Mittwoch, 22. Mai 2013

Yorkshire Dales England Reise SelMcKenzie Selzer-McKenzie


Yorkshire Dales England Reise SelMcKenzie Selzer-McKenzie

Ein Reisebericht von D.Selzer-McKenzie


 
 


Eine Wanderung führt durch herrliche Landschaften des Yorkshire Dales Nationalparks. Der Smalltalk mit den Angelsachsen verbessert das Englisch zudem auf Schritt und Tritt.

 

         Wir fahren mit dem Bus an einem Schild vor¬bei, das uns den Weg nach Hebden weist. Die Landstraße ist von Steinmauern gesäumt, führt durch liebliche Täler und über baumlose sanft geschwungene Buckel mit mageren Grasflächen. Immer wieder tauchen wir in matte Nebelbänke ein, werden wenig später wieder ausgespuckt, er¬ahnen mit jedem Kilometer mehr von der Land¬schaft, durch die wir heute wandern werden.

         Yorkshire Dales:

n       Täler nördlich des Flusses Wharfe

n       Felsig-karge offene Hügellandschaft

 

Unten in den Tälern stehen vereinzelt Höfe, ge¬schützt von windschiefen Bäumen. Die Straße führt über Steinbrücken, unter deren Bögen Bä¬che plätschern. Das idyllische Dorf Hebden, in dem 216 Menschen leben, liegt im Yorkshire Dales Nationalpark und ist Ausgangspunkt unse¬rer Wanderung. „Weatherwise we are lucky to-day", sagt Julian. Schönes Wetter also und die Sonne steckt wie abgesprochen erste Strahlen-bündel durch die Wolken. Julian erzählt auch,

 

wie garstig es hier sein kann, wenn der Wind durch die Steinmauern heult und der Regen über die Grasnarbe peitscht. Und davon, wie schnell das Wetter hier umschlagen kann.

Julian breitet die Landkarte vor uns aus, deutet mit dem Wanderstock auf die Grenzen des York-shire Dales Nationalparks und zeichnet unseren Weg nach. Mag sein, dass ich mich an seinen Dialekt erst gewöhnen muss, mag auch sein, dass der Wind Ursache dafür ist, dass ich zwischen walk..., way..., river..., bridge..., hill... und village... oft die Wörter up und down höre. Und dass er das over nicht am Schluss sagt, sondern vor hill (Berg) - und dann die Zahl 17. Er meint die An¬zahl von Meilen, bis wir nach rund sechs Stunden Wandern wieder in den Bus steigen können.

27 Kilometer Fußmarsch

32 Augen, meine eingerechnet, starren Julian an. Das sind 27 Kilometer Fußmarsch - das muss sich erst mal setzen. Wo wir Lunch haben wer¬den, höre ich die Dame fragen, die ihr graues Haar mit einem schicken Schlapphut schützt. Julian hat verstanden und rammt die Spitze sei-nes Wanderstocks in den Ortsnamen Linton auf der Karte: „Let's start to get there!"

 

 

Alternative zur Rundwanderung und unterhaltsam dazu: ein Besuch im Pub auf ein kühles Bier.

Mein Vorsatz, diese Tour mitzugehen, gerät an¬gesichts der Tatsache ins Wanken, dass man bei einer Rundwanderung schon am Ziel ist, bevor man gestartet ist. „Wasn't there a pub?", höre ich mich selbst fragen. „The sign said Muddy Boots welcome, entgegnet Julian und deutet auf meine sauberen Stiefel: „Yours are not dirty yet." „Eins zu Null für Julian", denke ich und trotte den anderen nach.

des Artgenossen erzählen, der etwas im Abseits steht, den Winterpelz nur zur Hälfte abgescho¬ren. Oder dass Urgroßvater Komparse bei der Fernsehserie „Der Doktor und das liebe Vieh" war. Vor gut 30 Jahren flimmerte sich die Serie in die Herzen auch vieler deutscher Fernsehzu¬schauer. Das Drehbuch basiert auf den Tage-buchaufzeichnungen eines Tierarztes, der in den Yorkshire Dales gelebt hat. 1954 wurde die mit-telenglische Region zum Nationalpark 1762 Qua¬dratkilometer ist sie groß und damit nur gering-

 

reisen an. Ich bin der einzige Exot unserer Gruppe, weil Englisch nicht meine Mutterspra¬che ist. Anfangs hatte ich Angst, Fehler zu ma¬chen, nicht zu verstehen und das Falsche zu sa¬gen. Zu meiner Erleichterung habe ich allerdings schnell festgestellt, dass Angelsachsen wahre Meister im Smalltalken sind. Sie stellen viele Fragen und erzählen lebhaft. Peter etwa, Ende 50, erzählt, dass er jedes Jahr eine geführte Wande¬rung mit den Ramblers macht und diese dann mit seiner Frau wiederholt. Er berichtet, dass er

 

dem) unterscheiden können. Auch die Ausdrücke für Muskelkater, Muskelzerrung, Schmerz und aufgescheuerte Wasserblase werde ich nicht mehr vergessen. Ebenso, dass der Kratzer an meiner Hand von einem bramble oder blackberry bush stammt. Auch weiß ich nun, dass ein amerikanischer creek in England stream heißt und in Nordengland beck. Dass das Wort Dale dänischen Ursprungs ist und Tal heißt. Und dass der Name Gordale scar auf der Landkarte ei¬nen Fels beschreibt. Vor ihm stehen wir am zwei-

 

 

Wandern hügelauf- und hügelabwärts durch den mit vielen Mauern strukturierten herrlichen          „Let's start to get there”: Julian zeigt ein Ziel der Wanderung

Yorkshire Dales Nationalpark: Ungeübten ist ein kerniger Muskelkater sicher.         durch den Yorkshire Dales Nationalpark. In Linton gibt es Lunch.

 

fügig kleiner als das Stadtgebiet Londons und fast doppelt so groß wie Berlin.

Julian ist Wanderführer bei den Ramblers. Das ist die Nachfolgeorganisation der 1824 gegründeten „Association for the protection of ancient foot-paths in the vicinity of York". Die Arbeit besteht heute darin, Wanderwege zu markieren und zu pflegen und Einrichtungen auf Picknickplätzen instandzuhalten. Bis heute kämpft die Organi¬sation aber auch dafür, dass Zäune fallen und his¬torische Wege wieder der Öffentlichkeit zugäng¬lich gemacht werden.

Man muss ins 18. Jahrhundert zurückblicken, um zu verstehen, warum Fußwege verloren gegangen sind: Die industrielle Revolution war voll in Gang gekommen. Menschen zogen in die Städte, wo es Arbeit gab. Und wie so oft wurden die Wege¬rechte kassiert. Als Anfang des 19. Jahrhunderts einerseits die Lebensbedingungen in den Städten infolge der Industrialisierung schlechter wurden und die Arbeiter andererseits mehr Freizeit er¬hielten, wurde diese Entwicklung sichtbar.

Heute zählt die Organisation gut 120.000 Mit¬glieder und bietet mit den Ramblers Wander-

 

eben nicht der Entdecker ist und lieber auf Nummer sicher geht. In jedem Fall ist er sehr ge¬duldig, als ich nachfrage, weil ich was nicht ver¬standen habe oder mich in meinem bayerischen Englisch umständlich ausdrücke. „Nobody is perfect, but you walk, you talk!", ist sein Motto.

Eine gesunde Art, Englisch zu lernen

In Linton setzt Julian seinen Rucksack auf einem Platz mit hohen Bäumen ab. Es ist Zeit für Lunch, gibt er zu verstehen. Ich bin überrascht, wie schnell die Zeit vergangen ist. Und noch mehr, ars er sagt, dass wir schon seit länge¬rem wieder auf dem Rückweg sind. Diese Wanderung war nicht nur ei¬ne unterhaltsame, sondern auch ei¬ne gesunde Art, mein Englisch zu verbessern und etwas über England zu erfahren. Ich wer-

de von nun an nicht nur rattle (klappern) und ramble (wandern.

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