Montag, 18. Januar 2016

Renten 2016 Treasure Trading


Renten 2016 Treasure Trading

Author D.Selzer-McKenzie

Video: https://youtu.be/FeCqfHjcPTA

Kleine Kerzenkörper — markante Dochte

„Die meisten Menschen überschätzen, was kurzfristig erreichbar ist und unterschätzen, was langfristig möglich ist!" Dieses Zitat, welches Andrä Kostolany zugeschrieben wird, kommt letztlich einem Plädoyer gleich, sich zur Beantwortung der oben gestellten Frage bzw. als Investor ganz grundsätz¬lich von Zeit zu Zeit mit sehr hohen Zeitebenen auseinander¬zusetzen. Eine bessere Gelegenheit dazu, als den Jahres¬wechsel kann es praktisch nicht geben. Wir sind der tiefen Überzeugung, dass langfristige Kursverläufe — beispielsweise auf Quartals- oder gar Jahresbasis — oftmals interessante Details zutage fördern. Anleger, die indes nur auf das hekti¬sche „auf und ab" des Tagescharts oder möglicherweise auf noch niedrigere Zeithorizonte fokussiert sind, drohen das „große Bild" aus den Augen zu verlieren. Ein gutes Beispiel liefern aktuell die langfristigen US-Zinscharts. Exemplarisch möchten wir den Halbjahreschart des US-T-Note-Future herausgreifen, der für die letzten drei 6-Monats-Perioden jeweils Kerzen mit kleinen Körpern und markanten Dochten ausweist (siehe Chart 1). Per Saldo wird damit sowohl die Hürde in Form der 130er-Marke als auch in Form des seit dem Jahr 2012 bestehenden Korrekturtrends (akt. bei 130 01/32) bestätigt.

„inside quarters" dokumentieren fehlendes

Aufwärtsmomentum

Mit anderen Worten: Aufgrund der jüngsten Candlestickmus-ter dürfte ein erneuter Ausbruch auf der Oberseite bzw. ein Anlauf auf den historischen Hochstand bei 135 29/32 ein schwieriges Unterfangen werden. In die gleiche Kerbe schlägt der Quartalschart des US-Rentenbarometers, der seit fünf Quartalen auf der Stelle tritt (siehe Chart 2). Da die Han¬delsspannen der letzten beiden Quartale zudem innerhalb des Pendants vom 2. Quartal 2015 verblieben („inside quar-ters" 1, entweicht das Aufwärtsmomentum mehr und mehr. Alles in allem ist dies nicht gerade die beste Ausgangslage für einen Ausbruch auf der Oberseite. Vielmehr sollten Anle¬ger die Marke von 125 beachten, denn ein Abgleiten unter dieses Level würde zum einen die zuletzt beschriebenen „Innenstäbe" und zum anderen die im Halbjahreschart vorlie¬genden „shooting stars" nach unten auflösen. Als Konse¬quenz einer negativen Weichenstellung sollten Anleger ein Wiedersehen mit den Jahrestiefs von 2013 und 2014 bei 122 25/32 bzw. 122 23/32 einkalkulieren. Muss der US-T-Note-Future auch diese Unterstützungen in Form des angeführten „tweezer bottom" preisgegeben, schwillt die Gefahr einer großen Toppbildung deutlich an. Die Kombination aus dem Basisaufwärtstrend seit dem Ende der 1980er-Jahre und der 200-Monats-Linie (auf Monatsbasis akt. bei 116 15/32 bzw. 115 31/32) definiert dann den nächsten markanten Rückzugs-bereich.

Trendkanal von höchster Relevanz

Traditionell werfen wir an dieser Stelle auch einen Blick auf den Kursverlauf des US-T-Bond-Future, welchen wir seit Jah¬ren als „Mutter aller Aufwärtstrendkanäle" bezeichnen. Seit Ende der 1980er Jahre hat der zugrundeliegende Hausse-trendkanal auf der Unterseite immer wieder als Unterstüt¬zung fungiert. Auf dem Weg nach Norden diente die obere Kanalbegrenzung dagegen vielfach als limitierender Faktor (siehe Chart 3), weshalb der oben genannte Titel mehr als zu Recht vergeben wurde. Auch 2015 kam es mehrfach zu einem Test der Parallelen (akt. bei 158 08/32) zum Basisauf¬wärtstrend. Wie bei den letzten Anläufen erwies sich der Anstieg über die Trendkanalbegrenzung lediglich als tempo¬räres Phänomen. Deshalb sehen wir für das gerade begon¬nene Jahr nur ein äußerst limitiertes Aufwärtspotenzial. Viel¬mehr müssen sich Anleger des bestehenden Verkaufssignals seitens des Monats-Stochastik bewusst sein. Noch stärker in den Vordergrund möchten wir die Konstellation beim MACD rücken. Während der Trendfolger weiterhin auf histo¬rischen Hochständen notiert, etabliert sich mehr und mehr eine divergente Entwicklung, indem neue Verlaufshochs (166 27/32) nicht mehr durch entsprechende Indikatorenpendants bestätigt werden.

Größerer Bewegungsimpuls vor der Tür?

Da sich eine solche Divergenz oftmals in der Spätphase eines Aufwärtsimpulses ausbildet, nimmt der Reifegrad der Hausse am amerikanischen Rentenmarkt deutlich zu. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass die Körper der letzten fünf Monatskerzen allesamt im Dunstkreis der Marke von rund

 

Quelle: CQG, Stand: 18.12.2015

Diese Angaben sind kein verlässlicher Indikator für die künftige Wertentwicklung.

156 ausgeprägt wurden. Aus dieser Bewegungsarmut leiten wir einen dynamischen Abwärtsimpuls für den Fall ab, dass das Novembertief bei 151 12/32 unterschritten wird. Mögli-cherweise begünstigt noch ein weiteres Argument eine grö¬ßere Bewegung. Auf Tagesbasis liegen alle von uns betrach¬teten Glättungslinien - konkret, die der letzten 38, 90 und 200 Tage - ungewöhnlich dicht zusammen. In der Vergan¬genheit folgte diesem technischen Phänomen oftmals ein neuer Trendimpuls. Das negative Schnittmuster zwischen der 38-Tages-Linie und dem 200-Perioden-Pendant (akt. bei 155 10/32 bzw. 155 29/32) liefert dabei ein Indiz dafür, dass Anle¬ger diesen eher nach unten erwarten sollten. Vor dem oben genannten Verkaufstrigger auf Monatsbasis bei 151 12/32 würde bereits der Bruch des Haussetrends seit Januar 2014 (akt. bei 153 17/32) einen entsprechenden Hinweis liefern, denn zusammen mit dem Korrekturtrend seit dem histori¬schen Allzeithoch (166 27/32) entsteht ein klassisches Drei¬eck (siehe Chart 4). Kleine S-K-S, große S-K-S?

Im nächsten Schritt wollen wir uns dem Kursverlauf der zehn-jährigen Rendite in den USA zuwenden, den wir als einen der wesentlichen Seismographen für a'e Entwicklung an den internationalen Rentenmärkten im Jahr 2016 ansehen. Die bereits im Vorjahr gestellte Gretchenfrage: „Kleine Schulter-Kopf-Schulter, große Schulter-Kopf-Schulter?" drängt sich mittlerweile immer stärker auf. Doch der Reihe nach: Die kleine untere Umkehr aus dem Jahr 2013 ist übergeordnet betrachtet möglicherweise Teil einer größeren Bodenbildung, die durch die Renditetiefs bei 2,04 %, 1,38 % und 1,64 % definiert wird (siehe Chart 5). In diesem Zusammenhang war der Renditerutsch vom Jahresauftakt 2015 wichtig. Schlie߬lich fungiert das entsprechende Zinstief bei 1,64 % im Rah¬men des laufenden Umkehrprozesses als „rechte Schulter". Dem Kreuzwiderstand aus den horizontalen Barrieren zwi¬schen 2,33 `)/0 und 2,47 % (diverse Hoch- und Tiefpunkte) und dem steilen Abwärtstrend seit Juni 2007 lekt. bei 2,37 %) kommt dabei eine Schlüsselrolle zu. Schließlich würde ein nachhaltiger Sprung über die angeführten Hürden dem Sze¬nario „der laufenden unteren Umkehr" Nachdruck verleihen.

Markante Lunten als Vorboten des Trendbruchs?

Gelingt der Trendbruch, wäre unseres Erachtens der Grund¬stein für einen Zinsanstieg in Richtung der Marke von gut 3 % gelegt. Auf diesem Niveau bilden die Hochs aus den Jahren 2013 und 2014 (3,01/3,04 %) zusammen mit dem Zinstief von Mitte 2003 (3,07 %) markante horizontale Hürden. Jen¬seits dieser Zone würde dann - erstmals seit 2007 - sogar der seit Beginn der 1980er Jahre dominierende Baissetrend (akt. bei 3,38 %) wieder ins Blickfeld rücken. Die Bedeutung des seit 35 Jahren bestehenden Basisabwärtstrends wird

 

durch das 50%-Fibonacci-Retracement des letzten markan¬ten Zinsrutsches von Sommer 2007 bis Sommer 2012 (3,36 %) untermauert. Auf den Punkt gebracht, nimmt eine mögliche Zinswende zwar immer mehr Form an, dennoch fehlt bisher der entscheidende Katalysator in Form eines Spurts über den oben genannten Kreuzwiderstand. Die Ambi¬tionen hierzu unterstreichen dabei die ausgeprägten Lunten der letzten drei Halbjahreskerzen, wobei die letzten beiden sogar Züge von „Hammer"-Umkehrmustern tragen (siehe Chart 6). Um andererseits die diskutierte Bodenbildung nicht zu gefährden, gilt es, die Kreuzunterstützung aus der Paralle¬len zum Basisabwärtstrend und dem Erholungstrend seit Juli 2012 nicht mehr zu unterschreiten, die im April 2016 auf monatlicher Basis jeweils bei knapp 1,80 % verlaufen.

Achtung: Korrekturflagge •

Auch auf der Rentenseite dient die Entwicklung in den USA als wesentlicher Taktgeber für die weitere Zinsentwicklung hierzulande. Deshalb haben wir die amerikanischen Renten¬märkte bewusst vorweggestellt, ehe wir uns der zehnjähri¬gen Rendite in Deutschland zuwenden wollen. Ein Anleger, der Kostolanys Empfehlung gefolgt wäre, Schlaftabletten genommen hätte und nach einem Jahr an den Rentenmarkt zurückgekehrt wäre, würde sich verdutzt die Augen reiben, denn die Rendite befindet sich nahezu auf dem gleichen Niveau wie vor einem Jahr. Dazwischen lag allerdings ein his¬torisches Zinstief bei 0,05 % - gefolgt von einer dynamischen Erholung. Per Saldo entsteht auf Jahresbasis ein idealtypi¬scher „dor, der eine gewisse Unentschlossenheit der Markt-teilnehmer signalisiert. Deshalb behelfen wir uns mit der Defi¬nition von Signalmarken: Seit dem dynamischen Zinsanstieg von April bis Juni bildet sich eine Korrekturflagge aus, deren obere Begrenzung aktuell bei 0,67 % verläuft (siehe Chart 7). Da es sich hierbei um ein trendbestätigendes Kursmuster handelt, würde ein Anstieg über das zuletzt genannte Level den Grundstein für einen Anlauf auf die entscheidende Wider¬standszone zwischen 1,06 % und 1,22 % legen. Schlusselzone zwischen 1,06 % und 1,22 (1/0

L          _sem Niveau bildet das Jahreshoch von 2015 (1,06 %)

--en mit den Tiefs von 2012 und 2013 bei 1,13/1,15 % e der 200-Wochen-Linie (akt. bei 1,22 %) einen extrem Kumulationspunkt. Oberhalb des angeführten Bar¬- e-enbündels muss auch hier die Möglichkeit einer großen 1 -s.vende ernsthaft in Betracht gezogen werden. Die nächs--_en charttechnischen Widerstände befinden sich dann erst .vieder in Form diverser alter Hoch- und Tiefpunkte bei 1,64 % bzw. 1,75 %. Interessanterweise zeichnet sich im Verlauf des RSI das äquivalente Konsolidierungsmuster ab. Da in der Vergangenheit solche Indikatorformationen oftmals einen Vorlaufcharakter besaßen, liefert der Oszillator möglicher¬weise einen Fingerzeig, in welche Richtung die angeführte Korrekturflagge tatsächlich aufgelöst wird. Zum Abschluss wollen wir uns noch mit der Unterseite auseinandersetzen. Aufgrund der Dynamik des Zinsanstiegs von April und Mai 2015 markiert das Tief bei 0,05 % mit hoher Wahrscheinlich¬keit das absolute Zinstief. In den letzten Monaten hat sich zudem eine horizontale Auffangzone aus diversen Hochs und Tiefs zwischen 0,47 % und 0,42 % etabliert. Da diese Halte¬marken zusätzlich durch zwei Fibonacci-Level untermauert werden, besitzt diese Bastion eine hohe Bedeutung.

Hohe Hürden voraus

Nachdem wir mit dem Kursverlauf der zehnjährigen Rendite einen der Schlüsselcharts für 2016 auf den Prüfstand gestellt haben, wollen wir noch einen Blick auf den Euro-BUND-Future werfen. Da es sich bei der technischen Analyse letzt¬lich um ein trendfolgendes Medium handelt, sind technisch motivierten Anlegern nach wie vor die Hände gebunden. Das heißt, die langfristigen Aufwärtstrends sind nach wie vor absolut intakt (siehe Chart 8). Allerdings können wir uns in der gegenwärtigen Gemengelage nur schwer eine erneute Trenddynamisierung über die Parallele (akt. bei 159,59) zum steilen Aufwärtstrend seit Sommer 2008, das bisherige Rekordhoch bei 160,69 bzw. die obere Begrenzung (akt. bei 161,03) des Basisaufwärtstrendkanals seit Beginn der 1990er Jahre vorstellen. Als weitere Bremsklötze fungieren in die¬sem Zusammenhang der historische Hochstand seitens des MACD sowie der im überkauften Terrain notierende RSI. In der Summe notieren verschiedene Indikatoren auf Niveaus, die kaum noch eine Steigerung ermöglichen. Andererseits bedarf es für eine obere Umkehr aber weiterhin eines Abglei-tens unter das Jahrestief von 2015 bei 148,23 - dann wäre auch eine hochsignifikante interne Trendlinie bzw. eine lang-fristige Glättungslinie Geschichte.

Geduld gefragt

Selbst wenn Anleger die Zeitebene zur Analyse des Euro-BUND-Future herunterbrechen, so bleibt das Dilemma auf der Rentenseite doch das Gleiche: Zum einen sind die über-geordneten Aufwärtstrends im Tagesbereich vollkommen intakt, zum anderen wird das Aufwärtspotenzial durch die his-torischen Rekordstände bei gut 160 limitiert. Deshalb müssen wir uns mit der Definition von untergeordneten Signalmarken behelfen. Als erste Unterstützung dient das jüngste „swing lovv" bei 156,78. Wesentlich wichtiger ist aus charttechni-scher Sicht aber die Kombination aus dem steilen Aufwärts¬trend seit Juni 2015 (akt. bei 155,98), der 200-Tages-Linie (akt. bei 155,49) sowie den Tiefpunkten von Anfang Dezem¬ber und Anfang November, die jeweils in diesem Dunstkreis ausgeprägt wurden. Ein Bruch der beschriebenen Bastion würde den Druck auf den Rentenfuture spürbar erhöhen. Der Tageschart ist aber auch vor dem Hintergrund der im langfris-tigen Kontext angeführten Signalmarke in Form des Jahres¬tiefs 2015 bei 148,23 von besonderem Interesse. Schließlich würde ein Rutsch unter dieses Level aus Sicht des Tages¬charts für den Abschluss eines klassischen Doppeltopps (siehe Chart 9) sorgen, womit die Rentenmarktbullen einen echten Schlag ins Kontor zu beklagen hätten.

Fazit: Trendwende nimmt Form an, aber der

letzte Zündfunke fehlt noch

Mitunter wird die Hausse an den Aktienmärkten vollkommen zu Recht als alt und betagt bezeichnet. Im Vergleich dazu hat der Aufwärtstrend an den internationalen Rentenmärkten ein geradezu biblisches Alter erreicht. Das alte Keynes-Zitat, wonach Märkte sehr viel länger irrational sein können, als Investoren liquide sind, beschreibt die gegenwärtige Aus-gangslage weiter absolut treffend. Dennoch war das Jahr 2015 wichtig im Sinne eines Fortschreitens des unteren

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Umkehrprozesses. Die USA sind dabei zweifelsfrei in der „pole position", denn jenseits des Atlantiks nimmt die Zins¬wende inzwischen Form an. Um dieser Einschätzung Nach¬druck zu verleihen, müssen aber weiter wichtige Hürden überwunden werden. Für die zehnjährige Rendite in den USA dient dabei der Kreuzwiderstand bei 2,33/2,47 % als wichti¬ger Signalgeber. Die korrespondierenden Schlüsselmarken in Deutschland befinden sich bei 0,68 % bzw. vor allem zwi¬schen 1,06 % und 1,22 `)/0 (siehe Chart 10). Obwohl das abge¬laufene Jahr - angesichts vielfach sogar negativer Renditen - bereits eine Herausforderung war, dürfte das Jahr 2016 noch sehr viel schwieriger werden. Was unter fundamentalen Gesichtspunkten nur schwer vorstellbar erscheint, findet charttechnisch mittlerweile einen immer deutlicheren Nieder¬schlag...

 

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