Zinsen
Author D.Selzer-McKenzie
Video: https://youtu.be/3UTPBvI8dB8
Schwe Geschenkt gab es auch an den Renten¬märkten noch nie
etwas: Wer höhere Renditen will, muss seit jeher höhere Ri¬siken in Kauf
nehmen. Daran wird sich auch im kommenden Jahr nichts ändern. Was sich je¬doch
beobachten lässt, ist eine Verschiebung beim Rendite-Risiko-Verhältnis:
Einerseits gibt es heute für ein geringes Risiko kaum noch po¬sitive Renditen,
andererseits müssen Anleger für etwas mehr Renditepotenzial ein
überpro¬portional hohes Risiko eingehen. Grund dafür ist die Verzinsung von
Staatsanleihen, an der sich alle anderen Anleiheklassen orientieren: So zahlen
zum Beispiel Bundesanleihen derzeit 3 bis 4 Prozent weniger Zinsen als noch vor
zehn Jahren, woraufhin sich die Rendltenj-veaus der riskanteren Papiere
ebenfalls nach
unten angepasst haben. Anleger werden 2016
also schauen müssen, in welchen Anleiheseg¬
menten überhaupt noch interessante Renditen zu akzeptablen
Risiken geboten werden.
Zinsen in der Eurozone weiter auf sehr niedrigen Niveaus
Etwas vereinfacht lässt sich sagen: Alle Pa¬piere mit guter
Bonität dürften im kommenden Jahr ihre extrem niedrigen Renditeniveaus halten.
Das betrifft Pfandbriefe ebenso wie eu¬ropäische Unternehmensanleihen mit
Invest¬ment Grade und Euro-Staatsanleihen. Bei Letz¬teren wird die Europäische
Zentralbank durch ihr Anleiheankaufprogramm die Nachfrage weiter hoch halten -
und die Zinsen dadurch niedrig. Wir rechnen für 10-jährige Bundesan¬leihen zum
Jahresende 2016 bei stabilen Kursen mit einer nur leicht steigenden Verzin¬sung
auf 1,1 Prozent, tendenziell sogar eher et-
was darunter. Kurzlaufende deutsche Anleiher rentieren, wie
auch Papiere zum Beispiel aus Österreich oder Belgien, weiter im negativen,
Bereich. Etwas mehr gibt es für Staatsanleiher aus Frankreich und Italien sowie
den Euro-Peri-pheriestaaten. Selbst in Portugal oder Irland hat sich die
Zinsdifferenz zu Bundesanleihe seit 2011 jedoch stark verringert und dürfte
auch aufgrund der vergleichsweise positive-Konjunkturaussichten weiter
abnehmen.
Der Blick über den Großen Teich scheint lohnenswert
In den USA dürften die Kapitalmarktzinse-ebenfalls kaum
signifikant anziehen - trotz da-relativ stabilen Wachstumsprognosen und
de-Anhebung der Leitzinsen durch die Fed. Einzig öle kurzlaufenden 2-jährigen US-Staatsanle-hen
sollten aufgrund ihrer engen Korrelation mit dem Leitzins leicht zulegen. Das
Zinspoten¬zial bei 10-jährigen Papieren dagegen scheint begrenzt, da vermehrt
Anleger aus Niedrig-zinsregionen wie der Eurozone oder Japan auf den
US-Rentenmarkt drängen dürften. Auf der Suche nach liquiden Anlagen mit
überschau¬baren Risiken könnten sie den Anlagedruck in den USA weiter hoch und
die Zinsen niedrig halten. Gleichzeitig würden diese Kapitalströ¬me zu einer
Stützung des US-Dollar führen, die eine Anlage in den USA für Europäer und
Japa¬ner zusätzlich interessant macht.
Besonders interessant erscheinen uns aus
Rendite-Risiko-Gesichtspunkten US-amerikani-
sche Unternehmens¬anleihen mit Invest-
ment Grade. Während
es ihre europäischen Pendants im Durch-
schnitt derzeit auf
1,7 Prozent bringen, könnten sie 2016 rund
3,5 Prozent erzielen. Unter den Anleihen mit überschaubarem
Risiko scheint diese Anleiheklasse derzeit das interessanteste
Zins-Risiko-Verhältnis zu bieten.
Hochzins-Anleihen bieten ver-gleichsweise niedrige Renditen
Wer eine höhere Anleiherendite wünscht, landet weltweit im
High-Yield- oder Hochzins-Bereich. Hier dürften die Zinsen zumindest zum
Jahres-beginn 2016 das überproportional hohe Anlage-risiko jedoch nicht
kompensieren. Für Rendite-jäger könnte sich daher eher ein Investment in Aktien
anbieten. Hinzu kommt, dass der High-Yield-Markt wenig liquide ist. Dadurch
kann es passieren, dass Anleger in schlechteren Markt-phasen auf ihren Papieren
sitzen bleiben, weil sie schlichtweg keinen Käufer finden. Ein US-spezifisches
Problem des High-Yield-Marktes
9% 8% 7% 6% 5% 4% 3% 2% 1% 0%
ist die starke Konzentration von Energieunter-nehmen, deren
Ausfallraten nach unserer Einschätzung im Jahresverlauf 2016 steigen dürften.
Hier sehen wir konkrete Ansteckungs-gefahren auch für Unternehmen außerhalb des
Energiesektors. Insgesamt könnten die Ausfall-raten in den kommenden zwölf
Monaten im US-High-Yield-Bereich auf 3 bis 4 Prozent, da¬nach auf 5 Prozent und
mehr steigen.
Leichte Erholung in den Schwellenländern möglich
In den Schwellenländern scheinen Hochzins-anleihen ihrem
Namen auf den ersten Blick noch alle Ehre zu machen. Im Schnitt rund 7 Prozent
Ver¬zinsung sehen zu¬nächst attraktiv aus. Bezieht man die Wäh¬rungskomponente
al¬lerdings mit ein, rela¬tiviert sich das Bild sehr schnell. Auf¬grund der
Abwer-tungstendenzen ihrer Währungen verbuchten Schwellenländer-Anleihen im
Jahr 2015 aus Euro-Sicht eine Gesamtperformance von -4,2 Prozent. Aus
US-Dollar-Sicht verloren sie sogar 13,2 Prozent.
Für das Jahr 2016 ist zu beachten, dass zwar ein Großteil
der Währungsanpassungen bereits erfolgt zu sein scheint, ein Restrisiko
insbesondere im Zusammenhang mit der re¬striktiveren Geldpolitik der
US-Notenbank aber bestehen bleibt. Unter günstigen Bedingungen könnten
Schwellenländer-Anleihen im zweiten Halbjahr 2016 wieder in den Fokus von
Anle¬gern rücken.
Die Deutsche Bank hat dieses Marktseg¬ment daher unter sehr
genauer Beobachtung, schätzt es aktuell aber für Neuengagements noch als zu
riskant ein.
Geldpolitik driftet auseinander
Die großen Notenbanken dürften 2016 teilweise
unterschiedliche Richtungen einschlagen.
1 . EZB
Die Eurozone befindet sich im Konjunkturzyklus hinter den
USA — eine Straffung der Geldpolitik ist daher nicht in Sicht. Im Gegenteil:
Die EZB hat An¬fang Dezember beschlossen, die Einlagenverzin-sung weiter zu
senken und ihr Anleiheankaufpro-gramm bis mindestens März 2017 zu verlängern.
2. Fed
Als erste der großen Notenbanken weltweit dürfte sich die
US-amerikanische Federal Reserve auf¬grund positiver wirtschaftlicher
Rahmenbedin¬gungen auf den Pfad der Zinserhöhung noch im Jahr 2015 begeben und
damit ihre jahrelange Null-zinspolitik beenden.
3. PBoC
Die chinesische Zentralbank (People's Bank of Chi¬na) war
bereits 2015 sehr aktiv und hat sowohl den Mindestreservesatz als auch den
Leitzins mehr¬fach gesenkt. Einiges spricht dafür, dass weitere Lockerungen der
Geldpolitik folgen könnten, um die wirtschaftliche Erholung zu stützen.
Quelle: Deutsche Bank, Stand: 15. Dezember 2015
An den Rentenmärkten bleibt professionelle Übersicht gefragt
Das Beispiel der Schwellenländer-Anleihen zeigt anschaulich:
Am Rentenmarkt gibt es auf absehbare Zeit keine Rendite ohne Risiko - und
manchmal sogar nur Risiko, ganz ohne Rendi¬te. So wurde der hohe Zinskupon der
Papiere durch andere Belastungsfaktoren - in diesem Falle die
Währungskomponente - aufgezehrt. Entscheidend für Anleger dürfte es daher auch
im kommenden Jahr sein, bei der Wahl der An-
leihesegmente, -laufzeiten und -rec-c- -
selektiv vorzugehen, um im Gesamtpc-:': ein angemessenes
Chance-Risiko-Profi 1_ :—reichen. Dazu können - trotz der geringe-
zinsung - auch defensive Staatsanl&he- -
tragen, ebenso wie US-Papiere aus CE--Unternehmenssektor.
Hinzu kommt, dass man den globalen Anleihemarkt ständig und sehr genau
beobachten sollte, um auf mögliche po¬litische und wirtschaftliche
Entwicklunger schnell und adäquat reagieren zu können. Ir dem für das Jahr 2016
erwarteten volat!e-Marktumfeld könnte sich für PrivatarHece- da¬her auch ein
aktives Management zum Be sc e in Form eines Rentenfonds anbieten.
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