Mittwoch, 24. März 2010

British Virgin Island Travel Reise Natur SelMcKenzie Selzer-McKenzie

Virgin Island
Author D.Selzer-McKenzie
Eine Reisebericht von D.Selzer-McKenzie
Video:
http://www.youtube.com/watch?v=5fwuyOXCaEk

Keine Hotelburgen, keine Shopping-Malls, keine Entertainment-Komplexe, keine Fast-Food-Restau-rants. Keine nervigen Strandverkäufer und kaum Kriminalität. Keine Animationsprogramme, kein Massentourismus. Kein schlechtes Wetter, obwohl ja die Queen regiert: 25 bis 32 Grad, das ganze Jahr. Als Besucher aus Deutschland muss man zweimal das Flugzeug wechseln, um hinzukommen: Das klappt in einem Tag, und die meisten Mitpassagiere blei¬ben auf der Strecke. Man vermisst sie nicht: Der größte Luxus hier ist, dass einem niemand über den Weg läuft, wenn man das nicht möchte. Luxus hier ist Stille in der Natur, die Karibik mit ihrem kristall-klaren Wasser, mit ihren Farben und Düften quasi jungfräulich erleben zu dürfen — beim Schwim-men, Schnorcheln, Segeln. Oder einfach beim Nichtstun.
Der große Entdecker
20.000 Einwohner haben die British Virgin Islands (BVIs), und von den mehr als 60 Eilanden sind ge-rade mal 21 bewohnt. Auch wenn in Dollar bezahlt wird: Seit mehr als 200 Jahren hat die Queen das Sagen, mischt sich aber glücklicherweise nicht wirklich in die Inselpolitik ein.
Für Europa entdeckte die British Virgin Islands nie
mand geringerer als Christoph Kolumbus, der hier
im Herbst 1493 mit einer imposanten Flotte von 17
Schiffen und 1500 Mann vermutlich vor einer lang-gezogenen Insel ankerte. Der Genueser verpasste ihr trotz der recht schlanken Taille den diskriminieren-den Namen Virgin Gorda, dicke Jungfrau.
Keusche Dame im Wappen
Den ganzen Archipel betitelte er folgerichtig als „Archipielago de las Virgenes" und spielte damit auf die Legende von der heiligen Ursula an, einer breto¬nischen Königstochter, die nach der Heirat mit dem Sohn des heidnischen Königs von England mit zehn Gefährtinnen und 11.000 weiteren Jungfrauen gen Rom gepilgert sein soll. In Köln war die Reise zu Ende, als die Hunnen die Stadt belagerten und sie dem Hunnenprinzen, der sie verschonen wollte, ei¬nen Korb gab. So war es nicht Amors Pfeil, der die Märtyrerin am Ende traf, sondern der tödliche des Kriegers. Heute zeigen Wappen und Flagge der BVIs die keusche Dame.
Die nächsten Besucher scherten sich den Teufel um Heiligengeschichten: Sie waren hier, um Handels-schiffe aufzubringen, reiche Beute zu machen, und um sich danach in den Buchten der Vulkaninseln vor ihren Häschern zu verstecken. Holländische und britische Piraten fanden hier einst Unterschlupf. Noch heute erzählen die Seekarten der Inselwelt Geschichten aus jener Zeit. Norman Island ist be¬nannt nach Captain Norman, der diese Ehre indes
sicher nicht genießen konnte, weil er gehängt wur¬de, als die Spanier seiner habhaft wurden. Beim Anflug auf den Flughafen der British Virgin Islands sieht man kurz vor dem Aufsetzen der Maschine in der Bucht von Trellis Bay das Eiland Bellamy Cay, das an den Piraten Black Sam Bellamy erinnert, der ebenso endete. Immerhin würde der Mann sich si¬cherlich freuen, dass man dort heute in der Bar „The Last Resort" genüsslich einen Rum nach dem anderen trinkt. Um die Ecke erinnert der Ankerplatz Hamm's Creek an einen Kompagnon von Kapitän William Kidd, der indes rechtzeitig dem Piraten¬leben adieu sagte und als Siedler endete.
Ist es die Schatzinsel?
Ob Edward Teach alias Blackbeard ebenfalls hier unterwegs war, ist umstritten. Zwar behaupten viele, dass Stevensons „Schatzinsel" nur Norman Island sein könne und dass nebenan auf dem Eiland Dead Men's Chest die Seelen jener 15 Männer ihr Unwesen treiben, die der Pirat dort mit nur einer Flasche Rum und einer Schatzkiste ausgesetzt haben soll, als man sich über die Verteilung der Beute nicht einigen konnte. Auf der Koralleninsel Anegada trägt der „Freebooters Point- indes die Freibeuter schon im Namen, weil hier Truhen voller Gold und Silber aus dem Wrack einer spanischen Galeone liegen. Nun ja — zumindest erzählt man sich das.
Geschichten gibt es also genug in diesem jungfräu-lichen Archipel, sie sind die Essenz der Inseln, liefern dem geruhsamen Leben mit Sonne, Sand und See die nötige Würze. Keiner kann allerdings besser und bessere Geschichten erzählen als Charles Tobias, den man mit etwas Glück in einer seiner rustikalen Pusser's Bars trifft, von denen es auf den British Virgin Islands inzwischen vier gibt, denn der Mann ist geschäftstüchtig.
Charles Tobias' Meisterstück
Charles kommt ursprünglich aus Toronto, ist 75, sieht aus wie 60 und erkundete fünf Jahre lang die Ozeane der Welt — mit seinen Freunden, aber auch Tommy, dem Schimpansen, und Fifi, dem Gepar¬den. Ein filmreifes Abenteuer, und natürlich ent¬stand daraus ein Film. Sein Meisterstück gelang dem umtriebigen Selfmademan, als er es schaffte, der britischen Royal Navy das Rezept zur Her¬stellung von „Nelsons Blut" zu entlocken. So nann¬ten die Seeleute ehrfurchtsvoll den Pusser's Rum, den man ihnen seit 1655 über 300 Jahre lang als tägliche Ration, „tot" genannt, serviert hatte. Am 31. Juli 1970 kam indes der Tod für den Rum: Alkohol am Steuer passte nicht mehr in die Zeit. Zehn Jahre später überraschte Charles Tobias dann mit einem Coup: Er verkaufte den Pusser's Rum in der Originalrezeptur, gemischt nach dem Geheim-

rezept aus fünf Rumsorten von den Westindischen Inseln, hergestellt in den gleichen hölzernen Destil-lationsblasen. Anders als früher dürfen ihn heute al¬le trinken, nicht nur Marinesoldaten: pur oder als Cocktail namens „Painkiller", also erfrischend süß-säuerlich mit Kokosmilch, Ananassaft, Orangensaft und Muskatnuss. Die Komposition stammt ur¬sprünglich von der Britin Daphne Henderson, die auf der Insel Jost van Dyke die „Soggy Dollar Bar" betrieb — so genannt, weil man dorthin mit den Dollamoten in der Badehose schwimmen musste, einen Anlegesteg gab es nicht. Weil die Barkeeperin das Rezept nicht herausrückte, stürzte Tobias sich eines Tages mit einem vollen Glas in die Fluten, brachte es sicher auf sein Boot und experimentierte zu Hause so lange, bis er die richtige Mischung her¬ausgefunden hatte (Rezept unter www.pussers.com). „Ich habe den Drink populär gemacht. Doch ihr ge¬bührt die Ehre, ihn erfunden zu haben."
Wenn sanfte Brise Segel bläht
So schön es ist, unter Palmwedeln am Strand zu sit¬zen, einen Cocktail in der Hand, und den Wellen zu¬zuhören: Nichtstun ist auf den BVIs die schönste Beschäftigung, doch macht sie auf Dauer nicht glücklich. Hier, wo die Karibik noch so naturbelas-sen ist wie nirgendwo sonst in der Region, lockt das Meer. Einmal sollte deshalb jeder Reisende das

Gefühl genießen, bei sanfter Brise zwischen paradie¬sisch anmutenden Inselchen zu segeln, um sich dann in der Pose des Entdeckers zu überlegen, in welcher der Buchten man am besten ankert und die Nacht verbringt. Dank des günstigen Dollarkurses ist das nicht teuer: Nach Auskunft des BVI Tourist Board (www.britishvirginislands.de) kostet eine Woche Segelboot-Charter in der Nebensaison pro Person oft weniger als 500 Euro.

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