Konsum als globaler Wachstumstreiber
Author D.Selzer-McKenzie
Video https://youtu.be/83edsb6lNKw
Im kommenden Jahr könnte das Weltwirtschaftswachstum wieder
leicht anziehen - vor allem die USA und Deutschland, aber auch China dürften
sich stabil entwickeln. Maßgeblich dazu beitragen sollten der Konsum sowie der
Dienstleistungssektor. Vor Herausforderungen stehen die traditionellen
Industrien.
A
uch wenn die Welt immer schneller zu werden scheint - im
Hinblick auf ihr Wirtschaftswachstum hat sie in den ver¬gangenen Jahren an
Dynamik verloren. Eine Entwicklung, die sich im Trend fortsetzen dürf¬te: Statt
4 bis 5 Prozent wie vor der Finanzkrise dürfte es langfristig nur noch 3 bis 4
Prozent Wachstum geben. Für das Jahr 2015 geht die Deutsche Bank von 3,1
Prozent aus, für 2016 von einem globalen Wachstum von rund 3,3 Prozent. Dass
die globale Konjunktur 2016 wie¬der etwas zulegen könnte, liegt nach unserer
Ansicht an einer Stabilisierung der chine¬sischen Wirtschaft sowie einer
zyklischen Er¬holung in den Industrieländern. Haupttreiber dieser Entwicklungen
dürften ein starker Dienstleistungssektor sowie der Konsum sein.
Die Weltwirtschaft im Wandel
=EKloren, ole scn seit der Finanzkrise E..-2-stumshemmend
auswirken, werden uns -E....,ssichtlich aber auch im Jahr 2016 beglei-
ten. So dürfte etwa das Investitionsvolumen vieler
Unternehmen auf einem vergleichsweise niedrigen Niveau verharren. Insbesondere
im normalerweise sehr investitionsintensiven Energie- und Rohstoffsektor sind
infolge der gesunkenen Rohstoffpreise kaum neue Im¬pulse zu erwarten. Vielmehr
dürften hier Inves¬titionen weiter aufgeschoben oder ganz einge¬stellt werden -
mit entsprechend negativen Folgen für die Zulieferer. Ein weiterer
Wachs-tumshemmer für die Weltwirtschaft ist die sinkende bzw. weniger stark
wachsende Be¬völkerung in den Industrienationen.
Leidtragender dieser strukturellen Trends ist vor allem das
Verarbeitende Gewerbe, das zu-nehmend mit Produktivitäts- und
Wachstums-problemen zu kämpfen hat. Zumal seitens der politisch
Verantwortlichen nach wie vor zu we¬nig unternommen wird, um diesen
Herausfor-derungen zu begegnen - etwa durch wachs-tumsfördernde Maßnahmen oder
Reformen wie der Liberalisierung des Arbeitsmarkts so¬wie der Verbesserung des
Investitionsklimas.
Entsprechend schwach fallen weltwei-_ Stimmungsindikatoren
der Industrie irr gleich zu denen des Dienstleistungssekto-7,i - ein Trend, der
sich 2016 fortsetzen dürfte stark sich die Gewichtung bereits weg vc-
-_¬„alten" Industrien entwickelt hat, zeigt spiel USA: Dort hängen schon
80 Prozerr Jobs am Dienstleistungssektor. Und in Z_• _-dürften
Internetwirtschaft sowie Konsur noch größere Rolle spielen-nicht nur in de- -
dustrie-, sondern auch in den Schwe e-dem. Ob die Weltwirtschaft daraus eine
Dynamik entwickeln kann, bleibt abzu,,%E.--:er". Denkbar ist, dass gerade
aus dem Be-e 7 - ternet der Dinge" (siehe Seite 9) In—hervorgehen, die zu
mehr WachstL. den „traditionellen" Industrien führer
China auf Reformkurs, Rohsto" länder vor
Herausforderunge-
Exemplarisch lässt sich dieser
Wandel derzeit in China beobacdie Regierung der Wirtschaft
einen Reformpro¬zess verordnet, der sie weg von einem industri¬ell getriebenen,
hin zu einem nachhaltigeren, auf Binnenkonsum und Dienstleistungen ba¬sierenden
Wachstum führen soll. Die zweit¬größte Volkswirtschaft der Welt scheint diesen
Weg konsequent zu verfolgen, auch unter In¬kaufnahme einer abnehmenden
Wachstums¬dynamik: Staatspräsident Xi Jinping hat für die kommenden Jahre
bereits ein Ziel von „min¬destens" 6,5 Prozent ausgegeben - deutlich
weniger als zu Boomzeiten, aber ein nach wie vor starker Wert für eine bereits
relativ weit entwickelte Volkswirtschaft.
So ist China auf der Wertschöpfungsleiter in den vergangenen
Jahren deutlich nach oben
geklettert und produziert nun vieles selbst, was vorher
importiert werden musste. Für den innerasiatischen Handel ist das keine gute
Nachricht: Die Exporte Südkoreas ins Reich der Mitte zum Beispiel dürften
weiter abneh¬men. Insgesamt sollte Asien im kommenden Jahr jedoch weiter stabil
wachsen können: Die Deutsche Bank erwartet für den asiatischen Raum ohne Japan
ein Plus von 6,1 Prozent.
Weit weniger positiv sind die Perspektiven für die
Rohstoffländer Brasilien und Russland. Beide dürften auch 2016 nicht aus der
Rezessi¬on herauskommen. Zwar scheint in der zwei¬ten Jahreshälfte eine leichte
Entspannung möglich, wodurch die negative Wachs¬tumsdynamik etwas gebremst
werden könnte. Eine nach¬haltige Erholung ist jedoch nicht in Sicht. Denn
während Brasi¬lien weiter unter Pro¬blemen wie Korruption und Reformstau
leidet, belasten Russland die Sanktionen sowie seine hohe Abhängigkeit vom
Rohstoffmarkt.
Deutschland treibt Wachstum in der Eurozone
Die Eurozone scheint ihren wirtschaftlichen Schwung mit ins
Jahr 2016 zu nehmen und dürfte aufgrund der zyklischen Impulse stärker wachsen
als in den Jahren zuvor. Die größte Volkswirtschaft Europas ist hier
gleichzeitig der wichtigste Wachstumstreiber: Deutsch¬land kann mit einem hohen
Binnenkonsum, einem starken Arbeitsmarkt und einer ordent¬lichen Entwicklung
der Reallöhne punkten. Der ausgeglichene Haushalt gewährt der Regie¬rung
Handlungsspielraum und die Ausgaben im Rahmen des Flüchtlingszustroms wirken
wie ein Konjunkturprogramm: Sie könnten 2016 rund 0,25 Prozentpunkte zum von
der Deutschen Bank prognostizierten Wachstum von 1,9 Prozent beitragen.
Auch außerhalb der Bundesrepublik scheint die Lage in der
Eurozone vergleichsweise soli¬de: Aus Italien ist derzeit wenig zu hören - ein
tendenziell gutes Zeichen nach den Verunsi-cherungen der vergangenen Jahre. Das
Land scheint auf dem richtigen Weg und Regie-rungspräsident Matteo Renzi bei
seinen Re-formbemühungen voranzukommen - etwa beim Kündigungsschutz. Die
iberischen Staa¬ten befinden sich ebenfalls weiter im Aufwind: Vor allem
Spanien, aber auch Portugal haben sinnvolle Reformen lanciert und sich
konjunk¬turell stabilisiert. Beide Staaten stehen aktuell jedoch großen
politischen Herausforderungen gegenüber: Während in Portugal Neu-
wahlen notwendig
sein könnten, stellt für Spanien die mögliche Abspaltung
Kataloni-ens - der wirtschaft¬lich stärksten Region des Landes - einen
Risikofaktor dar, der das Land längerfristig be¬gleiten könnte. Weniger positiv
zeigt sich die Entwicklung in Frankreich, das zwar über gute demografische
Voraussetzungen verfügt, aber unter strukturellen Problemen und mangeln¬dem
Reformwillen leidet, Insgesamt erwartet die Deutsche Bank für die Eurozone im
Jahr 2016 ein Wachstum von 1,6 Prozent. Das wäre das größte Jahresplus seit
fünf Jahren,
USA profitieren insbesondere von guter Kauflaune
Trotz der guten Aussichten c,
im kommenden Jahr hinter de.- ._. r'L
bleiben - dort erwarten wir ein WachstJ— 2,1 Prozent.
Wirtschaftlich scheinen c e LISA solide aufgestellt: Der Arbeitsmarkt zeigt
s-ch guter Verfassung, der Binnenkonsum - de• rund 70 Prozent zum
Wirtschaftswachstum beiträgt-wächst stabil und die Löhne könnten nach unserer
Einschätzung in naher Zukunft -»
positiv auf die Konsumlaune der US-Amerikaner auswirken sollte. Hinzu kommt,
dass auch von politischer Seite kaum Gegen¬wind zu drohen scheint, da die
wichtigste in-nerpolitische Streitfrage bereits geklärt ist: Re¬publikaner und
Demokraten haben sich zu einem fiskalischen Kompromiss durchge¬rungen und
bereits im Oktober 2015 den Haus¬halt für die kommenden beiden Jahre
verab¬schiedet. Mögliche Sparzwänge oder Ausgabenkürzungen sollten damit erst
einmal vom Tisch sein.
Geldpolitik: Federal Reserve am Wendepunkt
Geldpolitisch wird es 2016 darauf ankommen, nach Jahren der
Niedrigzinspolitik einen behut-samen Weg für Zinserhöhungen zu finden. Auch
aufgrund der positiven wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in den USA dürfte es
die Federal Reserve sein, die als erste bedeutende Notenbank ihren Leitzins
graduell anhebt. Zu¬mal auch vonseiten der Inflation nichts gegen eine Erhöhung
zu sprechen scheint: Die aktuell niedrige Inflationsrate sollte in erster Linie
öl-preisbedingt sein und sich im Jahresverlauf 2016 nach oben anpassen. Ein von
uns erwar¬teter Anstieg der Reallöhne dürfte zu einer sta¬bilen Inflation
beitragen. Bei aller Vorsicht ist eine Zinserhöhung aber auch mit Risiken
ver¬bunden - zumal nach einer sowohl in ihrer Län¬ge als auch Intensität
beispiellosen Niedrigzins-phase. Die Fed begibt sich damit auf für Notenbanken
relativ unbekanntes Terrain ¬auch wenn die Marktteilnehmer vorbereitet s'rd:
Unsicherheiten bleiben.
Europa: EZB weiter expansiv, BoE restriktiver
Die Europäische Zentralbank hingegen dürfte sich weiterhin
auf einem entgegengesetzten
2014 2015 2016
Pfad bewegen - auch weil sich die Eurozone im
Konjunkturzyklus hinter den USA befindet. Bereits Anfang Dezember 2015
beschloss die EZB, ihre Einlagenverzinsung weiter zu senken und ihr
Anleiheankaufprogramm statt bis Sep¬tember 2016 noch mindestens bis März 2017
laufen zu lassen.
Langfristig könnte das zu einer weiteren Abwertung des Euro
führen - die auch not¬wendig sein dürfte, um die exportorientierte Industrie in
der Eurozone weiter zu stützen. Denn wie es scheint, ist die Krise in Europa
längst nicht vollständig überstanden. Auch in den USA sollte man mit einem
schwächeren Euro leben können: Zwar sind dadurch Wettbe¬werbsnachteile für
US-Unternehmen zu be¬fürchten. Gleichzeitig ist die Eurozone aber ei¬ner der
wichtigsten Absatzmärkte für Corporate America - weshalb die USA an einer
positiven wirtschaftlichen Lage auf dem Konti¬nent starkes Interesse haben
sollten.
Die Bank of England wandelt in Sachen Geldpolitik hingegen
auf eigenen Wegen und folgt eher der Fed als der EZB. Nach der US-Notenbank
wird sie vermutlich die zweite Zen¬tralbank sein, die einen ersten Zinsschritt
wagt. Und das aus gutem Grund: Großbritanniens In-flations- und Wachstumsraten
sind eher mit denen in den USA als in der Eurozone ver¬gleichbar. Das britische
Pfund sollte gegen-
über dem US-Dollar entsprechend schwach und gegenüber dem
Euro stabil bleiben.
Überraschungspotenzial in Japan, Handlungsspielraum in China
Schwieriger gestalten sich konkrete Progno¬sen für die
japanische Geldpolitik: Die Bank of Japan könnte auch 2016 für die eine oder
ande¬re Überraschung gut sein. Wenn sie die Not-wendigkeit sieht, dürfte sie
stützend eingreifen - vor allem, weil die japanische Wirtschaft jüngst weniger
dynamisch wuchs. Sicher scheint, dass die Bank of Japan ihre Geldpolitik auf
absehbare Zeit kaum straffen dürfte. Der Yen sollte gegenüber dem Dollar
schwach blei¬ben, wovon Japans exportlastige Unterneh¬men weiterhin profitieren
könnten.
Die chinesische Zentralbank (People's Bank of China - PBoC)
war bereits im Jahr 2015 sehr aktiv und hat beispielsweise sowohl den
Min-destreservesatz als auch den Leitzins mehr¬mals gesenkt. Das spricht dafür,
dass weitere Lockerungen folgen könnten, sofern das Wachstum in der
zweitgrößten Volkswirt¬schaft der Erde unter Druck geraten sollte. Die
Möglichkeiten dazu sollte die PBoC haben: Die Inflation bewegt sich auf einem
sehr niedrigen Niveau und sowohl beim Leitzins als auch beim Mindestreservesatz
ist noch deutlich Luft nach unten.
Konjunkturelle Stabilisierung -interessantes Anlageumfeld
Insgesamt scheint die Weltkonjunktur na einem eher
schwächeren Jahr 2015 in ae.-kommenden Monaten wieder stabiler wac--sen zu
können. Zwar zeigt das langfristice Wachstum nach wie vor eine nachlassence
Dynamik, die zyklischen Impulse sollten diese-Trend 2016 jedoch
überkompensieren - E,-7 dürfte insbesondere für die Industrieländer ten. Aus
Sicht der Deutschen Bank ergib-. : - daraus, unter Berücksichtigung der poft.,
- und wirtschaftlichen Herausforderunge— _ Anleger ein interessantes
Investitionsumfe in dem jedoch ein sehr selektives Vorgeher = ¬geraten
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