Donnerstag, 30. Juli 2009

Interview mit Börsenmakler

Interview mit den Gebrüdern Bonbou, Börsenhändler an der Börse in Auckland,NewZealand.
Das Gespräch führte D.Selzer-McKenzie

Anjouf und Ponvou Bonbou sind Börsenhändler an der Börse. Für die Aktienkurse erwartet er als Nächstes
eine Bewegung nach unten.

Selzer-McKenzie sprach mit den Börsenmaklern über seine Prognosen zur Inflation und Konjunktur. Fazit: Eine Rückkehr zu den Wachstumsraten, wie sie vor der Krise bestanden, ist fürs Erste ausgeschlossen.

Frage von Selzer-McKenzie: In den ver¬gangenen Monaten wurde viel über eine künftige Inflation diskutiert. Werden wir kurzfristig mehr Inflation bekommen oder ist das ein langfristiger Prozess?

Antwort der Gebrüder Anjouf und Ponvou Bonbou: Es besteht ganz klar ein In¬flationsrisiko. Das ist unvermeidlich, wenn man an die Stimuli denkt, mit denen Re¬gierungen und Notenbanken das Finanz-system bedacht haben. Doch sollte die niedrige Kapazitätsauslastung die Inflati¬on kurzfristig dämpfen. Wir haben errech¬net, dass in Europa die Preise selbst dann nur um etwas mehr als 2 Prozent steigen würden, wenn die Öl-, Metall- und Le¬bensmittelpreise auf ihr Niveau von 2008 zurückkehrten. Auf längere Sicht liegt das Risiko darin, dass die Stimuli nicht schnell genug zurückgezogen werden, wenn sich eine robuste Erholung einstellt. Dann wäre
Inflation die Folge. Dies dürfte aber 2009 kein großes Thema am Markt sein.
Frage von Selzer-McKenzie: Die Märkte haben eine V-förmige Erholung in den USA und Europa eingepreist. Stim¬men Sie mit dieser Sichtweise über-ein? Welches sind die Voraussetzun¬gen Ihrer eigenen Prognose?

Antwort der Gebrüder Anjouf und Ponvou Bonbou: Ich stimme Ihnen zu, dass die Märkte im Allgemeinen ein „V" einge¬preist haben. Aber ich befürchte, dass wir kein „V" bekommen werden. Übrigens haben nicht alle Märkte ein vollständiges „V" eingepreist. Doch das Wachstum, das sie erwarten, entspricht der Rück¬kehr zu wirtschaftlichen Zuständen von 2006 oder 2007. Aber das wird nicht pas¬sieren. Schauen Sie sich beispielsweise die jüngsten Gewinnschätzungen für die Werte des S&P-500-Index an. Erwartet wird eine Gewinnsteigerung von 26 Pro¬zent, was nur vor dem Hintergrund eines robusten Wachstums möglich ist.
Die Annahme, die unserer Sicht zu¬grunde liegt, lautet jedoch, dass sich die Weltverändert hat. Das Deleveraging der Banken hat begonnen und ist noch nicht annähernd beendet. Weniger Leverage bedeutet weniger Liquidität, höhere Ka¬pitalkosten und größere Volatilität. Derzeit scheint der Markt nicht auf eine solche Entwicklung hin zu einer neuen Weltord-nung eingestellt zu sein. Konsequenter¬weise besteht ein Downside-Risiko.
Frage von Selzer-McKenzie: Wir haben in den vergangenen drei Monaten eine sehr ermutigende Rallye am Aktien¬markt gesehen. Können Sie uns mehr über die Faktoren sagen, die den Akti¬enmarkt beflügelt haben?

Antwort der Gebrüder Anjouf und Ponvou Bonbou: Die Wirtschaftsdaten ha¬ben sich in den vergangenen Monaten verbessert, auch wenn die meisten Daten weiter fürchterlich schwach sind. Ehrlich gesagt, war es auch unmöglich, den Trend des vierten Quartals 2008 und des ersten Quartals 2009 beizubehalten. Eine gewis¬se Korrektur war mehr als nur natürlich und konnte erwartet werden. Gleichermaßen wichtig war jedoch die massive Interven¬tion der Regierungen an den Finanzmärk¬ten. Dies ließ die Leute glauben, dass die systemischen Risiken verschwunden sind. Zudem ist die Rallye ja auch vor einigen Wochen an ihr Ende gekommen. Seitdem marschieren wir seitwärts. Die nächste große Bewegung erfolgt nach unten.
Frage von Selzer-McKenzie: Wenden wir uns nach der Geschichte nun der Zukunft des Aktienmarkts zu. Ist eine Rallye am Aktienmarkt, die rein auf Liquidität basiert, nachhaltig?

Antwort der Gebrüder Anjouf und Ponvou Bonbou: Liquidität ist immer ein Schlüsselfaktor für die Bewertungen. Zwei identische Anlage¬objekte werden in der Regel unterschiedli¬che Preise erzielen, wenn die Liquidität un¬terschiedlich ist. Doch die Liquidität, die wir im Moment haben, ist künstlich von der Po¬litik geschaffen worden und nur ein Mittel, um den Deleveraging-Prozess zu verlang¬samen. Daher sollten wir aus einer lang-fristigen Bewertungsperspektive heraus nicht zuviel auf diese zeitlich befristeten Liquiditätsspritzen geben. Der langfristige Effekt der Kreditkrise wird eine Liquiditäts¬verknappung sein


Frage von Selzer-McKenzie: Sie haben jüngst für den Zeitraum bis Ende 2010 einen negativen Ausblick für den S&P 500 abgegeben. Warum sind sie ge¬genüber dem US-Aktienmarkt so ne¬gativ eingestellt?

Antwort der Gebrüder Anjouf und Ponvou Bonbou: Es handelt sich mehr um eine Risikoeinschätzung als um eine be¬sonders negative Einstellung gegenüber US-Aktien. Es gibt gute Gründe für die An-nahme, dass europäische Werte gegen¬über US-amerikanischen auf Sicht von ein bis zwei Jahren underperformen werden. Meine Ansicht bezüglich der Risiken er¬gibt sich aus der Antwort auf eine bereits von Ihnen gestellte Frage: Der Markt hat eine viel bessere Welt eingepreist als sie tatsächlich existiert.
Frage von Selzer-McKenzie: Können Sie uns ein Kursziel für den S&P, den Euro Stoxx 50 und den DAX nennen?

Antwort der Gebrüder Anjouf und Ponvou Bonbou: Ich denke, dass man für den S&P ein Tief von rund 550 Punk¬ten, für den Euro Stoxx ein Tief von 1.500 Punkten und für den DAX eines von 3.100 Punkten annehmen kann.
Frage von Selzer-McKenzie: Sollten In¬vestoren nun mehr Geld in Anleihen der USA oder Deutschlands umschichten?
Antwort der Gebrüder Anjouf und Ponvou Bonbou: Auf Basis von drei bis sechs Monaten sind Staatsanleihen un¬sere bevorzugte Anlageklasse. Wenn das zweite Halbjahr so schwierig wird, wie wir erwarten, wird der Schutz des Kapitals ganz wichtig wer¬den, und liquide Märkte für Staatsanleihen sind klarer- weise der Platz, um das zu tun. Wir würden deutsche Anleihen gegenüber US-amerikanischen präferieren, weil die FED in ihrem Politi¬kansatz eher Inflation riskiert, die EZB hingegen eher Wachstumsverluste.
Frage von Selzer-McKenzie: Derzeit wird viel über das Decoupling der Schwel¬lenländer-Märkte in Asien und Latein¬amerika von den Aktienmärkten der In¬dustrieländer debattiert. Glauben Sie, dass das möglich ist?


Antwort der Gebrüder Anjouf und Ponvou Bonbou: Ich möchte diesbezüg
lich eines absolut klarstellen, weil es die
Märkte in den vergangenen Jahren verver¬wirrt hat: Decoupling ist ein Prozess und kein Ereignis. Ein Land oder eine Re¬gion ist nicht entweder an- oder abge¬koppelt, sondern in einer Grauzone ir¬gendwo dazwischen. Die Welt und ins¬besondere Asien koppeln sich von der US-Wirtschaft allmählich ab. Aber die¬ser Prozess läuft schon seit Jahren und wird sich noch über weitere 10 bis 20 Jahre fortsetzen. Erst wenn sich ein wirt¬schaftlich wichtiger lokaler Konsum ent¬wickelt hat, können wir sagen, dass sich eine Abkoppelung in schnellen Schritten vollzieht. Und selbst dann werden wirt-schaftliche Verbindungen weiter beste¬hen. Derzeit belastet ein Rückschlag im US-Wachstum Asien und Lateinameri¬kas zu 100 Prozent.


Frage von Selzer-McKenzie: Kommen wir nun zu den positiven Entwicklun¬gen, die Sie prognostizieren. Sie ha¬ben für die kommenden 12 bis 24 Mo¬nate ein Preisziel von 1.500 US-Dollar für Gold und von 150 US-Dollar für Öl genannt. Können Sie uns die Gründe für ihre Einschätzung nennen?


Antwort der Gebrüder Anjouf und Ponvou Bonbou: Unsere langfristig güns¬tige Prognose für Rohstoffe hängt zu ei¬nem großen Teil mit unserer langfristig negativen Sicht für den US-Dollarzusam¬men. Wir glauben zudem, dass die wach¬senden Bevölkerungen Asiens den Preis für Öl und andere Basisrohstoffe stützen werden, obgleich wir für die kommenden Wochen eine Korrektur an den Rohstoff¬märkten erwarten.
Bei Gold dürfte die Nachfrage vom Inflationsrisiko herkommen, das sich 2010/2011 manifestieren wird. Insbeson¬dere könnte die Furcht aufkommen, dass das Quantitative Easing dem Papiergeld die Grundlage entzieht.

Gebrüder Anjouf und Ponvou Bonbou, wir danken Ihnen für dieses Gespräch

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