma¬lisieren. Nach einer anschließenden Behandlung der Mäuse mit mensch¬lichen Immunzellen wurden jedoch die Wildtyp-Inseln abgestoßen, während die LEA29Y-transgenen Inseln vor der Abstoßung geschützt waren (Abb. 4). Dabei waren nur sehr niedrige Konzentrationen von LEA29Y im Blut der transplantier¬ten Mäuse nachweisbar, was die Möglichkeit der lokalen Hemmung der T-Zell-vermittelten Abstoßung unterstreicht (16). ■ Neues Forschungszentrum für die Generierung, Charakteri- sierung und Implementierung genetisch maßgeschneiderter Schweinemodelle für die medizinische Forschung Durch Förderung des Bayerischen Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst konnten wir das Center for Innova¬tive Medical Models (CiMM) etab-lieren (Abb. 5), das die Generierung und Haltung von Schweinemodel¬len für die medizinische Forschung nach neuesten Erkenntnissen und Richtlinien ermöglicht. Der Betrieb von CiMM wurde Ende 2016 mit dem Import von trächtigen Mutter¬schweinen aus einem krankheitsfrei¬en Betrieb gestartet. Die inzwischen geborenen Nachkommen dienen als Ammen für die Einschleusung unse¬rer genetisch modifizierten Linien über Embrvonentransfer. Dadurch kann sichergestellt werden, dass keine Krankheitserreger eingeschleppt werden und die neue Anlage unter hygienisch höchsten Anforderungen betrieben werden kann. Durch die Einrichtung eines umfangreichen Operations- und Behandlungstrakts können in CiMM zukünftig transla-tionale Forschungsprojekte gemein¬sam mit hurnanmedizinischen Ein-richtungen durchgeführt werden. Dies betrifft nicht nur Projekte im Bereich Diabetesforschung und Xenotransplantation, sondern auch monogene Erbkrankheiten, wie die Mukoviszidose oder die Duchenne- luskeldystrophie, für die wir bereits entsprechende Schweinemodelle ge¬ neriert haben (17; 18). Darüber hi¬naus haben wir zur Integration unserer Aktivitäten im europäischen Kontext die EU COST Action BM1308 „Sharing Advances an Large Animal Models — SALAAM" initiiert, an der 24 Länder beteiligt sind (siehe http://www.salaam.genzen-trum.lmu.de/). Zudem besteht ein intensiver Austausch mit dem Meiji Universe International Institute for Bio-Resource Research (MULLBR) in Japan, das ebenfalls eine Reihe sehr interessanter Schweinemodelle ge¬neriert hat. Über CiMM können diese Modelle auch für Wissen¬schaftler im Großraum München und darüber hinaus im Rahmen einer Kooperation verfügbar ge¬macht werden.


Tierzucht für die Diabetes-Forschung

Author D. Selzer-McKenzie






Die Eiforschung von Krankheitsmecha-nismen ist die entscheidende Grundlage für die Entwicklung neuer, zielgerichte¬ter Therapieansätze. Der Weg von der krankheitsorientierten Grundlagenfor-schung zur klinischen Anwendung am Patienten ist jedoch langwierig und kostenintensiv. Geeignete Tiermodelle, die Vorhersagen über die Wirksamkeit und Sicherheit neuer Therapiestrategien erlauben, sind in diesem Prozess unver-zichtbar. Bislang werden dafür meist Nagermodelle verwendet, die jedoch humane Krankheitsmechanismen bzw. -phänoepen oft nicht gut genug abbil¬den, um Befunde aus präklinischen Stu¬dien direkt auf den Menschen extrapo¬lieren zu können. Daher werden ergän¬zend zu den Nagermodellen Großtier-modelle benötigt, die dem Menschen in anatomischen und physiologischen Merkmalen meist ähnlicher sind Auf¬grund der Entwicklung von Technolo¬gien für die gezielte genetische Modifi¬kation ist es möglich, Krankheitsmecha¬nismen auf molekularer Ebene präzise in Schweinemodellen zu rekapitulieren. Auf dieser Basis haben wir verschiede¬ne Schweinemodelle für die Diabetesfor-schung wie auch für die Xenotransplan-tation generiert. Im Diabetesbereich verfügen  wir über Modelle, die prädia-betische Veränderungen zeig en oder eine klinisch manifeste Diabetes-Erkran¬kung entwickeln, sowie über transgene Schweine, die spezielle Reportergene in den Betazellen des Pankreas exprimie-ren, um deren Reifung, Proliferation und Funktion untersuchen zu können. Im Bereich Xenotransplantation arbei¬ten wir an der genetischen Optimierung



von Schweinen als Spender von Pank-reasinseln. Unsere Projekte werden im Kontext verschiedener Forschungs-verbünde, wie dem Deutschen Zent¬rum für Diabetesforschung (DZD), dem Bayerischen Forschungsnetzwerk für Molekulare Biosysteme  (BioSys-Net) und dem DFG-Transregio-Son-derforschungsberei eh 127 „Biologie. der xenogenen Zell-, Gewebe- und Organ-transplantantion— von der Grundlagen¬forschung in die Anwendung" bearbeitet.

Einleitung

Die Prävalenz von Diabetes mellitus nimmt sowohl bei Erwachsenen als auch bei Jugendlichen stetig zu. Derzeit sind weltweit über 415 Mil¬lionen Menschen an Diabetes melli-tus erkrankt, bis zum Jahr 2040 wird ein Anstieg auf über 642 Millionen Diabetes-Patienten prognostiziert (http://www.idf.org/diabetesatlas).

Neben dem stetigen Anstieg an Typ 2-Diabetes, der i.d.R. mit Adipositas assoziiert ist, wird seit langem auch ein Prävalenz-Anstieg von Typ 1-Diabetes, einer irreversiblen im-munvermittelten Zerstörung Insu-lin-produzierender Betazellen des Pankreas (Bauchspeicheldrüse), die bereits häufig im jugendlichen Alter auftritt, beobachtet. So wurde im Jahr 2015 die Zahl der weltweit an Typ 1-Diabetes mellitus erkrank¬ten Kinder auf 542.000 geschätzt (http://wwwdiabetesatlas.org/). Auch wenn für die verschiedenen Formen von Diabetes mellitus zahlreiche Behandlungsoptionen existieren, hat die Erkrankung einen progressiven



Charakter und ist mit schwerwie-genden Folgen in verschiedensten Organsystemen, wie der diabeti-schen Nephropathie, Neuropathie, Retinopathie sowie kardiovaskulären Erkrankungen, assoziiert. So stellt Diabetes mellitus mit 40% die häu¬figste Ursache für chronische Nieren¬erkrankungen mit terminaler Nieren¬insuffizienz, dar (http://www.die-nephrologen.de/fakten.html).

Tiermodelle sind von entscheidender Bedeutung, um die Funktion der endokrinen Zellen im Pankreas zu erforschen, Auswirkungen von Stoff-wechselentgleisungen auf die ver-schiedensten Organsysteme in vivo zu analysieren und die Effizienz und Sicherheit neuer Diabetesmedika-mente zu untersuchen. Darüber hi¬naus sind Tiermodelle auch für die Entwicklung von Biomarkem, die helfen das Kollektiv der Diabetes-Patienten zu stratifizieren und opti-male Behandlungsstrategien für be-stimmte Subgruppen zu finden, essentiell.

Während die klassischen Nagermo-delle oder in vitro Analysen mit von Nagern stammenden hormonpro-duzierenden Langerhans`schen In-seln, die fiu- die Blutzuckerregulation im Körper verantwortlich sind, wich¬tige Einblicke in Krankheitsmecha-nismen ermöglichen, haben sie hin-sichtlich der Vorhersagbarkeit thera¬peutischer Wirkungen im Men-schen oft nur limitierte Aussagekraft (Übersicht: (1; 2)). Daher werden für die Entwicklung neuer Diabetes-Therapien auch andere Spezies, wie

Kaninchen, Hunde, nicht-humane Primaten und Schweine als Modell¬tiere verwendet (Übersicht: (3)).

Schweine sind in vielerlei Hinsicht ein sehr gut geeignetes Modell für die translationale Diabetesforschung. In anatomischen und physiologi-schen Merkmalen diabetesrelevanter Organsysteme, wie Pankreas, Gas-trointestinaltrakt und Haut sind sie dem Menschen ähnlicher als andere Modellorganismen (3). Ihre Größe erlaubt zumeist den direkten Trans¬fer von neuartigen Medizinproduk¬ten, Operationstechniken und In-vivo-Imaging Methoden auf den Menschen sowie die Durchführung von metabolischen Tests, wie z.B. Glukosetoleranztests mit Blutpro-benentnahme in hoher Zeitauflö-sung. Durch gezieltes Training der Tiere kann eine stressarme Untersu¬chung erfolgen. Im Moment stehen vier Techniken zur Etablierung von Schweinemodellen für die Diabetes-forschung zur Verfügung: die par¬tielle oder totale Pankreatektomie (chirurgische Entfernung der Bauch-speicheldrüse), eine chemisch ver-mittelte Zerstörung der Insulin-pro¬duzierenden Betazellen, diätetische Interventionen (z.B. durch eine kalorien- und fettreiche Diät verur¬sachte Adipositas) sowie genetische Modifikationen. Durch ein breites Spektrum von Methoden zur geziel¬ten genetischen Modifikation kön¬nen Krankheitsmechanismen ver-schiedener Formen des Diabetes mellitus beim Menschen auf mole¬kularer Ebene im Schwein nachge¬ahmt werden (Übersicht: (4; 5). Die Kombination von diätetischer Inter¬vention und genetischer Modifika¬tion scheint besonders geeignet, um mehrere Aspekte gerade des multi-faktoriell bedingten Typ 2-Diabetes darzustellen (Ubersicht in (3)).

GIPR transgene Schweine als prädiabetisches Großtiermodell Viele Typ 2-Diabetiker zeigen einen verminderten Inkretineffekt, was auf die verminderte Wirkung des Inkre-tinhormons GIP (glucose-depen-dent insulinotropic polypeptide) zu-



rückzuführen ist. Die Inkretinhor-mone GIP und GLP-1 (glucagon-like peptide-1) werden nach Nah-rungsaufnahme von bestimmten endokrinen Zellen im Dünndarm sezerniert, binden an spezifische Rezeptoren der Betazellen und potenzieren die Insulinfreisetzung. Um die Situation beim Tvp 2-Dia¬betiker nachzuahmen, haben wir transgene Schweine generiert, die einen dominant-negativen GIP-Rezeptor (GIPIC) unter der Kont¬rolle des Ins2-Gen-Promotors der Ratte exprimieren (6). Der GIPR bindet GIP mit gleicher Affinität wie der intakte GIPR (ein klassi¬scher G-Protein-gekoppelter Rezep¬tor mit 7 Transmembran-Domänen), vermittelt jedoch aufgrund einer Deletion von 8 Aminosäuren und einem zusätzlichen Aminosäureaus-tausch in der dritten intrazellulären Domäne keine Signaltransduktion (1). Das GIPR' transgene Schwei¬nemodell zeigt wichtige Charakteris¬tika einer prädiabetischen Situation, nämlich einen verminderten Inkretin-effekt, eine gestörte Glukosetole-ranz, eine initial verzögerte und spä¬ter quantitativ reduzierte Insulinsek-retion (Abb. 1) sowie eine Reduktion der Betazell-Masse. Aufgrund des reproduzierbaren und progressiven Phänotyps dieses Modells war es möglich, durch einen gezielten metabolomischen Untersuchungs-



ansatz Biomarkerkandidaten zu iden-tifizieren, deren Konzentrationen im Blutplasma mit dem Fortschreiten von Veränderungen in der prädia-betischen Phase assoziiert sind. Ins¬besondere wurden Signaturen von Aminosäuren und Lipiden gefun¬den, deren Konzentrationen im Blutplasma eine hohe Korrelation mit der Betazell-Masse aufweisen (7). Darüber hinaus haben wir das Modell verwendet, um Wirkungen des GLP1 Rezeptor-Agonisten Liraglutide, eines in der Klinik zur Behandlung von erwachsenen Typ 2-Diabetikern verwendeten Medika¬ments, im juvenilen Organismus zu untersuchen (8).

INScs" transgene Schweine als klinisch diabetisches Großtier-modell

Die Expression von mutanten Insu-linmolekülen kann - in Abhängigkeit von der Art der Mutation und der Expressionshöhe - zu einem perma¬nenten neonatalen Diabetes mellitus (auch als mutant insulin gene indu-ced diabetes of youth - MIDY bezeichnet) fuhren (9). Wir haben transgene Schweine generiert, die das mutierte Insulin C94Y expri-mieren (9), eine Mutation die auch bei MIDY-Patienten gefunden wurde. Insgesamt sind beim Men¬schen inzwischen mehr als 50 ver¬schiedene Mutationen im Insulingen





bekannt. Der Aminosäureaustausch von Cystein nach Tvrosin (C94Y) resultiert in einer Insulin-Fehlfal-tung, einer Akkumulation von Proin-sulin im endoplasmatischen Retiku-lum (ER) und chronischem ER-Stress, der von intrinsischen Repara-turmechanismen, der sogenannten unfolded protein response (UPR), nicht mehr bewältigt werden kann. Dies führt final zur Betazell-Apoptose. MIDY-Schweine ent¬wickeln innerhalb der ersten Lebenswoche einen diabetischen Phänotyp, der auf ein Defizit der Insulinsekretion zurückzuführen ist, da zu diesem Zeitpunkt die Betazell-Masse noch unverändert ist. Mit Fortschreiten der MIDY-Erkran-kung tritt ein Betazell-Verlust auf Im Alter von 4,5 Monaten ist die Beta-zell-Masse von MIDY-Schweinen im Vergleich zu Kontrollen bereits um mehr als 70% reduziert und die Betazellen lassen deutliche morpho¬logische Zeichen von ER-Stress erkennen (Abb. 2). Jedoch kann durch die exogene Substitution von



Insulin eine Normoglvkämie sowie ein beinahe normales Körperwachs¬tum erzielt werden. MIDY-Schwei-ne sind ein wertvolles Modell für eine Vielzahl von Anwendungen und Fragestellungen, wie die präkli-nische Austestung von neuartigen Therapien, z.B. neue Insulinformu-lierungen, kontinuierliche Glukose-monitoringsysteme, Insulinpumpen und Ansätze zur Etablierung eines bioartifiziellen Pankreas, oder die Evaluierung früher Stadien diabeti-scher Sekundärläsionen in Niere, Auge und in der Mikrozirkulation. Bereits im Alter von 5 Monaten war bei den diabetischen Tieren eine im Ver¬gleich zu Kontrolltieren verminderte Kapillarisierung des Herzmuskelge-webes festzustellen, die zu einer Minderdurchblutung des Herzmus¬kels führen kann. Eine verminderte Kapillardichte wurde ebenfalls im Herzmuskel diabetischer Patienten nachgewiesen. Des Weiteren war in 5 Monate alten diabetischen Schwei¬nen nach experimenteller Induktion einer ischämischen Läsion eine ver-



mehrte Fibrose festzustellen. Eine lokale Thymosin Beta 4-Genthera¬pie, die einen neuartigen Therapie¬ansatz für ischämische Folgeläsionen des Myokards darstellt, wies bei den diabetischen Schweinen einen ge¬ringeren protektiven Effekt als bei Kontrollschweinen auf (10).

Die Munich MIDY-Pig Biobank als Ressource zum Studium

systemischer Konsequenzen von Diabetes mellitus

Um die Auswirkungen einer Insu-lin-Insuffizienz und chronischen Hyperglykämie auf verschiedene Organe und Gewebe untersuchen zu können, haben wir von 4 Lang-zeit-diabetischen MIDY-Schweinen und nicht-transgenen Geschwister¬tieren im Alter von zwei Jahren eine komplexe Biobank angelegt (siehe Bericht in (11)). Im Zuge der Etab¬lierung dieser Biobank wurde das erste standardisierte Protokoll zur systematischen Gewinnung und Prozessierung von Gewebeproben für porcine Krankheitsmodelle erar¬beitet (12). Die Munich MIDY-Pig Biobank bevorratet mehr als 20.000 redundante Proben von verschiede¬nen Körperflüssigkeiten sowie von ca. 50 unterschiedlichen Organen bzw. Geweben, die für holistische molekulare Untersuchungen auf den Ebenen des Transkriptoms, Pro-teoms, Lipidoms und Metaboloms, für Transkript- und Protein-Lokali-sationsstudien sowie für qualitative und quantitative pathohistologische Untersuchungen geeignet sind. Untersuchungen der Netzhaut von MIDY-Schweinen ergaben Verän¬derungen, die Ähnlichkeiten zur dia-betischen Retinopathie des Men¬schen zeigen (13).

Zellkulturstudien an Inseln zur Klärung der Funktion und Maturierung von Betazellen Zum Verständnis der Heterogenität des Diabetes mellitus ist profundes Wissen über die Funktion der endokrinen Zellen der Langer-hans`schen Inseln notwendig. Auf¬grund der begrenzten Verfügbarkeit

Pankreasinseln gesunder und diabetischer Menschen werden für Zellkulturstudien häufig Langer-hans`schen Inseln von Nagern ver-wendet, die wesentliche Erkenntnis-gewinne zur Betazell-Funktion er-möglichten. Einige therapeutische Ansätze zur Behandlung von Diabe¬tes mellitus beruhen auf der Idee, das Regenerationspotential von Betazellen zu aktivieren und/oder die Transdifferenzierung von pank-reatischen Vorläuferzellen oder anderen endokrinen Zellen in Beta-zellen zu stimulieren. Aufgrund von Unterschieden im strukturellen Auf¬bau (z.B. Verteilung der verschiede¬nen endokrinen Zellen innerhalb der Langerhans'schen Inseln) und auf molekularer Ebene (z.B. von Transkriptionsfaktoren von verschie¬denen endokrinen Zellen) lassen sich die an Nager-Inseln gewonnenen Erkenntnisse nur zum Teil auf die Langerhans'schen Inseln und Beta-zellen des Menschen übertragen. Eine Alternative sind Untersuchun¬gen an Pankreasinseln von Schwei¬nen. Während Langerhans'sche In¬seln von adulten Schweinen einen im Vergleich zu Nagern dem Men-schen ähnlicheren morphologischen Aufbau aufweisen, befinden sich Insel-ähnliche Zellcluster des Pank-reas von Ferkeln noch in der Rei-fungsphase. Markerproteine, wie z.B. grün fluoreszierendes Protein (eGFP), ermöglichen in vitro eine



schnelle Identifizierung eines be-stimmten Zelltyps. Wir haben Schweine generiert, die selektiv in Betazellen das Markerprotein eGFP exprimieren (14), womit uns ein ein¬zigartiges Tool zur Verfügung steht, um effektiv in vitro Studien an iso¬lierten Inseln (reife Inseln oder neonatale Inselzell-Cluster, NICCs) durchzuführen, z.B. für in vitro oder in vivo Reifungsstudien (Abb. 3) oder für molekulare Studien an mittels Durchflusszytometrie ge-sorteten Betazellen.

Genetisch veränderte Schweine als Spender für die

Xenotransplantation von

Pankreasinseln

Patienten-Zielgruppe für die xeno-gene Transplantation von Pankreas-inseln sind in erster Linie Typ 1-Diabetiker, die schwierig mit Insulin einzustellen sind und Gefahr laufen, in lebensbedrohliche Unterzucker-krisen zu fallen. Für die Transplanta¬tion kommen entweder Pankreasin-seln von adulten Spenderschweinen oder NICCs von Ferkeln in Frage. Erstere haben den Nachteil, dass sie relativ schwierig zu isolieren sind und dass die Spenderschweine für die Xenotransplantation über einen langen Zeitraum unter aufwendigen designiert Pathogen-freien (DPF) Bedingungen gehalten werden müs¬sen. NICCs sind im Vergleich zu adulten Schweineinseln relativ ein¬fach zu isolieren. Allerdings sind die NICCs zum Zeitpunkt der Isola-tion unreif und benötigen Zeit um zu reifen und voll funktionsfähig zu werden. Unter Verwendung von NICCs INS-eGFP transgener Schweine kann dieser Reifungspro-zess nun in vitro (s. oben) und in vivo nach Transplantation verfolgt werden (14).

Vor Abstoßungsreaktionen können xenotransplantierte Schweineinseln durch Mikro- oder Makroverkap-selung (Ubersicht in (15)) oder durch genetische Modifikationen der Spenderschweine geschützt werden. Die notwendigen geneti-schen Modifikationen hängen vom



Transplantationsort ab. Als mögliche Transplantationsstrategien werden u.a. die Infusion über die Pfortader in die Leber, aber auch intraperito-neale, subkutane und intramuskuläre Applikationen bzw. die Transplanta¬tion ins Knochenmark diskutiert.

Eine wichtige Hürde für die klini-sche Insel-Xenotransplantation ist die T-Zell-vermittelte Abstoßung. Diese kann durch eine systemische Blockade der Kostimulation von T-Zellen überwunden werden. Die Aktivierung von T-Zellen erfolgt durch die Wechselwirkung des T-Zell-Rezeptors mit einem Antigen-beladenen MHC (Major Histo-

compatibility         C omplex) -Molekül

einer Antigen-präsentierenden Zelle (APC) sowie durch ein zweites Sig-

nal      Kostimulation), das durch die

Interaktion von kostimulatorischen Molekülen auf der Oberfläche von T-Zellen und APCs induziert wird. Ein solches Paar von kostimulatori-schen Molekülen ist CD28 auf T-Zellen und CD80/CD86 auf APCs (Abb. 4). Deren Interaktion kann durch lösliche Moleküle, wie CTLA4-Ig oder seine Variante LEA29Y, die CD80/CD86 mit höherer Affinität bindet, blockiert werden, wodurch die Aktivierung von T-Zellen verhindert wird. Diese Kostimulation-blockierenden

Moleküle wurden bislang meist systemisch verabreicht. Die geneti-sche Modifikation der Spender-schweine ermöglicht jedoch auch deren lokale Expression im Trans-plantat. Dies bietet die Chance, das Xenotransplantat vor der T-Zell-vermittelten Abstoßung zu schüt-zen, ohne eine systemische Blocka-de der T-Zell-Aktivierung zu verur-sachen. Um diese Hypothese in Bezug auf die Insel-Xenotransplan-tation zu testen, haben wir transge-ne Schweine generiert, die LEA29Y unter der Kontrolle des porcinen Insulin-Promotors spezifisch in den Betazellen des Pankreas exprimie-ren (16). Nach Transplantation in diabetische, immundefiziente Mäuse waren isolierte Pankreasinseln von diesen transgenen Schweinen, aber

auch die von nicht-transgenen Schweinen in der Lage, den Blut-zuckerspiegel der Mäuse zu norma¬lisieren. Nach einer anschließenden Behandlung der Mäuse mit mensch¬lichen Immunzellen wurden jedoch die Wildtyp-Inseln abgestoßen, während die LEA29Y-transgenen Inseln vor der Abstoßung geschützt waren (Abb. 4). Dabei waren nur sehr niedrige Konzentrationen von LEA29Y im Blut der transplantier¬ten Mäuse nachweisbar, was die Möglichkeit der lokalen Hemmung der T-Zell-vermittelten Abstoßung unterstreicht (16).



Neues Forschungszentrum für die Generierung, Charakteri-

sierung und Implementierung genetisch maßgeschneiderter Schweinemodelle für die

medizinische Forschung

Durch Förderung des Bayerischen Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst konnten wir das Center for Innova¬tive Medical Models (CiMM) etab-lieren (Abb. 5), das die Generierung und Haltung von Schweinemodel¬len für die medizinische Forschung nach neuesten Erkenntnissen und Richtlinien ermöglicht. Der Betrieb von CiMM wurde Ende 2016 mit dem Import von trächtigen Mutter¬schweinen aus einem krankheitsfrei¬en Betrieb gestartet. Die inzwischen geborenen Nachkommen dienen als Ammen für die Einschleusung unse¬rer genetisch modifizierten Linien über Embrvonentransfer. Dadurch kann sichergestellt werden, dass keine Krankheitserreger eingeschleppt werden und die neue Anlage unter hygienisch höchsten Anforderungen betrieben werden kann. Durch die Einrichtung eines umfangreichen Operations- und Behandlungstrakts können in CiMM zukünftig transla-tionale Forschungsprojekte gemein¬sam mit hurnanmedizinischen Ein-richtungen durchgeführt werden. Dies betrifft nicht nur Projekte im Bereich Diabetesforschung und Xenotransplantation, sondern auch monogene Erbkrankheiten, wie die Mukoviszidose oder die Duchenne-

luskeldystrophie, für die wir bereits entsprechende Schweinemodelle ge¬



neriert haben (17; 18). Darüber hi¬naus haben wir zur Integration unserer Aktivitäten im europäischen Kontext die EU COST Action BM1308 „Sharing Advances an Large Animal Models — SALAAM" initiiert, an der 24 Länder beteiligt sind (siehe http://www.salaam.genzen-trum.lmu.de/). Zudem besteht ein intensiver Austausch mit dem Meiji Universe International Institute for Bio-Resource Research (MULLBR) in Japan, das ebenfalls eine Reihe sehr interessanter Schweinemodelle ge¬neriert hat. Über CiMM können diese Modelle auch für Wissen¬schaftler im Großraum München und darüber hinaus im Rahmen einer Kooperation verfügbar ge¬macht werden.



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.