Samstag, 23. Januar 2010

Therapieoptionen bei Stuhlinkontinenz Mezin von SelMcKenzie Selzer-McKenzie

Therapieoptionen bei Stuhlinkontinenz
Von D.Selzer-McKenzie
Video:
http://www.youtube.com/watch?v=s9GMH5SOxEo

Als häufigste Form der Stuhlinkontinenz gilt die idiopathische, bei der der Schließmuskel morphologisch intakt ist. Seit einigen Jahren gelingt es, durch Stimulation der Sakralnerven die Kontraktion von
Beckenbodenmuskeln und Sphinkter wiederzuerlangen. Versagt nach Ausreizung konservativer Methoden auch diese Maßnahme, stehen verschiedene operative Therapien zur Verfügung.
An erster Stelle bei der Behandlung der Stuhlinkontinenz steht die konserva-tive Therapie (diätetische Maßnahmen, Beckenbodengymnastik, Elektrostimula-tion, Biofeedback-Training). Die in der Literatur angegebenen, z.T. sehr hohen Erfolgsraten mit bis zu 80% kann der Autor am eigenen Kollektiv allerdings nicht bestätigen. Zu den konservativen Therapieoptionen zählt auch die submu-köse Injektion von „Bulking Agents" un¬mittelbar oberhalb der Linea dentata. Ob sich die z.T. initial guten Besserungs-raten auf lange Sicht verifizieren lassen, lässt sich derzeit noch nicht beantwor-ten. Nicht selten beruht die initial sub-jektive Besserung auf einem Placebo-effekt, sodass sich nach mehreren Mona-ten die ehemalige Problematik wieder einstellt. Gerade um eine erneute psy¬ chische Destabilisierung aufgrund der hoffnungsvoll angegangenen konserva-tiven Therapie zu vermeiden, wird un-seren Patienten schon beim Erstgespräch das komplette Spektrum in der Behand-lung der Stuhlinkontinenz aufgezeigt.
Versagt die konservative Therapie, können heute mehrere effektive chirur-gische Maßnahmen offeriert werden, die einem Großteil der Patienten doch noch eine deutliche Verbesserung ihrer Lebensqualität ermöglicht. Dabei hän¬gen die chirurgischen Optionen von der Ursache der Stuhlinkofitinenz sowie
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von der Co mpliance des Patienten ab.
Sphinkteroplastik
Ein direkter Sphinkterrepair ist bei Pa
tienten mit einem lokalisierten Defekt
im Bereich der analen Schließmuskula
tur angezeigt, z.B. nach Verkehrsunfall oder perianaler Verletzung. Aber auch eine länger zurückliegende Defekt¬bildung durch einen nicht erkannten Dammriss während der Entbindung kann Jahrzehnte später zur Stuhlinkon¬tinenz führen. Letzteres kommt bei ca. 35% der vaginalen Geburten vor und korreliert eindeutig mit einer erhöhten Stuhlinkontinenzrate.
Akute Verletzungen werden primär mit horizontaler Matratzennaht über-lappend repariert. Sphinkterzerrei-ßungen im Rahmen eines Dammrisses werden traditionell sofort end-to-end, also auf Stoß genäht. Jedoch lassen ca. 75% der Patientinnen im endoanalen Schall weiterhin größere Dehiszenzen erkennen, die später mit einer hohen Inkontinenzrate korrelieren. Werden die Defekte dagegen mittels überlap¬pender Nahttechnik (flap over repair) behandelt, fällt die spätere Dehiszenz bzw. Inkontinenzrate auf 15% ab.
Häufiger als die akute Form der Sphinkterdehiszenz sieht der Proktologe den aufgeschobenen Defekt. Dann muss evaluiert werden, ob der Sphinkter noch ein intaktes neuromuskuläres Sphinkter

Graciloplastik
Bereits in den 1960er-Jahren wurde v. a. bei Kindern die Gracilisplastik nach Pick¬rell durchgeführt. Nachteilig war dabei, dass der M. gracilis (Abb. 2) als querge¬streifter Muskel einer raschen Ermüdung unterlag. Dieser Nachteil wurde 1988 durch eine elektrische Stimulation der Muskulatur beseitigt. In einer Trainings¬phase über mehrere Wochen wird durch eine entsprechende Strompulsfrequenz die schnelle, rasch zuckende Typ-2-Mus¬kelfaser in eine langsame, ausdauernde Typ-l-Faser transformiert. Dadurch er¬reicht der um den Anus geschlungene Gracilismuskel die Eigenschaften eines dauertonisierten Sphinkters. Die Elektro¬den, die den Muskel stimulieren, werden mittlerweile direkt in Höhe der in den proximalen Muskel eintretenden Nerven gestochen. Der subkutan implantierte Neurostimulator wird mithilfe eines Mag¬neten ein- und ausgeschaltet (Abb. 2). In der Literatur wird die dadurch erzielte Kontinenzrate mit 50-83% angegeben. Nachteilig ist allerdings die hohe Kom¬plikationsrate von bis zu 50%, wobei am häufigsten technische Probleme sowie Infektionen genannt werden. Dies zeigte
im ekrenen Patientenkollektiv.


Artifizielle Analsphinkter
Bei diesem Sphinkterersatzverfahren handelt es sich um ein rein mechanisches System mit vier wesentlichen Kompo-nenten: Wasserreservoir, Ventil, Port und dem eigentlichen, aus Silikon bestehen¬den Analband, das um den insuffizienten analen Schließapparat direkt unterhalb des Levatortrichters angebracht wird.
Bei dem „artificial bowel sphincter" American Medical Instruments (A.M.S., USA) wird die anale Silikonmanschette über einen Schlauch mit der Pumpe ver-bunden, die entweder in der großen La-bie oder im Skrotum platziert wird. Von dort wird über einen weiteren Schlauch das Wasserreservoir, das oberhalb der Symphyse implantiert ist, angesteuert. Der Analkanal wird dabei durch Rück-stellkräfte, die über eine entsprechende in das System injizierte Wassermenge determiniert wird, geschlossen gehalten. Bei Stuhldrang presst der Patient 10- bis 20-mal auf die Pumpe, um das Wasser aus der Manschette in das Reservoir zu-rückzupumpen. Dann hat er mehrere Minuten Zeit, bevor sich der Analkanal wieder spontan verschließt.
Unseres Erachtens etwas komfor-tabler ist der anale Sphinkter der Fa. A.M.I. (Abb. 3). Hier wird ebenfalls eine weiche Silikonmanschette um die anale Schließmuskulatur platziert, der Schlauch im Schrift subkutan zur Leiste hochgezo-gen und dort mit dem Ventil konnek-tiert. Dieses befindet sich in Höhe des Beckenkamms, wo ein gutes Widerlager zum Drücken des Ventilknopfs vorhan-den ist. Vom Beckenkamm ausgehend in Richtung Flanke wird der Ballon subku¬

tan eingebracht, der eine definierte Was-sermenge plus Kontrastmittel enthält (Abb. 4). Wird der Ballon ausgepresst, schließt sich der Analkanal durch Aufblä-hen der Silikonmembran. Bei Stuhldrang drückt der Patient einmal auf das Ventil, sodass das Wasser aus der Silikonrnan-schette aufgrund des negativen Drucks wieder in den Ballon zurückgesaugt wird. Über eine weitere Konnektion zwischen Ventil und einem Port kann die Wasser-menge im System genau justiert werden.
Die anfänglich guten Resultate des artificial bowel sphincters wurden durch eine hohe Reoperations-, Infektions- und Explantationsrate getrübt, sodass vieler¬orts die Implantation dieses Systems ein¬gestellt wurde. Während beim Soft-anal¬Band-System die Reoperationsrate v. a. im Bereich der beckenkammnahen Be¬dienungselemente ebenfalls relativ hoch ist, wurden in der eigenen Serie in nahe¬zu fünf Jahren bislang keine Infektionen oder Penetrationen beobachtet. Für beide Systeme gilt, dass eine sehr effektive Kon-tinenzleistung erreicht wird.

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