Mittwoch, 24. März 2010

Candlestick Trading an der Börse SelMcKenzie Selzer-McKenzie

Candlestick Trading an der Börse SelMcKenzie Selzer-McKenzie
Author D.Selzer-McKenzie
Video:
http://www.youtube.com/watch?v=xGIH61a3yZY

Die Anwendung der japanischen Kerzen-Chart-Technik, der Candlesticks, ist weder eine Kunst noch eine Wissenschaft. Es handelt sich vielmehr um eine erlernbare Fertigkeit verbunden mit einem Grundverständnis von Verhaltensmustern der Masse der Marktteilnehmer. Doch viele Anleger werden nach den ersten Misserfolgen abgeschreckt und andere, die sich durch die diversen Candlestick-Lehrbücher durchgekämpft haben, bekommen den Eindruck, dass man eine ganze Reihe höchst unterschiedlicher Candlestick-Muster kennen muss, um langfristig Erfolg mit Candlesticks zu erzielen. Diese sind jedoch recht einfach in ihrer Anwendung, denn letztlich geht es an der Börse immer nur um die Beantwortung der einen Frage: Sind die Käufer oder die Verkäufer stärker? Mit anderen Worten: Herrscht aktuell Kauf- oder Verkaufsneigung im Markt vor? Sie sind der Masse der Marktteilnehmer einen Schritt voraus, wenn Sie diese Frage beantworten können. Hierbei ist die Kenntnis der japanischen Kerzen-Chart-Technik ausgesprochen hilfreich. Das Verhältnis von Angebot und Nachfrage, die Marktstimmungen, können Sie visuell mithilfe der Candlesticks schnell erfassen, da sie auf eine unkomplizierte Weise wertvolle Hinweise geben. Lassen Sie sich von der Vielfalt der einzelnen Formationen, die die Candlestick-Methode kennt, nicht entmutigen. Es ist von großer Bedeutung, die drei Grundrichtungen an der Börse (steigend, fallend, seitwärts) in den Kontext der Candlesticks einzubinden, um so auch die vielen nicht idealtypischen Candlestick¬Muster sinnvoll einordnen zu können. Daher ist die Kenntnis einiger weniger Muster sowie der Grundlagen dieser Kerzen-Chart-Technik unabdingbar, die im zweiten Teil meiner Candlestick-Reihe näher erläutert werden.

Was ist eine Candle? Wie eine Kerze aufgebaut ist, dürfte mittlerweile zum Allgemeinwissen jedes Traders gehören. Die
Bezeichnungen der einzelnen Kerzenteile haben sich aller¬dings ganz unterschiedlich entwickelt: In Deutschland wird das Rechteck zwischen Eröffnungs- und Schlusskurs als „Ker¬zenkörper", im Englischen als „body" bezeichnet. „Docht" und „Lunte" sind in Deutschland die am häufigsten benutz¬ten Begriffe für die „Striche" zur Markierung der Höchst- und Tiefstkurse (Bild 1).
Im englischen Sprachgebrauch dagegen sind Docht und Lunte jeweils „obere" oder „untere Schatten" (shadows). Die farbliche Gestaltung von steigenden oder fallenden Kursen ist hierbei jedem Trader selbst überlassen. Traditionell wer¬den im Ursprungsland der Candlesticks, in Japan, fallende Kurse mit rot ausgefüllten Kerzenkörpern und steigende weiß dargestellt. Deutlich interessanter als die reine Kerzenform
stige Zeiträume untersucht werden. Der Prognosehorizont richtet sich dabei nach der untersuchten Zeitperiode und der Aussagekraft des jeweiligen Candlestick-Musters. Gene¬rell lässt sich folgende Richtschnur für den Prognosehorizont von Candlesticks angeben:
• Monatskerzen: zirka ein bis vier Monate
• Wochenkerzen: zirka ein bis fünf Wochen
• Tageskerzen: zirka ein bis fünf Tage und so weiter
Bei sehr kurzfristigen Zeitebenen, zum Beispiel im Daytra
i ding mit 4-Minuten-Kerzen, beträgt der Prognosehorizont entsprechend vier bis maximal 20 Minuten. Ein aussage-kräftiges Trendwendemuster zu Beginn eines Handelsta¬ges wird Ihnen im Daytrading daher kaum das Tagesende prognostizieren können. Hier liegt oftmals ein deutlicher Anwendungsfehler der Candlesticks vor, deren Prognoseho-rizont überschätzt wird. Eine Sonderstellung nehmen hier¬bei sowohl Quartalskerzen als auch Jahreskerzen ein: Der maximale Prognosehorizont beträgt hier etwa ein bis zwei Quartale bezüglich der Grundstimmung eines Marktes bei aussagekräftigen Candlestick-Mustern.
Die obigen Angaben dienen nur als Anhaltspunkt für den Prognosehorizont der unterschiedlichen Zeiteinstel¬lungen von Candlesticks. Denn die Prognosesicherheit und der Prognosehorizont können durch die Verbindung unter-schiedlicher Zeitintervalle erhöht werden. Zusätzlich kommt es auf die Aussagekraft eines Musters an. Ein Hammer nach einem ausgeprägten Abwärtstrend hat zum Beispiel eine hohe Aussagekraft und damit auch eine zeitlich längere Bedeutung als beispielsweise ein Hammer innerhalb einer Seitwärtsbewegung.
Letztendlich eignen sich Candlesticks für alle gewähl¬ten Zeiträume. Sie können jede beliebige Periode als Kerze (Candle) zeichnen. Die japanische Kerzen-Chart-Analyse gewinnt ihre Eindrücke jedoch aus der Kombination der einzelnen Kerzen und aus der Verbindung der einzelnen Zeitebenen. Jede einzelne Kerze spiegelt die Gemütslage in einem einzelnen Zeitabschnitt an der Börse wider. Das kann ein Tag, eine Woche oder ein Monat sein. Entsprechend den gewählten Zeitfenstern ergeben sich selbstverständlich andere Aussagen hinsichtlich der Prognosefähigkeit der Ca ndlestick-Formationen.
Der Grundgedanke bei der Analyse eines Kursverlaufes ist, dass sich menschliche Verhaltensweisen wiederholen und deshalb eine Prognose in die Zukunft durch die Wie-derholbarkeit der Folgen eines Verhaltensmusters möglich sein sollte. Die menschlichen Verhaltensweisen unterliegen dabei kurzfristigen Stimmungsschwankungen und längerfri-stigen Erwartungshaltungen, den „Grundstimmungen".
Ein kurzfristiges Auftreten von Angstgefühlen kann zu „Stimmungsverirrungen" führen, also zu fallenden Notierun-gen, obwohl eine langfristig positive Erwartungshaltung der Marktteilnehmer an den Märkten oder für eine bestimmte Aktie zu beobachten ist.
Auf Tagesbasis werden zum Beispiel Verkaufssignale generiert, die Monats- beziehungsweise Wochenbasis stellt sich jedoch positiv dar. Divergieren die Aussagen der unter
schiedlichen Zeitintervalle, ist eher die langfristige Aussage zu unterstreichen und die kurzfristige auf ihre Relevanz zu prüfen. Sind die Aussagen aller Zeitintervalle (zum Beispiel Monats-, Wochen- und Tagesbasis) gleichgerichtet, ist ein eindeutiger Trend zu identifizieren und es sollte nicht gegen einen solchen Trend gehandelt werden.
Die Möglichkeit, unterschiedliche Zeitintervalle zu kombinieren, ist eigentlich immer sinnvoll; auch für das kurzfristige Daytrading sollte die vorherrschende Tages- und Wochenstimmung berücksichtigt werden. Tagesker¬zen dagegen werden dann eher Nebensache, wenn es sich um marktenge Aktien oder Märkte handelt. Vor allem die kleineren SDAX-Werte oder ähnlich marktenge Aktien sollten vorzugsweise mit Wochenkerzen oder zwei bis drei Tageskerzen untersucht werden.
Wie bereits erwähnt, kann die Prognosesicherheit durch die Verbindung der japanischen Candlestick-Ana¬lyse mit den übrigen Methoden der Technischen Analyse erhöht werden - so sollte stets auch eine Trend- und For-mationsanalyse mit der Candlestick-Analyse Hand in Hand gehen. Indikatoren können weitere Entscheidungshilfen in der Beurteilung der Aussagekraft von Candles bieten. Selbst Jahreskerzen können in Kombination mit kürzeren Zeitebenen ein ausgesprochen sinnvolles Zeitfenster dar¬stellen (Bild 2).
Mischkerzen (blended candles)
Die in Lehrbüchern oder in den folgenden Artikeln vorge¬stellten idealtypischen Formationen der Candlesticks lassen sich zwar nur selten in „Reinform" im Kurs entdecken, doch viele Formationen aus zwei, drei oder mehreren Kerzen kön¬nen von ihrer Grundinformation auf eine zusammengefas¬ste Kerze zurückgeführt werden. Diese zusammengefassten Mischkerzen (blended candles) sind unentbehrlich für die Analyse von Kerzen-Charts. Aussagekraft, Prägnanz und zum Beispiel die kurzfristige Vorhersage von Trendumkeh-rungen werden durch kombinierte Kerzen verstärkt oder erst ermöglicht. Somit können auch unvollkommene oder unklare Kerzenkombinationen auf ihre Aussagekraft geprüft werden (Bild 3).
Kürzere Perioden können ohne den Verlust von Infor¬mationen, bezogen auf die jeweils längere Periode, zusam¬mengefasst werden. Die sich neu ergebenden, zusammen¬gefassten Kerzen spiegeln die übergeordnete Stimmung der Gesamtheit der kleineren Kerzen wider. Minuten-Charts wer¬den so zu Stundenkerzen, diese wiederum zu einer Tages¬kerze. Eine Tageskerze stellt letztendlich die vorherrschende Stimmung eines Tages dar, eine Wochenkerze dagegen die vorherrschende Stimmung einer Woche. Vorteilhaft ist es, entsprechende Mischkerzen auch aus ungebräuchlichen Zeitebenen zu bilden.
So sind 3-Tageskerzen eine sehr effektive Darstellungs¬weise, nicht nur bei engeren Werten. Auf diese Weise lassen sich einige Candlestick-Formationen, die aus mehreren Ker¬zen bestehen, auf den Hammer zurückführen. Fasst man bei¬spielsweise einen Morning Star, der aus drei Kerzen besteht, zu einer Kerze zusammen, bildet der idealtypische Morning Star einen idealen Hammer. Ebenso wie der Hammer als
Kursniveau eine starke Verkäuferzone dar und signalisieren, dass als hoch geltende Kurse zu vermehrten Gewinnmitnah¬men eingeladen haben. Die Endpunkte der Dochte generie¬ren neue oder bestätigen bestehende Widerstandslinien. Lange Lunten auf niedrigem Niveau sprechen hingegen von stützenden Käufen, also von verstärkter Nachfrage. Je länger die Lunten, desto stabiler ist das Fundament, auf dem eine neue Hausse aufgebaut werden kann (Bild 5).
Eine einfache Regel für die Anwendung von Dochten und Lunten im langfristigen Bereich lautet:
• Lange Lunten auf niedrigem Niveau bereiten die nächste Hausse vor.
• Lange Dochte auf hohem Niveau bereiten die nächste Baisse vor.
Fraglich ist aber, wie ein hohes oder niedriges Niveau defi¬niert wird. Verwenden Sie hierzu einfach den prozentu¬alen Abstand des beobachteten Wertes zu einem Gleiten¬den Durchschnitt oder die Extremwerte von Oszillatoren. Auch ein Ausbruch aus einem Bollinger-Band oder einem definierten Kursbandbereich kann wertvolle Hilfe bei der Beurteilung der Aussagekraft von Lunten und Dochten liefern.
Short Days und Doji
Kurze Kerzenkörper (Kerzenstummel) werden als Short Days bezeichnet. Ebenso wie ein Doji, bei dem kein Kerzenkörper vorliegt und Eröffnungs- sowie Schlusskurs auf annähernd gleichem Niveau liegen, zeigen kleine Kerzen eine Pattsitua¬tion zwischen Bullen und Bären. Entsprechende Börsenpha¬sen sind stets Warnsignale, denn die Kauf- oder Verkaufsnei-gungen nehmen ab.
Ein Doji oder ein Short Day ist für sich allein genommen jedoch kein Kauf- oder Verkaufssignal, sondern nur in Ver¬bindung mit vorangegangenen und folgenden Kerzen ist eine Aussage möglich. Ein Doji oder Short Day ist jedoch immer ein Verstärkungs- und Achtungssignal.
Diese Muster markieren zudem Widerstands- oder Unterstützungszonen. Liegt allerdings ein Trend vor, künden beide Muster vorerst nur von einer Pause im Trend. Pausen können damit auch positiv für einen Trend interpretiert wer¬den, da sie eine Entspannung im Trendverlauf anzeigen und somit eine Überhitzung (nach oben oder unten) des Trends vermieden wird.
Eine andere Bedeutung erlangen kleine Kerzenkörper und ein Doji, sofern hohe Umsätze mit ihnen einhergehen. Dies kann auf hohem Niveau ein Anzeichen für eine Umver¬teilung oder eine Distributionsphase und auf niedrigem Niveau ein Kennzeichen für eine Akkumulationsphase sein. Nachfolgende Kauf- oder Verkaufssignale sind dann unbe¬dingt zu beachten (Bilder 6 und 7).
Long Days
Als lange Kerzen beziehungsweise Long Days bezeichnet man Kerzen, deren Kerzenkörper mindestens dreimal so lang sind wie die im vorherrschenden Trend vorangegangenen Kerzenkörper. Lange Kerzen sind ebenso wie Lücken starke
einseitige Marktbewegungen. Die Masse der Börsenteil¬nehmer kennt nur noch eine Richtung. Zur Definition von Long Days können Sie die ATR (Average True Range) oder den Durchschnitt der letzten zehn, 15 oder 20 Kerzenkör¬per nutzen.
So können lange weiße Kerzen (Long White Days) inner¬halb eines Aufwärtstrends trendbestätigend, nach einem Abwärtstrend als stützend oder sogar als trendumkehrend interpretiert werden. Je nach Länge des weißen Kerzen¬körpers lassen sich Rückschlüsse auf die Kraft der Bullen ziehen. Doch Vorsicht: Insbesondere nach langen, aus¬geprägten Aufwärtstrends tritt oftmals eine lange weiße Kerze als Schlusspunkt der Bewegung auf, als Kennzeichen von Euphorie im Markt, der anschließend eine Phase der Ernüchterung folgt. Relevant ist daher stets der Kontext des Marktumfeldes. Analog gilt Gleiches für lange schwarze Kerzen (Long Black Days).
Eine weitere interessante Anwendung von Long Days ist die Markierung von Widerstands- oder Unterstützungs¬zonen. So können lange weiße Kerzen sowohl Unterstüt¬zungszonen bestätigen als auch neu markieren (Bild 8). Der Bereich einer langen weißen Kerze von ihrem Tiefstkurs bis zu ihrer Mitte ist oftmals ein guter Anhaltspunkt für eine Unterstützungszone, insbesondere dann, wenn die lange Kerze „allein" im Raum steht. Eine lange schwarze Kerze generiert dagegen von ihrer Mitte bis zu ihrem Höchstkurs eine Widerstandszone.
Fazit
Die Kenntnis aller bekannten Candlestick-Muster ist nicht notwendig für den ambitionierten Trader. Relevant ist aber das Verständnis der Grundkerzen in Verbindung mit einigen ausgewählten Verhaltensmustern der Cand¬lestick-Methodik, die in den nächsten Folgen vorgestellt werden.

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