Nils Bohr 1885-1962
Author D.Selzer-McKenzie
Video: https://youtu.be/tCHmzE2ZnJk
Niels Henrik David Bohr (* 7. Oktober 1885 in Kopenhagen; †
18. November 1962 ebenda) war ein dänischer Physiker. Er erhielt 1921 die
Hughes-Medaille der Royal Society[1] und den Nobelpreis für Physik im Jahr 1922
„für seine Verdienste um die Erforschung der Struktur der Atome und der von
ihnen ausgehenden Strahlung“.[2]
Der Vater von Niels Bohr, Christian Bohr, war Professor für
Physiologie,[3] seine Mutter Ellen (geb. Adler) entstammte einer jüdischen
Familie. Gemeinsam mit seinem Vater und seinem Bruder Harald Bohr führte er
regelmäßig Gespräche und Diskussionen zu wissenschaftlichen Themen, die bei
beiden Brüdern das Interesse für die Naturwissenschaften stärkten und das
spätere Leben prägten. „Ich wuchs in einem Haus mit einem reichen
intellektuellen Leben auf, in dem wissenschaftliche Diskussionen alltäglich
waren. In der Tat machte mein Vater kaum eine Unterscheidung zwischen seiner
eigenen wissenschaftlichen Arbeit und seinem lebhaften Interesse an allen
Problemen des menschlichen Lebens“, urteilt Niels Bohr später rückblickend über
sein Elternhaus. Harald Bohr wurde später Professor für Mathematik, während
sich Niels Bohr der Physik zuwendete. Beide waren darüber hinaus in der
Anfangszeit des Fußballs auf dem europäischen Kontinent als Fußballspieler für
den Verein Akademisk Boldklub aktiv, Niels Bohr als Torhüter. Sein Bruder
schaffte sogar den Sprung in die dänische Nationalmannschaft und nahm am ersten
Fußballturnier der Olympischen Sommerspiele 1908 teil. Ob Niels Bohr auch zu
den Ehren eines Nationalspielers kam, ist aufgrund der Quellenlage der frühen
dänischen Länderspiele abseits der Olympischen Turniere nicht bekannt.
Nach dem Abitur an der Latein- und Oberrealschule im
Kopenhagener Stadtteil Gammelholm[4] im Jahr 1903 studierte Niels Bohr Physik,
Mathematik, Chemie, Astronomie und Philosophie an der Universität Kopenhagen.
Manche schreiben ihm die "Rolle" als Prüfling in der sogenannten
Barometer-Frage zu. 1907 erhielt er die Goldmedaille der Königlich Dänischen
Akademie der Wissenschaften für seine Arbeit über die Oberflächenspannung von
Flüssigkeiten. Sein Magisterabschluss erfolgte 1909 und im Jahr 1911 schloss er
sein Studium mit seiner Doktorarbeit über die magnetischen Eigenschaften von
Metallen ab. Im selben Jahr wechselte er nach Cambridge an das Cavendish
Laboratory, das vom Physik-Nobelpreisträger von 1906, Joseph John Thomson,
geleitet wurde, und ein Jahr später nach Manchester in das Labor von Ernest
Rutherford, der 1908 den Nobelpreis für Chemie erhalten hatte. Hier lernte
Niels Bohr auch Margarethe Nørlund kennen, die er später heiratete. Gemeinsam
mit ihr hatte er sechs Söhne, von denen zwei schon in jungen Jahren starben.
Ihr Sohn Aage Niels Bohr erhielt 1975 den Physik-Nobelpreis.
Entwicklung des Bohrschen Atommodells
Während des Ersten Weltkrieges nahm Niels Bohr 1914 eine
Dozentenstelle in Manchester und kurz danach in Kopenhagen an. Zwei Jahre
später wurde er Professor für Physik an der Universität in Kopenhagen. Bei einem
Aufenthalt und Vortrag in Berlin 1920 machte er die Bekanntschaft mit Max
Planck und Albert Einstein. Mit Hilfe der von ihnen aufgestellten Theorien zur
Quantenphysik, die er mit den Gesetzen der klassischen Physik verband, gelang
es Bohr bereits 1913, das Bohrsche Atommodell zu erstellen. Mit dem Modell
konnten die Linienspektren des Wasserstoffs erklärt werden. Dennoch gilt es aus
heutiger Sicht als überholt und durch die Quantenmechanik ersetzt, da es
lediglich für Wasserstoff befriedigende Aussagen macht. Trotzdem wird sein
Modell als ein Meilenstein der theoretischen Physik angesehen, da hier zum
ersten Mal erfolgreich auf Atom-Niveau die Quantisierung in ein Atommodell
integriert wurde.
Von 1916 bis 1919 war Niels Bohr Vorsitzender der Dänischen
Physikalischen Gesellschaft und ab 1917 auch Mitglied der dänischen Akademie
der Wissenschaften. 1918 formulierte er das Bohrsche Korrespondenzprinzip,
welches den Zusammenhang zwischen der Quantentheorie und der klassischen Physik
erklärte und darstellte, dass sich mit steigender Quantenzahl die Gesetze des
Planckschen Wirkungsquantums vernachlässigen lassen. Während dieser Zeit
arbeitete er daran, ein eigenes Institut an der Universität in Kopenhagen
aufzubauen, das am 3. März 1921 als Institut für theoretische Physik eröffnet
wurde. Seine Göttinger Vorträge, die er im Sommer 1922 hielt, wurden
international bekannt und gingen als „Bohr-Festspiele“ in die
Wissenschaftsgeschichte ein. 1922 gelang ihm auf der Basis des von Arnold
Sommerfeld erweiterten Atommodells eine Erklärung für den Aufbau des
Periodensystems der Elemente, bei der er ein Schalenmodell annahm. Am 10.
Dezember 1922 erhielt er für seine Forschungen über die Atomstruktur sowie die
von den Atomen ausgehende Strahlung den Nobelpreis für Physik. Im selben Jahr
kam auch sein Sohn Aage Niels Bohr zur Welt, der 1975 ebenfalls den Nobelpreis
für Physik erhielt.
Weiteres Wirken nach dem Nobelpreis
Niels Bohr (links) 1925 mit Albert Einstein (fotografiert
von Paul Ehrenfest, Photo I)
In den folgenden Jahren wurden das Atommodell Bohrs und die
Modifikationen der Atomtheorie Arnold Sommerfelds weiter ausgebaut, bis in der
Zeit von 1925 bis 1927 die Betrachtung der Atomphysik durch die Formulierung
der nichtrelativistischen Quantenmechanik revolutioniert wurde (Werner
Heisenberg, Erwin Schrödinger, Paul Dirac). 1924 veröffentlichte Bohr zusammen
mit Hendrik Anthony Kramers und John C. Slater die philosophisch bedeutsame
Arbeit „The quantum theory of radiation“[5] in der erstmals die strenge
Einhaltung des Energieerhaltungssatzes in Frage gestellt und durch statistische
Energieerhaltung ersetzt wurde. 1926/27 dozierte Werner Heisenberg am Institut
von Niels Bohr und durch die Diskussionen der beiden Forscher entwickelten sich
Heisenbergs Unschärferelation sowie das Komplementaritätsprinzip Bohrs als
„Kopenhagener Deutungen“ der Quantentheorie, die beide 1927 publiziert wurden.
Das Komplementaritätsprinzip sollte die Widerspruchsfreiheit zwischen
formulierten Theorien und der Abwägung tatsächlicher Beobachtungen
gewährleisten und er wendete es später auch auf Prinzipien außerhalb der Physik
an.
In den Folgejahren konzentrierte sich Bohr weiterhin auf die
Fragen der Quantenmechanik,[6] während sein Atommodell den Pionieren der
Kernforschung beim Verständnis elementarer Eigenschaften der chemischen
Elemente half. Das Modell bot Erklärungen für die Valenzen, den Metall- und
Nichtmetallcharakter der Stoffe sowie für die Ioneneigenschaften. Er selbst
versuchte die durch den Beschuss mit Partikeln ausgelösten Reaktionen der
Atomkerne zu erklären und führte zu diesem Zweck den Begriff des
„Compoundkernes“ ein. 1936 entwickelte er zwei neue Atommodelle, die er als
Sandsack- und Tröpfchenmodell bezeichnete. Gemeinsam mit John Archibald Wheeler
erarbeitete er die Möglichkeit der Energiegewinnung, nachdem Otto Hahn und
Friedrich Wilhelm Straßmann die erste Kernspaltung durchführten.
Während der deutschen Besatzung Dänemarks engagierte sich
Niels Bohr im Widerstand. Als das für ihn zu gefährlich wurde, gelang ihm 1943
die Flucht nach Schweden. Dort bat er beim schwedischen König und beim
Außenminister erfolgreich um Asyl für seine jüdischen Landsleute. Nach dem
Krieg kehrte er nach Dänemark zurück und setzte seine Forschung zur Atomenergie
auf seiner alten Position fort. Gleichzeitig warnte er jedoch vor deren
missbräuchlicher Nutzung, vor allem durch einen offenen Brief an die Vereinten
Nationen 1950, und wurde deshalb 1957 Preisträger des „Atoms for Peace Award“.
1962 starb er in Kopenhagen und wurde auf dem Assistenzfriedhof beigesetzt.
Lebenswerk
Niels Bohr 1925 mit Albert Einstein (fotografiert von Paul
Ehrenfest, Photo II)
Sein wichtigster Beitrag zur Physik war das Bohrsche
Atommodell, das er 1913 erstmals öffentlich vorstellte. Es stellt einen
wichtigen Schritt in der Entwicklung der Quantenmechanik dar. Weitere auf ihn
zurückgehende Konzepte sind das Korrespondenzprinzip, das den Übergang der
Quantenmechanik zur klassischen Mechanik beschreibt, und das Prinzip der
Komplementarität, das besagt, dass die Kenntnis bestimmter Messgrößen
notwendigerweise eine totale Unkenntnis bestimmter anderer Größen bedingt. In
seinen wissenschaftskritischen Arbeiten vertrat Bohr die Auffassung, dass es
von den jeweiligen Beobachtungspraktiken abhängig ist, was eine Apparatur
überhaupt ausmacht.[7]
Ehrungen und Mitgliedschaften
Neben dem Nobelpreis für Physik 1922 erhielt Niels Bohr eine
Reihe weiterer Preise und Auszeichnungen u. a. 1925 die Barnard-Medaille oder
1961 den Sonning-Preis der Universität Kopenhagen. Er war Präsident der
Dänischen Königlichen Akademie der Wissenschaften und Vorsitzender der
Dänischen Atomenergiekommission. Außerdem war er ausländisches Mitglied der
Royal Society in London, der Accademia dei Lincei in Rom, der Deutschen
Akademie der Naturforscher Leopoldina,[8] der American Academy of Arts and
Sciences (1945) und weiterer internationaler wissenschaftlicher Vereinigungen.
Daneben erhielt er die Ehrendoktorwürde an zahlreichen Universitäten der Welt.
Er war Träger des höchsten dänischen Ordens, des Elefanten-Ordens.
Niels Bohr war von 1997 bis 2011 auf der Vorderseite der
500-Kronen-Banknote der dänischen Nationalbank abgebildet, der Mondkrater Bohr
wurde 1964 nach ihm benannt sowie 1989 der Asteroid (3948) Bohr.
Benennungen nach Bohr
Das transurane, nicht natürlich vorkommende chemische
Element mit der Ordnungszahl 107 wurde 1981 nachgewiesen und später Bohrium
benannt; als Kürzel im Periodensystem der Elemente wurde Bh festgelegt.
Außerdem tragen zahlreiche physikalische Phänomene und
Konzepte Bohrs Namen, allen voran das Bohrsche Atommodell (1913) mit den
Bohrschen Bahnen. Weiterhin sind das Bohrsche Korrespondenzprinzip, der
Bohr-Radius und das Bohrsche Magneton in die wissenschaftliche Terminologie eingegangen.
Der Bohr-Effekt bei Hämoglobin ist allerdings nach seinem
Vater, dem Physiologen Christian Bohr benannt.
Das Kalium-Uranyl-Arsenat Nielsbohrit wurde im Jahr 2002
nach ihm benannt
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