Montag, 14. Mai 2012

Apulien Italia Reise Travel SelMcKenzie Selzer-McKenzie




Apulien Italia Reise Travel SelMcKenzie Selzer-McKenzie




Ein Reisebericht von D.Selzer-McKenzie



Wenn Maria Campanella für jemanden den bösen Blick austreiben möchte, braucht sie genau drei Dinge: Oliven-öl, einen Löffel und einen Teller mit Wasser. Drei Tropfen Öl träufelt sie ins Wasser, dann konzentriert sie sich und betet — gegen das Böse und gegen alles, was man mit Lo¬gik und nüchternem Weltverständnis nicht fassen kann. Die fast zahnlose 95-Jährige mit der geblümten Kittel-schürze bekommt oft Besuch in ihrer kleinen Wohnung, die vollgestopft ist mit Heiligenbildchen, Rosenkränzen und Jesusfiguren. Jeder in der Gegend kennt die alte Frau mit der besonderen Gabe. „Ich bin die Oma Maria für alle!'" sagt sie stolz. Maria Campanella kann aus dem Fenster das Meer sehen, das Adriatische Meer, sie lebt in Fasano in der Provinz Brindisi — mitten in der Terra di Bari in Apulien. Das ist dort, wo Italien fast schon wieder auf-hört: ganz unten, ganz hinTbn, am Stiefelabsatz. Eine erz-katholische Region, aus der Padre Pio, der berühmteste Volksheilige des Landes, stammt. Eine Gegend, in der je-der Zweite mindestens einmal in der Woche in die Kirche                    

                                               Glaube und Aberglaube: In Apulien geht jeder Zweite mindestens einmal pro Woche in die Kirche, um zu beten. Zum Beispiel für einen guten Fang  

                                                          

                                   geht. Glauben und Aberglauben regieren den Alltag. Kein Pugliese würde eine Handtasche oder einen Hut aufs Bett legen oder einen Salzstreuer weiterreichen, ohne ihn vorher auf dem Tisch abzustellen — weil das Unglück bringt. Ein echter Pugliese ist jemand, der mit sieben Jahren Pech rechnet, wenn ihm eine Flasche mit Olivenöl herunterfällt.

                                                          

                                   Toskanischer als die Toskana

Man könnte Apulien und Menschen wie Maria Campa-nella rückständig nennen. Man könnte aber auch sagen: Dieser Landstrich ist authentischer als jeder andere des Landes. Seine Bewohner sind freundlich und herzlich und auf den Tisch kommt häufig und gerne Pasta, vor allem die apulischen Orecchiette, die „Öhrchen" Der Großteil des italienischen Olivenöls entsteht in Apulien, hier wachsen die ältesten Olivenbäume, tausend Jahre alte, verknorpelte Stämme, die einiges zu erzählen hät¬ten, könnten sie sprechen. In der Stadt Gravina in Puglia wurde 2009 die Komödie „Maria, ihm schmeckt's nicht" über eine uritalienische Sippe gedreht, und in manchem Werbespot, der scheinbar in der Toskana spielt, sieht man eigentlich Apulien. Der Stiefelabsatz ist so italie-nisch, wie viele Italienbesucher es von Italien erwarten. In der Terra di Bari, zwischen dem Fluss Ofanto im Nor-den und der Küstenstadt Fasano im Süden, steigt die Zahl der bezauberten Besucher in den letzten Jahren deshalb immer weiter. Viele möchten in einem apuli-schen Trullo wohnen, einem der traditionellen Hirtenhäu-ser aus Natursteinen. Gebaut wurden sie ursprünglich

                       

                                              

                                   In kaum einem Haushalt gibt es kein Kreuz und kein Bild des Volksheiligen Padre Pio. Selbst in öffentlichenTorbögen wachen kleine Altäre über das Leben

für arme Leute, heute reißen sich Italiener wie Besu¬cher um sie. Vor allem in Alberobello stehen sie so dicht, dass man fast das Gefühl hat, durch Schlumpf¬hausen zu laufen.

Eine Region lebt auf

Nicht weniger typisch, dafür um einiges imposanter sind die Masserien entlang der Küste, traditionelle Gutshöfe, Hunderte von Jahren alt. Viele von ihnen ha¬ben hohe Wachtürme, da die Gehöfte einst als Beob¬achtungs- und Verteidigungsposten gegen Eroberer genutzt wurden. Apulien, geografisch eine Drehscheibe zwischen Nord und Süd, war immer umkämpft: Die Griechen wollten es genauso erobern wie die Römer, die Sarazenen, die Türken, die Bourbonen und die By¬zantiner. Bis vor wenigen Jahren verfielen die alten Gutshöfe, doch inzwischen wurden viele von ihnen in Restaurants und Hotels umgewandelt. Vor allem seit Nichi Vendola hat sich Apulien verändert. Seit 2005 ist der gläubige Katholik und bekennende Homosexuelle Präsident der Region. Der 1952 in Bari geborene Links¬intellektuelle hat es geschafft, die starke Abwanderung aufzuhalten und das Image Apuliens aufzupolieren —

von einem rückständigen, von der Mafia regierten Rand¬gebiet zu einem aufstrebenden Landstrich, der auf Um¬weltschutz, Nachhaltigkeit und Mülltrennung setzt, gleichzeitig aber auch Traditionen hochhält. Dass viele in Apulien eine korrupte Vergangenheit haben, ist unter Einheimischen bekannt. Gesprochen wird darüber je¬doch kaum. Die Besitzer des Fischrestaurants „2 Mari" in Savelletri zum Beispiel waren früher, so wird hinter vorgehaltener Hand gemunkelt, in Zigarettenschmuggel — und Schlimmeres — verwickelt. Ihr Restaurant ist ein quadratisches Gebäude aus Glas und dunklem Holz im Stil des Luxus-Motorbootherstellers Riva, bestellen kann man hier ausschließlich rohen Fisch, Weißwein und Prosecco. Wenn man unter den weißen Sonnen¬schirmen sitzt, das blaue Meer und die grünen Palmen vor sich, möchte man sich aber lieber nicht mit der Ver¬gangenheit des Besitzers Vito Sabatelli und seinen Brü¬dern beschäftigen. Sondern Apulien und seine Lebens


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.