Donnerstag, 5. Oktober 2017

Dow Jones Leitindex


Der Dow Jones Leitindex

Author D. Selzer-McKenzie

YoutubeVideo: https://youtu.be/AgN84v4-px8



Dass heute die Technische Analyse mit den fundamentalen

Bewertungsansätzen konkurrieren kann, war ein Lernprozess von über einhundert

Jahren. Angestoßen wurde dieser von Charles Dow, der als Begründer und Vater der

Technischen Analyse gilt. Wenn Sie nun glauben, diesen Namen zu kennen, liegen

Sie vollkommen richtig. Der Leitindex der amerikanischen Wirtschaft, der

Dow Jones Industrial Average, wurde von ihm entwickelt und herausgegeben —

genauso wie auch das renommierte Wall Street Journal,

dessen erster Herausgeber Charles Dow war.

Charles Henry Dow wurde am 6. November 1851 auf einer kleinen Farm in Connecticut geboren. Entsprechend erfuhr er auch nur wenig Bildung, was ihn jedoch nicht davon abhielt, im Alter von 21 Jahren die elterliche Farm zu verlas¬sen und sich als Journalist zu versuchen. Er konnte in diesem Bereich auch verschiedene Jobs ausüben, da er ein beson¬deres Talent für historische und ökonomische Themen besaß. Dies stellte sich als besonderes Glück für Dow heraus. Gefördert von seinen Vorgesetzten interviewte er Kapitalisten, Banker und Industrielle und lernte so eine Menge über die Börse und die Bewertung von Aktien aus erster Hand.

1882 folgte dann der nächste Schritt. Gemeinsam mit sei¬nem Kollegen Edward Jones machte sich Dow selbstständig und gründete ein eigenes Unternehmen, die Dow Jones & Company. Innerhalb dessen verfassten sie regelmäßig Ana-lysen zu verschiedenen Basiswerten, die sich vor allem durch zwei Eigenschaften auszeichneten. Zum einen schrieben sie einfach und verständlich, sodass ihre Analysen von einem großem Publikum verstanden wurden. Zum anderen verfass¬ten sie ihre Artikel objektiv und unvoreingenommen. Viele andere Analysten besaßen gewisse Präferenzen und zeigten diese auch in ihren Analysen. Dow und Jones lehnten dies jedoch kategorisch ab.

In ihrem Börsenbrief, den sie als Customer Afternoon Let¬ter publizierten, fassten sie auch die damals wichtigen Aktien zusammen, die vor allem aus der Schifffahrts- und Eisen-bahnindustrie kamen. Um seinen Lesern einen breiteren Marktüberblick bieten zu können, war Dow jedoch bestrebt, weitere Unternehmen hinzuzufügen. Daraus erwuchs später der Dow Jones Industrial Average, der 1896 zum allerersten Mal berechnet wurde und die zwölf größten an der NYSE gehandelten Unternehmen enthielt. Alle Aktien wurden zu Beginn noch gleich gewichtet. Heute enthält der Dow Jones 30 Unternehmen. Der einzige der ersten zwölf Werte, der heute noch im Dow Jones vertreten ist, ist das von Thomas Edison gegründete Unternehmen General Electric. Neben dem Industrial Average entwickelte sich ebenfalls der Dow Jones Transportation Average, der sich nach wie vor auf Logistik, Schifffahrt und Eisenbahnen und später auch auf Fluggesellschaften konzentrierte.

Anders als der DAX° sind Dows Indizes reine Kursindizes, welche gezahlte Dividenden nicht berücksichtigen. Über die Zusammensetzung des Dow Jones entscheiden die Heraus-geber des Wall Street Journals nach eigenem Ermessen und orientieren sich nicht an quantitativen Kriterien. Dies führt jedoch auch zu Kritik, da Alphabet beispielsweise trotz hoher Marktkapitalisierung nicht im Dow Jones Industrial Average vertreten ist. Das Wall Street Journal scheint also ein nachhaltiges Bestehen und eine lange Tradition ebenfalls zu berücksichtigen.

Den Erfolg ihres ersten Unternehmens nutzten Dow und Jones, um gemeinsam



das Wall Street Journal zu gründen. Ihre ersten

Börsenbriefe erfreuten sich dank des Erwerbs

einer eigenen Druckerpresse großer Verbrei-

tung. Die große Leistung des Wall Street Journal

lag darin, Marktdaten für alle transparent zu

machen. Vor dessen Erscheinen versuchten Unterneh¬men häufig durch die Angabe überflüssiger Informationen eine Berechnung ihres inneren Werts für Privatanleger zu erschweren. Dem traten Dow und Jones als objektive und verlässliche Datenquelle entgegen und wurden so schnell zur meistgelesenen Finanzzeitung Amerikas und machten damit den Dow Jones Industrial Average gleichzeitig zum Leitindex der amerikanischen Börsen.

Der Erfolg gab Dow recht. Im Jahrhundert nach Dows Tod wurde das Wall Street Journal mit rund 7.000 Mitarbeitern und annähernd zwei Millionen Lesern zur führenden Zeitung Amerikas. Diese wurde in elf Sprachen übersetzt und in 66 Ländern der Welt verkauft. 2007 wurde das Wall Street Jour¬nal dann von Medienmogul Rupert Murdoch für 5,6 Milliar¬den US-Dollar erworben.

Um die Bedeutung fundamentaler Daten wissend, ent¬deckte Dow dennoch Muster im Kursverlauf von Aktien und entwickelte davon ausgehend eine Theorie, die die Muster im Chart mit der Psychologie der Anleger und der fundamen¬talen Entwicklung der Unternehmen in Einklang zu bringen versuchte. Diese Theorie wird heute allgemeinhin Dow-The-orie genannt und bildet das Fundament der Technischen Ana¬lyse von Finanzmärkten. Dennoch war es nicht Dow, der die Ergebnisse in Form eines Buches veröffentlichte. Sie wurden erst 1903, ein Jahr nach seinem Tod, publiziert. Er verfasste lediglich eine Artikelserie im Wall Street Journal, in der er seine Beobachtungen erklärte.

Die Dow-Theorie kennt sechs Kernthesen, die im Folgen¬den erklärt und eingeordnet werden. Zunächst sei gesagt, dass Dow einen steigenden Trend als Folge steigender Hoch-und Tiefpunkte definierte. Ein fallender Trend wird entspre¬chend als Folge fallender Hoch- und Tiefpunkte erkannt. Das Bemerkenswerte an diesem Trendverständnis ist, dass es bis heute Gültigkeit besitzt und sich mit heutigen Interpreta¬tionen deckt. Die folgenden Thesen dienen dazu, diese Trends besser zu identifizieren oder Divergenzen zu erken¬nen.

1. Die Indizes diskontieren alles.

Dow postulierte, dass der Markt alle Informationen der Vergangenheit und der Gegenwart sowie die Erwartun¬gen an die Zukunft einpreist. Dies stellt gleichzeitig die Grundprämisse jeder Technischen Analyse dar. Bemerkt werden sollte, dass diese Annahme der Markteffizienz-hypothese widerspricht, die in ihrer schwächsten Version annimmt, dass kein systematischer Gewinn aus histori¬schen Daten erwirtschaftet werden kann. Diese Hypo¬these ist jedoch in ihrer Gültigkeit umstritten.





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