Emerging Markets im Comeback?
Author D.Selzer-McKenzie
Die Krise ist vorbei, Kurse steigen und Risikoprämien in allen Anlageklassen sind im Rückgang befindlich — wie wirkt sich das auf Schwellenmärkte aus?
In den westlichen Leitmärkten wird nach einer kurzen volatilen Episode infolge von Marktkorrekturen gerne die Phase des Verges¬sens eingeläutet. Das führt zu einem zu starken Absinken von Risikoprämien und dem Aufbau von Blasen. In den Schwellenländern aber gibt es
irgendwo immer wieder kleinere bis größere Krisen politischer oder wirtschaftlicher Natur.
Diese stetige Erinnerung an die Risiken sorgt für ein langfristig stabiles und vernünftiges Risiko¬Ertrags-Profil. Dies schließt natürlich nicht die Mög¬lichkeit von Übertreibungen in einzelnen Märkten aus. Wir sind aber überzeugt, dass trotz weiterhin bestehender Einzelrisiken die Anlageklasse in ihrer Gesamtheit auf mittelfristige Sicht sehr gute_ Aussichten hat.
Analysten trauen sich jetzt schon wieder vom Auf¬schwung zu sprechen. Kann man sagen dass wenn der Konjunkturmotor wieder anspringt die Schwel¬lenländer davon überproportional stark profitieren werden?
Auf jeden Fall. China ist ja zurzeit sogar selbst dabei die Rolle der Konjunkturlokomo¬tive zu übernehmen. Die Reaktion der Märkte auf Nachrichten zum chinesischen Stimulus in den vergangenen Monaten hat dies eindeutig unterstri¬chen. Die Wachstumsländer koppeln sich ja teilweise von der Entwicklung in den G7 ab und beginnen ihr eigenes Wetter zu machen — aber immer noch gilt: Wenn die USA und Europa wachsen, kommt auch die Wirtschaft in den Schwellenländern wieder unter Dampf.
zu welchem Grade sollte ein Portfolio in Emerging Markets engagiert sein?
Ein mittelfristig orientiertes Portfolio kann innerhalb einer globalen Aktienquote von 50 Prozent etwa ein Fünftel mit Schwellenmärkten beschicken. Wichtig ist hierbei eine gute regionale Diversifikation des Portfolios, die z. B. durch Verwen-dung der MSCI Emerging Market Indizes erreicht werden kann.
Führt die Beimischung einer volatilen Anlage¬klasse nicht auch zu einer Erhöhung der Wert¬schwankungen im Portfolio?
Dies wäre nur dann der Fall, wenn es keine Diversifikation gäbe. Am Höhepunkt der Panikwelle hatten alle Anlageklassen im Gleichschritt reagiert — da hieß es nur, raus aus allem, was irgend¬wie nach Risiko aussieht. In den letzten Monaten aber hat die Lage sich wieder normalisiert. Und Nor¬malisierung bedeutet, dass ein gut diversifiziertes Portfolio von Aktien aus Schwellenländern sogar zu einer Verringerung der Volatilität in einem Anleger¬portfolio beitragen kann.
Viele der Schwellenländer haben in den vergan¬genen Monaten eine spektakuläre Performance gezeigt — wie nachhaltig ist diese Entwicklung? Dem rasanten Aufschwung ging in vielen der Märkte, etwa in Russland, auch eine deutli¬che Korrektur voraus. Die Performance von 100 Pro¬zent z. B. im MSCI Eastern Europe Index seit dem Tiefststand im Februar kann man daher in dieser Form nicht fortschreiben, und auch die Indexhöchst¬stände von Mitte 2008 werden fürs Nächste wohl
nur Gipfel in der Ferne sein. Der Nachholbedarf der Volkswirtschaften und die nun eingeleiteten struk¬turellen Reformen schaffen aber die Grundlage für nachhaltige Performance, die deutlich über der etwa eines Stoxx 600 liegen dürften.
Der IWF musste Ungarn und auch der Ukraine zu Hilfe eilen. Sollten Anleger diese Länder jetzt eher meiden?
Durch die Intervention des Interna¬tionalen Währungsfonds wurde zunächst das Risiko eines Ausfalls dieser wichtigen Länder begrenzt
und die Währungen wieder stabilisiert. Damit ist ein Funktionieren der Kapitalmärkte zunächst wieder gesichert, und auch die Mittel von anderen Institutio¬nen wie z. B. der Europäischen Entwicklungsbank können wieder fließen. Die Präsenz des IWF bedeutet aber auch einen verringerten Handlungsspielraum, was das Aufschwungspotenzial dämpfen dürfte.
Wo sehen Sie das größte Potenzial für einen Auf¬schwung?
2009 ist ein verlorenes Jahr für die osteuropäischen Volkswirtschaften, aber es lassen sich bereits jetzt Anzeichen für eine Stabilisierung sehen,
z. B. wenn man die deutschen Exporte in die Region betrachtet. Für 2010 sehen wir die stärksten Chancen für das EU-Mitglied Polen, mit einer Wachstumserwar¬tung von 3 Prozent bei gleichzeitig moderater Inflation von 2,6 Prozent. Hier macht sich die enge wirtschaftli¬che Verflechtung gerade mit der Bundesrepublik deut¬lich bemerkbar. Das hat sich auch schon in den Märk¬ten niedergeschlagen, so hat der polnische WIG 20 Index den DAX dieses Jahr um 27 Prozent abgehängt.
Donnerstag, 10. September 2009
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